1 Gedanken zum Thema: Selbstverständnis der

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Gedanken zum Thema:
Selbstverständnis der Medienpädagogik.
Bei näherer Betrachtung des Begriffes Medienpädagogik, lässt sich feststellen, dass es sich
um ein Themenfeld handelt, welches einerseits in den Bereich der Publizistik und
Kommunikationswissenschaften eingebettet ist, sich aber andererseits aus verschiedenen
Teilbereichen zusammensetzt.
Es fließen Theorien und Denkansätze aus verschiedenen wissenschaftlichen Richtungen, wie
der Psychologie, der Soziologie, der Philosophie, der Publizistik und selbstverständlich auch
aus der Pädagogik ein und beeinflussen somit die Medienpädagogik kontinuierlich.
Ein zentrales Problem ist eben diese Beeinflussung, durch die genannten wissenschaftlichen
Bereiche, da sich dadurch eine klare Abgrenzung noch nicht, oder nur sehr langsam vollzieht.
Medienpädagogik als eigener Bereich der Kommunikationswissenschaft, den es zu erforschen
gilt, existiert in der heutigen Form, noch nicht lange. Daher sind medienpädagogische
Ansätze, Beiträge oder Theorien in der Literatur zur Kommunikationswissenschaft nur sehr
verstreut zu finden, wobei es sich hier meist um veraltete Ansätze handelt, die ohnehin nur am
Rande erwähnt werden.
Es fällt schwer die Medienpädagogik zu positionieren und zu lokalisieren, da sie sich selbst
noch nicht genau definiert hat, so die Meinung einiger Wissenschaftler. Das Potential ist groß,
nur bedarf es auch der Ausschöpfung der Selben, um neues Wissen zu schaffen.
Was soll nun Medienpädagogik erforschen, worauf soll sie Bezug nehmen und wohin soll sie
die Menschen führen?
Dazu braucht die Medienpädagogik, die Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaft, im
Speziellen die der Rezeptions- und Nutzungsforschung.
Die Medienpädagogik nimmt sich auch Grundfragen der Philosophie zu Hilfe, um den
richtigen Umgang mit den Medien zu lehren. Es geht um die Auseinandersetzung mit
Fragen nach der Wahrheit, nach dem Guten, nach dem Schönen und nach dem Wesentlichen.
Somit geht es in der Medienpädagogik nicht nur um die rein technische Vermittlung von
Wissen und das Schaffen von schulischen Lernkonzepten, sondern vielmehr um das Lehren
von einem verantwortungsvollen Umgang mit Medien.
Es soll nicht erklärt werden, "how to do" oder "what to do" sondern vielmehr "WHY to do".
Dies bedeutet, dass es darum geht, wie die Medien und die vermittelten Inhalte genutzt
werden, im wesentlichen Sinne, was ich selbst für mich daraus lernen kann.
Warum nutzen die Menschen bestimmte Medien und was bedeutet dies für die Gesellschaft
und die Kultur?
Um dies zu erkunden, bedarf es einiger grundsätzlicher Fragen und der Erklärung von
Begriffen, welche die Medienpädagogik in der Publizistik und Kommunikationswissenschaft
situieren und verankern.
Wie geht nun die Kommunikationswissenschaft, beispielsweise, mit bedenklichen Inhalten,
die via Internet oder Fernsehen vermittelt werden, um? Ist es Aufgabe der
Kommunikationswissenschaft zu definieren, was gut ist und was schlecht? Hat die
Medienpädagogik alleine die Aufgabe, solche Inhalte von Jugendlichen und Kindern
fernzuhalten, sich aktiv mit ihnen auseinanderzusetzen oder sie gar zu zensurieren? Wer ist
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dafür verantwortlich, dass Kinder und Jugendliche vernünftig mit Medien und den
vermittelten Inhalten umgehen?
Wo liegt der Nutzen für den Menschen, die Kultur und die Gesellschaft im Ganzen?
Begriffe wie Mediatisierung, Mediensozialisation, Medienerziehung und Medienbildung sind
ebenso notwendig, wie Medienkompetenz, Medienmündigkeit und Medienkultur, um
Antworten auf die Fragen finden zu können, die sich im Umgang mit Medien zwangsläufig
ergeben.
Was ist unter diesen Begriffen zu verstehen, was ist der Forschungsgegenstand, das
Forschungsinteresse und welche Methoden, Theorien oder Fachgebiete werden herangezogen
um diese Begriffe zu erklären?
Mit dem Begriff der zunehmenden Mediatisierung kann rein technisch die rasante
Verbreitung in der, durch Medien zur Verfügung gestellten Informationen gesehen werden.
Sei es über Radio, Fernsehen, Zeitungen, Computer.
Dies bedeutet, dass schnellerer Informationsfluss durch neue Technologien jedem Ereignis
einen berichtenswerten Charakter zu geschrieben werden kann und somit die Fülle an
Informationen stetig steigt.
Große Befürchtungen in den Entwicklungen der modernen Gesellschaft bestanden
weitestgehend in einer Zunahme der Anonymisierung der Gesellschaft und in der damit
verbundenen fehlenden Kommunikation zwischen Gesellschaftsstrukturen.
Der kompetente Umgang mit Medien ist Sache der Erziehung und der Bildung an und für
sich. Es geht hierbei um das Erfahren und Erlernen von Verantwortung für sich selbst, um in
Folge die Mündigkeit zu erwerben für sich selbst entscheiden zu können was richtig und gut
ist. Selbstverständlich sind wir durch die Gesellschaft und die Kultur, in der wir leben
beeinflusst, jedoch liegt es in der Verantwortung jedes Einzelnen, die vermittelten Werte und
Normen kritisch zu hinterfragen und zu entscheiden ob und wie man damit umgehen soll.
Die Medien selbst tragen ihrerseits eine Verantwortung, nämlich die, der Vermittler von
Werten und Normen zu sein. Womit sie zur Bildung und Erziehung einen wesentlichen
Beitrag leisten.
Medien unterliegen nun einmal einem fortwährenden technischen Fortschritt. Um als Mensch
mithalten zu können bedarf es einer ständigen Erweiterung unserer Medienkompetenzen. Wer
zum Beispiel online Einkäufe tätigt, SMS schreibt, Webseiten erstellt und andere Formen der
Mediennutzung beherrschen will, unterliegt einem ständigen Lernprozess.
Dazu gehören nicht nur die Kenntnisse hinsichtlich der Mediennutzung sondern auch
beispielsweise das Verstehen der Medieninhalte, die sinnvolle Selektion von Zeitungsartikeln,
Hörfunkbeiträgen, Fernsehsendungen und Internetbeiträgen, wobei sich hierbei das Problem
des so genannte digital divide ergibt.
Angesprochen wird hierbei die stetig größer werdende digitale Bildungskluft innerhalb der
Gesellschaft.
Dieser Begriff beruht auf der so genannten Wissensklufthypothese, die im Jahr 1970 von
Philip J. Tichenor, George A. Donohue, und Clarice N. Olien entwickelt wurde: Es wird
davon ausgegangen, dass diejenigen sozialen Gruppen/Bevölkerungsteile, die wirtschaftlich
besser gestellt sind und/oder einen höheren Bildungsgrad besitzen, den wachsenden
Informationsfluss durch die Massenmedien und zunehmende Globalisierung schneller
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aufnehmen, als wirtschaftlich schlechter gestellte Bevölkerungsgruppen, da diesen der
Zugang zu bestimmten Medien verwährt bleibt.
Es stellt sich also die Frage, ob die Medienpädagogik nicht als Brücke dienen könnte um
diese Kluft zu überwinden.
Nicht nur innerhalb einer Gesellschaft gibt es diese Kluft, sie besteht auch, global gesehen, im
kulturellen Bereich.
Kultur ist hier als Überbegriff für bestimmte Gewohnheiten, Rituale und Traditionen einer
Bevölkerungsgruppe zu verstehen. Werte und Normen der Kultur werden von Generation zu
Generation tradiert. Die ursprüngliche und direkte Form der Überlieferung ist das
„Gesprochene“ Wort, also Erzählungen. Durch neue Techniken und Technologien verändert
sich die Art der Überlieferung ebenso wie die Menge an Informationen von anderen Kulturen.
Dies beeinflusst wiederum die Gewohnheiten und Traditionen einer Kultur.
Kultur ist ein Produkt der Sprache, aber von jedem Kommunikationsmedium wird sie
neu geschaffen.
Medien und Kultur stehen in einer Wechselbeziehung: Kommunikationsmedien überliefern
Werte und Normen einer Kultur, Kultur liefert Medieninhalte.
Durch den massiven Einsatz und großen Stellenwert, welche die Kommunikationsmedien
heute einnehmen, können Kultur und Medium nicht mehr genau voneinander getrennt
werden. Durch die globale Vernetzung können Normen und Werte nicht mehr auf einen
bestimmten Teil der Erde beschränkt werden. Es entwickeln sich Kulturen der jeweiligen
Mediennutzer oder Medienkulturen.
"Unsere Sprachen sind unsere Medien. Unsere Medien sind unsere Metaphern. Unsere
Metaphern schaffen den Inhalt unserer Kultur." (Postman 2006: S. 25)
Da Medien somit auch als Vermittler von Kultur angesehen werden, ist die kritische
Auseinandersetzung mit ihnen wichtig.
Durch das zusammenrücken verschiedener Kulturen können auch Probleme entstehen, da es
durch das falsche Deuten von Inhalten aus anderen Kulturkreisen zu Missverständnissen
kommen kann, was weiters zu Konflikten führt.
Medienpädagogik hat somit auch die Aufgabe, Kompetenzvermittler zur Dekodierung
kultureller Unterschiede zu sein und dadurch Grenzen, im Wissen, im Verständnis für anderes
und im Denken, aufzulösen.
Durch die Verbreitung von Kultur und ihren Werten und Normen bekommen die Medien eine
gewisse Integrationsfunktion zugesprochen, sind somit mitverantwortlich für die Sozialisation
des Menschen.
Sozialisation meint hier, den Prozess der Anpassung und des Hineinwachsens eines
Individuums oder einer Gruppe in soziokulturelle Normen. Dabei werden offene und
verdeckte Werte, Rollen, Ideologien, Verhaltensweisen und Überzeugungen der Gesellschaft
oder eines ihrer sozialen Subsystemen einerseits gelernt und übernommen, andererseits auf
andere übertragen und zwischen Gruppen, Institutionen und Organisationen ausgetauscht.
Oft wird auch der Begriff Internalisierung verwendet, wenn Normen nach dem Erwerb als
"eigen" erlebt werden.
Dieser Lernprozess kann natürlich oder gesteuert sein, das heißt, aus der Entwicklung des
Individuums heraus von selbst erfolgen, oder von anderen Instanzen, wie beispielsweise der
Erziehung, gesteuert werden. Sozialisation verläuft zudem je nach kulturellem Milieu
unterschiedlich und ist inneren und äußeren Einflüssen ausgesetzt.
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Man unterscheidet im Allgemeinen zwei Phasen: Die primäre Sozialisation, die während der
Kindheit und hauptsächlich durch Intimbeziehungen im Familienverband erfolgt, sowie die
sekundäre Sozialisation, die im Jugendalter einsetzt, permanent andauert und sich über einen
erweiterten sozialen Umkreis erstreckt.
Wichtig für die Mediensozialisation ist vor allem die Stufe des Vorschulalters, wenn das
Ergreifen von Initiativen wichtig wird, und jene des Jugendalters, wenn die Entwicklung einer
eigenen Identität im Vordergrund steht.
Was genau ist nun, in diesem Zusammenhang, Mediensozialisation?
Unter Mediensozialisation versteht man die Sozialisation durch die Massenmedien. Dabei
fungiert der Mediensozialisator - der, der Massenkommunikationsinhalte produziert – als
Kommunikator: Als Multiplikator von Information, als Wissensvermittler, Meinungsmacher,
Kulturübermittler, Unterhaltungsproduzent und Werbeträger vermittelt er
Sozialisationsinhalte an den Rezipienten. Dabei greift der Rezipient in den
Kommunikationsprozess ein, indem er auf irgendeine Weise auf ihn reagiert, sei es nun
bewusst oder unbewusst.
Der Rezipient soll in der Lage sein, die Zeichensysteme entschlüsseln zu können. Hier spielt
der Begriff der Media Literacy oder Medienkompetenz, eine zentrale Rolle.
Im Mittelpunkt all dieser Ansätze steht also der Mensch selbst, als so genannter homo
educandus, also als Wesen, das erziehbar und von sich selbst aus erziehungsbedürftig ist.
Um dies zu erreichen setzt es voraus, dass der Mensch ein homo communicator ist, was soviel
bedeutet, dass er die Fähigkeit besitzt mit seinem Umfeld zu kommunizieren, in Beziehung zu
treten und ist somit als Beziehungswesen und als weltoffenes und gebundenes Wesen zu
verstehen.
Gleichzeitig strebt der Mensch auch nach Zerstreuung und Unterhaltung, was ihn zum so
genannten homo ludens macht.
Der Mensch und seine Bedürfnisse, sein Seien und sein Handeln, der Bezug zu seinem
Umfeld und seine Beziehung zu anderen, in Verbindung mit Medien, ist das was die
Medienpädagogik erschließt, erforscht und hinterfragt.
Kommunikationsforschung sollte somit immer mit medienpädagogischen Ansätzen ergänzt
werden, da es bei Kommunikation nicht nur um die Technizität der Medien und deren
Anwendung geht, sondern dahinter auch immer der Mensch sowohl als Nutzer als auch als
Produzent steht.
Medienpädagogik ist somit ein ganzheitliches Modell, dass sowohl den Menschen selbst, als
auch den Bezug zu seiner Lebenswelt, seine kulturellen Ausdrucksweisen und Praxen und das
Verhältnis zwischen Medien und Mensch reflektiert.
Durch die Selbstpositionierung der Medienpädagogik in der Kommunikationswissenschaft,
findet automatisch eine Selbstreflexion statt, woraus sich in weiterer Folge ein neues
Selbstbild und Selbstverständnis ergibt.
Der Zusammenhang zwischen den einzelnen, einfließenden, wissenschaftlichen Richtungen,
die eigene Wertigkeit und Verwertbarkeit für die Gesellschaft und die wesentliche Frage nach
dem “wohin entwickeln wir uns“, aus der Sicht des Faches, wird erst durch diesen
Selbstfindungsprozess möglich.
Als Beispiel für den Zusammenhang dient wohl die adäquate Metapher von dem Philosophen
Hans Blumberg, der darin die Betrachtung des kommunikationswissenschaftlichen Denkens
einer Seefahrt gleichzieht.
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Sowohl Medienpädagogen und Kommunikationswissenschaftler studieren, beobachten und
analysieren dasselbe Forschungsfeld, welches sich aber nie in einer absoluten stillstehenden
Situation befindet, sondern sich vielmehr als ein ständiges, sich in Bewegung befindliches
Forschungsfeld – ein fließendes Gewässer der Kommunikation – verstehen lässt.
Daraus ergibt sich nun die logische Seefahrt-Metapher nach Blumberg, der die
Kommunikation selbst als Meer sieht, welches sich in alle Richtungen erstreckt und das es zu
erforschen gilt.
Die Publizistik und Kommunikationswissenschaft wird hier mit einer Insel gleich gesetzt, die
von Schiffen verschiedener Heimathäfen, angesteuert wird. Die Medienpädagogik
symbolisiert eines dieser Schiffe, welches auf der Insel mit empirischen Ansatzmethoden, so
genannte „Seekarten“ ausgestattet wird.
Zum erreichen eines Zieles, eines noch unerforschten Bereiches nutzen die Schiffe hierbei
sowohl quantitative, sozialwissenschaftliche, empirische Methoden - der „Motor“ der
Methoden - der auch bei qualitativer „Windstille“ jederzeit eingesetzt werden kann, als auch
die qualitativen, geisteswissenschaftlichen Forschungsmethoden - die „Segel“ der Methoden die vom philosophischen Frischwind angetrieben werden.
Um nun dieses unbegrenzte Meer zu erforschen, gilt es, eine starke Flotte zu besitzen, eine
exakte Zielsetzung und Planung des Bestimmungspunktes für das neu zu entdeckende
Territorium auszuarbeiten und die richtige Ausrüstung, beziehungsweise den richtigen
Antrieb, also Segel oder Motor, zu wählen, um eine mögliche Irrfahrt beziehungsweise einen
Stillstand der Expedition zu verhindern.
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Zusätzlich zum Text verwendete Literatur:
Bücher:
BURKARD, Roland: Kommunikationswissenschaft.
4.Auflage.
Böhlau Verlag.
Wien, Köln, Weimar, 2002.
HAAS, Hannes: Skriptum Medienkunde.
Grundlagen, Strukturen, Perspektiven.
Wiener Universitätsverlag.
Wien, 2005.
PAUS-HAASE, Ingrid /LAMPERT, Claudia /SÜSS, Daniel: Medienpädagogik in der
Kommunikationswissenschaft.
Positionen, Perspektiven, Potenziale.
Westdeutscher Verlag
Wiesbaden, 2000.
POSTMAN, Neil: Wir amüsieren uns zu Tode.
Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie.
Fischer Verlag.
Frankfurt, 2006.
Sammelbände:
SANDER, Uwe: Mediatisierte Kommunikation in Mediengesellschaften.
In: AUFMANGER, Stefan /SCHULZ-ZANDER, Renate /SPANHEL, Dieter:
Jahrbuch Medienpädagogik 1.
Leske und Budrich.
Opladen 2001.
Diplomarbeiten:
POLSTER, Kathrin: Politische Inszenierung und Mediatisierung.
Die Bundespräsidentschaftswahl 2004
Diplomarbeit.
Wien, September 2005.
Lexika:
BAACKE, Dieter: Kommunikation und Kompetenz.
Grundlegung einer Didaktik der Kommunikation und ihrer Medien.
Juventa Verlag.
München, 1973.
Internet:
http://www.unibielefeld.de/Universitaet/Einrichtungen/Zentrale%20Institute/IWT/FWG/Jugend%20online/D
igital%20Divide.html(01.12.2007)
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