42-43 Maibeere

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Sibirische
Köstlichkeit
Die nordische Maibeere (Lonicera kamtschatica) verwöhnt
uns schon im Mai mit ihren süsssauren Früchtchen.
Die anspruchslose Pflanze ist hart im Nehmen und lässt sich
problemlos im Garten oder selbst auf dem Balkon ziehen.
Text und Fotos: Kurt Forster
D
ie erfrischenden, länglichen, in
der Farbe heidelbeerähnlichen
Früchtchen kann man schon
im Mai ernten. Sie sind reich
an Vitamin C, enthalten auch Vitamin B
und Carotin. Je nach Sonneneinstrahlung
sind die länglichen Beeren im Geschmack
süss-säuerlich bis süss.
In ihren Heimatgebieten mit den harten, langen Wintern ist die Vegetationszeit nur kurz. Für Blüte und Heranreifen
42 Natürlich | 5-2004
der Beeren bleiben 3 Monate. In Herisau
AR, auf 800 m Höhe, blühen die Sträucher selbst bei Schnee. Minustemperaturen vermögen die Blüten nicht zu schädigen. Die zarten, gelb-weissen Glöckchen
erscheinen bereits im März, meist kurz
vor den gelben Forsythienblüten. Sie sind
wie die Weidekätzchen eine frühe, gute
Bienenweide. Die behaarten Blättchen erscheinen etwas später, erst nach der
Blüte.
In Sibirien bei minus 40 °C
Im östlichen Russland in Sibirien, dem
Kaukasus, im Norden Chinas und auf den
Inseln rund um das Ochotskische Meer,
den Kurilen und Sachalin, ist die Maibeere heimisch. Ihren Namen «Lonicera
kamtschatica» hat sie von der ostsibirischen Halbinsel Kamtschatka erhalten.
Zwischen Birken und Föhren im lichten
Unterholz am feuchten Waldrand oder
Bachufer liegen die bevorzugten Stand-
Sie lässt sich von Schnee und Kälte
nicht beeindrucken: die nordische Maibeere
(Lonicera kamtschatica)
orte der Maibeere. Diesen Ansprüchen
gemäss gedeiht sie am besten im Halbschatten, wobei Sonnenschein die Reife
der Beeren beschleunigt. Sie stellt geringe
Bodenansprüche, liebt aber einen feuchten, humosen Boden. Die Maibeere, das
zähe Geissblatt, erträgt selbst Minustemperaturen bis minus 40 ° C problemlos.
Zähe, kletternde Verwandte
Die Maibeeren sind nicht mit den
ihnen sehr ähnlichen Kulturheidelbeeren
(Vaccinium myrtillus) verwandt, sondern
sie gehören zur Familie der Geissblattgewächse. Die Gattung Lonicera umfasst
über 200 Arten. Bei uns sind die Geissblattgewächse vor allem als Zierpflanzen
bekannt. Besonders beliebt zum Beranken von Pergolen ist Lonicera caprifolium, ein Schlinggewächs mit cremefarbenen, stark duftenden Blüten, das
während Monaten unseren Sitzplatz mit
seinem Duft verzaubert; mit Lonicera
Japonica lassen sich unansehnliche Winkel begrünen.
Als Wildpflanzen kennen wir aus
unseren lichten Laubwäldern vielleicht
das Jelängerjelieber, das echte Geissblatt
(Lonicera caprifolium), das Waldgeissblatt (Lonicera periclymenum), die rote
Garten NATUR
Heckenkirsche (Lonicera xylosteum), die
giftige blaue Heckenkirsche (Lonicera
caerulea) oder die Schwarze Heckenkirsche (Lonicera nigra). Die Alpenwälder
sind die Heimat der Alpen-Heckenkirsche (Lonicera alpigena).
Rasch verzehren
Der Platzbedarf eines Maibeerstrauches
beträgt etwa einen Quadratmeter. Die
Sträucher brauchen weder Dünger noch
Spritzmittel gegen Schädlinge. Sie lieben
aber, ihrem Heimatstandort gemäss, einen
feuchten, gut gemulchten Boden. Sie benötigen nicht wie die Kulturheidelbeeren
einen sauren, torfigen Boden, sondern
sind mit normaler Gartenerde zufrieden.
Weil die Pflanzen eine sehr kurze Vegetationszeit haben, welken die Blätter oft
schon im Sommer. Damit sie ihre Blätter
nicht zu früh verlieren, hält man den Boden gut feucht. Da die Pflanzen gegenMinustemperaturen äusserst widerstandsfähig sind, kann man sie auch in Töpfen,
die im Winter im Freien stehen bleiben,
auf dem Balkon oder der Veranda ziehen.
Die neuen, dünnen Triebe wachsen langsam vom Boden aus. Nach einigen Jahren
stehen sie meist zu dicht und benötigen einen Auslichtungsschnitt. Nach 5 bis 6 Jah-
ren erreichen die Büsche ihre Maximalgrösse von 1,5 m. Am besten pflanzt man
die Sträucher im frühen Frühling, aber
auch eine Herbstpflanzung wird erfolgreich sein. Die beste Befruchtung wird
erzielt, wenn man mehrere Pflanzen von
verschiedenen Sorten zusammen pflanzt.
Die etwa 2 cm langen blauen Beeren
kann man im Mai gestaffelt ernten. Die
Maibeeren sind nicht so ertragreich wie
gut gedeihende Kulturheidelbeeren. Sie
sind am besten für den Frischverzehr
oder das Birchermüesli geeignet, können
aber auch zu Marmelade verarbeitet werden. Da verschiedene Vögel die blaue
Köstlichkeit lieben, muss die Kultur an
gewissen Standorten mit einem Vogelschutznetz bedeckt werden.
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Bezugsquellen
Aus verschiedenen Lonicera-Wildformen wurden für unsere Gärten geeignete unterschiedliche Maibeeren herausgezüchtet und teilweise patentiert. Bei der Firma Häberli in
Neukirch-Egnach kann man die beiden Maibeerarten «Maistar» und «Mailon» beziehen.
Daneben existiert noch die Art «Maitop». Der
Maibeerzüchter Pavel Beco (071 377 19 24)
auf seinem Schaubauernhof Albisboden in
Dicken nahe St. Peterzell arbeitet mit Lonicera-Arten aus der Tschechei. Etwa die Art
«Blue Velvet» oder die «Kamtschatka-Heidelbeere».
Wenn alles noch kahl ist,
trägt die Maibeere schon einen
zart gelb-weissen Blütenschmuck:
frühe Bienenweide im März
Im Frühling von Vögeln
und Menschen begehrt:
die länglichen, süsssauren Maibeeren
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