Genetische Risikofaktoren für das Auftreten einer koronaren Herzerkrankung und des Herzinfarktes Prof. Dr. Christian Hengstenberg, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg. Kardiovaskuläre Risikofaktoren stellen aktuell die häufigste Todesursache dar. Es gibt über die klassischen Risikofaktoren, wie körperliche Inaktivität, die Adipositas, das Rauchen, die Hypercholesterinämie, die Hypertonie, den Diabetes mellitus und das Alter, eine deutliche familiäre Belastung, also genetische Ursachen. Zur Identifikation dieser genetischen Ursachen gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Ansätze: den Kandidatengen- und den systematischen Ansatz. Beim Kandidatengen-Ansatz werden spezifische Gene getestet, die in die Pathophysiologie der KHK oder eines Risikofaktors verwickelt sind. Beim systematischen Ansatz wird das gesamte Genom mit gleichmäßig verteilten genetischen Markern untersucht und so die Möglichkeit eröffnet, daß auch bislang unbekannte Gene gefunden werden können. So wurden über 7500 Personen aus 1400 Herzinfarkt-Familien in der Regensburger Herzinfarkt-Familienstudie rekrutiert. Alle Index-Patienten haben ihren Herzinfarkt vor dem 60. Lebensjahr erlitten. Es wurden einige Kandidatengene untersucht und deutliche Effekte auf Risikofaktoren gefunden (z.B. Hytertonus, Lipidprofil), aber kein starker Einfluß auf den Herzinfarkt nachgewiesen. Im systematischen Ansatz wurden zunächst ganze Familien mit genetischen Markern untersucht und ein positives Signal auf dem Chromosom 14 identifiziert. Bestätigungs-Untersuchungen hierfür an weiteren Herzinfarkt-Familien waren grenzwertig positiv. In zusätzlichen Fall-Kontroll-Untersuchungen wurden isolierte Herzinfarkt-Fälle und Kontrollpersonen analysiert. Es wurden 500.000 genetische Marker über das Genom verteilt in der deutschen und einer englischen Herzinfarkt-Studie untersucht und ein neuer Risiko-Bereich auf dem Chromosom 9p21 identifiziert. Dieser chromosomale Locus wurde von anderen Forschergruppen und auch in weiteren eigenen Analysen bei über 6500 Personen bestätigt und stellt damit weltweit den solidesten Risikolocus für die KHK und den Herzinfarkt dar. Zudem konnte für fünf weitere chromosomale Regionen eine deutliche Erhöhung des KHK-Risikos gezeigt werden. Zusammenfassend ist es gelungen, neue chromosomale Regionen zu identifizieren, die mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten einer KHK und des Herzinfarkts einhergehen. Diese neuen Loci wurden in großen Replikationsstudien und Meta-Analysen in großen Konsortien bestätigt. Bislang ist die zugrunde liegende Biologie und Funktion der genetischen Varianten weitgehend ungeklärt und es bedarf funktionelle Analysen zur Klärung. Diese genetischen Untersuchungen tragen durchaus zu prädiktiven und präventiven Strategien zur Krankheitsvermeidung bei.