Personalbeurteilung: Leistung, Verhalten, Eigenschaften - ARGE-HR

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Personalbeurteilung
Personalbeurteilung: Leistung, Verhalten, Eigenschaften
Durch geeignete Verfahren werden Mitarbeiter regelmäßig über ihre
Leistungsfähigkeit, ihre Eignung für die Stelle und die zukünftige
Leistungsfähigkeit beurteilt.
Eine personalwirtschaftliche Aufgabe
In der Fach-Literatur sind unterschiedliche Ziele zur Personalbeurteilung zu finden. Aus
Sicht der Organisation spielen, je nach Struktur, Organisationskultur und Verfügbarkeit
von passenden Instrumenten, bis zu sieben Motive eine wesentliche Rolle (siehe Abb. 1).
Durch die Vielzahl der unterschiedlichen und miteinander verzahnten Zielsetzungen wird
die Bedeutung der Personalbeurteilung für nahezu alle personalistischen Aufgaben
deutlich. Die Qualität der Personalarbeit hängt in hohem Maße von den Daten, die durch
die Personalbeurteilung generiert werden, ab. Personalbeurteilungen dienen jedoch nicht
nur ausschließlich den Zielen des Unternehmens, sondern auch die zu beurteilenden
Mitarbeiter knüpfen Erwartungen daran. Diese „Mitarbeiterziele“ sind in ihrer Perspektive
deutlich unterschiedlich (siehe Abb. 2).
Ziele der Unternehmensleitung - Personalbeurteilung
Ziel
Personaleinsatzentscheidung
Personalentwicklung
Lohndifferenzierung
Beratung und Förderung
Unterstützung der
Personalführung und
Kontrolle
Evaluierung der Effizienz der
Personalarbeit
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Nutzen
Beurteilungen sollen die Grundlage für Versetzungen
von Mitarbeitern sowie Beförderungen und
Kündigungen liefern.
Entscheidungen im Zusammenhang mit der
Personalentwicklung erfordern Aussagen über das
Leistungsverhalten der Mitarbeiter (Bildungsbedarf,
Entscheidung über die Entwicklungsmaßnahmen,…).
Die unterschiedliche Lohnhöhe ist neben anderen
Entscheidungen (Qualifikation, Belastung,
Verantwortung, Umgebungseinflüsse) von der Leistung
der Mitarbeiter abhängig.
Eine Führungsaufgabe stellt die Förderung der
Mitarbeiter durch Rückmeldung der Stärken /
Schwächen, Anregung von Lernprozessen des
Mitarbeiters dar.
Festlegung von Leistungserwartungen und Zielen für
zukünftige Leistungsperioden, Motivation der
Mitarbeiter, Verbesserung des
Führungskraft/Mitarbeiter-Verhältnisses,
Leistungskontrolle im Sinne von Soll-Ist-Vergleichen.
Erfolgskontrolle von Maßnahmen der
Personalbeschaffung (Erfüllung der
Erwartungshaltungen), des Personaleinsatzes, der
Personalentwicklung sowie Kontrolle der Wirkung von
Anreizsystemen.
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Personalbeurteilung
Personalplanung
Operative und strategische Entscheidungen des
Personalmanagements erfordern eine systematische
Personalplanung: Beschaffungs-,
Personalentwicklungs-, Nachwuchs-,
Freisetzungsplanung.
Abb. 1: Ziele der Unternehmensleitung zur Personalbeurteilung, in Anlehnung an Lueger 1996
Ziele der Mitarbeiter - Personalbeurteilung
Ziel
Karriereziele
Einkommensziele
Leistungs- und
Informationsziele
Nutzen
Einbringen der eigenen Karrierewünsche im Rahmen
der Personalbeurteilung. Informationen über die
eigenen Karrieremöglichkeiten und Teilnahme an
spezifischen Förderprogramme
Überprüfung der subjektiven Vorstellungen über den
zustehenden Lohn (meist im Vergleich mit Kollegen).
Einbringen der Vorstellungen über „gerechten“ Lohn.
Rückmeldung über Erreichung von Leistungszielen,
Stärken/Schwächen. Offenlegung der Leistungsziele
bietet Mitarbeiter die Möglichkeit zur Orientierung.
Abb. 2: Ziele der Mitarbeiter zur Personalbeurteilung, in Anlehnung an Lueger 1996
Zuckerbrot und Peitsche
Von Bedeutung ist auch die Tatsache, dass es sich bei den Zielen um zwei grundsätzlich
unterschiedliche, teils widersprüchliche Ziele, handelt. So können einerseits Selektionsziele
(Beförderung, Lohndifferenzierung, Kündigung, etc.) als auch Förderziele (Beratung,
Entwicklung, Motivation, etc.) in einem Beurteilungsverfahren verfolgt werden. Allgemein
besteht bei Leistungsbeurteilungssystemen die Gefahr, die im Vordergrund bestehenden
offensichtlichen („manifesten“) Zwecke nicht zu erreichen. Hingegen wirken versteckte
(„latente“) Funktionen, als nicht genannte oder nicht erkennbare Ziele, wesentlich stärker.
Diese Wirkung kann sowohl negativ als auch positiv sein. Als Beispiele für latente Zwecke
werden
Einsatz als Diskriminierungsinstrument
Kommunikationsverbesserung
Erhöhung der Arbeitszufriedenheit
Gerechtere Entscheidungsfindung
genannt.
Drei Kategorien von Beurteilungsmerkmalen
Die zentrale Frage jeder Beurteilung ist die Festlegung der Beurteilungsmerkmale
(Kriterien, Dimensionen, etc.). Sie sind der Maßstab zur Einstufung der Leistung, des
Verhaltens und letztlich auch der Potenziale. Die Zahl der möglichen Beurteilungskriterien
ist nahezu unbegrenzt und stellt das Spektrum der unterschiedlichen Arbeits- und
Umwelten dar. Wesentlich bei der Auswahl der Berurteilungsmerkmale ist die Güte
(Qualität der Eignung) für das Zustandekommen der Beurteilung. Einerseits die Validität
von Kriterien (wird tatsächlich das gemessen, was vorgegeben wird zu messen?) und
andererseits die Objektivität. Objektiv ist, wenn ein Kriterium von verschiedenen
Beurteilern gleich zu beurteilen (Beispiel: Tippfehler pro Seite) ist. Qualitativ ist die
Beurteilung dann, wenn eine Trennschärfe zwischen den Beurteilungskriterien besteht. Die
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Personalbeurteilung
Beurteilung eines Kriteriums sollte nicht auf ein anderes Kriterium ausstrahlen (Beispiel:
„Zuverlässigkeit“ und „Pünktlichkeit“). Die Zusammenfassung in drei Kategorien
erleichtert das systematische Vorgehen bei der Erstellung, der für die Organisation
entscheidenden und aussagefähigen, Beurteilungsmerkmale.
Eigenschaften als überdauernde, einer Person zugeschriebenen
Persönlichkeitsmerkmale werden häufig für die Beurteilung herangezogen. Diese
Kriterienform hat einen relativ niedrigen Entwicklungsaufwand
(Durchsetzungsfähigkeit, Kreativität, Initiative, Loyalität, etc.) ist generalisierbar
und kann auch bei unterschiedlichen Arbeitsplätzen durchaus als
Verhaltensvergleich herangezogen werden. Die Zuschreibung von (oftmals auch
negativen) Eigenschaften führt jedoch zu heftigen Reaktionen der Beurteilten und
meist auch zu Konflikten. Das Problem liegt in der Zuschreibung von
Eigenschaften, die jedoch nur als theoretische Konstrukte vorhanden sind. Ein
Ausweg aus diesem konstruktivistischen Dilemma ist die Beurteilung nach
beobachtbarem (beschreibbarem) Verhalten.
Leistungsergebnisse als Beurteilungskriterium beschreiben den Arbeitsoutput
eines Mitarbeiters. Die Schwäche bei dieser Kategorie besteht in der
Vernachlässigung des Zustandekommens einer Leistung. Die
Ergebnisorientiertheit (z.B. Umsatz, Stück, Frequenzen, etc.) führen zu heftigen
Anstrengungen der Mitarbeiter zur Erreichung des gewünschten Ergebnisses.
Oftmals sind diese Kriterien (un-)mittelbar mit der Höhe des Gehaltes verbunden.
Die Anstrengungen zur Maximierung der Leistung und zur Erreichung eines
möglichst positiven Abschneidens im Leistungsergebnis führen zur
Vernachlässigung anderer Tätigkeitsaspekte (z.B. Qualität, Kundenzufriedenheit,
Zusammenarbeit, etc.). Dieses Problem kann jedoch durch die Aufnahme von
verhaltensbezogenen Kriterien verringert werden.
Verhaltensbezogene Beurteilungskriterien erfassen das Arbeitsverhalten eines
Mitarbeiters. Die Herausforderung und der hohe Aufwand bei der Entwicklung
stellt die ausreichende Konkretisierung dar. Damit werden Mehrdeutigkeiten
verhindert und Interpretationsspielräume eingeschränkt. Durch eine möglichst
exakte Beschreibung der Beurteilungsaspekte (z.B. woran erkenne ich
„Kundenorientierung“?) wird ein direkter Bezug zu den speziellen Anforderungen
eines bestimmten Arbeitsplatzes hergestellt. Bei der zielführenden Entwicklung
muss auf die spezifischen Anforderungen des Arbeitsplatzes hinreichend
Rücksicht genommen werden.
Die objektive Beurteilung – ein Mythos
In der Literatur ist man sich einig, dass jede Beurteilung mehr oder weniger objektiv ist.
Vor diesem Hintergrund ist es von Bedeutung, wer Beurteilungen vornimmt. Die
Akzeptanz durch den Beurteilten und die Aussagekraft der Beurteilung werden durch diese
Tatsache relativiert. Trotzdem sollte allen Beteiligten dieses Faktum der „subjektiven
Wahrnehmung“ und der damit verbundenen Wahrnehmungsverzerrung bewusst sein.
Grundsätzlich können sechs „Beurteiler“ (siehe Abb.3) eingesetzt werden. Die
Kombination mehrer Beurteiler wird im 360-Grad oder 270-Grad-Feedback verwendet.
Der Nutzen dabei ist, unterschiedliche Wahrnehmungen der einzelnen Beurteiler zu
„entzerren“ und als Summe der Einzelergebnisse ein scheinbar objektives Endergebnis zu
erhalten. Die Qualität der Beurteilung ist nicht nur von der Nachvollziehbarkeit der
unterschiedlichen Konstrukte und der Möglichkeit der Verhaltensbeobachtung abhängig.
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Personalbeurteilung
Das Beurteilungsgespräch
Im Beurteilungsgespräch liegt der Schlüssel zur Akzeptanz der Beurteilungsergebnisse
und zur Sicherung und Umsetzung der dadurch gewonnenen Erkenntnisse. Dabei sind die
Anforderungen an die Führungskraft (diese führt i.d.R. das Beurteilungsgespräch) hoch.
Besonders durch die allfällige Einbeziehung einer Selbstbeurteilung können
unterschiedliche Sichtweisen in der Beurteilung der Kriterien auftreten. Hier tritt das
Phänomen der Erfolgs- und Misserfolgszuschreibung besonders deutlich zu Tage. Bei
Mitarbeitern besteht die Tendenz, bei Erfolgen stärker die eigene Person als Ursache zu
sehen. Bei Misserfolgen wird überwiegend die Arbeitssituation/die Umwelt als
entscheidender (Misserfolgs-)Faktor gesehen. Führungskräfte hingegen neigen dazu,
generell die Person des Mitarbeiters als Ursache für ihr Leistungsverhalten zu sehen.
Tatsächlich dürfte das Leistungsverhalten eine Frage der „Passung“ zwischen Person und
Arbeitssituation sein. Die dabei entstehenden Unterschiede in der Beurteilung sollten in
einer konstruktiven Diskussion der Unterschiede die Qualität der Einschätzung erhöhen.
Professionelle Gesprächsführung
Qualitativ hochwertige Beurteilungsgespräche zeichnen sich durch
Gründliche Vorbereitung des Gespräches
Schaffung einer vertrauensvollen Atmosphäre
Klare Definition der Zielsetzung des Gespräches (Förder-/Selektionsziel)
Umfassende Informationssammlung durch die Führungskraft
Aktives Zuhören
Diskussion konkreter Beobachtungen (Leistung und Verhalten)
Einbeziehung des Beurteilten durch Selbstbeurteilung (erhöht die Akzeptanz)
Positive als auch negative Rückmeldung
Angemessener Umgangston (konstruktives Gesprächsklima, Verbindlichkeit
der Aussagen)
Ableitbare nächst Schritte (Entwicklungsplan, Maßnahmenplan,…)
Abschließende Zusammenfassung
aus.
Beurteilen – eine schwierige Aufgabe
Wesentlich ist die intensive und zielgerichtete Ausbildung für die Beurteiler. Das
Investment in die Entwicklung eines komplexen und aussagekräftigen Beurteilungssytems
kann durch Vernachlässigung der Schulung und der laufenden „Wartung“ nicht zum
gewünschten Erfolg führen. Besonders bei Beurteilungen durch Kollegen oder durch
Geführte können Überforderungen hinsichtlich der Verantwortung, der methodischen
Zusammenhänge und der Zielsetzung der Beurteilung entstehen. Bei Führungskräften
sollte die Integration des Beurteilungstrainings in umfassenden Führungskräftetrainings
obligat sein. Nur dadurch, ist diese verantwortungsvolle Aufgabe sinnvoll zu erledigen.
Wesentliche Bausteine des Trainings sollten sein:
Erläuterung der Zielsetzung der Beurteilung (Selektions-/Förderziele)
Information über Aufbau und Handhabung des eingesetzten
Beurteilungssystems
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Personalbeurteilung
Konkretes Üben von Beurteilungssituationen in fünf Schritten („Frame of
reference“-Training)
a)Die Teilnehmer erhalten eine Arbeitsplatzbeschreibung und werden
aufgefordert, die dafür notwendigen Qualifikationsanforderungen abzuleiten.
b)Die Teilnehmer erhalten drei konkrete Beschreibungen typischer Vorfälle von
Leistungsverhalten. Dabei werden ausgezeichnete, durchschnittliche und
unterdurchschnittliche Arbeitsleistungen beschrieben.
c)Die Teilnehmer beurteilen die drei Beschreibungen auf vorgegebenen Skalen
und begründen (!) ihr Urteil.
d)Die Teilnehmer erhalten die „Auflösung“ durch vorher gewonnene
„Expertenurteile“ mit entsprechenden Erklärungen und Begründungen. Sie
können dadurch ihr eigenes Urteil reflektieren.
e)Auseinandersetzung mit den Unterschieden der Teilnehmerurteile und den
„richtigen“ Expertenurteilen.
Sensibilisierung über die unterschiedlichen Wahrnehmungen und den Wert
einer „objektiven“ Beurteilung. Diese Übungen könnten durchaus mit
Videoaufnahmen veranschaulicht werden. Auseinandersetzung mit klassischen
Beurteilungsfehlern. (Erster Eindruck, Stereotype, Halo-Effekt, etc.).
Entscheidend dabei scheint die Selbsterfahrung der späteren Beurteiler zu sein. Neben den
wissenschaftlich, theoretischen Erkenntnissen und der praktischen Anwendung am
Modell, sollten die Beleitung in Form von Workshops, Erfahrungsaustausch und
begleitendes Coaching vorgesehen werden.
Literaturempfehlung:
Personalbeurteilung (Lueger G.) in: Personalmanagement, Führung, Organisation/Kasper H., Mayrhofer W. (Hrsg.), Wien:
Wirtschaftsverlag Ueberreuter, ISBN 3-7064-0248-3
Identifikation von Führungspotenzial und Entwicklungsmöglichkeiten (Bußmann J./Schiessl N.) in: Personalentwicklung in
Praxisfällen/Biehal, Kailer, Schrems (Hrsg.), Wien: Linde Verlag, ISBN 3-85122-817-0
Personalentwicklung: Bildung, Förderung und Organisationsentwicklung in Theorie und Praxis (Becker M.), Stuttgart:
Schäffer-Poeschel Verlag, ISBN 3-7910-1481-1
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