sinfonieorchester basel bertrand chamayou (klavier)

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SO 30.10.16 | 18 UHR
SINFONIEORCHESTER BASEL
BERTRAND CHAMAYOU (KLAVIER)
ERIK NIELSEN (LEITUNG)
PRÄSENTIERT VON:
SPARKASSEN-KONZERTE KLASSIK
PROGRAMM
ERICH WOLFGANG KORNGOLD (1897-1957) THE SEA HAWK, SUITE
MAURICE RAVEL (1875-1937) KLAVIERKONZERT IN G-DUR
PAUSE
ARNOLD SCHÖNBERG (1874-1951)
BEGLEITMUSIK ZU EINER LICHTSPIELSZENE, OP. 34
SERGEI PROKOFJEW (1891-1953)
ROMEO UND JULIA, SUITE
1940 ließ der gut zweiminütige Trailer
von Warner Brothers „The Sea Hawk“
selbstbewusst verlauten: „Das größte
Abenteuer in der gesamten Geschichte
beginnt; mit dem gefährlichsten Piraten,
der je auf den sieben Meeren unterwegs
war; mit einem gewaltigen Cast von Tausenden.“ Analog zu dieser Auswahl an Superlativen musste sich auch die Filmmusik von Erich Wolfgang Korngold auf
höchstem Niveau bewegen: Tatsächlich
handelte es sich für den österreichischen
Exilkomponisten um einen der schwierigsten Aufträge in seiner Karriere, denn
die geforderte Partitur sollte von außergewöhnlicher Länge und Komplexität
sein. Unter extremem Zeitdruck – er
musste die Partitur in nur sieben Wochen
fertigstellen – griff Korngold auf ganze
vier Orchestratoren zurück, die alle nach
seinem detaillierten Klavierauszug arbeiteten. Der Film selbst war bis zum 20.
April 1940 fertig und die Kompositionsarbeit Korngolds begann nur zwei Tage
später. Seine Kompositionsmethode war
effizient und präzise: In einem mit Klavier ausgestatteten Projektionsraum ließ
er die Filmspulen immer wieder ablaufen,
während er dazu am Klavier improvisierte. Später fertigte er einen vollständigen
Klavierauszug an und spielte diesen,
mit einem Orchestrator an seiner Seite,
durch. Dabei rief er Anweisungen zur Instrumentierung, während der Orchestrator alles so schnell wie möglich aufzuschreiben versuchte. Es folgte eine kurze
Besprechung, um die letzten Details zu
klären, bevor der Orchestrator die Noten
mit nach Hause nahm, um die vollständige Orchestrierung zu schaffen. Diese
wurde dann an Kopisten weitergegeben,
die oft die Nacht durcharbeiteten, um die
einzelnen Stimmen für die am nächsten
Tag stattfindenden Aufnahmetermine
fertigzustellen. Die gesamte Filmmusik
beläuft sich auf gut 75 Minuten (CDLänge), die heute zu hörende Suite bildet
jedoch mit etwa sechs Minuten nur einen
Extrakt des gewaltigen Kino-Epos.
Ähnlich arbeitsintensiv muss die Kreation von Maurice Ravels Klavierkonzert
in G-Dur für den französischen Impressionisten gewesen sein. Immerhin kommentierte er die den zweiten Satz (Adagio assai) eröffnende Melodie wie folgt:
„Dieser fließende Ausdruck! Wie ich
ihn Takt für Takt überarbeitet habe! Er
brachte mich beinahe ins Grab!“ Ravels
Erfahrungsbericht verwundert nicht:
Gerade die einfachsten Themen erfordern oft die größten kompositorischen
Anstrengungen. An musikalischen Ideen
selbst schien es Ravel für sein letztes großes Werk vor seinem Tode (1937) nicht
zu mangeln. Immerhin waren gerade die
Jahre 1928 bis 1931, in welchen Ravel
das Konzert komponierte, von vielen
Konzerttourneen durch die USA, Kanada
und Europa geprägt. So werden im ersten
Satz (Allegramente) des Klavierkonzerts
baskische und spanische Volksmusik mit
nordamerikanischen Jazz- und Blues-Elementen, die Ravel auf seiner Reise aufgeschnappt hat, vermengt. Dabei sollte sein
Konzert „aufgelockert und brillant“ sein
„und nicht auf Tiefe und dramatische Effekte abzielen.“ Tief und dramatisch sind
die im dritten Satz gesetzten Klangeffekte vielleicht nicht, aber eindrücklich – sowohl für den sie erzeugenden Musiker
als auch für den rezipierenden Zuhörer.
Rasante Klavierpassagen, die stets durch
dissonante Zwischenrufe der Holz- und
Blechbläser unterbrochen werden und
zahlreiche thematische Modulierungen
erzeugen eine stete Rastlosigkeit … analog zu der Stadt, in der Ravel lebte und
dessen Moderne des 20. Jahrhunderts
ihn faszinierte: Paris. So müsste Ravels
Klavierkonzert in G-Dur eigentlich dem
mondänen und modernen Paris der späten 1920er Jahre gewidmet sein. Stattdessen erhielt die Pianistin der Uraufführung im Januar 1932 – Marguerite Long,
die Ravel auch auf der 1931 durchgeführten Europa-Tournee begleitete – die
Widmung. Ravel übergab ihr gleich nach
der Fertigstellung Anfang November
1931 das Manuskript und hierzu meinte Long in einem Interview 1965: „Ich
hatte Schwierigkeiten, seine Noten zu
lesen. Aber als ich dann die Musik darin entdeckt habe, war ich aufgeregt und
zutiefst bewegt. Als ich im großartigen
Andante zum Thema des Englisch Horn
kam, das über den 32steln im Klavier aufblüht, so unbeschreiblich schön, da sind
mir die Tränen runtergelaufen.“
Im deutschen Großstadt-Pendant Berlin wirkte zu dieser Zeit noch Arnold
Schönberg, bevor dieser im August
1933 – nachdem er kurz zuvor seines
Amtes als Kompositionslehrer an der
Preußischen Akademie der Künste enthoben war – in die USA emigrierte. Seine
Begleitmusik zu einer Lichtspielszene op.
34 ist, formal gesehen, eine 1929 erhaltene Auftragskomposition des Heinrichshofen Verlag aus Magdeburg. Schönberg
wurde gebeten einen kurzen Stummfilm
mit Musik zu unterlegen – eine zu dieser
Zeit übliche und ordentlich bezahlte Aufgabe für einen Komponisten. Schönberg
ordnete sich jedoch – seiner generellen
Kunstüberzeugung entsprechend – nicht
den Ideen des Regisseurs bzw. Produzenten oder auch den Geschehnissen auf der
Leinwand unter und ignorierte mögliche
Vorgaben. Stattdessen orientierte er sich
lediglich an den Schlagworten „Drohende Gefahr, Angst, Katastrophe“ und kreierte letztlich ein Werk, welches alleine
aufgrund der Länge nicht auf den angedachten Film anwendbar war. Schönberg
kommentierte hierzu nur: „Wenn ich an
Filmszenen denke, denke ich an Szenen,
die erst noch kreiert werden müssen und
zwangsläufig kunstvoll sein müssen – und
zu diesen wird meine Musik gut passen.“
Tatsächlich wurde das Werk Ende April
1930 im Frankfurter Rundfunk unter der
Leitung von Hans Rosbaud uraufgeführt
– ohne das Abspielen einer im Werk benannten Lichtspielszene. Mit der Übertragung des Werkes durch den Rundfunk
fiel dies jedoch gewiss nicht schwer ins
Gewicht. Später wurde Schönbergs Be-
gleitmusik tatsächlich mit Filmszenen
zusammengenommen, jedoch erst 1973:
Hier wurden drei Filme kreiert, die – kurioserweise – nun auf Schönbergs Begleitmusik einer Lichtspielszene Bezug
nahmen.
Eine weitere „Begleitmusik“ ist Sergej
Prokofjews bekanntes Ballett Romeo
und Julia op. 64, das der russische Komponist 1935 im Auftrag des Bolschoi-Theaters in Polenowo bei Moskau schrieb.
Das Ballett ist das erste Bühnenwerk, das
Sergej Prokofjew nach seiner Rückkehr in
Russland schrieb. Im Zuge der Oktoberrevolution 1917, bei der Lenin das Land
gewaltsam an sich riss, war er wie viele
andere Kreative emigriert und ließ sich in
Paris nieder. Die Pariser waren ein dankbares Publikum, da sie sich vor allem wegen Strawinsky und seiner Kollaboration
mit der Ballets Russes (zu nennen ist hier
das berühmte Le Sacre du Printemps)
für alles begeisterten, was russisch war.
Allerdings wurde das Heimweh des russischen Exilkomponisten zunehmend stärker, was ihn letztlich Anfang der 1930er
Jahre wieder nach Russland zurückbrachte. Dort war man einem mondänen
Freigeist wie ihm gegenüber nicht gerade
sehr aufgeschlossen. Nicht nur wurde er
als politischer Verräter angeklagt, zudem beklagten sich Tänzer und Musiker
über die neue musikalische Mode („seltsame Orchestrierung“, „häufige Rhythmuswechsel“), die Prokofjew mit Romeo
und Julia in Russland salonfähig machen
wollte. Prokofjew legte die Arbeit am Ballett also zuerst auf Eis. Erst mit der Entstehung und Aufführung seines wohl bekanntesten Werks „Peter und der Wolf“
1936 galt Prokofjew nicht mehr als musikalischer Feind, sondern als vollwertiger
Sowjetkünstler. Nun konnte Prokofjew
sein Ballett wieder ins Gespräch bringen.
Zuerst brachte er jedoch erfolgreich einige Suiten und eine Klaviermusik (aus
dem Ballett-Material) zur Aufführung
und schließlich wurde das Ballett 1938
im tschechischen Brünn uraufgeführt.
Bertrand Chamayou hat sich mit Auftritten in namhaften Sälen wie dem
Théâtre des Champs Elysées, Lincoln
Center New York, Herkulessaal München
oder der Wigmore Hall London in der internationalen Musikszene einen Namen
gemacht. Auch bei renommierten Festivals wie dem Lucerne Festival, Edinburgh
International Festival, Rheingau Musik
Festival, Beethovenfest Bonn, Klavierfestival Ruhr oder Mostly Mozart Festival New York ist Bertrand Chamayou ein
gern gesehener Gast.
Er tritt regelmäßig mit Orchestern wie
dem Orchestre de Paris, dem London
Philharmonic Orchestra und dem Rotterdams Philharmonisch Orkest, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen,
den Sinfonieorchestern des hr und des
WDR, dem Orchestre National de France
oder dem Danish National Symphony
Orchestra auf und arbeitet dabei mit
Dirigenten wie Pierre Boulez, Leonard
Slatkin, Sir Neville Marriner, Seymon
Bytschkow, Michel Plasson, Louis Langrée, Stéphane Denève, Ludovic Morlot
und Andris Nelsons.
Mit seinen Debüts beim Gewandhausorchester Leipzig, Konzerthausorchester
Berlin, Cincinnati Symphony Orchestra,
den Wiener Symphonikern und dem Orquestra Sinfônica do Estado de São Paulo sorgte er in der Saison 2015/16 für
Furore. In dieser Saison kehrt er unter
anderem zum Indianapolis Symphony
Orchestra, Orchestre National de France
und zum wiederholten Mal zum Orchestre de Paris zurück. Neben seinen Debüts bei der Seattle Symphony, Accademia Nazionale di Santa Cecilia und dem
Seoul Philharmonic Orchestra wird er mit
einem Ravel-Programm in Solo-Abenden
am Théâtre des Champs-Élysées, in der
Foto: Marco Borggreve
BIOGRAFIE
National Theater & Concert Hall Taipei
und am Cartagena Festival zu Gast sein.
Zu Chamayous Kammermusik-Partnern
zählen Künstler wie Renaud und Gautier
Capuçon, Sol Gabetta, das Streichquartett Quatuor Ébène oder Antoine Tamestit. Eine Recital-Tournee mit Sol Gabetta
führt das Duo unter anderem in Baltimores Shriver Hall, zur Celebrity Series
Boston und dem Club Musical de Québec.
Seine Einspielung von Werken César
Francks auf dem Label Naïve wurde
mehrfach ausgezeichnet, unter anderem
mit Grammophone’s Editor’s Choice,
ebenso seine zu Liszts 200. Geburtstag
erschienene Gesamteinspielung der Années de pèlerinage. Als bislang einziger
Künstler, der je Frankreichs renommierten Preis „Victoires de la Musique“ gleich
vier Mal gewonnen hat, hat Chamayou
einen Exklusivvertrag mit Warner/Erato.
Für seine dort erschienene Einspielung
von Ravels Werken für Klavier solo bekam er den ECHO Klassik 2016.
Das Sinfonieorchester Basel ist eines
der ältesten und zugleich innovativsten
Orchester der Schweiz. In der Nordwestschweiz verankert, geniesst es eine starke
überregionale und internationale Ausstrahlung. In seinen eigenen Konzertreihen, im Theater Basel sowie bei Gastspielen im In- und Ausland beweist es immer
wieder aufs Neue seine hohe Klangkultur.
Von 2009-2016 stand der renommierte amerikanische Dirigent und Pianist
Dennis Russell Davies als Chefdirigent
an der Spitze des Orchesters. Ab der Konzertsaison 2016/17 übernahm der Brite
Ivor Bolton das Amt des Chefdirigenten,
1. Gastdirigent ist der Pole Michał Nesterowicz.
Unter den Dirigenten, die dem Sinfonieorchester Basel eng verbunden waren
oder es noch sind, finden sich Namen wie
Johannes Brahms, Felix Weingartner,
Gustav Mahler, Wilhelm Furtwängler,
Gary Bertini, Walter Weller, Armin Jordan, Horst Stein, Otto Klemperer, Nello
Santi, Pierre Boulez und Mario Venzago.
Eine ganze Reihe bedeutender Werke des
20. Jahrhunderts wurden vom Sinfonieorchester Basel uraufgeführt.
Seit einigen Jahren zeigt das Sinfonieorchester Basel zunehmend auch internationale Präsenz, zum Beispiel an zwei
gefeierten Gastspielen in St. Petersburg
und Moskau im Herbst 2012, einer ausgedehnten England-Tournee 2014, einer
Far-East-Tournee im Frühling 2015 und
einer weiter England- und Irland-Tournee im Herbst 2015.
Ab der Saison 2016/17 wird die Hauptspielstätte des Sinfonieorchesters Basel,
das Stadtcasino Basel, renoviert. Im Projekt der beiden Architekten Herzog & De
Meuron wird das Stadtcasino mit einem
Erweiterungsbau ergänzt und technisch
auf den neusten Stand gebracht. Das Orchester wird während den Bauarbeiten,
welche sich über drei Saisons erstrecken,
seine Sinfoniekonzerte im Musical Theater Basel, im Münster Basel und im Theater Basel veranstalten. Die Programme
werden auch inhaltlich auf die Konzertorte Bezug nehmen. Das Orchester freut
sich darauf, an den verschiedenen Lokalitäten neue Erfahrungen zu sammeln und
ist überzeugt, dass der Erweiterungsbau
des Stadtcasinos eine Bereicherung für
die Stadt ist. Ab Sommer 2019 werden
die Sinfoniekonzerte dann wieder wie gewohnt im Stadtcasino Basel stattfinden.
Foto: Matthias Willi
Erik Nielsen wurde in den USA geboren
und studierte Harfe und Oboe an der New
Yorker Juillard School. Seine Ausbildung
als Dirigent erhielt er am Curtis Institute of Music. In seinem breitgefächerten
Repertoire stechen neben Opernklassikern wie „Die Zauberflöte“, „Carmen“
und „La forza del destino“ vor allem moderne und zeitgenössische Werke hervor. Bereits während seines Frankfurter
Engagements als Kapellmeister führten
ihn Gastengagements u. a. an die English
National Opera in London, die Boston
Lyric Opera, die Deutsche Oper Berlin
sowie die Metropolitan Opera in New
York. In der Spielzeit 2015/16 dirigierte
Erik Nielsen in Frankfurt unter anderem
Helmut Lachenmanns „Das Mädchen mit
den Schwefelhölzern“. Erik Nielsen ist
Chefdirigent des Bilbao Orkestra Sinfonika und ab 2016 Musikdirektor am Theater Basel.
30.10.16
SINFONIEORCHESTER BASEL & BERTRAND CHAMAYOU (KLAVIER)
ERIK NIELSEN (LEITUNG)
WERKE VON KORNGOLD, RAVEL, SCHÖNBERG UND PROKOFJEW
03.12.16
DRESDNER KREUZCHOR
RODERICH KREILE (LEITUNG)
VORWEIHNACHTLICHE A-CAPPELLA-WERKE AUS VERSCHIEDENEN
JAHRHUNDERTEN
14.12.16
ARTEMIS QUARTETT
WERKE VON HAYDN, RIHM UND SCHUMANN
11.01.17 CÉDRIC PESCIA
J. S. BACH: DIE KUNST DER FUGE
18.01.17
FREIBURGER BAROCKORCHESTER
GOTTFRIED VON DER GOLTZ (LEITUNG)
CONCERTI ALL‘ARRABBIATA: WERKE U. A. VON CORELLI, VIVALDI, TELEMANN UND HÄNDEL
05.02.17
MARTIN HELMCHEN
KLAVIER-WERKE VON SCHUBERT, LACHENMANN,
MENDELSSOHN BARTHOLDY UND BEETHOVEN
17.03.17
STUTTGARTER KAMMERORCHESTER & FLORIAN UHLIG (KLAVIER)
WERKE VON LUTOSŁAWSKI, BEETHOVEN, DEAN UND HAYDN
26.03.17
MOTETTENCHOR LÖRRACH & ORCHESTER DES MOTETTENCHORES
STEFAN BÖLLHOFF (LEITUNG)
ANTONIN DVOŘÁK: STABAT MATER
29.04.17
TETZLAFF QUARTETT
WERKE VON MOZART, BERG UND SCHUBERT
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