Die Binomialverteilung Anhand verschiedener Fragen möchten wir heute klären, was man unter der Binomialverteilung versteht: z.B. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem Würfel bei 5-maligen Werfen genau 2-mal eine 6 zu werfen? B1: Der Bernoulliversuch und die Bernoullikette Frage: Was versteht man unter einem Bernoulliversuch? Definition: Ein Bernoulliversuch ist ein Zufallsversuch mit 2 möglichen Versuchsausgängen. Der Versuchsausgang "Erfolg" tritt mit der Wahrscheinlichkeit p ein. Der Versuchsausgang "Misserfolg" geschieht mit der Wahrscheinlichkeit q = 1 - p. Beispiel: Ziehen aus einer Urne mit 3 roten und 2 blauen Kugeln p = 0,6 und q =0,4 Ergebnisse rot blau Wahrscheinlichkeit 0,6 0,4 Bemerkung: Ein Zufallsversuch heißt Bernolliversuch, wenn die Ergebnismenge zweielementig gewählt werden kann. S = {e1, e2} Es kann also jeder Zufallsversuch als Bernoulliversuch interpretiert werden. Beispiel: Ziehen aus einer Urne mit 3 roten, 2 blauen und 5 grünen Kugeln S = {rot, nicht rot} mit p = 0,3 und q = 0,7 Ergebnisse Wahrscheinlichkeit rot 0,3 nicht rot 0,7 Beispiele: Fußballspiel: Sieg oder kein Sieg, Würfel: gerade oder ungerade Definition: Eine Zufallsgröße, die die Anzahl der Erfolge beschreibt, heißt Bernoulligröße. X = xi P(X = x i ) 1 0,6 0 0,4 Definition: Die n-fache Durchführung eines Bernoulliexperimentes mit konstanter Wahrscheinlichkeit p heißt Bernoullikette der Länge n. (n-maliges Ziehen aus einer Urne mit Zurücklegen) Bemerkung: Ein mehrstufiger Zufallsversuch ist nur dann eine Bernoullikette, wenn die Erfolgswahrscheinlichkeit konstant bleibt und die Anzahl der Stufen konstant ist. Beispiele: Zufallsversuch: 10-maliges Würfeln eines Tetraeders Zufallsgröße: X beschreibt die Anzahl der geworfenen Einsen Zufallsversuch: Aus einer Kiste mit sehr vielen Transistoren werden 10 Stück entnommen und geprüft, ob sie defekt sind Zufallsgröße: X beschreibt die Anzahl der defekten Transistoren (Seite 1) Die Binomialverteilung Beispiel: Ein Sportler führt 4 Freiwürfe durch. Er trifft jeweils mit einer Wahrscheinlichkeit von 10%. X beschreibt die Anzahl der Treffer Die Zufallsgröße nimmt folgende Werte an. X = xi P(X = x i ) 0 ? 1 ? 2 ? 3 ? 4 ? Die Wahrscheinlichkeiten werden wir jetzt analysieren. Bemerkung: Für einer Bernoullikette nimmt die Zufallsgröße X die Werte 0; 1; ...; n an. Ein Baumdiagramm könnte so aussehen: Bemerkung: Für einen Pfad würde beispielsweise gelten: 2 2 P(A ) = ( 16 ) $ ( 56 ) (Seite 2) Die Binomialverteilung Das wäre die Wahrscheinlichkeit, dass die ersten beiden Würfe Treffer sind und die beiden letzten Würfe keinen Treffer erbringen. Die Frage stellt sich, wie viele Pfade es gibt, sodass genau 2-mal getroffen wird. Diese Frage können wir bereits beantworten .... EEMM ; EMEM ; EMME ; MEEM ; MEME ; MMEE. Es sind also 6 Pfade. Der Binomialkoeffizient und die Binomialverteilung Problem: Wir wissen noch nicht, wie viele Pfade i.A. zu einem Ereignis einer Bernoullikette gehören. Bei Bernoullikette der Länge n mit den Ausgängen "Erfolg" und "Misserfolg" gibt es n k = n! k!$(n−k )! Möglichkeiten, dass genau k mal Erfolg und n-k mal Misserfolg vorhanden ist. Sprechweise: n über k Aufgabe: Berechnen Sie folgende Binomialkoeffizienten: 4 4 4 4 4 ; ; ; ; 0 1 2 3 4 Lösung: 4 4 4 4 4 4! 4! = 0!$4! = 1; = 1!$3! = 4; = ... = 6; = 4; =1 0 1 2 3 4 Diese Zahlen können wir jetzt die vollständige Formel zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit der Bernoullikette angeben. Satz: Für eine Bernoullikette mit den Parametern n und p besitzt die Bernoulligröße die folgende Wahrscheinlichkeitsverteilung: P(X = k ) = n k $ p k $ (1 − p) n−k Bemerkung: n ... p ... k ... Länge der Bernoullikette Erfolgswahrscheinlichkeit Anzahl der Erfolge (Seite 3) Die Binomialverteilung Beispiel 1: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem Würfel bei 5-maligen Werfen genau 3 mal eine 6 zu werfen? X ... Zufallsgröße, die die Anzahl der Sechsen beschreibt X ist binomialverteilt n = 5 und p = 1 6 P(X = 3 ) = ( 53 ) $ ( 16 ) $ ( 56 ) l 0, 03215 3 2 Beispiel 2: Ein Schüler hat für einen "Multiple-Choice-Test" nicht gelernt. Der Test besteht aus 10 Fragen mit je vier Antworten. Es ist jeweils genau eine Antwort richtig. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Schüler mindestens die Hälfte der Fragen richtig beantwortet. Analyse: Es handelt sich um eine Bernoullikette mit den Parametern n = 10 und p = 0,25. Die Zufallsgröße X kann die Werte von 0 bis 10 annehmen. Das Ereignis entspricht den Zahlen 5 bis 10. P(X m 5) = P(X = 5 ) + P(X = 6 ) + ... + P(X = 10 ) = 10 5 $ 0, 25 5 $ 0, 75 5 + 10 6 $ 0, 25 6 $ 0, 75 4 + ... + 10 $ 0, 25 10 10 = 0, 0781 = 7, 8% Der Schüler beantwortet mit 7,8 % Sicherheit mindestens die Hälfte der Fragen richtig. Beispiel 3: Ein Sportler führt 4 Freiwürfe durch. Er trifft jeweils mit einer Wahrscheinlichkeit von 10%. X beschreibt die Anzahl der Treffer Beispiel: P(X = 0 ) = 4 $ 0, 1 0 $ 0, 9 4 = 0, 6561 0 P(X = 1 ) = 4 $ 0, 1 1 $ 0, 9 3 = 0, 2916 1 P(X = 2 ) = 4 $ 0, 1 2 $ 0, 9 2 = 0, 0486 2 P(X = 3 ) = 4 $ 0, 1 3 $ 0, 9 1 = 0, 0036 3 P(X = 4 ) = 4 $ 0, 1 4 $ 0, 9 0 = 0, 0001 4 Wahrscheinlichkeitsverteilung: X=k 0 1 P(X = k) 0, 6561 0, 2916 2 0, 0486 (Seite 4) 3 0, 0036 4 0, 0001 Die Binomialverteilung Bemerkung: Die Verteilung einer binomialverteilten Zufallsgröße heißt Binomialverteilung. Geeignete Darstellungen sind Histogramme. (Seite 5)