Hepatitis B - MTA-Schule Osnabrück

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 zertifizierte
fortbildung
cme spezial Nr. 31
Chronische Hepatitis von
B
Diagnose
Hepatitis B und C
Erhöhte GPT-Werte und Risikogruppen beachten
Arteria Photography, Dr. Eberhardt
Hepatitis B rechtzeitig
diagnostizieren
Von Claus Niederau
Die chronische Hepatitis B kann zur Leberzirrhose und zum hepatozellulären
Karzinom führen. Moderne Therapieoptionen sind heute in der Lage, diese
Entwicklungen zu hemmen. Darüber hinaus lässt sich so auch die Ansteckungsgefahr für Partner, Familie und Umgebung des Betroffenen reduzieren.
Entscheidend ist, überhaupt an das Vorliegen einer chronischen Virushepatitis zu denken – insbesondere bei erhöhten Leberwerten, bei Herkunft aus
einem Hochendemieland und bei Zugehörigkeit zu einer der Risikogruppen.
_ Das Hepatitis-B-Virus (HBV) ist ein hepatotropes DNA-Virus. Etwa 40% der Weltbevölkerung weisen Antikörper gegen HBVCore-Antigen (Anti-HBc) als Merkmal einer
durchgemachten Infektion auf. Viele chronisch HBV-Infizierte leiden an einer Leber­
erkrankung, die zu Leberzirrhose und hepatozellulärem Karzinom (HCC) führen kann.
15–30% der Patienten mit chronischer Hepatitis B versterben daran [1, 2]. Etwa drei Viertel aller HCC-Fälle sind HBV-bedingt.
Die meisten Neuinfektionen von Hepatitis
B bei Erwachsenen heilen aus, 5–10% werden
chronisch, während perinatale oder frühkindlich erworbene Infektionen häufig persis­tieren.
Der fulminante Verlauf einer akuten Hepatitis
B ist selten (< 1%). Die akute Infektion geht
bei Erwachsenen/Jugendlichen oft mit hohen
Transaminasen, Krankheitsgefühl und teilweise mit Ikterus einher. Bei Kindern verläuft die
akute Hepatitis dagegen weniger auffällig.
Eine länger als sechs Monate bestehende
HBV-Infektion gilt als chronisch. Die chronische Infektion kann symptomatisch, asymptomatisch oder in Schüben verlaufen. Liegt
˚ Die Entwicklung einer
Leberzirrhose auf dem Boden
einer chronischen Hepatitis
kann asymptomatisch
verlaufen.
eine deutliche Erhöhung von GPT und HBVDNA vor, findet man in der Leber oft Entzündung und Fibrose. Die Höhe der HBV-DNA ist
der wichtigste Faktor für die Progression zur
Zirrhose und zum HCC.
Inzidenz und Prävalenz
der chronischen Hepatitis B
5–7% der Weltbevölkerung haben eine chronische HBV-Infektion, wobei die Häufigkeit
selbst in Eu­ropa unterschiedlich ist: In Nordeuropa sind < 0,1% der Bevölkerung betroffen, in Ost- und Südeuropa bis zu 8% [3–4].
In Deutschland rechnet man damit, dass bei
6–8% der Bevölkerung eine HBV-Infektion
abgelaufen ist und 0,4–0,7% HBsAg-positiv
sind [4, 5]. Insgesamt rechnet man in
Deutschland mit 500 000–600 000 HBsAg-positiven Personen.
Übertragungswege und Risikogruppen
HBV wird perkutan oder durch Schleimhautkontakt mit infektiösem Blut oder Körperflüssigkeiten übertragen. Das Virus kann im Blut
eine hohe Konzentration von 1011 Viren/ml
Zum Inhalt
ÿ H
epatitis B rechtzeitig
diagnostizieren
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ÿ F ragen zur Zertifizierung
Seite 6
ÿ P raxiswissen
Diagnostik:
Hepatitis B – eine
unterschätzte Gefahr
Seite 7
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–
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herz
ÿ Bei perinataler Infektion
entwickeln 90% der Kinder
eine chronische Infektion.
ÿ Im Gesundheitswesen ist
die Zahl der berufsbedingten
HBV-Infektionen in den letzten Jahren zurückgegangen.
ÿ Bei etwa 30% bleibt der
Übertragungsweg unklar.
– Tabelle 1
erreichen, sodass bereits kleine Mengen infektiös sein können. HBV ist zudem in Speichel, Tränenflüssigkeit, Sperma, Vaginalsekret
und Menstrualblut nachgewiesen worden,
wenngleich in geringeren Konzentrationen
als im Blut [6, 7].
Übertragung auf Personen im gleichen
Haushalt. Es ist gut dokumentiert, dass HBV-
Übertragung durch Blut und Blutprodukte. Die HBV-Übertragung über Blutpro-
Infektionen bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen. Selbst in Entwicklungsländern
dukte ist durch das Screening der Blutspender
und die Aufbereitung der Blutprodukte in industrialisierten Staaten heute nahezu eliminiert; das Risiko wird auf 1:250 000–1:500 000
geschätzt [6, 8].
Perinatale Infektion. Das Risiko der perinatalen HBV-Infektion hängt von der Höhe der
HBV-DNA der Mutter ab; bei hoher Viruslast
liegt das Risiko bei 70–90%, wobei dann bis
zu 90% der Kinder eine chronische Infektion
entwickeln [9]. In Deutschland wird seit 1994
eine Routineuntersuchung auf HBsAg bei
schwangeren Frauen nach der 32. Schwangerschaftswoche empfohlen (Kasten 1).
Sexuelle Übertragung. Sie gilt als der häufigste Übertragungsweg bei Hepatitis B. Das
Risiko der sexuellen Übertragung hängt von
der Viruslast des infizierten Partners und von
den Sexualpraktiken ab. Homosexuelle Männer haben ein hohes Risiko, das mit rezeptivem Analverkehr sowie mit Zahl und Zeitraum solcher Sexualkontakte ansteigt [10].
liegt die Prävalenz im Gesundheitsdienst nicht
viel höher als in der Allgemeinbevölkerung
[16]. Das Infektionsrisiko steigt mit der Dauer
der Beschäftigung und der Häufigkeit von
Blutkontakten und Nadelstichverletzungen
an [17–19]. Impf- und Hygienemaßnahmen
haben die berufsbedingten HBV-Infektionen
in den letzten Jahren reduziert [20].
Nosokomiale Übertragung. Eine unzureichende Hygiene führt bis heute immer wieder zu HBV-Infektionen, z.B. aufgrund unzureichend aufbereiteter Instrumente, wiederverwendeter Einmalmaterialien und Kontamination von Multi-Dose-Behältnissen [21].
HBV kann auch von einem infizierten
Mitarbeiter auf Patienten übertragen werden,
wobei die meisten Infektionen bei Personen
mit hoher Viruslast und chirurgischer Tätigkeit dokumentiert wurden [3]. Empfehlungen
geben Hinweise zu Verhaltensregeln für Mitarbeiter des Gesundheitswesens mit chronischer HBV-Infektion [23–26].
Labordiagnostik bei chronischer HBV-Infektion
HBsAg (und Anti-HBc)
 Falls beide positiv:
– HBV-DNA quantitativ
– HBeAg, Anti-HBe
– Falls DD von akuter und chronischer Hepatitis B schwierig: Anti-HBc-IgM
– Anti-HDV
 Falls HBsAg isoliert positiv:
– HBsAg-Bestätigungstest (Ausschluss einer falsch-positiven Reaktion)
> Falls HBsAg erneut positiv: HBeAg, HBV-DNA (DD: kürzliche/okkulte
HBV-Infektion); nach 2–4 Wochen: Kontrolle von Anti-HBc
 Falls nur Anti-HBc positiv:
– Anti-HBs-Nachweis
> Falls ≥ 10 IU/l: ausgeheilte Hepatitis B
> Falls Anti-HBs negativ (< 10 IU/l): „Anti-HBc-only“-Status
(meist ohne Krankheitswert; nur bei Symptomen oder zur Frage der
Infek­tiosität: Bestimmung der HBV-DNA)
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Infektionen bei Personen, die über einen längeren Zeitraum in demselben Haushalt mit
einer infizierten Person leben, auch ohne sexuelle Kontakte gehäuft sind [11–15].
Übertragung durch alternativ- und paramedizinische Verfahren. Ohne Beachtung
von Hygienestandards stellen Tätowierung,
Piercing und Ohrlochstechen ein Risiko dar.
Gleiches gilt für Eigenblutinjektion, Akupunktur und Ozontherapie [27]. HBV-Träger,
die verletzungsträchtige Tätigkeiten ausführen, müssen ebenso eine Infektionspräven­
tion beachten wie medizinisches Personal.
Übertragung durch i.v. Drogen. In Deutschland kann man bei Drogenabhängigen in
64% Anti-HBc und in 5% HBsAg nachweisen
[28, 29]. Die Impfraten sind mit 10% unbefriedigend.
Strafgefangene. Zu den Risikogruppen zählen auch Strafgefangene, unter denen sich ein
erheblicher Anteil von Drogenabhängigen
befindet. Auch sexuelle Kontakte können
hier eine Rolle spielen.
Unbekannte Übertragungswege. Bei etwa
30% der HBV-Infektionen lässt sich der Übertragungsweg nicht klären und der Betroffene
auch keiner Risikogruppe zuordnen [30, 31].
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Chronische Hepatitis B
Labordiagnostik
Die Labordiagnostik bei der akuten Hepatitis B umfasst den Nachweis von HBsAg
und Anti-HBc. In der Frühphase kann die
Menge an HBsAg so gering sein, dass der
HBV-Nachweis nur durch die Bestimmung
der HBV-DNA möglich ist. Während der akuten Hepatitis B findet man Anti-HBc-IgM oft
in hoher Konzentration [37]. In niedriger
Konzentration tritt Anti-HBc-IgM allerdings
auch bei Schüben der chronischen Hepatitis
B auf, sodass die Differenzierung der akuten
von der chronischen Hepatitis B mittels AntiHBc-IgM nicht sicher ist [38]. Meistens ist
diese Differenzierung aber klinisch einfach
und die Bestimmung von Anti-HBc-IgM überflüssig.
Zur Diagnostik der chronischen Hepatitis B gehören HBsAg, Anti-HBc, HBV-DNA
und Anti-HBe/HBeAg (Tab. 1). Die Ausheilung wird am Verschwinden des HBsAg und
dem Erscheinen von Anti-HBs festgemacht
(HBsAg-Serokonversion) [39]. Die Bestimmung von HBeAg/Anti-HBe ist sinnvoll für
die Prognose des Therapieansprechens und
die Wahl der Medikamente. Der Nachweis
von Anti-HBc ist ein Marker einer durchgemachten HBV-Infektion. Die quantitative
Bestimmung der HBV-DNA mittels PCR ist
der Standardtest zur Messung der Virämie
und damit zur Abschätzung der Infektiösität
und Therapieindikation [39]. Die neuen
Leitlinien empfehlen zudem, eine HVD-Koinfektion mithilfe der Bestimmung von AntiHDV bei allen Patienten mit einer chronischen HBV-Infektion auszuschließen.
Indikationen zur HBV-Diagnostik
An Hepatitis-B-Infektion denken
Die Symptomatik der chronischen Hepatitis B
ist unspezifisch: Müdigkeit, Abgeschlagenheit,
verminderte Leistungsfähigkeit oder Ober-
– Kasten 2
Präventionsstrategien
– Kasten 1
Im Jahr 1992 hat die WHO empfohlen, die
HBV-Impfung als generelle Impfung im
Kindesalter einzuführen [32–34].
In Deutschland emp­fiehlt die Ständige
Impfkommission eine HBV-Impfung im
Säuglings-, Kindes- und Jugendalter. In
Schuleingangsuntersuchungen hatten
73% der Kinder eine HBV-Grundimmunisierung [35].
Daneben wird eine Impfung einer Reihe
von Risikogruppen empfohlen:
Personen im Gesundheitsdienst, Ret-
tungswesen, Reinigungspersonal etc.;
Patienten mit chronischer Nierenkrankheit/Dialyse; Patienten, die häufig Blutprodukte erhalten oder denen größere
chirurgische Eingriffe bevorstehen; Personen mit anderen chronischen Lebererkrankungen; HIV-Positiven; Personen,
die aufgrund ihres Kontaktes mit Infizierten einem Risiko ausgesetzt sind;
homosexuellen Männern, Drogenabhängigen, Prostituierten und länger
einsitzenden Strafgefangenen [36].
bauchdruck können vorkommen. Die meisten
Patienten mit chronischer HBV- (und HCV-)Infektion werden bei der Abklärung erhöhter
Leberwerte (GPT und γ-GT) entdeckt. Ausschlaggebend in der Heptatitisdiagnostik ist
die GPT, da die γ-GT bei Patienten mit chronischer Hepatitis häufig unauffällig ist. Darüber hinaus gibt es eine Reihe umschriebener
Risikogruppen (Überblick in Tabelle 2); die
wichtigsten werden im Folgenden beschrieben.
Erhöhte Leberwerte –
kein „Kavaliersdelikt“
In der Praxis des Hausarztes sind erhöhte Leberwerte an der Tagesordnung. In einer bundesweiten Studie lagen 14% aller GPT-Werte
in Hausarztpraxen über dem oberen Normwert [40]. Lange galten leicht erhöhte Leberwerte als „Kavaliersdelikt“ und wurden ohne
weitere Konsequenzen hingenommen. Erhöhte Leberwerte müssen aber abgeklärt werden, da sie nicht „automatisch“ durch Alkohol
oder Leberverfettung erklärbar sind [41].
So empfiehlt das Robert Koch-Institut
(RKI), auch bei nur leicht erhöhten Leberwerten nach einer HBV- und HCV-Infektion* zu
suchen [49]. Dies ist mit verlässlichen und
preiswerten Tests möglich.
ÿ RKI-Empfehlung: selbst bei
nur leicht erhöhten Leberwerten nach Hepatitis B
und C fahnden!
ÿ *Diese CME-Übersicht konzen-
triert sich auf die Hepatitis B. Die
meisten der genannten Risikogruppen haben aber auch ein erhöhtes
Risiko für Hepatitis C, sodass die diagnostische Erstuntersuchung immer auch den Anti-HCV-Test umfassen sollte.
Management der HBV-Diagnostik im Praxisalltag
Kürzlich analysierte ein vom Kompetenznetz Hepatitis gefördertes
Projekt der Deutschen Leberhilfe Versorgung und Informationsstand von HBV-Infizierten [51]. Die Ergebnisse wurden mit denen
verglichen, die bei 714 HCV-Infizierten erhoben wurden [59]. Bei
HBV-Infizierten waren Informationsdefizite größer als bei HCVInfizierten [51, 59]; das größte Defizit bestand hinsichtlich HBVDNA und HBeAg-Status, den nur 59 bzw. 30% kannten. Das Informationsdefizit zur Viruslast (HBV-DNA) ist für HBV-Infizierte bedeutsam, da sich daraus das Ansteckungspotenzial für Partner,
Familie und Umgebung des Betroffenen und die Dringlichkeit der
Therapie ergeben.
Ähnliche Ergebnisse zum Management bei positivem Nachweis
von HBsAg zeigten sich auch in aktuellen Studien in den USA [51].
So wurde eine Bestimmung von HBeAg, HBV-DNA und GPT, die in
den USA zur Minimaldiagnostik gehören, insgesamt nur bei 34%
aller HBsAg-positiven Personen durchgeführt [48, 55]. Auch die
Empfehlung, bei HBsAg-Positiven Anti-HDV zu bestimmen, wird
nur selten befolgt [50].
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–
mmw beilage
ÿ Bestimmung von HBsAg
und HCV zur Hepatitisdiagnostik:
Befreiungsziffer 32006
nutzen!
ÿ Migranten aus Hoch­
endemieländern für Hepatitis B: auch bei normaler GPT
HBsAG testen!
Im Alltag reicht die Bestimmung von HBsAg
und Anti-HCV (zur Erfassung der Hepatitis C)
aus, um > 95% aller HBV- und HCV-Infektionen zu entdecken. Das Laborbudget des
Hausarztes wird hierdurch nicht belastet (Befreiungsziffer 32006). In den deutschen Leitlinien wird zum Ausschluss einer HBV-Infektion zusätzlich zum HBsAg auch die Bestimmung von Anti-HBc empfohlen.
Viele chronische HBV-Infektionen bleiben
unentdeckt bzw. sind ihren Trägern nicht bekannt. Aktuelle Studien weisen auf erhebliche
Defizite im Management von Patienten mit
Lebererkrankungen hin (siehe Kasten 2). Die
Bereitschaft von Ärzten zu einem Hepatitistest steigt mit der Höhe des GPT-Wertes, wie
Analysen bei der Hepatitis C nahelegen [40].
Die größere Anzahl positiver Tests ist jedoch
hinsichtlich Hepatitis B und C in der Gruppe
der Personen mit normaler oder gering erhöhter GPT zu erwarten.
Personen aus Hochendemiegebieten:
Diagnostik auch bei normaler GPT!
In Hochendemiegebieten lässt sich interna­
tionalen Studien zufolge auch bei normaler
GPT in über 10% der Fälle HBsAg nachweisen
– Tabelle 2
Modifiziert nach [39]
Eine Hepatitis-B-Virus-Diagnostik sollte grundsätzlich durchgeführt werden
bei folgenden Personengruppen:
Personen mit erhöhten Leberwerten und/oder klinischen Zeichen einer
Hepatitis
 Patienten mit Leberzirrhose/-fibrose
 Patienten mit hepatozellulärem Karzinom
Personen mit Migrationshintergrund aus Regionen mit erhöhter
HBsAg-Prävalenz
 Familien- oder Haushaltsangehörige bzw. Sexualpartner HBV-Infizierter
 Medizinisches Personal
 Patienten in psychiatrischen Einrichtungen/Bewohner von Fürsorgeeinrichtungen für Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte
Homosexuelle Männer und/oder Personen mit häufig wechselnden
Sexualkontakten
 Aktive und ehemalige i. v. Drogenbenutzer
 Dialysepatienten
 HIV- und/oder HCV-Infizierte
 Empfänger von Organtransplantaten vor und nach Transplantation
 Blut- und Organspender
 Patienten vor immunsuppressiver Therapie oder Chemotherapie
 Schwangere (nur HBsAg)
 Neugeborene von HBsAg- und/oder isoliert Anti-HBc-positiven Müttern
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[43]; bei Personen mit erhöhten Leberwerten
sind es hier bis zu 73% [42]. In Frankreich
und in Taiwan hatten nur 10% aller im Blutspendedienst entdeckten HBsAg-Positiven
eine erhöhte GPT [44, 45]. Bei arabischen
Blutspendern war HBsAg bei 4% der Personen
mit normaler GPT nachweisbar und bei 7%
mit erhöhter GPT [46]. Aufgrund dieser Daten empfehlen alle Leitlinien, dass ein HBVScreening bei Personen aus Hochendemieländern auch bei normaler GPT erfolgen sollte
(Tabelle 2) [39, 47–48].
In Deutschland stellen heute Türken und
Personen aus Ländern der ehemaligen UdSSR
die größten Gruppen von Migranten. Die
Häufigkeit von HBsAg-positiven Personen in
der Türkei schwankt in Studien von < 5% bis
> 8% [56–58]. Bei vielen Ländern der ehemaligen UdSSR muss von ähnlich hohen Raten
ausgegangen werden.
Während in älteren Untersuchungen 20
bis 42% der HBV-Infizierten aus der Gruppe
der Migranten stammten [52–54], waren es in
aktuellen Studien rund zwei Drittel [31, 55].
Da die wirtschaftliche Situation der Migranten oft schlecht ist, Sprachbarrieren bestehen und manchmal auch der Zugang zur
gesetzlichen Krankenversicherung fehlt, ist es
erforderlich, Programme für Migranten zu
entwickeln, die die Erkennung der HBV-Infektion und die Aufklärung über die damit
verbundenen Risiken zum Ziel haben.
Diagnostik bei klinischem Verdacht
Nach den deutschen Leitlinien [39] sollte man
eine HBV-Diagnostik bei klinischen Zeichen
einer Hepatitis auch dann durchführen, wenn
die GPT normal ist. Da die Symptomatik der
chronischen Hepatitis B eher unspezifisch ist,
stützt sich die Indikationsstellung hier auf das
Urteil des Arztes.
HBV-Diagnostik vor Chemotherapie
Die Häufigkeit einer HBV-Reaktivierung während einer Chemotherapie beträgt bei HBsAgTrägern bis zu 50%, nach Knochenmarktransplantation sogar bis zu 80%; es kann zu fulminanten, teils letalen Verläufen kommen
(Literatur in [39]). Bei HBsAg-negativen, AntiHBc-positiven Patienten ist eine HBV-Reaktivierung seltener und kommt vor allem bei
knochenmarkstransplantierten Patienten vor.
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Chronische Hepatitis B
Monoklonale Antikörper, Biologika und
transarterielle Chemoembolisation können
ebenfalls eine HBV-Reaktivierung verursachen. Alle Leitlinien empfehlen daher, vor
einer Chemotherapie mittels Bestimmung
von HBsAg und Anti-HBc nach einer HBVInfektion zu suchen und ggf. eine antivirale
Prophylaxe (mit Lamivudin) einzuleiten.
Rechtzeitige Diagnose und
Therapieoptionen
Nach den deutschen Leitlinien [39] orientiert
sich die Therapieindikation vor allem an der
Höhe der HBV-DNA. Eine antivirale Therapie
wird bei HBV-DNA-Werten >10 000 Kopien/
ml und einer GPT über dem Doppelten des
oberen Normwertes oder dem histologischen
Nachweis einer signifikanten Entzündung
und Fibrose empfohlen.
Wird die Indikation zur Therapie gestellt,
sollte zunächst geprüft werden, ob eine Interferonbehandlung infrage kommt (Genotyp
A, hohe GPT, niedrige HBV-DNA, keine Kontraindikation etc.).
Kommt keine Interferontherapie in Betracht, kann man bei einer Viruslast < 1 Mio.
Kopien/ml ohne Zirrhose eine Monotherapie
mit Entecavir, Tenofovir, Adefovir, Telbivudin oder Lamivudin beginnen. Eine Resistenz
entwickelt sich umso seltener, je deutlicher
die Viruslast gesenkt wird.
Die Leberbiopsie hat bei Zweifeln an der
Therapieindikation und der Wahl des Medikaments einen großen Stellenwert. Je weiter
vorangeschritten die Fibrose und je höher die
HBV-DNA, desto eher muss ein Medikament
mit starker antiviraler Wirkung und hoher
Resistenzbarriere – also Entecavir oder Tenofovir – gewählt werden.
Unter antiviraler Therapie können sich
Entzündung und Fibrose zurückbilden. Je
länger die Hepatitis B unentdeckt und unbehandelt bleibt, desto höher ist das Risiko von
Zirrhose und HCC. Gerade wegen der guten
Therapieoptionen sollten heute alle Anstrengungen unternommen werden, die hohe
Dunkelziffer nicht erkannter HBV-Infek­
tionen zu reduzieren. Natürlich bedeutet die
Dunkelziffer auch, dass durch nicht erkannte
HBV-Infektionen Partner, Kinder, Familie
und Umgebung der Betroffenen einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind.
Resümee
Es bestehen erhebliche Defizite im Management von Patienten mit Lebererkrankungen,
insbesondere bei der HBV-Infektion. Nur ein
kleiner Teil der HBV-Infizierten weiß von ihrer Infektion und kann Partner, Kinder, Familie und Umgebung anstecken.
ÿ Je länger die Hepatitis B unentdeckt und
unbehandelt bleibt, desto höher ist das Risiko
von Zirrhose und HCC. Gerade wegen der
guten Therapieoptionen muss die hohe Dunkelziffer nicht erkannter HBV-Infektionen
reduziert werden.
ÿ Lange Zeit galten leicht erhöhte Leberwerte als „Kavaliersdelikt“ und wurden ohne
Konsequenzen hingenommen. Erhöhte Leberwerte müssen aber abgeklärt werden, da
sie nicht „automatisch“ durch Alkohol oder
Leberverfettung erklärbar sind.
ÿ Im Alltag reicht die Bestimmung von
HBsAg (und Anti-HCV), um mehr als 95%
aller HBV- (und HCV-)Infektionen zu entdecken.
ÿ Etwa zwei Drittel aller chronischen HBVInfektionen betreffen in Deutschland Personen, die aus Hochendemiegebieten der
Hepatitis B stammen. Leitlinien empfehlen,
eine Hepatitis B bei Personen aus Ländern
mit hoher HBV-Prävalenz auszuschließen,
auch wenn die Leberwerte normal sind. Diese
Empfehlungen werden bisher in der Praxis zu
selten umgesetzt.
ÿ Die HBV-Diagnostik ist auch in anderen
Risikogruppen verbesserungswürdig.
ÿ In Zukunft muss mehr Wert auf die Implementierung der Leitlinien gelegt werden.
ÿ Eine rechtzeitige Therapie
der chronischen Hepatitis B
kann die Progression der Erkrankung hemmen.
ÿ Der wichtigste Schritt
beim Hausarzt ist bei jedem
Verdachtsfall die Bestimmung von HBsAg
und Anti-HCV.
Diese Tests belasten das
Laborbudget nicht:
Befreiungsziffer 32006!
Literatur beim Verfasser bzw. im Internet unter
www.cme-punkt.de
*Diese Arbeit wurde durch das vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung geförderte Kompetenznetz
Hepatitis unterstützt.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. Claus Niederau,
Klinik für Innere Medizin, St. Josef Hospital
Oberhausen, Akademisches Lehrkrankenhaus
der Universität Duisburg-Essen,
Mülheimer Str. 83,
46045 Oberhausen
[email protected].
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Chronische Hepatitis B
Anlage zur CME-Übersicht (CME SPEZIAL Nr. 31)
Prof. Dr. Claus Niederau:
„Hepatitis B rechtzeitig diagnostizieren“
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Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. Claus Niederau, Klinik für Innere Medizin, St. Josef Hospital
Oberhausen, Akademisches Lehrkrankenhaus
der Universität Duisburg-Essen, Mülheimer Str. 83, 46045 Oberhausen
[email protected].
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