VL Sozialstrukturanalyse Fragen der Beispiel-Klausur Vorlesung 12 16.01.2017 Habitus und (Alltägliche) Lebensführung 1) Nennen Sie jeweils das zentrale Konzept, das bei a) Pierre Bourdieu und b) der „subjektorientierten Soziologie“ zwischen Struktur und Handeln vermittelt! a) _____________________ b) _____________________ 2) Wie lässt sich der Zusammenhang von Struktur und Handlung mit Max Webers Begriff der Lebensführung zutreffend beschreiben? a) Individuen wählen aufgrund angeborener Wertmaßstäbe jeweils bestimmte Lebensführungsmuster. b) Strukturelle Bedingungen determinieren die Lebensführungsmuster der Menschen in modernen Gesellschaften meist vollkommen. c) Den unterschiedlichen Wertsphären der modernen Gesellschaft entsprechen jeweils bestimmte Lebensführungsmuster. d) Die Akteure in einer modernen Gesellschaft sind aufgrund des Individualisierungsprozesses in der Lage, ihre Lebensführung unabhängig von bestimmten Lebensordnungen („Wertsphären“) zu gestalten. Lösung und Erläuterung 1) Nennen Sie jeweils das zentrale Konzept, das bei a) Pierre Bourdieu und b) der „subjektorientierten Soziologie“ zwischen Struktur und Handeln vermittelt! a) Habitus b) Alltägliche Lebensführung Vgl. dazu die Folien 2 sowie 6–10 aus der Vorlesung vom 16.01.2017. 2) Wie lässt sich der Zusammenhang von Struktur und Handlung mit Max Webers Begriff der Lebensführung zutreffend beschreiben? a) Individuen wählen aufgrund angeborener Wertmaßstäbe jeweils bestimmte Lebensführungsmuster. Nein, von angeborenen Wertmaßstäben zu sprechen, ist freilich grober Unfug. b) Strukturelle Bedingungen determinieren die Lebensführungsmuster der Menschen in modernen Gesellschaften meist vollkommen. Nein, denn vollkommen determinieren Strukturen die Lebensführungsmuster von Menschen sicherlich nicht. Strukturelle Bedingungen beeinflussen jedoch das Handeln stets, indem sie bestimmte Handlungsweisen wahrscheinlicher machen als andere. Umgekehrt wirken die strukturierten Lebensführungsmuster auch wieder auf Strukturen zurück, sodass ein rekursiver Zusammenhang besteht. c) Den unterschiedlichen Wertsphären der modernen Gesellschaft entsprechen jeweils bestimmte Lebensführungsmuster. Das ist richtig, denn unterschiedlichen gesellschaftlichen Teilbereichen/Sinn- oder Wertsphären bzw. Lebensordnungen entsprechen nach Weber jeweils spezifische dominante Lebensführungsmuster: Dominiert im Bereich des Wirtschaftens z.B. eine methodisch-rationale Lebensführung, ist im Bereich der Liebe eher von der Prägung durch Affekte und Emotion auszugehen. d) Die Akteure in einer modernen Gesellschaft sind aufgrund des Individualisierungsprozesses in der Lage, ihre Lebensführung unabhängig von bestimmten Lebensordnungen („Wertsphären“) zu gestalten. Nein, denn die betreffenden Individuen würden bei aller Individualität schnell feststellen, dass die aufeinander Bezug nehmenden Handlungszusammenhänge anderer Ak- teure sich in Form institutioneller (Lebens-)Ordnungen verdichten und somit Strukturqualität annehmen. Die Lebensführungsmuster völlig unabhängig vom jeweiligen Handlungskontext und damit auch von den Erwartungen der Interaktionspartner (z.B. bei einem Tauschgeschäft in der Marktsphäre) zu bilden, wird damit sehr unwahrscheinlich. Überdies meint „Individualisierung“ keine völlige Loslösung aus gesellschaftlichen Zusammenhängen, denn der Herauslösung aus traditionalen Bindungen stehen neue Einbindungen und Beschränkungen gegenüber. Vgl. dazu die Folien 3, 4 und Abbildung 1 aus der Vorlesung vom 16.01.2017 sowie Müller, Hans-Peter (2016): „Wozu Lebensführung? Eine forschungs-programmatische Skizze im Anschluss an Max Weber“, in: Erika Alleweldt, Anja Röcke & Jochen Steinbicker (Hg.), Lebensführung heute. Klasse, Bildung, Individualität, Weinheim/Basel: Beltz Juventa, S. 23-52.