Endlich wieder gut hören Das Ohr ist ein wichtiges Sinnesorgan. Doch mit zunehmendem Alter nimmt seine Leistungsfähigkeit ab. Was wir dann tun können D as Ticken der Küchenuhr scheint plötzlich verschwunden zu sein, es ist fast unmöglich, andere zu verstehen. Die Ursache: Schwerhörigkeit. Jeder 15. Deutsche ist davon betroffen. Darunter leidet nicht nur die Verständigung mit Familie, Freunden und Bekannten. Forscher fanden jetzt heraus, dass ein Hörverlust auch das Demenz-Risiko erhöhen kann. Grund genug, mit den richtigen Maßnahmen das Hörvermögen zu verbessern. Schwerhörigkeit nimmt im Alter zu RISIKO: DIABETES Amerikanische Wissenschaftler fanden heraus: Ein erhöhter Blutzuckerspiegel kann zu Schäden der Nerven und Blutgefäße des Innenohres führen – und damit einen Hörverlust begünstigen. Diabetiker sollten daher auf eine gute Blutzucker-Einstellung achten und ihr Gehör regelmäßig beim HNO-Arzt überprüfen lassen. 52 NEUE POST 49/2016 Schwerhörigkeit kann verschiedene Ursachen haben. Dabei spielen vor allem körperliche Alterungsprozesse eine wichtige Rolle. Im Laufe der Zeit werden das Innenohr mit seinen Sinneszellen, der Hörnerv sowie die Hirnbereiche, die für eine Weiterverarbeitung der Signale verantwortlich sind, beeinträchtigt. Ärzte sprechen in diesem Fall von sogenannter Altersschwerhörigkeit. Bei den über 60-Jährigen leidet rund ein Drittel darunter. Empfehlenswert ist dann das Tragen einer Hörhilfe (siehe Interview rechts). Betroffene können zwischen zwei Varianten wählen: Am verbreitetsten ist das sogenannte Hinter-demOhr-Gerät. Es ist relativ pflegeleicht und besonders für Träger mit mittlerem bis schwerem Hörverlust geeignet. Im-Ohr-Hörgeräte sitzen direkt im Gehörgang und sind kaum erkennbar. Lärmquellen aus dem Weg gehen Neben zunehmendem Alter ist dauerhafter Lärm (z. B. dichter Straßenverkehr) eine Der NEUE POST-Echtfall „ICH REAGIERTE IMMER SELTENER AUF FRAGEN“ An der Bedienungstheke im Supermarkt hatte Karin Schlüter (66) oft ein merkwürdiges Gefühl: „Es kam mir vor, als ob ich die Fragen und Antworten der Verkäuferinnen nicht richtig verstehen würde“, erzählt sie. Auch ihr Mann bemerkte, dass etwas nicht stimmte: „Wir zwei segeln gerne. Ich reagierte immer seltener auf seine Kommandos“, berichtet die Niedersächsin. Bei einem Arztbesuch stellte sich schließlich heraus, dass Karins Hörvermögen sehr gering war. Die Lösung: ein Hörgerät! „Im ersten Moment war ich davon nur wenig begeistert. Ich hatte diese unästhetischen Apparate vor Augen“, berichtet sie. Über das Internet fand die 66-Jährige dann einen kompetenten Hörgeräte-Akustiker in ihrer Nähe. „Die Anpassung des unauffälligen Gerätes verlief völlig problemlos. Endlich kann ich wieder richtig hören“, freut sich Karin. Das technische Hilfsmittel gab ihr ein Stück Lebensqualität zurück! ZUM REINIGEN DER OHREN REICHT WASSER AUS Wattestäbchen sind beliebt, wenn es um das Reinigen der Ohren geht. Doch HNOÄrzte warnen: Die Stäbchen drücken Ohrenschmalz immer weiter in den Gehörgang. Dort sammelt es sich und bildet einen Pfropfen, den nur ein Arzt entfernen kann. Besser: beim Duschen etwas Wasser ins Ohr hineinlaufen lassen. Das löst das Ohrenschmalz sanft auf. Anschließend mit einem feuchten Lappen die Ohren abtupfen. weitere häufige Ursache von Hörverlust. Er schädigt das Innenohr, sodass die Schalleindrücke nur noch mit deutlich geringerer Intensität an das Gehirn weitergeleitet werden. Die Folge: Sprache oder leise Geräusche können kaum noch wahrgenommen werden. Wer regelmäßig starkem Lärm ausgesetzt ist, sollte sich individuell angepasste Ohrstöpsel zulegen. Diese sind beim Hörgeräte-Akustiker erhältlich (Kosten pro Paar: ca. 20 Euro). Schwerhörigkeit bei Tinnitus nicht selten Auch Patienten, die von Ohrgeräuschen, also einem Tin- nitus, geplagt werden, leiden oft unter Schwerhörigkeit. Mit modernen Hörgeräten werden die Umgebungsgeräusche verstärkt und das Hörerlebnis verbessert – parallel wird der Tinnitus weniger deutlich wahrgenommen. P Wer an einer viel befahrenen Straße wohnt, kann mit Lärmschutzfenstern sein Gehör schonen ADELIGE HÖRGERÄTE-TRÄGERIN: KÖNIGIN SILVIA (72) In der Vergangenheit fiel eine Bewegung von Königin Silvia in der Öffentlichkeit besonders auf: Die gebürtige Heidelbergerin fasste sich immer wieder ans Ohr. Diese Geste lässt auf Hörprobleme schließen. Außerdem stand die Monarchin ihren Gesprächspartnern oft sehr dicht gegenüber. Doch damit ist Schluss: Die Königin wurde schon einige Male mit einem kaum erkennbaren Hörgerät in ihrem rechten Ohr gesehen. v PATRICK SUKKAR HörgeräteakustikMeister, Amplifon, Hamburg-Harburg „Probetragen ist wichtig“ Das Können sich Betroffene sagt der zu Beginn einer Schwerhörigkeit mit dem Gang zum Hörakustiker Zeit lassen? Lieber nicht! Wird über längere Zeit ein Frequenzbereich nicht wahrgenommen, können wir das Hören verlernen. Dies hat auch eine Verschlechterung des Sprachverstehens zur Folge. Eine frühzeitige Hörsystemversorgung kann das verhindern. Worauf sollte ich beim Hörgeräte-Kauf achten? Es ist wichtig, ein Hörsystem zu wählen, das den individuellen Anforderungen entspricht. Für einen Musikliebhaber kommt z. B. ein anderes Hörsystem infrage als für jemanden, der in seiner Freizeit lieber im Garten arbeitet. Bei der Hörgeräte-Anpassung sollte der Kunde die Möglichkeit haben, zwischen verschiedenen System zu wählen und diese kostenlos sowie unverbindlich zu Hause zu testen. Zahlen die gesetzlichen Krankenkassen? Die Krankenkassen haben einen sogenannten Festbetrag. Dieser richtet sich u. a. nach dem Grad der Schwerhörigkeit. Er liegt bei bis zu 740 Euro je Hörgerät, also 1 480 Euro für beide Ohren. Beim Standardmodell wird somit nur eine Zuzahlung von 10 Euro pro Gerät fällig. Experte 49/2016 NEUE POST 53 Fotos: Shutterstock (4), dpa Picture-Alliance, Privat (2) MEINE GESUNDHEIT Das Leben aktiv und mit Freude genießen