Musikermedizin Helge Lottmann Musikerbrillen Studie zur idealen Versorgung von alterssichtigen Orchestermusikern mit speziellen Brillen Längst hat man in der Medizin erkannt, dass Profimusiker berufsbedingt körperliche Beschwerden und Krankheiten ausbilden, die einer besonderen Behandlung bedürfen. Bei der Brillenversorgung wird dagegen noch viel zu wenig auf die spezifischen Anforderungen, die der Musikerberuf mit sich bringt, geachtet. Eine in Jena durchgeführte Studie forschte nach, welche Brille für Musiker an verschiedenen Instrumenten möglichst optimal ist.* Grundlage für das Ergebnis war die Analyse der Sehbedingungen sowohl auf der Bühne als auch im Orchestergraben. Überblick Profimusiker sind permanent besonderen körperlichen Beanspruchungen ausgesetzt. Sie entwickeln Beschwerdebilder, die entweder nur oder aber gehäuft bei Musikern auftreten. Der wachsende Bereich der Musikermedizin trägt dieser Besonderheit Rechnung. Auch die visuellen Wahrnehmungsmöglichkeiten spielen bei Musikern – obwohl es bei ihnen doch in erster Linie ums Akustische geht – eine große Rolle. Musiker müssen die Informationen auf dem Notenblatt schnell erfassen und den Dirigenten, zumindest aus den Augenwinkeln heraus, gut sehen Das Orchester 6/06 können. Damit sie sich ganz auf ihre Aufgabe konzentrieren können, sind Störeinflüsse zu vermeiden oder auf ein Minimum zu reduzieren. Für den visuellen Bereich bedeutet das, dass keine Blendung auftreten darf, die Noten gut zu lesen sind und fehlsichtige (ametrope) bzw. alterssichtige (presbyope) Musiker optimal korrigiert werden, damit eine ausreichend hohe Sehleis* Dieser Artikel fasst die wichtigsten Ergebnisse der Diplomarbeit des Autors zusammen. Sie entstand an der Fachhochschule Jena (Studiengang Augenoptik) und hatte die „Optometrische Versorgung alterssichtiger Orchestermusiker“ zum Thema. 21 Musikermedizin tung gewährleistet ist. Für rein kurzsichtige oder weitsichtige Musiker sollte sich dies nach einer sorgfältigen Augenglasbestimmung mit Einstärkengläsern oder Kontaktlinsen leicht realisieren lassen. Schwieriger wird es dagegen, wenn eine Alterssichtigkeit auftritt. Damit diese Musiker in den für sie wichtigen Entfernungen scharf sehen können, sollten Mehrstärkengläser eingesetzt werden. Der Augenoptiker oder Augenarzt muss zunächst die Distanzen erfragen, in denen der Musiker scharf sehen will. Daraus lässt sich die notwendige Brillenglasstärke für die jeweilige Sehentfernung bestimmen. Zwei weitere Probleme sind die Auswahl und Zentrierung der Brillengläser. Oft bestehen bei den Augenoptikern oder Augenärzten keine ausreichenden Kenntnisse zu den visuellen und instrumentenspezifischen Anforderungen an die Musiker. In der Fachliteratur fehlen klare Empfehlungen für Brillengläser unter Berücksichtigung des gespielten Instruments, der Blickwinkel und der Schärfenbereiche. Nach bisherigen Erfahrungen wird die Brillenversorgung alterssichtiger Musiker zu selten bedarfsgerecht vorgenommen. Korrektionsversuche mit Gleitsichtgläsern scheitern häufig an dem zu schmalen Übergangsbereich von der Fern- zur Nahstärke (Progressionszone), bei Bifokalbrillen (sichtbares Nahsegment) sitzen die Nahteile meist zu tief. Trifokalbrillen schränken die Blickwinkel zu stark ein und haben eine ungünstige Aufteilung der Zonen, während mit Einstärkengläsern höhergradig Alterssichtige grundsätzlich nicht in verschiedenen Entfernungen scharf sehen können. Auch Nahgleitsichtgläser werden von Musikern unterschiedlich beurteilt. Vor diesem Hintergrund wurden in einer Untersuchung systematisch die Arbeitsbedingungen und Einflussfaktoren in Orchestern analysiert, um Lösungsvorschläge hinsichtlich optimaler Brillengläser für alterssichtige Musiker zu entwickeln. Dabei wurden auch die unterschiedlichen Anforderungen je nach Instrumentengruppe berücksichtigt. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde im ersten Schritt eine Analyse der Sehbedingungen von Musikern durchgeführt. Dabei ging es im Wesentlichen um Informationen bezüglich Kopf- und Körperhaltung, Sehentfernungen, Sehfeldgrößen, Blickwinkel und Größe der zu erkennenden Details. Anhand dieser Informationen wurde eine Differenzierung zwischen jenen Instrumenten vorgenommen, bei denen die Versorgung der Musiker mit Brillengläsern kritisch einzuschätzen ist, und jenen, die als unkritisch bewertet werden können. Da die meisten Konzerte in Sälen oder Kirchen stattfinden, spielen Beleuchtung und Kontrast eine wichtige Rolle bei der Erkennbarkeit der Noten und waren demzufolge mit in die Untersuchungen einzubeziehen. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse wurden Musterversorgungen durchgeführt. Von den auf dem Markt gängigen Modellen wurden die hierfür am besten geeigneten Brillengläser, aber auch Sonderanfertigungen verwendet und von den Musikern beurteilt. Zugleich wurden Besonderheiten bei der Bril- 22 lenanpassung und Brillenglaszentrierung festgehalten. Im dritten Schritt flossen die Ergebnisse der Musterversorgungen und Erfahrungsberichte anderweitig versorgter Musiker in die Empfehlungen von anzupassenden Brillengläsern und gegebenenfalls auch Brillenfassungen ein. Abschließend wurde eine Versorgungsempfehlung, bezogen auf die unterschiedlichen Instrumentengruppen, erarbeitet. Veränderungen im Sehen durch die Alterssichtigkeit (Presbyopie) Damit das Auge auch Gegenstände in der Nähe scharf sehen kann, muss es sich auf die kurze Entfernung einstellen. Dies geschieht durch die Augenlinse und den sie umschlingenden Muskel. Dessen Kontraktion führt zu einer stärker gewölbten Augenlinse, wodurch sich die Brechkraft erhöht und Gegenstände in der Nähe auf der Netzhaut scharf abgebildet werden. Dieser Vorgang wird als Akkommodation bezeichnet. Die Akkommodationsfähigkeit nimmt im Laufe des Lebens kontinuierlich ab, was aber häufig erst zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr bemerkt wird. Die Betroffenen haben das Gefühl, beispielsweise beim Lesen das Buch immer weiter von sich weg halten zu müssen, weil die Schrift in der gewohnten Leseentfernung unscharf wird oder die Einstellung des Auges auf die Nähe länger dauert. Optische Korrektionsmöglichkeiten der Presbyopie Die Nahkorrektionswirkung des Brillenglases gleicht die nicht mehr vorhandene Akkommodationsfähigkeit des Auges aus. Folgende Varianten zur Korrektion der Presbyopie mit Brillengläsern stehen zur Verfügung: Lesebrillen, Bifokalbrillen, Trifokalbrillen (äußerst selten), Gleitsichtbrillen, Nahgleitsichtbrillen bzw. Nahkomfortbrillen (oft auch Computerbrillen genannt, da sie beim Arbeiten am PC am häufigsten zur Anwendung kommen). Ergebnisse der Studie Die Studie umfasste alle Instrumentengruppen. Eine Besonderheit stellt die Harfe dar. Mangels geeigneter Probanden sind die Lösungsvorschläge lediglich theoretischer Natur. Aus den gewonnenen Erkenntnissen ergeben sich bereits für die Brillenglasbestimmung einige Besonderheiten, in die die Musiker eng eingebunden sind. Neben einer gründlichen Anamnese durch den Augenoptiker oder Augenarzt ist die genaue Angabe der relevanten Sehdistanzen (z. B. Abstand zum Notenpult während des Musizierens, aber auch während des Noteneinrichtens; Abstand zum vorderen oder seitlich benachbarten Notenpult) durch den Musiker von wesentlicher Bedeu- Das Orchester 6/06 Musikermedizin tung. Eine qualitative Einschätzung des Musikers zur notwendigen Sehschärfe in den jeweiligen Distanzen ist dabei sehr hilfreich. Als Beispiel sei hier erwähnt, dass beim Erkennen des Dirigenten häufig leichte Unschärfen akzeptiert werden, während hingegen die Noten deutlich gesehen werden müssen. Derartige Informationen tragen zur Optimierung des Brillenglases in den optischen Zonen für die entscheidenden Sehdistanzen bei. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Frage nach dem gespielten Instrument. Daraus ergeben sich mitunter gravierende Konsequenzen für die Brillenglaszentrierung, teilweise aber auch Brillentyp Glas schon für die Auswahl und anatomische Anpassung der Brillenfassung. Unabhängig vom Instrument gibt es generelle Empfehlungen zu den Eigenschaften von Brillengläsern. So ist z. B. bei der Glasmaterialauswahl den Kunststoffgläsern stets der Vorzug zu geben. Während der Konzerte kommt es sowohl durch das Musizieren als auch durch die Bühnenbeleuchtung verstärkt zu Schweißbildung. Je leichter die Brille ist, desto weniger neigt sie dann zum Verrutschen auf der Nase. Durch eine Veränderung der Brillenposition verlagern sich die Durchblickspunkte und Möglichkeiten Grenzen Lesebrille ■ scharfe Abbildung bis in die Randbereiche ■ eingeschränkter Schärfenbereich, be■ sehr große horizontale Blickwinkel sonders bei höherer Presbyopie (liegt dann möglich oft nur noch zwischen ca. 25 und 40 cm) ■ scharfes Sehen in der Ferne unmöglich Bifokalbrille ■ Fern- und Nahkorrektion in einer Brille ■ Blickwinkel durch Nahteilgröße (halb■ scharfe Abbildung bis in die Randbereiche mondförmig) eingeschränkt ■ Bildsprung an oberer Trennkante ■ stufenweiser Übergang Ferne/Nähe ■ bei höherer Presbyopie ist Brille für mittlere Distanzen unbrauchbar ■ unter ästhetischen Gesichtspunkten unvorteilhaft Bifokalglas (Quelle: Rodenstock) Trifokalbrille ■ siehe Bifokalbrille ■ über Nahteil ist ein weiteres Segment zum scharfen Sehen in mittleren Distanzen vorhanden ■ siehe Bifokalbrille ■ stufenlos scharfes Sehen von nah bis fern ■ ästhetisch vorteilhaft, da äußerlich kein Unterschied zu einer Fernbrille sichtbar ist ■ bei Markenprodukten gibt es eine Verträglichkeitsgarantie ■ unscharfe Randbereiche, besonders seitlich der Übergangszone (für nahe und mittlere Distanzen) ■ im Nah- und Zwischenbereich ist das Blickfeld horizontal am stärksten eingeschränkt ■ weiter ausgedehnter Schärfenbereich im Vergleich zur Lesebrille ■ stufenloser, äußerlich nicht sichtbarer Stärkenverlauf noch vorhanden ■ horizontal wesentlich breiteres Blickfeld als bei Gleitsichtgläsern ■ meist nur scharfes Sehen in der Nahund Zwischendistanz möglich ■ leichte Unschärfen in Randbereichen Trifokalglas (Quelle: Rodenstock) Gleitsichtbrille Fernbereich Progressionszone Randbereich Nahbereich Gleitsichtglas (Quelle: Zeiss) Nahgleitsicht- bzw. Nahkomfortbrille Nahkomfortglas (Quelle: Stratemeyer) Das Orchester 6/06 23 Musikermedizin sind nicht mehr optimal. Bedingt durch die Beleuchtung auf der Bühne sind Reflexe auf der Glasoberfläche durch Entspiegelungen zu reduzieren. Superentspiegelungen stellen unter derartigen Bedingungen die erste Wahl dar. Im Folgenden werden die Ergebnisse für einige Instrumentengruppen näher dargestellt. Geiger/Bratscher ■ Problem: Standardmäßige Anpassungen, beispielsweise von Gleitsichtgläsern, haben zur Folge, dass der Musiker in Spielposition durch den Fernbereich des Gleitsichtglases oder teilweise über den oberen Fassungsrand auf sein Notenpult schaut, welches aber in der Zwischendistanz steht. Um in dieser Distanz ideal scharf zu sehen, müsste der Blick durch den Übergangsbereich (Progressionszone) mit der für diese Entfernung geeigneten Glasstärke erfolgen. Dazu ist eine Blicksenkung bei gleichzeitigem Anheben des Kopfes notwendig. Dieses Suchen der richtigen Stärke lässt sich mit der gewöhnlichen Spielposition aber nicht in Einklang bringen. Des Weiteren sind in derartigen Fällen die horizontalen Blickfelder von Gleitsichtgläsern meist viel zu klein (siehe Foto auf S. 21). ■ Lösung: Anatomisch sind die Brillenfassungen bei Musikern dieser Instrumentengruppe tendenziell höher anzupassen, um auch in tieferer, leicht vorgebeugter Spielposition den Blick über den oberen Fassungsrand auszuschließen. Des Weiteren dürfen die Gläser nicht nach den „normalen“ Vorgaben der Glashersteller zentriert werden. Maßgebend sind die überwiegenden Durchblicksbereiche in einer neutralen Spielposition des Musikers. Nur so kann gewährleistet werden, dass der Musiker während des Musizierens nicht nach einem scharfen Bereich im Brillenglas suchen muss und seine gewöhnliche Spielposition, unbeeinflusst von der Brille, einnehmen kann. Von Gleitsichtglasanpassungen ist in den meisten Fällen abzuraten, da der Vorteil der Fernkorrektion die Nachteile der schmalen Übergangszone nicht aufwiegt. Als wesentlich vorteilhafter haben sich die so genannten Nahkomfort- bzw. Nahgleitsichtgläser erwiesen. Jedoch sind sie im Vergleich zur „Standardanpassung“ modifiziert anzupassen. Das bedeutet, dass der untere Bereich gerade so stark gewählt wird, dass ein kurzzeitig ausreichend scharfes Sehen der Noten während des Noteneinrichtens (Entfernung ca. 40-50 cm) möglich ist – keinesfalls sollten die Gläser stärker sein. Mit einer Abschwächung im oberen Bereich von 0,75 dpt bis 1,0 dpt wird die Zwischendistanz sehr gut abgedeckt und bietet mit derartigen Gläsern die größtmöglichen horizontalen Blickfelder, bei gleichzeitig geringsten Unschärfen in der Ferne. Mit dieser Lösung erscheint der Dirigent in der Ferne zwar nicht gestochen scharf, was aber auch in vielen Fällen nicht notwendig ist. Für das Musizieren ist es jedoch die komfortabelste Lösung mit der bestmöglichen deutlichen Erkennbarkeit der eigenen Noten. 24 Kopfverdrehungen bei Querflötistinnen Querflöte ■ Problem: Am Beispiel von Querflötisten wird besonders deutlich, wie sehr die Brillenglaszentrierung vom Instrument abhängt. Bedingt durch die linksseitige Kopfverdrehung ergeben sich in der Spielposition völlig andere Durchblickspunkte im Brillenglas. In der Studie konnten Verdrehungswinkel zwischen 10° und 24° gemessen werden. Das hat zur Folge, dass eine seitliche Verlagerung der Durchblickspunkte von über elf Millimetern stattfinden kann. Mit standardmäßig angepassten Gleitsicht- oder auch Nahkomfortgläsern ist ein scharfes Erkennen der Noten, ganz besonders im rechten Teil des Notenblattes, unmöglich bzw. nur eingeschränkt möglich (Abb. oben). ■ Lösung: Die Empfehlung zu einem bestimmten Glastyp hängt bei dieser Instrumentengruppe stark vom Drehwinkel des Kopfes ab. Je nach Größe dieses Winkels empfehlen sich Nahkomfortgläser, spezielle bifokale Gläser oder Sonderanfertigungen von trifokalen Gläsern. Eine genaue Abgrenzung zwischen diesen drei Varianten, in Abhängigkeit des Drehwinkels, ist aufgrund individueller Faktoren nicht möglich und muss von Fall zu Fall ebenso individuell vorgenommen werden. Insbesondere bei der Anpassung mit Nahkomfortgläsern ist eine gewisse Verschiebung beider Gläser nach rechts zu berücksichtigen. Schlagzeuger ■ Problem: Bei Schlagzeugern liegt das eigentliche Problem in der Vielseitigkeit der Instrumente, die sie während eines Konzerts zu spielen haben. Durch die Größe der Schlaginstrumente kommen extrem große Abstände von bis über zwei Meter zum Notenpult zustande. Die Musiker schauen unter extremen horizontalen Blickwinkeln auf die Noten und müssen schnell zum nächsten Instrument gehen und dort weiterspielen. Da das Erkennen der Noten bei solchen Abständen fast unmöglich wird, behelfen sich die Schlagzeuger teilweise, indem sie die Noten zum nächsten Instrument mitnehmen oder sich gleich an jedes Instrument die richtigen Noten legen. Es wird also ein Brillenglas erforderlich, mit dem in der Ferne der Dirigent, im Zwi- Das Orchester 6/06 Musikermedizin Fertige Brille Dreistärkensonderausführung schenbereich die Noten (beim Spielen) und im Nahbereich die Noten (für Eintragungen) scharf zu sehen sind. Dadurch, dass dieses Glas – mit Ausnahme des Nahbereichs – bis in die äußersten Randbereiche scharf abbilden muss, wird eine Versorgung mit Gleitsicht- oder auch Nahkomfortgläsern wenig Aussicht auf Erfolg haben. ■ Lösung: Je nach Alter und maximalem Akkommodationserfolg (größtmögliches Einstellvermögen der Augen auf die Nähe) der alterssichtigen Schlagzeuger kann die Versorgung mit Bifokal- oder Trifokalgläsern erfolgen. Bei schwächerer Alterssichtigkeit sollte die Versorgung mit Bifokalgläsern erfolgen. Diese Gläser müssen ein sehr breites Nahteil haben und einige Millimeter höher angepasst werden als gewöhnlich. Dadurch wird das Blickfeld in der Nähe entsprechend stark horizontal und vertikal ausgedehnt. Stärker presbyopen Schlagzeugern sind Trifokalgläser mit sehr breiten Zonen anzupassen – keine gewöhnlichen Trifokalgläser (z. B. C828)! Die beiden Abbildungen oben zeigen eine Lösungsmöglichkeit. Das dargestellte Brillenglas ist nur als Sonderanfertigung in mineralischer Ausführung bei wenigen Brillenglasherstellern erhältlich. Teilweise besteht innerhalb der technologischen Grenzen noch die Möglichkeit, die vertikalen Größen der drei Bereiche individuell zu gestalten. Mit Hilfe dieser speziellen Brillengläser ist es Musikern möglich, bis in die äußersten Randbereiche des Glases in allen drei Bereichen scharf zu sehen. Auch bei diesen Gläsern ist die obere Trennkante höher als gewöhnlich anzupassen. Somit steht das Zwischenteil beim Notenlesen in optimaler Weise zur Verfügung, ohne die Ferne stärker einzuschränken. Auf den beiden Abbildungen unten wird deutlich, dass die obere Trennkante die Form eines lachenden Mundes haben muss. Durch die leichte Kopfneigung verlagert sich der Durchblickspunkt um ca. zwei Millimeter nach oben. Zum deutlichen Notenlesen muss der Blick aber noch durch das Zwischenteil erfolgen. Für diese Sehanforderungen ist ein Trennkantenverlauf wie im Beispiel gezeigt die beste Lösung. Von geraden oder am Rand nach unten verlaufenden Trennkanten ist abzuraten. Zusammenfassung Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Versorgung alterssichtiger Musiker mit Brillen verbessert werden kann. Die gesamte Anpassung muss in zweierlei Hinsicht sehr individuell erfolgen. Zum einen spielt das Instrument eine wichtige Rolle und zum anderen haben persönliche Anforderungen und die visuelle Leistungsfähigkeit des Musikers entscheidenden Einfluss auf die Lösungsgestaltung. Der Augenoptiker muss sowohl über die speziellen Arbeitsund Sehbedingungen der Musiker genaue Kenntnisse haben, aber auch detaillierte Unterschiede artverwandter Brillengläser kennen und über Möglichkeiten von Sonderanfertigungen Bescheid wissen. Gepaart mit seiner ganzen fachlichen Kreativität lässt sich somit die optimale Lösung erzielen. ■ An dieser Stelle gilt besonderer Dank für die konstruktive Zusammenarbeit der Jenaer Philharmonie und der Staatskapelle Weimar. In den Räumlichkeiten beider Orchester wurden Messungen zu den Sehbedingungen durchgeführt und aus beiden Orchestern kamen Musiker, die an den Musterversorgungen teilnahmen. Schräger Blick auf die Noten. Die Trennkanten wurden zur besseren Sichtbarkeit nachgezeichnet. Das Orchester 6/06 25