Auf Mondjagd im Sonnensystem

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Auf Mondjagd im Sonnensystem
Grenzerfahrungen mit der WebCam - welche Monde im Sonnensystem können mit
der TouCam Pro und einem 8-Zoll-Newton beobachtet werden?
Ein Bericht von Roland Bähr
Die Monde der Planeten im Sonnensystem stellen für mich eine eigene bemerkenswerte
Klasse von astronomischen Objekten dar. Kann man bei ihrer Beobachtung doch schon
innerhalb kurzer Zeit Positionsänderungen deutlich erkennen und damit quasi Modelle der
Planetenbahnen im Sonnensystem live beobachten. Schließlich dienten die Jupitermonde
Galilei sogar als Beleg für eine der bedeutendsten Revolutionen im astronomischen Weltbild.
Eine „Mondjagd“ im Sonnensystem erscheint mir deshalb als eine geeignete und spannende
Aufgabe, um Fähigkeiten meiner Ausrüstung zu testen.
Ausrüstung und Methode
Als Ausrüstung steht mir ein 8“-Newton mit 1000mm Brennweite von Celestron und die
(unmodifizierte) Toucam Pro 740K von Phillips zur Verfügung. Das Ganze sitzt auf einer HEQ5 Montierung. Die Auswertung der Webcam-Videos erfolgt mit dem frei zugänglichen
Programm Registax. Hierzu wurden die ca. 1000-1500 Frames der aufgenommenen Videos
gemittelt, ein zugehöriges Dunkelbild abgezogen und das Ergebnis soweit geschärft, kontrastund helligkeitsverstärkt, bis das Hintergrundrauschen und damit die lichtschwächsten Objekte
sichtbar wurden. Unter einigermaßen guten Aufnahmebedingungen (Durchsicht und Seeing)
und ohne Filter im Strahlengang liegt mit dieser Ausrüstung und Methode die Grenzgröße der
gerade noch im Rauschen erkennbaren Sterne bei ca. 14-14.5 mag.
Die Identifikation insbesondere der lichtschwachen Monde auf den Aufnahmen erfolgte durch
Vergleich mit den berechneten „Soll“-Positionen (z.B. aus Planetariumsprogrammen oder
Internet).
Jagdobjekte
Aus der beobachtbaren Grenzgröße ergibt sich, welche Planetenmonde aufgrund ihrer
Helligkeit für eine Mondjagd überhaupt in Frage kommen (siehe Tabelle 1).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Monde mit geringen Entfernungen zum Planeten und
großen Helligkeitsunterschieden zwischen Mond und Planeten leicht von dem Strahlenkranz
um den Planeten überstrahlt werden können (beispielsweise beträgt der Helligkeitsunterschied
Deimos-Mars ca. 14 Größenklassen - das entspricht etwa 1 : 400 000).
Unter diesem Gesichtpunkt ist ein Newton-Teleskop eine eher ungünstige Wahl. Aufgrund
von Beugungseffekten an der Fangspiegelspinne treten bei überbelichteten Objekten die
bekannten Spikes auf. Bei Planeten sind die Spikes zu Lichtbalken aufgeweitet. Bei meinen
Bildern tauchen weitere schwächere Strahlenbalken auf, die vermutlich ebenfalls von
Beugungseffekten oder von Streulicht herrühren (vgl. Abb. 2b und 5 - Abb. 6 zeigt zum
Vergleich eine Marsaufnahme mit einer Cassegrain-Optik ohne Fangspiegelspinne, bei der die
Newton-Spikes nicht auftreten, mehr Bilder hierzu unter [1]). Liegt nun ein lichtschwacher
Mond zufällig im Bereich eines solchen Lichtbalkens kann dies selbst bei relativ großen
Abständen zum Planeten zur Überstrahlung führen.
Umso spannender war für mich daher, welche der angeführten Monde nun tatsächlich mit
meiner Ausrüstung abgelichtet werden können.
Tabelle 1: Monde im Sonnensystem mit maximalen Helligkeiten größer als 14.5 mag
(Zusammenstellung der Daten aus Guide8 und verschiedenen Internet-Quellen)
Planet
Mars
Jupiter
Saturn
Uranus
Neptun
Mond
Phobos
Deimos
Amalthea
Jo
Europa
Ganymed
Kallisto
Mimas
Enceladus
Thetys
Dione
Rhea
Titan
Hyperion
Japetus
Ariel
Titania
Oberon
Triton
max. Helligkeit
[mag]
10.9
12.0
14.1
5.0
5.3
4.6
5.6
12.6
11.8
10.3
10.4
9.7
8.4
14.2
10 var
14.4
14.0
14.2
13.6
max. Abstand vom
Planetenrand in
Planetendurchmesser
0.9
3
<1
3
4.5
7
13
1.1
1.5
2
2.6
4
10
11
29
3.5
8
11
6
Ergebnisse
Einige der lichtschwache Monde bzw. Monde die sich nahe am Planeten befinden, werden
auf den Webcambilder nur dann sichtbar, wenn das Bild kräftig geschärft und die Kontraste
extrem verstärkt werden. Dadurch geht auf den Bildern naturgemäß einiges an Ästhetik
verloren. Auf die Bilder von Saturn und Mars habe ich an die Position des überbelichteten
Planeten ein gleichzeitig aufgenommenes richtig belichtetes Planetenbild kopiert.
Jupitermonde
Die mit Abstand hellsten Planetenmonde sind die 4 Galileischen Monde des Jupiters. Sie können bereits mit einem kleinen Feldstecher leicht beobachtet werden (Abb. 1). Dagegen ist es
mir nicht gelungen den lichtschwache Jupitermond Amalthea abzubilden. Das hätte ich
allerdings aufgrund seiner geringen Helligkeit (ca. 14.1mag) und seines kleinen Abstands von
Jupiter (ca. 1 Jupiterdurchmesser) auch nicht erwartet.
Abbildung 1: Jupiter mit den vier Galileischen Monde am 10.04.05, 00:56 Uhr - 8“/1000mmNewton und Toucam Pro 740K
Saturnmonde
Die Abbildungen 2a und 2b zeigen deutlich die sieben hellsten Saturnmonde Enceladus,
Thetys, Dione, Rhea, Titan und Japetus.
Mimas ist relativ lichtschwach (12.6 mag) und befindet sich weit im Strahlenkranz vom
Saturn (Abstand ca. 1.1 Saturndurchmesser). Ich hätte deshalb nicht erwartet ihn zu finden.
Auf Abb. 2a scheint er dennoch schwach sichtbar.
Auch der lichtschwache Hyperion verschwindet in Abb. 2b beinahe im Hintergrundrauschen.
Er war jedoch auch auf weiteren Aufnahmen erkennbar.
Abbildung 2a: Saturn am 25.2.05 22:40 Uhr - 8“/1000mm-Newton mit 2,2x-Barlow und
Toucam Pro 740K
Abbildung 2b: Saturn am 27.2.05 22:00 Uhr - 8“/1000mm-Newton und Toucam Pro 740K
.
Uranusmonde
In Abbildung 3 sind deutlich die beiden Uranusmonde Oberon und Titania sichtbar. Diese
Monde konnte ich auch auf anderen Aufnahmen ausmachen. An der berechneten Position von
Ariel ist tatsächlich ein entsprechender Punkt im Bild sichtbar (Fragezeichen in Abb.3). Ariel
ist zwar relativ weit von Uranus entfernt (vgl. Tabelle 1) allerdings beträgt der Winkelabstand
aufgrund der großen Entfernung nur maximal 14“. Deshalb kann ich nicht entscheiden, ob es
sich bei dem Lichtpunkt um ein zufälliges Artefakt von der Bildbearbeitung her handelt oder
tatsächlich um Ariel. Schließlich sind in Abb. 3 noch weitere vermutliche Artefakte im
gleichen Abstand von Uranus erkennbar.
Abbildung 3: Uranus am 26.10.05 21:50 Uhr - 8“/1000mm-Newton und Toucam Pro 740K
Neptunmond
Bei Neptun erwartete ich nach Tabelle 1 nur den Mond Triton - und dieser ist auch deutlich zu
erkennen.
Abbildung 4: Neptun mit Triton 13.9.04 22:52Uhr - 8“/1000mm-Newton und Toucam Pro
740K
Marsmonde
In meiner Auflistung kommen die Marsmonde am Ende, weil sie mich bisher vor die größte
Herausforderung stellten. Es war schon überraschend genug, dass sich auf einer Marsaufnahme Deimos während der Bildbearbeitung aus dem hellen Marsschein herausschälte. Nach
weiteren Aufnahmeversuchen kam jedoch die Krönung der Mondjagd mit dem gemeinsamen
Erscheinen von Phobos und Deimos, allerdings erst nach einigem Herumprobieren bei der
Bildbearbeitung (Abb. 5).
Abbildung 5: Mars mit Phobos und Deimos am 9.11.05 01:15 - 8“/1000mm-Newton mit
1.8x Barlow und Toucam Pro 740K
Abbildung 6: Zum Vergleich: Mars mit Phobos und Deimos am 6.11.05 20:24 - Aufnahme
von Andreas Bender mit Celestron C11 und Toucam Pro 740K
Fazit
Die Aufnahmen zeigen, dass neben dem Erdmond mit einem 8-Zoll Newton und einer
unmodifizierten Webcam unter günstigen Bedingungen (ausreichender Mondabstand vom
Planeten - gutes Seeing etc.) insgesamt 15 Planetenmonde (evtl. mit Mimas und Ariel sogar
17 Monde) im Sonnensystem beobachtbar sind. Ich habe dazu zwar eine parallaktische
Montierung mit Nachführung verwendet, könnte mir jedoch vorstellen, dass mit etwas Übung
vergleichbare Aufnahmen auch mit manueller Nachführung (z.B. mit einem Dobson) möglich
sind.
Damit eröffnen sich selbst mit dieser, an üblichen Amateurmaßstäben gemessen eher bescheidenen Ausrüstung, reichhaltige Beobachtungsmöglichkeiten. Beispielsweise können
Umlaufszeiten oder Bahnradien der Monde bestimmt, mögliche Helligkeitsschwankungen
(z.B. beim Saturnmond Japetus) sowie Lichtkurven bei der Verfinsterung von Jupitermonden
aufgenommen oder es können Zeitraffer-Animationen der Mondbewegungen erstellt werden.
Der Phantasie und Geduld des Beobachters sind dabei kaum Grenzen gesetzt.
[1] Homepage von Andreas Bender: www.astropic.de
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