Unvollständigkeitssatz von Gödel

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1.1
Gödels Unvollständigkeitssatz
Arithmetik
Kurt Gödel (1906 - 1978) hat Kalküle für die Arithmetik untersucht. Weiteres
unter
http://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_G%C3%B6del
Es geht dabei darum, mit einem prädikatenlogischen Kalkül aus wenigen Axiomen die Sätze der Arithmetik abzuleiten.
Zu den Axiomen gehören z.B.:
0 ist eine natürliche Zahl: 0 ∈ N.
Für jede nat. Zahl ist der Nachfolger auch eine nat. Zahl: ∀n(n ∈ N → s(n) ∈ N)
0 ist nicht Nachfolger: ¬∃m(m ∈ N ∧ 0 = s(m))
Verschiedene Zahlen haben verschiedene Nachfolger: ∀m∀n(m 6= n → s(m) 6=
s(n))
Verschiedene Zahlen haben verschiedene Vorgänger: ∀m∀n(s(m) 6= s(n) → m 6=
n)
0 ist die kleinste natürliche Zahl: ∀n(0 ≤ n).
Denition der Addition: ∀n(n + 0 = n).
Denition der Addition: ∀n∀m(n + s(m) = s(n + m)).
Denition der Addition: s(0) = 1.
Denition der Addition: ∀n(s(n) = n + 1).
Denition der Multiplikation: ∀n(n · 0 = 0).
Denition der Multiplikation: ∀n∀m(n · s(m) = n · m + n).
Gödels Trick:
Gödel hat es geschat, mit arithmetischen Ausdrücken arithmetische Formeln
zu beschreiben. Eine Zahl i kann dann eine Zahl bedeuten, sie kann aber auch
die Nummer eines arithmetischen Ausdrucks, einer Formel usw. sein.
Wie er das genau macht, wird hier zu kompliziert. Z.B. kann man natürliche
Zahlen durch ihren doppelten Wert darstellen. Dann sind die ungeraden Zahlen
frei für andere Zwecke. Jedenfalls schat es Gödel, alle arithmetischen prädikatenlogischen Formeln mit Zahlen zu nummerieren. Ebenfalls gibt es für Listen
von Formeln Nummern. Wir erinnern uns, dass ein Beweis im Kalkül eine Liste
von Formeln ist. Jede der Formeln ist ein Axiom (eine Prämisse) oder kann mit
einfachen Regeln aus vorherigen Formeln der Liste abgeleitet werden. Ein Satz
ist bewiesen, wenn er in der Liste vorkommt.
Auf diese Weise kann Gödel durch prädikatenlogische Formeln verschiedene Eigenschaften denieren:
i ist Nummer einer Formel: F ormel(i)
m ist Nummer eines Beweises: Beweis(m)
m ist Nummer eines Beweises für die Formel i: beweist(m, i)
Mit diesen Mitteln kann Gödel einen merkwürdigen Satz formulieren. Der Satz
hat die Nummer g:
1 GÖDELS UNVOLLSTÄNDIGKEITSSATZ
g: ¬∃n(Beweis(n) ∧ F ormel(g) ∧ beweist(n, g))
Die Formel mit der Nummer g sagt also, dass es zu ihr keinen Beweis gibt.
Man kann das kurz so ausdrücken:
g: Dieser Satz ist nicht beweisbar.
Gödels Satz ist wahr.
Beweis:
Falls Gödels Satz falsch ist, müsste er beweisbar sein. Man könnte dann im Kalkül einen falschen Satz beweisen. Das widerspricht dem Korrektheitssatz. Wenn
keine falschen oder sich widersprechenden Axiome (Annahmen) gemacht werden, können im Kalkül nur wahre Aussagen abgeleitet werden.
Also muss der Satz g wahr sein. Aber dann ist er nicht beweisbar.
Satz 1.
Unvollständigkeitssatz von Gödel
Es gibt in der Arithmetik Sätze, die wahr sind, die aber im Kalkül nicht abgeleitet werden können.
Satz 2.
Frage 1:
Wieso widerspricht der Unvollständigkeitssatz von Gödel nicht dem Vollständigkeitssatz?
Antwort:
Der Vollständigkeitssatz sagt, dass allgemeingültige Sätze, die in allen Welten
wahr sind, auch im Kalkül abgeleitet werden können. Wenn der Satz g von Gödel
nicht abgeleitet werden kann, so muss es Interpretatationen der Axiome geben,
in denen g nicht wahr ist. Diese Interpretationen entsprechen nicht unserer Vorstellung von Zahlen und vom Rechnen. Es sind alternative Arithmetiken.
Frage 2:
Kann man die Axiome nicht so erweitern, dass unsere Standard-Arithmetik
durch sie genau beschrieben wird?
Antwort:
Gödel hat bewiesen, dass das nicht möglich ist.
Frage 3:
Kann man nicht einfach die Formel g als Axiom hinzunehmen? Jedes Axiom
gilt ja als ableitbar.
Antwort:
Wenn man g als Axiom hinzunimmt, erhält man ein neues Kalkül, in dem g
wirklich ableitbar ist. Aber Gödel hat gezeigt, dass man zu diesem Kalkül eine
neue Formel g1 nden kann, die ebenfalls wahr ist, aber auch nicht ableitbar.
Man kann das sogar wiederholen und bekommt dann Formeln g2 , g3 , . . ., für die
das gleiche gilt. Sogar wenn man alle Formeln g, g1 , g2 , g3 , . . . auf einmal als
Axiome hinzunimmt, ergibt sich eine neue Formel g 0 mit diesem Problem.
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1.1 Arithmetik
Frage 4:
Wieso kann Gödel einen Satz beweisen, der nicht beweisbar ist?
Antwort:
Hier ist eine feine Unterscheidung nötig. Der Satz ist im Kalkül mit formalen
Mitteln nicht beweisbar (der Klarheit halber sollte man lieber ableitbar sagen).
Wenn Gödel den Satz beweist, so macht er das mit Mitteln, die nicht formal
sind. Das menschliche Denken ist machmal in der Lage, über bestimmte formale Möglichkeiten hinauszugehen.
Frage 5:
Wieso kann man in der Arithmetik Sätze formulieren, die nicht im Kalkül ableitbar sind?
Antwort:
Die Axiome der Arithmetik sollen eine bestimmte Struktur beschreiben, nämlich die natürlichen Zahlen mit ihren grundlegenden Eigenschaften. Das lässt
sich aber mit Formeln der Prädikatenlogik 1. Stufe nicht machen. Egal, welche
Axiome man wählt, die Struktur der natürlichen Zahlen wird nicht eindeutig
beschrieben. Es gibt alternative Nicht-Standard-Arithmetiken.
Z.B. kann man neben dem Zahlenstrahl 0, 1, 2, 3, . . . einen weiteren Zahlenstrahl
00 , 10 , 20 , 30 , . . . denieren. Die beiden Strahlen hängen nicht zusammen. Es gilt
s(00 ) = 10 , s(10 ) = 20 , . . ..
Aber es sind alle Axiome erfüllt.
Es gibt unendlich viele Nicht-Standard-Arithmetiken.
Frage 6:
Kann man die Nicht-Standard-Arithmetiken ausschlieÿen?
Antwort:
Prinzipiell ja, aber dazu braucht man das Induktionsaxiom. Dieses erzwingt,
dass alle Zahlen in einem Strahl zusammenhängen. Es lautet:
Induktionsaxiom: ∀E([E(0) ∧ ∀m(E(m) → E(m + 1))] → ∀n(E(n)))
E ist dabei eine Eigenschaft. Die Formel fordert: Wenn für eine beliebige Eigenschaft E gilt
• E gilt für die 0
• alls E für m gilt, dann auch immer für m+1
dann gilt E für alle natürlichen Zahlen n.
Der Nachteil: Das Axiom gehört nicht mehr zur Prädikatenlogik 1. Stufe, weil
ein Quantor nicht auf Objekte (Zahlen), sondern Eigenschaften angewendet
wird. Die Formel ist eine der Prädikatenlogik 2. Stufe.
Frage 7:
Warum ist es ein Nachteil, dass das Induktionsaxiom zur Prädikatenlogik 2.
Stufe gehört?
Antwort:
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1 GÖDELS UNVOLLSTÄNDIGKEITSSATZ
Die Prädikatenlogik 2. Stufe ist noch korrekt, aber nicht mehr vollständig (entscheidbar erst recht nicht). Es gibt also in der PL 2. Stufe (kurz PL2) allgemeingültige Formeln, die nicht mehr formal beweisbar sind.
Frage 8:
Es wurde von Gödel ein Satz gebildet der Art 'Dieser Satz ist nicht beweisbar.'.
Kann man nicht auch folgenden Satz in der Arithmetik formulieren: 'Dieser
Satz ist falsch.'?
Antwort:
Zum Glück nicht. Denn wenn das möglich wäre, würde man eine Formel denieren, die sich selbst widerspricht. Wenn 'Dieser Satz ist falsch.' wahr ist, muss
der Satz falsch sein. Wenn er aber falsch ist, muss er wahr sein. Der Satz wäre
ein Widerspruch. Und dann könnte man alle beliebigen Sätze daraus ableiten.
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