Neue Post, 49/2016, Endlich wieder gut hören

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Endlich wieder gut hören
Das Ohr ist ein wichtiges
Sinnesorgan. Doch mit
zunehmendem Alter nimmt
seine Leistungsfähigkeit ab.
Was wir dann tun können
D
as Ticken der Küchenuhr scheint plötzlich
verschwunden zu sein,
es ist fast unmöglich, andere
zu verstehen. Die Ursache:
Schwerhörigkeit. Jeder 15.
Deutsche ist davon betroffen.
Darunter leidet nicht nur die
Verständigung mit Familie,
Freunden und Bekannten.
Forscher fanden jetzt heraus,
dass ein Hörverlust auch
das Demenz-Risiko erhöhen
kann. Grund genug, mit den
richtigen Maßnahmen das
Hörvermögen zu verbessern.
Schwerhörigkeit nimmt
im Alter zu
RISIKO:
DIABETES
Amerikanische Wissenschaftler
fanden heraus: Ein erhöhter Blutzuckerspiegel kann zu Schäden der Nerven und
Blutgefäße des Innenohres führen – und
damit einen Hörverlust begünstigen.
Diabetiker sollten daher auf eine
gute Blutzucker-Einstellung
achten und ihr Gehör regelmäßig beim HNO-Arzt
überprüfen lassen.
52 NEUE POST 49/2016
Schwerhörigkeit kann verschiedene Ursachen haben.
Dabei spielen vor allem
körperliche Alterungsprozesse eine wichtige Rolle. Im
Laufe der Zeit werden
das Innenohr mit seinen Sinneszellen, der
Hörnerv sowie die Hirnbereiche, die für eine
Weiterverarbeitung der
Signale verantwortlich
sind, beeinträchtigt. Ärzte sprechen in diesem
Fall von sogenannter
Altersschwerhörigkeit.
Bei den über 60-Jährigen
leidet rund ein Drittel darunter.
Empfehlenswert ist dann
das Tragen einer Hörhilfe
(siehe Interview rechts).
Betroffene können zwischen
zwei Varianten wählen:
Am verbreitetsten ist das
sogenannte Hinter-demOhr-Gerät. Es ist relativ
pflegeleicht und besonders
für Träger mit mittlerem
bis schwerem Hörverlust
geeignet. Im-Ohr-Hörgeräte
sitzen direkt im Gehörgang
und sind kaum erkennbar.
Lärmquellen aus dem
Weg gehen
Neben zunehmendem Alter
ist dauerhafter Lärm (z. B.
dichter Straßenverkehr) eine
Der NEUE POST-Echtfall
„ICH REAGIERTE IMMER SELTENER AUF FRAGEN“
An der Bedienungstheke im Supermarkt hatte Karin Schlüter (66)
oft ein merkwürdiges
Gefühl: „Es kam mir vor,
als ob ich die Fragen und
Antworten der Verkäuferinnen nicht richtig
verstehen würde“, erzählt
sie. Auch ihr Mann
bemerkte, dass etwas
nicht stimmte: „Wir
zwei segeln gerne. Ich
reagierte immer seltener
auf seine Kommandos“, berichtet die
Niedersächsin. Bei einem Arztbesuch
stellte sich schließlich heraus, dass
Karins Hörvermögen sehr gering
war. Die Lösung: ein Hörgerät! „Im
ersten Moment war ich davon nur
wenig begeistert. Ich hatte diese
unästhetischen Apparate vor Augen“,
berichtet sie. Über das Internet
fand die 66-Jährige dann einen
kompetenten Hörgeräte-Akustiker
in ihrer Nähe. „Die Anpassung des
unauffälligen Gerätes verlief völlig
problemlos. Endlich kann ich wieder
richtig hören“, freut sich Karin. Das
technische Hilfsmittel gab ihr ein
Stück Lebensqualität zurück!
ZUM REINIGEN DER OHREN
REICHT WASSER AUS
Wattestäbchen sind beliebt, wenn es um
das Reinigen der Ohren geht. Doch HNOÄrzte warnen: Die Stäbchen drücken
Ohrenschmalz immer weiter in den
Gehörgang. Dort sammelt es sich und
bildet einen Pfropfen, den nur ein Arzt
entfernen kann. Besser: beim Duschen
etwas Wasser ins Ohr hineinlaufen
lassen. Das löst das Ohrenschmalz sanft
auf. Anschließend mit einem feuchten
Lappen die Ohren abtupfen.
weitere häufige Ursache
von Hörverlust. Er schädigt
das Innenohr, sodass die
Schalleindrücke nur noch
mit deutlich geringerer
Intensität an das Gehirn
weitergeleitet werden. Die
Folge: Sprache oder leise Geräusche können kaum noch
wahrgenommen werden. Wer
regelmäßig starkem Lärm
ausgesetzt ist, sollte sich
individuell angepasste Ohrstöpsel zulegen. Diese sind
beim Hörgeräte-Akustiker
erhältlich (Kosten pro Paar:
ca. 20 Euro).
Schwerhörigkeit bei
Tinnitus nicht selten
Auch Patienten, die von Ohrgeräuschen, also einem Tin-
nitus, geplagt werden, leiden
oft unter Schwerhörigkeit.
Mit modernen Hörgeräten
werden die Umgebungsgeräusche
verstärkt und das Hörerlebnis
verbessert – parallel wird
der Tinnitus weniger deutlich wahrgenommen.
P Wer an einer viel befahrenen
Straße wohnt, kann mit Lärmschutzfenstern sein Gehör schonen
ADELIGE HÖRGERÄTE-TRÄGERIN: KÖNIGIN SILVIA (72)
In der Vergangenheit fiel eine
Bewegung von Königin Silvia in der
Öffentlichkeit besonders auf: Die
gebürtige Heidelbergerin fasste sich
immer wieder ans Ohr. Diese Geste
lässt auf Hörprobleme schließen.
Außerdem stand die Monarchin
ihren Gesprächspartnern oft sehr
dicht gegenüber. Doch damit ist
Schluss: Die Königin wurde schon
einige Male mit einem kaum
erkennbaren Hörgerät in ihrem
rechten Ohr gesehen.
v
PATRICK
SUKKAR
HörgeräteakustikMeister, Amplifon,
Hamburg-Harburg
„Probetragen
ist wichtig“
Das
Können sich
Betroffene
sagt der
zu Beginn
einer
Schwerhörigkeit mit
dem Gang zum
Hörakustiker Zeit lassen?
Lieber nicht! Wird über
längere Zeit ein Frequenzbereich nicht wahrgenommen,
können wir das Hören
verlernen. Dies hat auch
eine Verschlechterung des
Sprachverstehens zur Folge.
Eine frühzeitige Hörsystemversorgung kann das
verhindern.
Worauf sollte ich beim
Hörgeräte-Kauf achten?
Es ist wichtig, ein Hörsystem
zu wählen, das den individuellen Anforderungen
entspricht. Für einen Musikliebhaber kommt z. B. ein
anderes Hörsystem infrage
als für jemanden, der in
seiner Freizeit lieber im
Garten arbeitet. Bei der
Hörgeräte-Anpassung sollte
der Kunde die Möglichkeit
haben, zwischen verschiedenen System zu wählen und
diese kostenlos sowie unverbindlich zu Hause zu testen.
Zahlen die gesetzlichen
Krankenkassen?
Die Krankenkassen haben
einen sogenannten Festbetrag. Dieser richtet sich u. a.
nach dem Grad der Schwerhörigkeit. Er liegt bei bis zu
740 Euro je Hörgerät, also
1 480 Euro für beide Ohren.
Beim Standardmodell wird
somit nur eine Zuzahlung
von 10 Euro pro Gerät fällig.
Experte
49/2016 NEUE POST 53
Fotos: Shutterstock (4), dpa Picture-Alliance, Privat (2)
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