Flora und Fauna in der Rhön

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Flora und
Fauna in
der Rhön
Trollblumen
Ein Wandertag im Juni. Uns zieht es
in die Hochrhön. Von den Bergen
aus hat man bei gutem Wetter eine
weite Fernsicht über die Grasmatten und Hügel bis hin zum Vogelsberg und zum Thüringer Wald.
Wegen des freien Blicks kommen
viele Wanderer hierher. Sie haben
die Rhön das "Land der offenen
Fernen' genannt.
Wir wollen die Blicke in die weite
Landschaft genießen, aber auch auf
das achten, was uns nahe vor den
Füßen liegt. Von einer kleinen Erhebung aus kann man gerade jetzt
im Juni in den umliegenden Wiesen
größere farbige Flecken in rosa,
oder hellem gelb, manchmal blau
mit weiß vermischt, oder auch
hellem rot entdecken. In anderen
Wiesen finden wir diese Farben alle
durcheinandergemischt.
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Beim Näherkommen an ein
hellgelbes Wiesenstück merken wir
gleich, dass der Boden hier feuchter
als in der Umgebung ist. Die
Pflanzen mit den zitronengelben
dicken Blüten sind Trollblumen.
Offenbar gedeihen sie nur, wenn sie
aus dem Untergrund genügend
Wasser erhalten. Die gelben Blättchen der Blüte bilden eine geschlossene Kugel. Wenn man diese
Blättchen vorsichtig auseinanderbiegt, kann man mit der Lupe im
Inneren kleine Röhrchen, die mit
süßem Nektar gefüllt sind, sehen.
Der Nektar ist zwar begehrt, aber
nur wenige Insekten kommen an
diese verlockende Nahrung in der
geschlossenen Blüte heran. Besonders Bienen und Hummeln fällt es
sehr schwer, den süßen Saft aus der
Blüte herauszuholen. Wenn man
genau hinsieht, kann man in der
Blüte kleine Käfer und Fliegen
finden, die sich am süßen Saft
laben. Diese Winzlinge sollen dafür
aber auch etwas leisten, sie sollen
Blütenstaub von einer Blüte zur
nächsten bringen. Das ist nötig,
damit die Blüten später, nachdem
sie verwelkt sind, Früchte mit
Samen bilden können.
Die kleinen Insekten können nicht
weit fliegen, deshalb ist es gut,
wenn die nächste Blüte ganz in der
Nähe steht. Dies kann ein Grund
dafür sein, dass wir Trollblumen
meist in großer Zahl an einer
geeigneten Stelle antreffen, denn
weit entfernte Einzelblüten kann
ein so kleiner Käfer nicht erreichen.
So mancher möchte sich von diesen
schönen Blumen einen Strauß
pflücken. Man kann sich leicht
vorstellen, warum das nicht erlaubt
ist. Die kleinen Blütenstaubträger
hätten es dann sehr schwer, eine
andere Blüte zu finden, es gäbe
weniger Samen, und diese schöne
Pflanze würde noch seltener. Sie
kann dann zwar noch einige Jahre
aus ihrem Stängel in der Erde
austreiben, aber ganz ohne Nachwuchs aus Samen überlebt sie auf
die Dauer nicht.
Selten sind die Trollblumen auch
deshalb geworden, weil man in früheren Jahren viele feuchte Wiesen
trockengelegt hat, denn auf trockeneren Wiesen wächst besseres
Viehfutter. Damit die Trollblumen
nicht noch seltener werden, hat man
sie unter Schutz gestellt. Sie dürfen
nicht abgepflückt werden.
Nach den Trollblumen wollen wir
eine der von weitem rosa erscheinenden Stellen näher betrachten.
Auch hier ist der Boden sehr feucht,
und wir müssen aufpassen, wenn
unsere Füße trocken bleiben sollen.
Die an dieser Stelle so dicht stehende Pflanze ist der Schlangenknöterich. Seine Blüten sind zwar klein,
sie sitzen aber in so großer Zahl eng
zusammen oben am Stängel, dass
sich ein weithin sichtbarer Blütenstand, der wie eine Ähre zusammengesetzt ist, gebildet hat. Manche Leute sagen, der Schlangenknöterich habe einen Blütenstand, der
wie eine Flaschenbürste aussehe.
Schlangenknöterich
Woher hat der Schlangenknöterich
aber seinen sonderbaren Namen?
Auf die Bedeutung von Knöterich
kommt man leicht, wenn man sich
den Blütenstängel genauer ansieht.
Er hat mehrere Verdickungen, die
man Knoten nennt. Von diesen
Knoten aus wachsen die Blätter
nach oben. Direkt über dem Knoten
umgeben die Blätter den Stängel
noch ganz eng, weiter oben werden
sie dann breiter und biegen sich
vom Stängel weg.
Was an der Pflanze aber sieht einer
Schlange ähnlich? Danach kann man
lange suchen. Gemeint ist nämlich
der in der Erde liegende Stängel,
der wie eine Schlange gewunden
ist. Aus jedem dieser unterirdischen
Stängel wachsen viele Sprosse mit
Blättern und Blüten hervor. Das
erklärt auch, warum diese vielen
Pflanzen so eng zusammenstehen.
Wenn wir von einem hohen Berg
auf die etwas tiefer liegenden
Wiesen hinabschauen, erblicken wir
oft große tiefblaue Flächen. Meist
gesellen sich zu den blauen noch
weithin sichtbare weißblühende
Pflanzen. Man könnte meinen, eine
dünne Schneeauflage habe eine
tiefblaue Unterlage überdeckt. Diese Wiesen verdanken ihr frühsommerliches Prachtkleid dem
blauen Waldstorchschnabel und
dem weißblühenden Wiesenkerbel.
Diese beiden Pflanzen wachsen
besonders üppig auf solchen
Wiesen, auf die der Bauer Gülle zur
Düngung gefahren hat.
Woher hat diese schöne Pflanze
aber ihren Namen? Vielleicht
kommt man schon darauf, wenn
man den Rest der abgezupften
Blüte sieht. Besser noch, man sucht
nach einer schon abgeblühten
Pflanze und untersucht, was aus
den Blüten geworden ist. Die entstehende Frucht hat wirklich die
Form eines kleinen Storchenschnabels, die grünen Kelchblätter am
Stiel sehen dabei wie der Kopf eines
Storchs aus. In der schnabelförmigen Frucht bilden sich die Samen.
Wenn sie reif sind, platzt die Frucht
und schleudert die Samen weg. So
kann sich der Storchschnabel von
Jahr zu Jahr immer weiter über die
Wiese ausbreiten.
Wiesenstorchenschnabel
Storchenschnabel
Wiesenkerbel
Steigen wir hinab, und sehen wir
uns diese Stellen genauer an. Blau
leuchten uns die grossen Blüten des
Waldstorchschnabels entgegen.
Meist stehen zwei Blüten an einem
Blütenstiel. Eine der Blüten sollten
wir einmal genauer untersuchen
und hierzu vorsichtig die blauen
Blätter herauszupfen. Es sind fünf in
jeder Blüte. Weiter innen finden wir
dann zehn fadendünne Staubblätter, von denen meist nur fünf an
ihren oberen Enden Blütenstaub für
die Fortpflanzung bilden.
Sie baut kein Netz, sondern wartet
mit weit ausgebreiteten Vorderbeinen gut getarnt in den Blüten auf
ihre lnsektenopfer, die sie blitzschnell überfällt, durch einen Biss
lähmt und dann aussaugt.
Die weißen Blüten des Kerbels sind
sehr klein, aber sie leuchten deshalb
weithin, weil stets viele von ihnen
dicht zusammenstehen. Jede der
kleinen Blüten hat ihren eigenen
kurzen Stiel, und alle diese kleinen
Stielchen kommen an einer Stelle
aus einem größeren Stiel heraus.
Solche Blütenzusammenstellungen
nennt man Dolden. Mehrere kleine
Dolden bilden dann eine große
zusammengesetzte Dolde, und
diese ist weithin sichtbar.
Die Blütendolden des Kerbels
werden von allerlei verschiedenartigen Insekten besucht. Darunter
sind Fliegen, die manchmal gelb
und schwarz gestreift wie Wespen
gezeichnet sein können. Dann kann
man Käfer mit langen Fühlern,
Bienen, Wespen und vieles mehr
beobachten. Alle diese Insekten
wollen sich am süßen Nektar der
Blüte laben. Dabei beladen sie sich
mit Blütenstaub und tragen ihn zur
nächsten Blüte. Wenn man Glück
hat, findet man in den Dolden eine
weiße Krabbenspinne, die genau
zum Weiß der Blüten passt.
Rosa gefärbte Wiesenflächen werden an vielen Stellen auch von der
Kuckuckslichtnelke gebildet. Die
Leute sagen, wenn diese Blume zu
blühen beginnt, dann kommt der
Kuckuck aus seinem Winterquartier
zurück, und man kann seine Rufe
wieder hören. Wenn man ein aus
der Blüte herausgezupftes Blättchen
genauer betrachtet, dann fällt auf,
dass es oben in vier Zipfel zerteilt ist,
zwei lange mittlere und zwei kurze
seitliche. Obwohl eine Blüte nur
fünf rosa gefärbte Blumenkronenblätter besitzt, hat man den
Eindruck, es seien wesentlich mehr
dieser Lockblätter vorhanden.
Kuckuckslichtnelke
Am Stängel der Pflanze kann man
sehr oft ein Bällchen aus weissem
Schaum beobachten. Man nennt
diesen Schaum Kuckucksspeichel,
aber er stammt nicht vom Kuckuck.
Den Schaum erzeugt die Larve eines
Insekts, einer Zikade. Im Schaum ist
sie vor Feinden sicher und kann sich
vom Saft der Pflanze ernähren.
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Jeder kennt die Rhöndistel. Eigentlich nennt man sie Silberdistel oder
auch Eberwurz. Wir finden sie auf
trockenen Wiesen, und so richtig zur
Blüte kommt sie eigentlich erst im
Juli. Außerhalb der Blütezeit findet
man jedoch die Köpfe abgeblühter
Pflanzen, denn diese sind sehr fest
und bleiben lange erhalten. Man
kann den Blütenkopf mit einer Sonne
vergleichen. In der Mitte stehen viele kleine rötliche Blütenröhren und
außen herum wie Sonnenstrahlen
längliche silberweiße harte Hüllblätter.
Das weiße Blütenmeer des Wiesenkerbels
Silberdistel
Diese harten Hüllblätter krümmen
sich bei feuchtem Wetter nach innen
und schützen die empfindlichen
Röhrenblüten vor den Regentropfen. Bei trockenem sonnigen Wetter
entfalten sie sich wieder. Man kann
an diesen Blüten deshalb sehen, ob
die Luft feucht ist und ob es Regen
geben wird. Deshalb hat früher
mancher Wanderer eine Blüte mit
nach Hause genommen und sie als
kleine Wetterwarte benutzt. Heute
darf man das nicht mehr tun, denn
die Silberdistel ist selten geworden
und deshalb geschützt.
Die Wiesen der Rhön bieten vom
Frühjahr bis in den Herbst hinein
lohnende Ausflugsziele. Besonders
im Verlauf des Frühjahrs löst im
Zehntagesrhythmus eine vorherrschende Farbe die andere ab. Auf
einer Maiwanderung, bei der man
350 bis 400 Höhenmeter überwindet, lassen sich mehrere dieser
Farbzonen zur gleichen Zeit beobachten. Mit dem Fortschreiten des
Frühlings kann man nacheinander
verschiedene Farbwellen, die über
die Wiesen ziehen und sich nacheinander ablösen, bewundern:
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gelbe Welle Hohe Schlüsselblume
weiße Welle Gänseblümchen und
Wiesenschaumkraut
gelbe Welle Löwenzahn
gelbe Welle Scharfer Hahnenfuß
rote Welle Kuckuckslichtnelke
weiße Welle Wiesenkerbel (oft
zusammen mit blauem
Waldstorchschnabel)
weiße Welle Löwenzahnfruchtstände,
Margerite
Kuppenrhön
Wiesenstücke mit den oben geschilderten Farbausbildungen findet
man beispielsweise zwischen der
Straße von Poppenhausen nach
Abtsroda und dem Wasserkuppenmassiv. Eine lohnende Wanderung,
auf der man die oben genannten
Pflanzen häufig antrifft, führt vom
Gipfel der Wasserkuppe in Richtung
Lerchenküppel. Kurz vor dem Lerchenküppel ist der Boden feucht
und bietet zum Beispiel Trollblurnen
und Wiesenknöterich, aber auch der
großen blauen Bergflockenblume,
dem Bachnelkwurz und anderen
interessanten Pflanzen geeigneten
Lebensraum. Führt man die Tour auf
der Höhe zur Eube fort und steigt
dann in Richtung Sommerberg ab,
dann kann man im Sommer auch
die immer seltener werdende
Arnika, verschiedene Orchideen
und die Silberdistel finden.
Am Haunestausee gibt
es interessante Wasservögel zu beobachten.
Das gelingt bei scheuen Tieren
allerdings nur dann, wenn man sich
klug verhält, also leise ist und heftige Bewegungen vermeidet. Am
Ufer des Sees, abseits der Wege,
stehen oft Graureiher auf ihren
langen Stelzfüßen. Regungslos warten sie auf Beute. Mit etwas Glück
sieht man, wie sie blitzschnell zustechen und einen auf ihren
Schnabel aufgespießten Fisch aus
dem Wasser ziehen. Man darf aber
nicht glauben, daß der ”Fischreiher” nur von Fischen lebt, ebenso
gern frisst er Mäuse, und wenn im
Winter alles gefroren ist, muss er
eben von kleinen Landtieren leben.
Graureiher
Bei jeder Wanderung um den See
kann man Stockenten sehen. Man
erkennt die Erpel, so nennt man
nämlich die Männchen, leicht an
ihrem grünen Kopf und dem
weißen Halsring, die Weibchen haben dagegen eine braun-graue
Tarnfarbe, denn sie kümmern sich
allein um die Jungen und dürfen
dabei nicht so leicht entdeckt werden. Wenn wir Glück haben, sehen
wir noch zwei andere Entenarten.
An dem kastanienbraunen Kopf
und dem silbernen Rücken erkennen wir den Erpel der Tafelente.
Einen schwarzen Körper mit weißen
Seiten und zwei kleinen Federzipfeln auf dem Kopf haben die
Reiherentenerpel. Wenn du alle drei
Arten zugleich sehen kannst, dann
vergleiche einmal, wie sie im Wasser
liegen. Bei den Stockenten ragt der
Stockente
Federschwanz nämlich leicht nach
oben, man sagt, Stockenten seien
”Schwimmenten” Bei den Tafel- und
Reiherenten zeigt der Federschwanz
mehr nach unten, sie gehören zu
den ”Tauchenten”.
Die Tauchenten holen ihre Nahrung
vom Seeboden aus der Tiefe hervor.
Ihre leichten Körper bringen sie
zunächst einmal mit einem kleinen
Sprung von der Oberfläche aus
unter Wasser, und dann sind sie für
eine kurze Zeit verschwunden.
Werden sie bedroht, dann flüchten
sie ebenfalls unter Wasser, denn das
Wegfliegen fällt ihnen schwer.
Wenn sie sich in die Luft erheben
wollen, müssen sie erst Anlauf nehmen und ein ganzes Stück über die
Wasseroberfläche laufen, um die
nötige Startgeschwindigkeit zu bekommen. Ganz anders ist das bei
den Schwimmenten, also bei unseren Stockenten. Sie können sofort
von der Wasseroberfläche weg steil
nach oben fliegen und tauchen nur
selten. Stockenten suchen ihre Nahrung nach Schwimmentenart im
flachen Wasser. Nur der Vorderkörper taucht dabei ein, Schwanz
und Hinterkörper ragen in die Luft.
Diese Form der Nahrungssuche
nennt man ”gründeln”.
chen und Weibchen tragen das gleiche Gefieder, keiner fällt durch besonders leuchtende Farben auf. Das
zeigt uns, dass sich beide um die
Aufzucht der Kinder kümmern. Ihr
Nest bauen die Haubentaucher auf
ein Pflanzenfloß, es schwimmt und
kann bei Hochwasser nicht überspült werden. Die Haubentaucher
sind wahre Meister im Tauchen.
Wenn sie gestört werden, können
sie Wasser in kleine Hautkammern
aufnehmen, werden hierdurch
schwerer und liegen sehr tief im
Wasser. Dann senken sie nur Kopf
und Hals und sind mit einem Schlag
ihrer Ruderbeine verschwunden.
Blessralle
Haubentaucher
Ein häufig auf dem Haunestausee
schwimmender Vogel ist die Blessralle. Sie hat einen völlig schwarz
gefiederten Körper, nur Schnabel
und Stirn sind weiß. Bei der Nahrungssuche verhalten sich die Blessrallen den Tauchenten sehr ähnlich.
Mit einem kleinen Kopfsprung
kommen sie unter Wasser und holen ihre Nahrung vom Grund. Wenn
sie flüchten müssen, können sie
entweder tauchen oder müssen erst
im Lauf auf der Wasseroberfläche
Tempo gewinnen, ähnlich wie die
Tauchenten, wenn sie wegfliegen
wollen.
Ein besonders interessanter Vogel
auf dem Haunesee ist der Haubentaucher. Seinen Namen verdankt er
einer Federhaube am Kopf. Männ-
Zur Zugzeit im Herbst und Frühling
kommt so mancher Reisegast zum
Haunesee; es gibt immer etwas zu
sehen.
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