Fälle aus der Otologie und Audiologie Leitsymptom Schwerhörigkeit Davos 10.3.2017 KD Dr. med. Dorothe Veraguth Leitung Abteilung Audiologie [email protected] 27.02.2017 Seite 0 Schwerhörigkeit: Fragen in der Hausarzt-Praxis • Leitsymptom Schwerhörigkeit in der Hausarztpraxis ? • Wann ist ein Hörgerät sinnvoll ? • Mythen zum Hörgerät: Kosmetik- Pfeifen – schlechtes Nutzennur für alte Leute- teuer? • Ungenügender Nutzen des Hörgerätes – gibt es Alternativen? • Mein Patient bekommt ein Cochlea-Implantat- was gilt es zu beachten? 27.02.2017 Seite 1 Schwerhörigkeit in der Hausarzt-Praxis • Thema Schwerhörigkeit in der Sprechstunde ansprechen • Einfache klinische Untersuchung (Cerumen), Stimmgabelprüfungen, evl. einfacher Hörtest • Beratendes Gespräch: Nutzen einer rechtzeitiger Versorgung • Überweisung an ORL-Arzt oder Hörgeräteakustiker Praxisleitfaden Schwerhörigkeit Primary & Hospital Care (in Press) 27.02.2017 Seite 2 Indikation für Hörgeräteversorgung Hörverlust in mind. 2 Frequenzen > 30dB am besseren Ohr Persönliches Handicap Kommunikationsprobleme in Beruf und Familie Keine hörverbessernde Operation möglich/gewünscht Kontraindikationen: retrocochleäre und zentrale Hörstörung 27.02.2017 Seite 3 Konventionelle Hörgeräte-Versorgung Standard-Versorgung Breite Indikation für (fast) jeden Hörverlust Grosse Auswahl an technischen Möglichkeiten Indikationsstellung durch ORL-Arzt Anpassung der Hörgeräte durch Akustiker oder andere Fachstelle Kostenbeteiligung durch IV / AHV Kostengünstiger als Implantate 27.02.2017 Seite 4 Hör-Implantate 27.02.2017 Seite 5 Indikationen für implantierbare Hörgeräte medizinisch: rezidiv. Gehörgangsentzündungen Hautirritation durch Ohrmulde St. n. Ohroperationen (Cholesteatom, Tumor) akustisch: Feedback (“Pfeifen der Hörgeräte”) Okklusionseffekt Blockierung des Restgehörs “Klangqualität”, Verzerrungen (Ästhetik Stigmatisierung) 27.02.2017 Seite 6 Cochlea-Implantat (CI) 27.02.2017 Seite 7 Indikation für ein CI Haarzell-Schaden, Hörnerv intakt • Angeborene Taubheit • Postlingual progredienter Hörverlust, wenn konventionelles Hörgerät nicht mehr ausreichend ist: • Plötzliche Ertaubung: Meningitis ototoxisch Laterobasisfraktur 27.02.2017 Seite 8 Mein Patient bekommt ein Cochlea-Implantatwas gilt es zu beachten? • Cave MRI-Untersuchung: 1,5 Tesla-Gerät mit Druckverband Artefakte Schädel • Otitis media: antibiotische Behandlung nötig! • Hautprobleme/Infekte: ad CI-Zentrum Bei Fragen/Unklarheiten stets Rücksprache mit CI-Klinik 27.02.2017 Seite 9 Zusammenfassung Otosklerose • Bei Schalleitungsschwerhörigkeit Stapedotomie möglich • Bei Beteiligung der otischen Kapsel: progrediente sensorineurale Schwerhörigkeit bis zur Ertaubung möglich • 90% Innenohrbeteiligung nur i.R. der Alterung des Gehörs (Topsakal 2006) • 10% kombinierte Schwerhörigkeit bereits zu Beginn (Sziklai 2009) davon 1.5% mit hochgradiger sensorineuraler Schwerhörigkeit (Merkus 2011, van Loon 2014) • Bei Innenohrbeteiligung evl. Option der Stapedotomie zur Erleichterung der Hörgeräteanpassung erörtern • CT und MRI mit Frage nach Obliterationen, v.a. in der basalen Windung • Bei progredienter Schwerhörigkeit frühzeitig CI diskutieren 27.02.2017 Seite 10 Therapie bei Morbus Menière: Stufenschema Neurootologie USZ Initialtherapie: Betahistin 2x 24 mg tgl. Individuelle Dosisanpassung Alternativ bei assoziierter Migräne, bzw. falls Betahistin nicht wirksam: Cinnarizin bis 2x 75mg tgl. Falls nicht erfolgreich: Dexamethason intratympanal ggf. 3 Injektionen innert 7-10 Tagen, oder eine Injektion alle 3 Monate Im Einzelfall: transtympanale Labyrinthanästhesie Paukenröhrcheneinlage (bei zusätzl. Tubenbelüftungsstörung) Ablativ Intratympanal Gentamicin Neurotomie Labyrinthektomie 27.02.2017 Seite 11 Indikationen für die intratympanale Steroid-Injektionen Hörsturz und akuter cochleo-vestibulärer Ausfall Falls keine primäre systemische Steroidtherapie möglich aufgrund von: Diabetes Mellitus, Alter, AZ, anderen Nebendiagnosen Keine Besserung nach systemischer Steroidtherapie Ggf. primär in Kombination mit systemischen Steroiden Akute periphere Vestibulopathie (umstritten, da Hypothese «Neuritis») Bei Kontraindikationen analog zum Hörsturz M. Menière Primär zur Reduktion / Prävention der Schwindelattacken Bei erfolgloser oral-medikamentöser Prophylaxe Kein (langfristiger) Effekt auf Hörvermögen nachgewiesen Versuchsweise dreimalige Injektion innert 7-10 Tagen Alternativ einmalig alle 3-6 Monate, je nach Verlauf 27.02.2017 Seite 12 Autoimmune Innenohr-Erkrankungen • <1% der cochleo-vestibulären Erkrankungen • Rasch progrediente, evl. fluktuierende Hörstörung • >50% Beginn mit vestibulärer Symptomatik • Kein spezifischer Test zur Diagnostik existierend • Keine spezifischen, universellen Antikörper existierend: • Cochlin: Komponente der extrazellulären Matrix im Innenohr Nachweis von Anti-Cochlin-Antikörper in Pat. (Baruah 2014) • Andere vermutete Antigene: 68-k DA; HSP 70; PO Myelin, S-100 beta: nicht spezifisch für Innenohr (Review Medline 1965-2012) • TNFα als Mediator bei entzündlichen Prozessen im Innenohr (Heywood 2013) 27.02.2017 Seite 13 Autoimmune Innenohr-Erkrankungen Cogan: okuläre und cochleäre-vestibuläre Symptomatik, Intervall des Auftretens <2 Jahre. , teilweise ANCA-pos. Vaskulitis (Greco2013) Therapie des akuten beidseitigen cochleovestibulären Ausfalls: • sinnvoll v.a. Steroide, andere Immunsuppresiva (Cyclophosphamid, Methotrexat) ohne klare Klinik dazu eher wenig erfolgsversprechend • cave Langzeit-Nebeneffekte der immunmodulierenden Substanzen (TNFα-Blocker; Rituximab ua) • Gute Erfolge mit Cochlea-Implantaten 27.02.2017 Seite 14 Zusammenfassung Vestibularisschwannom • Kleine Tumoren: Häufig Zufallsbefund in MRI • Klinischer Verdacht bei: rezidivierende Hörstürze einseitige Schwerhörigkeit unklarer Ätiologie rezidivierende-peripher-vestibuläre Gleichgewichtsstörungen unklare Fazialisparese • Diagnostik: MRI, ausführliche audiologische und neuro-otologische Abklärung • Therapie: «wait and scan»: va. bei Neudiagnose, kleine Tumoren Operation: funktionelles Resultat abhängig von Grösse, Lage, Zugang Radiotherapie: keine Op-Risiken, ungeeignet für grosse Tumoren, nur Wachstumstop, häufig bei älteren Personen 27.02.2017 Seite 15 Leitsymptom Schwerhörigkeit: Herausforderungen Progrediente Schwerhörigkeiten Asymmetrische Schwerhörigkeiten Hohe Ansprüche an Kommunikation Co-Morbidität Alter Grosse Auswahl an Hörgeräten und Implantaten Kosten individuelle, vorausschauende Beratung 27.02.2017 Seite 16