60-61 Bergtee

Werbung
Foto: René Berner
GESUNDHEIT Ernährung
Eistee
mit viel Geschmack
Mehrheitlich Gebrauchstee
Passionierte Teetrinker, die gerne etwas Neues ausIn vielen Fällen pflückt und trocknet die
probieren, werden von den ungewöhnlichen GeschmacksLandbevölkerung Sideritis-Pflanzen an
den Berghängen zum Eigengebrauch. Der
richtungen und Aromen des Bergtees begeistert sein:
aromatische Tee ist dann oft aus mehreSideritis-Arten zusammengesetzt. Er
Hinter dem schlichten Namen verbergen sich Pflanzenarten ren
wird mit kochendem Wasser aufgebrüht,
entweder heiss oder kalt getrunken und
der Sideritis-Gattung.
kann mit Zucker oder Honig gesüsst
Text: Marion Kaden
B
ergtee taucht immer häufiger in den
Biosortimenten mancher Supermärkte auf oder ist im Internet
über spezialisierte Händler zu beziehen. Meistens handelt es sich um den
so genannten «Griechischen Bergtee».
Aber auch andere Mittelmeerregionen
versuchen ihre Sorten zu vertreiben.
Beim Bergtee handelt es sich meist um
Sideritis-Arten, deren botanische Zuordnung manchmal schwierig ist. Sie haben
60 Natürlich | 8-2004
je nach Region unterschiedlichste Namen
und zum Teil nur lokale Bedeutung. Bekannt sind etwa 150 Sideritis-Arten, die
weltweit, aber hauptsächlich im Mittelmeerraum beheimatet sind. Alleine in der
Türkei gibt es 46 und in Spanien 45 Arten
Sideritis, die vielfach endemisch sind.
Neben ihrer Artenvielfalt ist allen gemeinsam, dass sie zur Familie der Lippenblütler
(Lamiaceae) gehören und leicht mit Salbei
verwechselt werden.
werden.
Die Verwendung als Gebrauchstee
gehört in vielen Mittelmeerländern
zum alltäglichen Leben, der gesundheitsfördernde Effekt ist eher nebensächlich.
Trotzdem sind die medizinalen Effekte seit langem bekannt und wurden
schon vor zweitausend Jahren von dem
berühmten griechischen Arzt Dioskurides (1. Jahrhundert nach Christus) beschrieben. In seiner Arzneimittellehre ist
beispielsweise zu lesen, dass SideritisPflanzen als Umschlag angewandt «die
Kraft haben, Wunden zu verkleben und
Entzündungen abzuhalten».
Ernährung GESUNDHEIT
Moderne Pflanzenheilkundige nutzen
die antientzündliche und antibakterielle
Wirkung zur unterstützenden Behandlung von Infektionen der ableitenden
Harnwege oder Blase. Kalte Tees können
auch zum Gurgeln verwendet werden,
um Entzündungen im Mund (Rachen
und Zahnfleisch) zu lindern und schneller abheilen zu lassen. Und heiss getrunken dienen die Tees traditionell zur
Vorbeugung von Erkältungskrankheiten
oder insbesondere zur Bekämpfung von
Atemwegserkrankungen. Denn wie viele
andere Lippenblütler aus der Mittelmeerregion (Salbei, Thymian) sind auch die
Sideritis-Arten reich an ätherischen
Ölen, aber frei von aufputschendem
Teein. Die meisten Sorten enthalten
Monoterpene, die als wichtiger Rohstoff
für viele naturheilkundliche Arzneimittel mit geringen Nebenwirkungen gelten.
Geschmackliche Vielfalt
Alle genannten Tees können heiss oder
auch kalt (aufgebrüht und im Eisschrank
gekühlt) genossen werden und haben
verschiedenste Geschmacksausrichtungen.
Beispiele:
• Sideritis condensata: Erdiger Apfel
• Sideritis arguta: Kamille-SüssholzGeschmack
• Sideritis stricta: leichter KamillenGeschmack
• Sideritis argyrea: Fenchel-Zitronen-Aroma
• Sideritis vuralii: leicht erdiger Zitronengeschmack
Wichtig:
– Sideritis congesta: Salbei-ThymianGeschmack – einzige Teesorte,
Therapeutische Effekte belegt
Vielfältige Heilwirkungen
Die traditionelle Volksmedizin in den
Ländern rund um das Mittelmeer hat
sich seit Dioskurides weiterentwickelt.
Heute verwendet man Sideritis-Pflanzen
meistens als Tees – seltener als ätherische
Öle. Ihr Einsatzgebiet ist sehr vielfältig:
Zur Entkrampfung bei Unpässlichkeit
des Magen-Darm-Trakts oder zur Beruhigung bei Schlaf- und Ruhelosigkeit.
Zubereitung
Ein köstlich mild, zimtartig schmeckender
Tee wird aus den graufilzigen Blättern und
Verschiedene wissenschaftliche Arbeiten
haben in den letzten Jahrzehnten die therapeutischen Effekte vieler ätherischer
Öle der Sideritis-Arten belegt. Auf der
Suche nach wirksamen Phyto-Wirkstoffen untersuchten Wissenschaftler aus
dem Mittelmeerraum auch ihre einheimischen Pflanzen. An der Gazi-Universität in Ankara (Türkei) wurde beispielsweise ein langfristiges Programm zur
Untersuchung der Sideritis-Gattung initiiert. Allein in der Türkei gibt es 46 bekannte Arten, die in die winterharte
Gruppierung (Empedoclea) und zweijährige Pflanzen (Hesiodia, Burgsdorfia)
eingeteilt werden. Die Wissenschaftler
überprüften die volksmedizinischen Ansätze und konnten tatsächlich nachweisen, dass verschiedene Sideritis-Arten
antibakterielle, antioxidative, schmerzlindernde und entzündungshemmende
Wirkung haben. Stressmindernde und
leistungssteigernde Eigenschaften ätherischer Sideritis-Öle wurden ebenfalls
festgestellt – bislang jedoch nur im Tierversuch.
die gekühlt nicht schmeckt.
Arten sein) ist die Qualität entscheidend. Wie bei allen Produkten, die ätherische Öle enthalten, ist die Lage, Sonneneinwirkung oder Beschaffenheit der
Böden wichtig und geschmacksbildend.
Zum Teil können Sideritis-Arten sehr
eigenwillige Geschmackskomponenten
haben.
Wie bei vielen Tees kann der Konsument Intensität oder Geschmack durch
die Zeit des Ziehenlassens oder die
Menge beeinflussen. Ein Zuviel kann
leicht zu bitterem Geschmack führen,
denn Sideritis-Pflanzen enthalten auch
Di- beziehungsweise Triterpene, das
heisst Bitterstoffe. Daher empfiehlt es
sich, durch eigene Versuche herauszufinden, welche Geschmacksintensität die
richtige ist. Das Gleiche gilt übrigens für
die Schnittgrösse des Tees. Ein sehr fein
geschnittener Tee hat eine grössere Oberfläche: Die Wirkstoffe gehen schneller
ins Wasser über, und der Tee kann deshalb schneller bitter werden.
■
den gelbgrünen Blütenkerzen bereitet.
Pro Tasse nimmt man etwa 1 Gramm Tee
Für jeden Geschmack etwas
(ungeschnittene Ware) und etwa einen
gehäuften Teelöffel bei geschnittener Ware.
Die traditionelle Zubereitung verlangt, das
Kraut etwa 10 Minuten zu köcheln.
rb
Beim Kauf von Bergtee (Achtung: Hinter
Bergtee können sich alle möglichen
Mischungen verbergen: Salbei oder Thymian oder auch der chinesische Bergtee.
Es müssen nicht unbedingt Sideritis-
Internet-Bezug Bergtee:
www.chuchigade.ch; 30 Gramm, Fr. 5.80
Internet-Bezug Gartenpflanze:
www.neubauer.ch/pflanzensortiment/pdf/
kraeuter_2004.pdf (Griechischer Bergtee,
Sideritis syriaca)
Natürlich | 8-2004 61
Herunterladen