SERUVS MAGAZIN September 2013

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hofladen
gutes von
daheim
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Hart, aber herzlich
Enzianwurzel ist von alters her ein wohlbekanntes Heilmittel.
Im Salzburger Lungau stellt Konditor Walter Trausner
daraus ein feines Gelee und Sirup her.
Text: Elisabeth Ruckser Fotos: Alexander maria Lohmann
58 Servus
Josef Holzer (oben) auf der Suche nach der heilkräftigen Enzianwurzel. Sie wird mit der Hacke freigelegt.
Nach dem Ernten wird sie geputzt und von Walter Trausner zu Geleewürfeln verarbeitet (links unten).
G
elber Enzian ist nix für Anfänger. Zumindest was seine geschmacklichen
Eigenschaften betrifft. Er ist kein schmeichelnder Langweiler, mehr eine Angelegenheit mit Ecken und Kanten. Wie schmeckt
er? Vor allem einmal ziemlich bitter.
Botanisch betrachtet ist er so etwas wie
der große Bruder des berühmten kleinen
blauen Enzians. Gut einen Meter hoch wird
die streng geschützte Pflanze mit den langen, schlanken Blättern. Und einen kurzen
alpinen Hochsommer lang zeigt sie ihre
markante gelbe Blüte.
Fast auf jeder Alm war der wilde Gelbe
Enzian früher zu finden. Aber leider war
er alles andere als gern gesehen auf den
Weiden und Wiesen, und so wurde er im
Laufe der Zeit bedrohlich dezimiert. „Alm-
Unkraut haben s’ dazu g’sagt“, weiß auch
Josef Holzer vom Krameterhof in Keusching
im Salzburger Lungau.
Er ist einer jener Landwirte, die sich wieder um die Erhaltung des selten gewordenen
Krauts bemühen. Schon sein Vater hatte vor
vielen Jahren damit begonnen. Sepp senior
hat den Enzian einfach ausgesät – und zwar
überall dort, wo er sich ganz von selbst auch
ansiedeln würde, etwa an Hängen und Böschungen oder entlang der Forstwege.
Getrocknet, destilliert oder angesetzt
Heute, rund 30 Jahre später, setzt der Sohn
diese Arbeit fort. Und er erntet die Wurzel
behutsam und umsichtig.
Als Heilpflanze ist die Enzianwurzel seit
der Römerzeit bekannt. Den Kräuterkundi-
gen des Mittelalters galt sie dank ihrer Bitterstoffe fast als eine Art Universalmedizin,
die vor allem in die Rezepturen der Kloster­
elixie­re Eingang fand.
Auch im alpinen Raum wird Gelber En­
zian seit Generationen als Naturheilmittel
verwendet: getrocknet, destilliert oder in Alkohol angesetzt. „Ich kenn das von meiner
Großmutter“, erzählt dazu Enzian-Experte
Walter Trausner aus Mauterndorf im Lungau. „Mein Vater stammte aus der Hall­
stätter Gegend, und die Enzianwurzel, die
hat schon die Oma immer daheim vorrätig
gehabt.“
Gegen allerlei Probleme half die bittere
Medizin, manchmal innerlich, manchmal
­äußerlich. Ein Stamperl vom Ansatz gab’s
­gegen Übelkeit genauso wie gegen Ap- ➻
Servus 59
Angesetzte
­Enzianwurzel
Zutaten:
1 frische Enzianwurzel (15–20 cm lang)
1 l Obstler (40 %), vorzugsweise
aus Äpfel und Birnen, 150 g Zucker
150 ml Wasser, 1 Zitrone
Zubereitung
Enzianwurzel mit einer Bürste sehr sauber
reinigen und in Scheiben schneiden. Zucker
mit Wasser ein bis zwei Minuten lang zu
einem Sirup kochen und abkühlen lassen.
Zitrone in Scheiben schneiden. Alle Zutaten in
ein großes Glasgefäß geben, gut schütteln,
damit sich der Zucker auflöst, verkorken und
mindestens einen Monat kühl stehen lassen.
Nicht aufs Fensterbrett in die Sonne stellen!
Der Zuckersirup nimmt etwas Bitter­
geschmack weg, der Likör wird aber trotzdem
bitter genug, um Bauchzwicken zu vertreiben.
Enziansirup
mit Bier
Zutaten:
4 cl Enziansirup, 10 cl Pils-Bier
1 Orangenspalte
3–4 Eiswürfel, frische Kräuter oder Blüten
(Minze, Melisse, Schafgarbe etc.)
Zubereitung
In ein großes Rotweinglas 3–4 Eiswürfel
und den Enziansirup geben, mit herbem Pils
aufgießen und mit einer Orangenspalte und
eventuell frischen Kräutern garnieren.
petitlosigkeit. Das Stamperl sollte gegen kalte Füße wirken, gegen Krampfadern oder
bei Blutarmut. Und kämpfte man mit einer
­hartnäckigen Muskelentzündung, wurde
­Enziantinktur direkt aufgetragen.
Heute gilt als erwiesen, dass die Bitterstoffe der Gelben-Enzian-Wurzel Magenbeschwerden lindern und bei Gallenproblemen
helfen können. Sie regen die Geschmacksnerven an und bewirken, dass sich Speichel
und Magensäure bilden. Dadurch wird das
Verdauungshormon Gastrin verstärkt ausgeschüttet und regt die Produktion von Magen- und Gallensäften an.
„Ich mag diesen speziellen bitteren Geschmack“, sagt Walter Trausner. Der gelernte Koch und Konditor hat sich auf die Herstellung ungewöhnlicher Marmeladen und
Gelees spezialisiert. Dabei widmet er sich
neben den Früchten besonders all den Kräu-
60 Servus
Aus bitter wird bittersüß: Fruchtspezialist Walter Trausner verwandelt die
frische E
­ nzianwurzel gemeinsam mit Zimt, Vanille und Zucker in Gelee und Sirup.
Vorsichtig werden die Zutaten in einem Kupferkessel aufgekocht.
tern, Wurzeln, Blüten oder Blättern, die die
Region zu bieten hat: „In der Wachau gibt es
Wein und Marillen – wir im Lungau haben
die Almen mit ihrem wunderbaren Pflanzenreichtum.“ So gilt Walter Trausners Liebe
auch dem eigenwilligen Enzian: „Es ist diese
Kombination aus süß und bitter, herb und
aromatisch, die ich sehr spannend finde.“
Überzeugungsarbeit braucht zeit
Zusammen mit dem Agrarexperten Sepp
Holzer wagte der Konditor vor einigen
­Jahren das Experiment und machte sich an
die Herstellung eines süßen Produkts aus
Enzianwurzel. Ein Gelee, für das die frische
Wurzel zerkleinert, mit Vanille, Zimt und
Zucker aufgekocht, anschließend in Form
gegossen und getrocknet wird.
Dieses sogenannte „Pocket Gelly“ aus
­Enzian gehört mittlerweile zum fixen Re-
pertoire der Konditorei Trausner. Auch
wenn die herben Geleewürferl nur langsam
ihre Stammkunden finden.
„Ich hab mir das in den Kopf gesetzt“,
sagt Walter Trausner, „selbst wenn man die
Leut erst davon überzeugen muss. Auch
das gehört zu unserer Tradition!“
Seit heuer gibt es noch ein weiteres
­Enzianprodukt: einen Sirup aus der Wurzel
vom Gelben Enzian. Hergestellt nach alter
­Tradition, eignet er sich besonders als
­alkoholfreies Getränk oder als Basis für
­einen Longdrink mit kühlem Bier. 3
Servus-Tipp: Walter Trausner, Steindorf 65,
5570 Mauterndorf, Tel.: +43/6472/200 65,
www.genusswerkstatt.com
Josef Holzer, Keusching 13, 5591 Ramingstein,
Tel.: +43/6475/239, www.krameterhof.at
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