BEHINDERUNGEN Schwerhörigkeit 10 Prozent der Europäer leiden an Hörproblemen Schwerhörigkeit betrifft sehr viele Menschen bereits ab einem Alter von 50 Jahren. Gelegentlich kann sie sogar schon früher auftreten. Oft wird das schlechte Hören vom Betroffenen gar nicht bemerkt und die Krankheit kann sich über Jahre hin unbemerkt weiterentwickeln. Je früher man gegen eine beginnende Schwerhörigkeit vorgeht, umso unproblematischer bleibt der Kontakt zur Umwelt. Neben einer Anzahl verschiedener Hörgeräte gibt es auch technische Hilfsmittel für zu Hause, die dem Schwerhörigen den Alltag erleichtern. 300 Millionen Menschen weltweit schwerhörig Diese Zahlen werden in den nächsten Jahren noch stark ansteigen, weil der Anteil älterer Menschen weiter zunimmt. Immerhin 35 % der über 75-jährigen sind betroffen. Einem Großteil der Schwerhörigen kann durch eine medikamentöse oder operative Behandlung beziehungsweise durch ein Hörgerät geholfen werden. Allerdings nützt nur ein kleiner Teil diese Chance auf eine Verbesserung des Gehörs, weil sich viele Betroffenen dafür schämen und nicht einmal einen Arzt aufsuchen möchten. Ursachen Geräusche erreichen durch das Außenohr das Trommelfell. Diese Membran wird dabei in Schwingungen versetzt. Die Schallschwingungen werden dann über die Gehörknöchelchen in das Mittelohr und weiter in das Innenohr übertragen. Von dort werden die Impulse in das Gehirn weitergeleitet. Bei der Schwerhörigkeit ist entweder die Schallleitung oder die Schallempfindung gestört. Störung der Schallleitung Die Weiterleitung des Schalls ist dann behindert, wenn im Gehörgang, am Trommelfell oder im Mittelohr ein Schaden vorliegt. Sie ist also eine Außen- und Mittelohrerkrankung. Gründe dafür können sein: • • • • • Ohrenschmalzpfropfen Fremdkörper im Ohr Entzündung des Gehörgangs Mittelohrentzündung Verkalkung im Ohr Störung der Schallempfindung Die Schallempfindungsschwerhörigkeit ist eine Erkrankung des Innenohrs. Es sind entweder die Gehörzellen zerstört oder die Weiterleitung der Impulse durch Nerven ins Gehirn ist behindert. Bei vielen beginnt sie schon ab dem 50. Lebensjahr. Es ist aber ein schleichender Prozess, der zunächst gar nicht bemerkt wird. Im Durchschnitt vergehen sieben bis zehn Jahre, bis die Beeinträchtigung des Hörens überhaupt auffällig wird. Aber nicht nur das Alter ist am schlechteren Hören schuld. Die Gehörzellen können auch durch Lärm (Lärmschäden), durch Infektionen des Innenohrs oder durch die Meniersche Krankheit geschädigt werden. In manchen Fällen ist der Hörschaden auch angeboren. Ist das Innenohr intakt und nur die Weiterleitung der Impulse ins Gehirn unterbrochen, liegt eine Nervenschädigung vor. Sie kann durch folgende Faktoren entstehen: Infektionen wie Mumps, Röteln, Gehirnhautentzündungen – Schlaganfall – Gehirntumore – Durchblutungsstörungen im Gehirn Vorbeugung Die einzige richtige Vorbeugung ist das Vermeiden von großer Lärmbelastung. Bei bestimmten Arbeiten, etwa Bauarbeiten, ist ein Gehörschutz sinnvoll Beschwerden Eine Hörminderung tritt meist langsam und unmerklich auf. Der Betroffene wird in einem Gespräch immer versuchen, möglichst nahe an seinen Gesprächspartner heranzukommen, um besser zu hören. Ihm selbst fällt dieses Verhalten aber gar nicht auf. Fernseher und Radiogeräte werden lauter gedreht. Auch das fällt aber nur einem Außenstehenden auf. Kommen diese Hinweise von anderen Personen häufiger, ist eine Überprüfung des Gehörs durch den Arzt anzuraten. Diagnose Der Arzt wird zuerst die Hörweite des Patienten überprüfen. In der Praxis werden Hörweiten bis zu sechs Metern geprüft. Danach wird der Grad der Schwerhörigkeit eingeteilt: Geringgradige Schwerhörigkeit Wird das Ticken der Armbanduhr, welche eine Lautstärke von etwas mehr als 20 dB hat, nicht mehr gehört, liegt bereits eine geringgradige Schwerhörigkeit vor. Mittelgradige Schwerhörigkeit Ab einen Hörverlust von 40 dB, also etwa den Grundgeräuschen in Wohngebieten am Tage, spricht man von einer mittelgradigen Schwerhörigkeit. Hochgradige Schwerhörigkeit Kann der Gesprächpartner nicht mehr gehört werden, wobei normales Sprechen etwa einer Lautstärke Hörkurve von 60 dB entspricht, liegt eine hochgradige Schwerhörigkeit vor. An Taubheit grenzende Schwerhörigkeit Wenn man z.B. laute Musik oder die Geräusche einer sehr belebten Straße nicht mehr hört, entspricht das einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Beim HNO-Arzt oder beim Hörgeräteakustiker sollte ein Hörtest durchgeführt werden. Dabei werden die Töne unterschiedlicher Frequenz, die gerade noch gehört werden können. Eingetragen in ein Diagramm mit der Lautstärke auf der Ordinate (y-Achse) und der Frequenz auf der Abzisse (x-Achse), ergibt die Hörkurve. Werden Töne erst bei höheren Lautstärkewerten gehört, so weicht die Hörkurve dieser Personen von der Normalkurve ab. Mit Hilfe dieser Hörkurve lässt sich eine Schwerhörigkeit auch numerisch, also ihrer Abweichung vom Normalhörenden, in dB bestimmen. Behandlung Schallleitungsstörung Dabei ist die Schwerhörigkeit durch einen Schaden am Trommelfell oder durch eine Verlegung des Gehörgangs verursacht. Fremdkörper im Ohr oder Ohrenschmalz werden vom Arzt entfernt. Schallempfindungsstörung Dabei ist das Innenohr geschädigt. Eine Operation ist nicht möglich. Das Tragen eines Hörgerätes wird unumgänglich. Hörgeräte Taschen-Hörgeräte Mikrofon, Verstärker, Lautsprecher und Lautstärkenregler und Batterien werden in einem zigarettenschachtelgroßen Kästchen am Körper getragen. Der Hörer wird ins Ohr gestöpselt und ist über einen Draht mit dem Kästchen verbunden. Das Mikrofon nimmt die Töne auf, sie werden verstärkt und über den Draht ins Ohr weitergeleitet. Nachteil: Das Hörgerät ist stark sichtbar und bereits veraltet. Vorteil: Es ist besonders gut für sehr starke Hörschäden geeignet. Anwendung: Besonders gut geeignet für Behinderte, welche die Arme nur beschränkt bewegen können. Geräte, die hinter dem Ohr getragen werden Mikrofon, Verstärker, Lautsprecher und Batterie werden hinter dem Ohr befestigt. Das Mikrofon nimmt die Töne auf, sie werden verstärkt und über einen kleinen Plastikschlauch ins Ohr weitergeleitet. Nachteil: Es können Rückkopplungseffekte entstehen, wenn das Ohrpaßstück nicht gut sitzt. Vorteil: Sie sind relativ klein und daher gut zu verbergen, sind einfach in der Bedienung und haben eine lange Batterielebenszeit. Anwendung: Besonders geeignet für ältere Patienten und Kinder. Ohrmuschel-Geräte Mikrofon, Verstärker, Lautsprecher und Batterie befinden sich direkt in der Ohrmuschel. Nachteil: Das Ein- und Ausschalten sowie die Regelung der Lautstärke sind schwierig, weil sie auch direkt in der Ohrmuschel gemacht werden müssen. Vorteil: Die Richtung, aus der die Töne kommen, wird richtig wahrgenommen. Anwendung: Es wird vor allem bei jüngeren Patienten eingesetzt. Gehörganggeräte Sie werden ganz in den Gehörgang eingeschoben. Der Hörgeräte-Fachmann fertigt dazu eine genau ins Ohr passende Form an. Nachteil: Das Ein- und Ausschalten sowie die Regelung der Lautstärke erfordern eine gewisse Geschicklichkeit und stellen für ältere Patienten oft eine große Schwierigkeit dar. Die Batterie, die in diesem winzigen Gerät Platz hat, ist sehr klein und hat daher nur eine kurze Lebensdauer. Vorteil: Das Hören ist dem natürlichen Gehör am besten nachempfunden. Die Qualität der Verstärkung ist optimal, störende Rückkoppelungen kommen nicht vor. Das Gerät ist so klein, das es überhaupt nicht bemerkt wird. Anwendung: Es wird vor allem bei jüngeren Patienten und Kindern eingesetzt. Manche Herstellerfirmen bieten auch handliche Fernbedienungen für ihre Hörgerät an. Besonders für Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit sind sie sehr gut geeignet. Implantierbare Hörgeräte Diese Geräte bestehen aus zwei Teilen. Einem äußeren Teil, der das Mikrofon und die Batterie enthält und einem inneren Teil, der direkt ins Mittelohr eingepflanzt wird. Der äußere Teil wird hinter dem Ohr, unter den Haaren gut versteckt und mit einem Magneten an der Kopfhaut befestigt. Das Mikrofon nimmt den Schall auf und wandelt ihn in elektrische Signale um, die durch die Haut an den Empfänger im Mittelohr weitergeleitet werden. Dieser wandelt die Signale in Schwingungen um, die die Gehörknöchelchen in Bewegung versetzen und den Schall so weiterleiten. Vorteil: Weil das Gerät im Mittelohr sitzt, ist der Gehörgang frei. Der Betroffene hat keine Rückkoppelungen und hört seine eigene Stimme nicht ständig verstärkt mit. Die Hörleistung ist besonders im Hochfrequenzbereich besser als bei den anderen genannten Geräten. Nachteil: Das Hörgerät muss in einer etwa zweistündigen Operation unter Vollnarkose eingesetzt werden. Kernspintomografische Untersuchungen dürfen an Patienten mit einem implantierten Hörgerät nur dann gemacht werden, wenn das Hörgerät vorher entfernt wurde. Anwendung: Es wird vor allem bei Patienten eingesetzt, die an beiden Ohren einen mittelgradigen Hörverlust haben. Die Betroffenen sollten vorher schon ein herkömmliches Hörgerät getragen haben und damit keine zufriedenstellende Hörverbesserung erreicht haben.