Antiinfektive Prothesen J. Holinka Universitätsklinik für Orthopädie, Medizinische Universität Wien Prothesenbeschichtungen anorganisch Silber Selen antibiotisch Gentamycin Fosfomycin – Rifampicin antiseptisch Iod Chlorhexidin Silber Historie und Wirkung • Ende des 19. Jahrhunderts konnte Carl von Nägeli eine schädigende Wirkung von Metall-Kationen auf lebende Zellen nachweisen. • • Nach Quecksilber zeigte Silber den stärksten Effekt gegen Bakterien, Pilze und Viren. Antibakterielle Wirkung: • bei Kontakt mit Feuchtigkeit entstehen durch Oxidation positiv geladene Silberion (Ag+) • Silberionen binden an Proteine der Zellwände und stören dadurch wichtige Funktionen in der Zelle • Silberionen können auch in Verbindung mit der DNA oder RNA die Zellteilung verhindern und so zum Zelltod führen Silber Meist verwendete anorganische antibakterielle Beschichtung Niedriges Risiko einer Resistenzentwicklung Hohe Materialkosten Zelltoxiztät Zhao et al. 2009, Hidalgo et al. 1998 Silber Klinische Anwendung Prävention von (Re-) Infektionen • Tumorprothesen • Resektionssystemen in Hüft, Knie, Schulter und Ellbogen Nur bei Komponenten ohne direkten Knochenkontakt! Silberbeschichtete Prothesensysteme Alphamed Implantcast - MUTARS Titan-Oberflächenbeschichtung galvanisch appliziert: 20µm Gold + 50µm Silber für nachhaltige Silberionenfreigabe - stabile Silberbeschichtung - erst bei einer Infektion mit sinkendem lokalen PH Wert geht Silber in Lösung Silberbeschichtete Prothesensysteme Agluna® FA. Accentus Stanmore Zimmer Agluna® Titan-Oberflächenmodifikation: positiv geladenen Silberionen treffen auf eine anodisierte Titanoberfläche Batterieeffekt: laufende Abgabe von Silber eliminiert Bakterien in der Umgebung der Prothese Silber Silber Unerwünschte Wirkungen lokal Argyrose Systemisch Hepatotoxizität Nephrotoxizität Neurotoxizität Inaktivierung von Silberbeschichtungen Jodhaltige Spülungen Silberjodid Ionen Hämatome Proteine binden Silberionen Silber • Effektive Silverkonzentration bis zu 1626 ppb (parts per billion) im direkten Prothesenumfeld • Silberspiegel im Serum überstiegen nicht 56.4 ppb nicht toxisch • Keine signifikanten Leber- oder Nierenfunkionsstörungen • Histologie: keine Fremdkörpergranulome oder chron. Entzündung Prosthese: Implantcast Co., Buxtehude, Germany Silber • 32 silberbeschichtete Megaprothesen 2004-2011 wegen TU oder sept. Revision implantiert • 7 Patienten (23%) Argyrose nach durchschnittlich 25,7 Monaten • Silberspiegel gemessen in Drain, Wundserom und Blut • Patienten mit und ohne Argyrose vergleichbare Silberspiegel • Länge des Implantates zeigt keine Evidenz für Argyrose • Keine Neuro-, Leber- oder Nierentoxizität Prosthese: Silber • 18 silberbeschichtete Megaprothesen • Silberspiegel gemessen in - Wundserom 5ml 2 Tage post OP und - Blut 7 und 14 Tage post OP • gemessene Silberionen: Durchschnitt 0.08 ppb • Patienten mit hohem Silberspiegel im Blut hatten niedrige Konzentration in Wundserom und verzögerten CRP Abfall • Keine Neuro-, Leber- oder Nierentoxizität • Sign. geringere Infektionsrate und Hospitalisation als Vergleichsgruppe ohne Prosthese: Silber Silber Nanopartikel Nanosilber • Nanopartikel von elementarem Silber in einer Größe <100nm • Herstellung durch chemischen, elektrochemischen oder physikalischen Methoden • Aufteilung auf viele kleine Partikel bringt eine enorme Vergrößerung der wirksamen Oberflächen • Silbernanopartikel können auch Zellmembranen durchdringen • Intrazellulär entsteht eine Depotwirkung, aus dem kontinuierlich über einen längeren Zeitraum Silberionen freigesetzt werden können • Nanosilber zeigt bereits bei vergleichsweise niedrigen Silberkonzentrationen ein hohes toxisches Potenzial. Silber Nanopartikel Silber Nanopartikel (50nm) starker zytotoxischer Effekt Silber Mikropartikel ( 3µm) schwacher zytotoxischer Effekt Antibakterieller Effekt auf Staph. epidermidis 2-4-fach höher als die zelltoxische Dosis auf Osteoblasten und Osteoklasten Resultate stellen die Biokompartibilität von Silber-NanopartickelBeschichtungen für die Knochenverankerung in Frage. Selen Nanopartikel • Selen Spurenelement Notwendig für die Synthese von 25 Selenoproteinen Positiver Effekt auf die Senkung des Krebsrisikos Rayman et al 2012, Micke et al. 2009 • Antibakterielle Wirkung von Selen Verringern die Biofilm Bildung von Staph. aureus auf Polycarbonat Oberflächen Wang and Webster 2012 Verringern die bakterielle Kolonisation der Cornea von Hasen mit Selen beschichteten Kontaktlinsen, ohne Zelltoxizität Mathews et al. 2006 Systemische Gabe von hochdosiertem Selen verringert die Mortalität bei septischen Patienten Angstwurm et al. 2007 Positiver Effekt auf das Fibroblastenwachstum Ramos and Webster 2012