Verhütung blutübertragbarer Infektionen beim Umgang mit Patienten

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Verhütung blutübertragbarer
Infektionen
beim Umgang mit Patienten
Massnahmen nach Expositionen
mit Blut und andern Körperflüssigkeiten
Sofortmassnahmen
nach einer Exposition
■
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Nach Stich- und Schnittverletzungen:
Waschen Sie die betroffene Hautstelle
sofort gründlich mit Wasser und Seife;
desinfizieren Sie anschliessend mit Alkohol 70% oder Jod-PVP-Präparaten.
Nach Schleimhautspritzern (Mund,
Nase, Augen): Spülen Sie die kontaminierten Schleimhäute sofort reichlich
mit Wasser oder einer physiologischen
Flüssigkeit.
Nach Kontakt mit lädierter Haut:
Waschen Sie die betroffene Hautstelle
sofort gründlich mit Wasser und Seife;
desinfizieren Sie anschliessend mit
Alkohol 70% oder Jod-PVP-Präparaten.
Ärztliche Massnahmen
Die/der zuständige Ärztin/Arzt wird sofort
folgende Massnahmen einleiten:
■
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■
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Abklärung des Infektionsrisikos
Je nach Situation sofortiger Beginn
einer HIV-Chemoprophylaxe
Kontrolle des Impfstatus gegenüber
Hepatitis B
Antikörper-Bestimmung (HIV, Hepatitis
B und C)
Je nach Situation Weiterführen einer
HIV-Chemoprophylaxe sowie Hyperimmunglobulingabe gegen Hepatitis B
und Hepatitis B-Auffrischimpfung
Suva
Abteilung
SofortigeArbeitsmedizin
Meldung
Postfach, 6002 Luzern
Tel. 041 419 51 11
■
Melden
Sie Zwischenfälle, bei denen
e-Mail:
[email protected]
ein Infektionsrisiko durch Blut oder
Für Bestellungen:
biologische Flüssigkeiten gegeben ist,
www.suva.ch/waswo
unverzüglich
dem Vorgesetzten.
Fax
041 419 59 17
■
Konsultieren Sie unverzüglich die/den
Verhütung
blutübertragbarer
Infektionen beim Umgang mit Patienten
zuständige/n
Ärztin/Arzt (Personalärzt-
licher Dienst).
Autoren: Dr. med. Marcel Jost, Abteilung Arbeitsmedizin, Suva, Luzern
Prof. Dr. med. Patrick Francioli, Division autonome de médecine préventive
hospitalière, CHUV, Lausanne
Frau Dr. med. Anne Iten, Département de médecine interne, HUG, Genève
Dr. med. Josef Jost, Zentrum für Infektionskrankheiten, Klinik im Park, Zürich
Carlo Colombo, Abteilung Infektionskrankheiten und Spitalhygiene,
UniversitätsSpital Zürich
Dr. med. Beat Cartier, Abteilung Arbeitsmedizin, Suva, Luzern
Dr. med. Martin Rüegger, Abteilung Arbeitsmedizin, Suva, Luzern
Dr. phil. II Alois Gutzwiller, Abteilung Präventionsdienste, Suva Luzern
Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.
1. Auflage – 1990
Überarbeitung – Mai 2003
11. Auflage – Juni 2008 – 88’000 bis 91’000
Bestellnummer: 2869/20.d
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Blut und Körperflüssigkeiten sind immer
als potenziell infektiös zu betrachten
Zahlreiche Infektionskrankheiten können
durch Blut und andere Körperflüssigkeiten übertragen werden. Besondere
Bedeutung kommt den Infektionen durch
Retroviren (HIV), Hepatitis-Viren (Hepatitis B und Hepatitis C) und den hämorrhagische Fieber verursachenden Viren zu.
Im beruflichen Bereich kommen Übertragungen vor allem durch Schnitt- und
Stichverletzungen, sehr selten durch
Kontamination lädierter Haut oder Spritzer
auf Schleimhäute und Augenbindehaut
zustande.
Nach einer perkutanen Verletzung mit
einem durch infiziertes Blut kontaminierten Instrument wird das Risiko einer
Serokonversion für HIV mit 0,3 %, für
Hepatitis B (Patient HBe-Ag negativ)
23-37 %, Hepatitis B (Patient HBe-Ag
positiv) 37-62 % und für Hepatitis C mit
1,8 % angegeben. Das Risiko ist wahrscheinlich tiefer, wenn die Kontamination
mit biologischen Flüssigkeiten wie solchen
des Perikards, der Pleura, des Peritoneums oder der Synovia erfolgt ist, oder
wenn es sich um Liquor cerebrospinalis,
Amnionflüssigkeit, Ejakulat oder Vaginalsekret handelt. Faktoren, die das Risiko
zusätzlich beeinflussen, sind die Menge
und der Virusgehalt des Blutes oder der
biologischen Flüssigkeit, gegenüber welchen die Exposition bestanden hat, die
Art der verletzenden Instrumente, das
Ausmass der Verletzung, das Tragen intakter Handschuhe sowie sekundäre Präventionsmassnahmen.
Die Gefahr einer Infektion mit dem
Hepatitis B-Virus (HBV) kann durch die
Schutzimpfung wirkungsvoll vermieden
werden.
Die Möglichkeit einer Infektion mit anderen blutübertragbaren Erregern erfordert
dagegen allgemeine Schutzmassnahmen:
■
Blut und Körperflüssigkeiten sind
grundsätzlich als potenziell infektiös
zu betrachten.
■
Vermeiden von Verletzungen mit Material, das durch Blut oder Körperflüssigkeiten eines Patienten kontaminiert ist.
■
Vermeiden eines direkten Kontaktes
mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten.
■
Reinigung, Desinfektion und/oder
Sterilisation von Material, welches kontaminiert sein kann.
■
Impfung gegen Hepatitis B.
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Schutzziele zur Verhütung
blutübertragbarer Infektionen
■
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Eine Übertragung von Infektionserregern mit Blut oder Körperflüssigkeiten
durch Stich- und Schnittverletzungen,
durch direkten Kontakt mit Haut und
Schleimhäuten sowie durch Spritzer
auf Augenbinde- und Schleimhäute ist
mit technischen, organisatorischen
und personenbezogenen Schutzmassnahmen zu verhindern.
■
Technische Schutzmassnahmen:
Für die Verhütung blutübertragbarer
Infektionen sollen erprobte technische
Hilfsmittel eingesetzt werden.
■
Organisatorische Massnahmen: Das
von der Institution erarbeitete Konzept
zur Verhütung dieser Infektionen soll
in detaillierten Richtlinien in den einzelnen Organisationseinheiten umgesetzt
werden. Die Instruktion sämtlicher
betroffener Arbeitnehmenden ist ein
wesentliches Element der Prävention.
In jeder Institution muss eine für die
Arbeitssicherheit zuständige Person
bestimmt sein.
■
Personenbezogene Schutzmassnahmen: Die persönlichen Schutzmassnahmen sind für die Verhütung wichtig.
Dazu gehören das Tragen geeigneter
Handschuhe bei allen Verrichtungen,
bei denen ein Kontakt mit Blut, mit
blutkontaminierten oder anderweitig
potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten vorhersehbar ist. Andere
persönliche Schutzmittel wie Schutzbrillen, Schutzschilde, Schutzmasken
sowie wasserundurchlässige Überschürzen sollen verwendet werden,
sofern Spritzer von Blut oder anderen
Körperflüssigkeiten zu erwarten sind.
■
Arbeitsmedizinische Massnahmen: Als
primäre Präventionsmassnahme ist die
aktive Schutzimpfung gegen Hepatitis B
für alle Arbeitnehmenden erforderlich,
bei denen ein Kontakt mit Blut oder
potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten möglich ist. Die sekundäre Prävention nach Ereignissen wie Stich- und
Schnittverletzungen oder mukokutanen
Kontaminationen ist klar zu regeln.
Alle Arbeitnehmenden im Gesundheitswesen mit Kontaktmöglichkeiten zu
Blut oder potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten sind aktiv gegen
Hepatitis B zu impfen.
Der Grundsatz, wonach Blut und Körperflüssigkeiten als potenziell infektiös zu
betrachten sind, hat sich heute allgemein
durchgesetzt. Entsprechend kommt den
allgemeinen Schutzmassnahmen gegenüber selektiven Massnahmen, die auf den
Umgang mit infektiösen Patienten beschränkt sind, Vorrang zu.
■
Körperflüssigkeiten, bei denen allgemeine Schutzmassnahmen zu treffen
sind, sind Blut und alle sichtbar mit Blut
kontaminierten Körperflüssigkeiten. Zusätzlich sind in jedem Fall im Umgang
mit Perikard-, Pleura-, Peritoneal- und
Synovialflüssigkeit, Liquor, Amnionflüssigkeit, Ejakulat sowie Vaginalflüssigkeit allgemeine Schutzmassnahmen
einzuhalten.
■
In der zahnärztlichen Praxis gilt Speichel immer als mit Blut vermischt und
ist daher ebenfalls als kontagiös zu
betrachten.
■
Zur Verhütung nosokomialer Infektionen wird bei Kontaktmöglichkeiten mit
allen Körperflüssigkeiten die Anwendung der allgemeinen Schutzmassnahmen empfohlen.
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Zur Verhütung von Berufskrankheiten ist
folgende Hierarchie der Schutzmassnahmen zu beachten:
Praktische Empfehlungen
beim Umgang mit Patienten
Setzen Sie alles daran, Stich- und
Schnittverletzungen zu vermeiden.
■
Die Schutzhülle darf nie zweihändig auf
die gebrauchte Kanüle gesteckt werden:
Zweihändiges Recapping ist verboten.
■
Sichern Sie ungeschützte kontaminierte Gegenstände wie z. B. Kanülen
unverzüglich an Ort und Stelle.
■
Verwenden Sie für die Entsorgung
gefährdender Gegenstände geeignete,
durchstichsichere Behälter (Grösse
den Bedürfnissen angepasst; Öffnung
auf die Gegenstände abgestimmt;
Standort einfach zugänglich).
■
Überfüllen Sie den Entsorgungsbehälter nie, sondern wechseln sie ihn aus,
wenn er zu maximal 4/5 gefüllt ist.
■
Auch mit Schutzhüllen oder anderweitig gesicherte Kanülen gehören unter
keinen Umständen in einen Abfallsack.
■
Verwenden Sie die von der Institution
zur Verfügung gestellten erprobten
Sicherheitsprodukte, die Stichverletzungen oder Blutkontakte bei der
Entsorgung verringern.
Vermeiden Sie Kontakte mit Blut und
Körperflüssigkeiten.
■
Tragen Sie bei möglichen Kontakten
mit Blut und Körperflüssigkeiten sowie
bei allen invasiven Tätigkeiten (z. B. bei
Blutentnahmen) Handschuhe von geeigneter Qualität und passender Grösse.
■
Verwenden Sie bei der Gefahr von
Spritzern mit Blut und Körperflüssigkeiten eine Schutzbrille oder ein Schutzschild, eine Schutzmaske sowie flüssigkeitsdichte Kleidung.
Sorgen Sie sich um Sauberkeit und
Hygiene bei der Arbeit.
■
Die Hände sollen nach jeder Tätigkeit
am Patienten und auch nach dem Ausziehen der Handschuhe desinfiziert
werden.
■
Nach einer Kontamination der Haut
müssen die Hände sofort mit Wasser
und Seife gewaschen und desinfiziert
werden (Desinfektionsmittel auf Basis
Alkohol 70 %).
■
Nach einer Kontamination von Oberflächen mit Blut oder Körperflüssigkeiten soll die kontaminierte Stelle mit
einem Einwegtuchlappen oder einem
saugenden Papier gereinigt und anschliessend desinfiziert werden. Das
Desinfektionsmittel soll nicht direkt auf
die Körperflüssigkeiten gegeben werden. Sprühdesinfektion ist zu vermeiden. Tragen Sie für die Reinigung
flüssigkeitsdichte Handschuhe.
■
Legen Sie Instrumente und Gegenstände, welche wieder verwendet werden, vor der Reinigung und der Sterilisation rasch in ein Desinfektionsmittel
ein.
Vergewissern Sie sich, dass Ihr Impfschutz gegen Hepatitis B gut ist.
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Massnahmen nach Expositionen
mit Blut und andern Körperflüssigkeiten
Sofortmassnahmen
nach einer Exposition
■
■
■
Nach Stich- und Schnittverletzungen:
Waschen Sie die betroffene Hautstelle
sofort gründlich mit Wasser und Seife;
desinfizieren Sie anschliessend mit
Alkohol 70 %.
Nach Schleimhautspritzern (Mund,
Nase, Augen): Spülen Sie die kontaminierten Schleimhäute sofort reichlich
mit Wasser oder einer physiologischen
Flüssigkeit.
Nach Kontakt mit lädierter Haut:
Waschen Sie die betroffene Hautstelle
sofort gründlich mit Wasser und Seife;
desinfizieren Sie anschliessend mit
Alkohol 70 %.
Suva
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
Abteilung Arbeitsmedizin
Sofortige
Meldung
Postfach, 6002
Luzern
Telefon 041-419 51 11
Fax
041-419
59 17 (für Bestellungen)
■
Melden
Sie Zwischenfälle,
bei denen
Internet
http://www.suva.ch
ein Infektionsrisiko
durch Blut oder
biologische
Flüssigkeiten gegeben
ist,
Verhütung
blutübertragbarer
Infektionen
unverzüglich
dem
Vorgesetzten.
beim
Umgang mit
Patienten
Ärztliche Sofortmassnahmen
Die /der zuständige Ärztin/Arzt wird
sofort folgende Massnahmen einleiten:
■
Abklärung des Infektionsrisikos:
Art der Exposition, Art und Menge der
Körperflüssigkeit, involviertes Instrument, Infektionsnachweis beim IndexPatient/in (HIV, Hepatitis C, Hepatitis B)
■
Postexpositionsprophylaxe (PEP):
Sofortiger Beginn einer HIV-PEP innerhalb von 1-2 Stunden je nach Situation;
in der Regel 3er-Kombination antiretroviraler Medikamente.
■
Kontrolle des Impfstatus gegenüber
Hepatitis B
■
Antikörperbestimmungen (HIV, Hepatitis B und C), evtl. Transaminasen.
Nachsorge und Beratung
Die/der zuständige Ärztin/Arzt wird mit
Ihnen folgende Massnahmen besprechen
und veranlassen:
Konsultieren
unverzüglich
die/den
■ Je nach Situation Fortsetzung der HIVAutoren:
Dr. med.Sie
Marcel
Jost, Abteilung
Arbeitsmedizin,
zuständige/n
Ärztin/Arzt (PersonalärztPEP/ evtl. HBV-Globulingabe und/oder
Suva, Luzern
licher Dienst,
Prof. Dr. Notfallstation).
med. Patrick Francioli,
Auffrischimpfung
Division autonome de médecine préventive
■ Nachkontrollen der Serologien und
hospitalière, CHUV, Lausanne
Frau Dr. med. Anne Iten, Division autonomeallenfalls
de
Transaminasen
médecine préventive hospitalière, CHUV, Lausanne
■ Verhaltensänderungen («Safer-Sex»,
Dr. med. Josef Jost, Abteilung Infektionskrankheiten
und Spitalhygiene, Universitätsspital, Zürichkein Stillen)
Dr. med. Beat Cartier, Abteilung Arbeitsmedizin,
■ Symptome einer allfälligen PrimoSuva, Luzern
infektion
Dr. med. Martin Rüegger, Abteilung Arbeitsmedizin,
Suva, Luzern
■
■
Meldung an UVG-Versicherer und
Referenzzentren für blutübertragbare
Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.
1. Auflage – 1990
Infektionskrankheiten im Gesundheits4. überarbeitete Auflage – Juni 1997 – 30’000 bis 36’000
bereich
Bestellnummer: 2869/20.d
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Weitere Informationen
Wenden Sie sich bei weiteren Fragen im
Zusammenhang mit der Verhütung blutübertragbarer Infektionskrankheiten bei
Ihrer beruflichen Tätigkeit an folgende
Stellen:
■
In Ihrer Institution: Personalärztlicher
Dienst oder Sicherheitsbeauftragter
■
Referenzzentrum für blutübertragbare
Infektionen im Gesundheitsbereich,
c/o Abteilung Infektionskrankheiten
und Spitalhygiene, UniversitätsSpital,
Rämistrasse 100, 8091 Zürich
(Tel. 01 255 33 22, Fax 01 255 44 99,
e-Mail: [email protected])
■
Centre de référence pour les infections
transmissibles par le sang dans le secteur sanitaire c/o Division autonome de
médecine préventive hospitalière,
Centre Hospitalier Universitaire Vaudois
(CHUV), Rue du Bugnon 46,
1011 Lausanne (Tel. 021 314 02 75,
Fax 021 314 02 49)
■
Suva Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Abteilung Arbeitsmedizin,
Postfach, 6002 Luzern
(Tel. 041 419 51 11, Fax 041 419 62 05,
e-Mail: [email protected])
■
www.hivpep.ch
Anleitung über das Vorgehen nach
einer Exposition
Ausführliche Informationen über die Verhütung blutübertragbarer Infektionen im
Gesundheitswesen finden Sie in der
Publikation:
Suva:
Verhütung blutübertragbarer
Infektionen im Gesundheitswesen, Arbeitsmedizin Nr. 30,
Bestell-Nr. 2869/30d
(Bestellung: Tel. 041 419 51 11,
Fax 041 419 59 17,
www.suva.ch/waswo)
2869/20.d
7
Bestellnummer: 2869/20.d
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