M+M Mitarbeiterbefragungen – Nutzen nicht voll ausgeschöpft

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1/2005 Personalwirtschaft
Personalführung
Die Akzeptanz von Mitarbeiterbefragungen
ist gestiegen, so die Ergebnisse einer Studie
zu Einsatz und Effektivität von Mitarbeiterbefragungen. Besonders bei den Faktoren
Führungsqualität, interne Prozesse und
Betriebsklima sehen die befragten Unternehmen
deutliche Verbesserungen.
Nutzen nicht voll ausgeschöpft
Der Stellenwert des Humankapitals ist in wirtschaftlich schweren Zeiten ambivalent: Einerseits sind Unternehmen – wie gegenwärtig im Bankensektor – gezwungen, Personal
abzubauen. Andererseits brauchen sie gerade für Dienstleistungsgeschäfte qualifizierte
und engagierte Mitarbeiter, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu verbessern. Speziell diese Zweiteilung in Mitarbeiter als überflüssiger Kostenfaktor und wichtiger Leistungsträger, erhöht die Anforderungen an das HR-Management und erschwert die
Koordination der beiden widerstreitenden
Kräfte. Ausschlaggebend ist deshalb die Feinsteuerung.
Hinzu kommt ein zweiter Faktor: Geschätzte
Milliardenverluste in deutschen Unternehmen durch demotivierte Mitarbeiter und
schlechte Zusammenarbeit haben die Bedeutung von Mitarbeiterbefragungen im Rahmen
des HR-Managements deutlich steigen lassen. Immer mehr Unternehmen setzen dieses
Instrument konsequent ein und bestätigen wesentliche Verbesserungen bei Führungsqualität, internen Prozessen, interner Zusammenarbeit und Betriebsklima.
Kennzahlen zum Mitarbeiterwert
sind selten
Fünf Jahre nachdem die erste Feldstudie zum
Einsatz von Mitarbeiterbefragungen in der Praxis durchgeführt worden war, wurde das Thema im September 2004 erneut untersucht
(siehe »Die Studie«). Im Ergebnis spiegelt
sich diese Entwicklung in der Antwort auf die
Frage nach dem Einfluss von mitarbeiterbezogenen Faktoren auf den Unternehmenserfolg wider. Der größte Einfluss wird, wie bereits 1999, beim Engagement (93 Prozent)
und bei der Motivation (91 Prozent) der Mitarbeiter gesehen (Mittelwerte auf einer Skala von 0 Prozent = sehr gering bis 100 Prozent
= sehr hoch). Die Bedeutung von Loyalität und
Mitarbeiterbindung für den Unternehmenserfolg wird heute deutlich höher eingeschätzt,
78 Prozent aktuell gegenüber 66 Prozent 1999.
Allerdings weisen die im HR-Management
vorzugsweise verwendeten Kennzahlen eine
andere Ausrichtung auf: Die meisten Nennungen entfallen immer noch auf Indikatoren wie
Fehlzeiten/Abwesenheitsquote (74 Prozent),
den Erreichungsgrad formulierter Ziele (70
Prozent) und die Fluktuation (53 Prozent).
Die Verbreitung von Mitarbeiterzufriedenheits- und -bindungsindizes ist zwar um zehn
Prozent auf 47 Prozent gestiegen, repräsentiert aber nicht den auf den Unternehmenserfolg bezogenen hohen Stellenwert dieser
Einflussgrößen. Noch sehr wenig verbreitet
sind Kennzahlen zum Mitarbeiterwert (neun
Prozent). Gesteuert wird also primär ergebnis- und wirkungsorientiert, jedoch deutlich weniger auf Potenziale und Erfolgsfaktoren ausgerichtet.
Mehr Eigenverantwortung
und Flexibilität gefordert
Bei den Auswirkungen externer Faktoren auf
die Anforderungen an das HR-Management sind
sich die befragten Personalleiter weitgehend
einig: Die Verschärfung des Wettbewerbs (84
Prozent) und die zunehmende Kunden- und
Serviceorientierung (85 Prozent) werden zu
stark zunehmenden Anforderungen an das
HR-Management führen.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich die steigenden Anforderungen vor allem auf die Bereiche Empowerment/unternehmerisch denkende und handelnde Mitarbeiter (76 Prozent),
Flexibilisierung der Arbeitszeit (76 Prozent),
Qualifizierungsmanagement (73 Prozent) und
Führungskultur/ Führungskräfteentwicklung
(72 Prozent) konzentrieren.
Alle Anforderungen, die darauf ausgerichtet
sind, den Mitarbeitern mehr Eigenverantwortung und Flexibilität zu übertragen, werden
zunehmen. Das Prinzip der partizipativen Führung wird somit immer stärker eingefordert.
Mitarbeiterbefragungen leisten dabei einen positiven Beitrag zum Erkennen von Defiziten
und zur Bestimmung der wesentlichen weichen Erfolgsfaktoren. Für 82 Prozent der Unternehmen liefern Mitarbeiterbefragungen
notwendige Impulse, um die interne Zusam-
Mehr zum Thema
Im Rahmen eines Kooperationsprojekts der Forschungsgruppe Management +
Marketing in Kassel und des Lehrstuhls für Marktorientierte Unternehmensführung an der TU Dresden wurde das Thema Mitarbeiterbefragungen in der Praxis
erneut untersucht und zwar genau fünf Jahre nachdem die erste Feldstudie zu
diesem Thema durchgeführt worden war (vergleiche auch Personalwirtschaft
04/00, Seite 51 ff.).
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menarbeit zu verbessern. Für 78 Prozent sind
sie ein gutes Instrument, um Meinungen, Einstellungen und Probleme der Mitarbeiter systematisch zu erfassen, und für 71 Prozent sind
sie Bestandteil eines fortschrittlichen Führungskonzeptes.
Gab vor fünf Jahren ein Drittel der Unternehmen an, regelmäßig Mitarbeiterbefragungen
durchzuführen, so sind es heute 42 Prozent.
39 Prozent haben das Instrument bisher nur
unregelmäßig oder erst einmal eingesetzt und
19 Prozent wenden es bisher nicht an. Die
Hauptgründe der Ablehner sind der gering eingeschätzte Wert und Nutzen (64 Prozent), aber
nicht zuletzt auch eine mangelnde Akzeptanz
bei Führungskräften (33 Prozent) und ein zu
hohes Konfliktpotenzial durch die erwarteten
Befragungsergebnisse (30 Prozent).
Bei der Frage nach der methodischen Vorgehensweise wird deutlich, dass eine reine Zufriedenheitsabfrage nicht mehr den Ansprüchen an dieses Instrument gerecht wird. Im
Rahmen einer Mitarbeiterbefragung werden
von fast allen Unternehmen (96 Prozent) sowohl die Zufriedenheit als auch die Mitarbeiteranforderungen erhoben.
Etwa zwei Drittel der Befragten erheben und
analysieren ebenfalls Daten zu Mitarbeitermotivation und -engagement, zwei Faktoren,
die den höchsten mitarbeiterbezogenen Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben.
Erfolgreich durch Kommunikation
Ob eine Mitarbeiterbefragung erfolgreich in
einem Unternehmen eingesetzt wird, ist vor
allem von der Akzeptanz dieses Führungsinstrumentes abhängig. 57 Prozent der befragten Unternehmen verzeichneten bei ihrer letzten Mitarbeiterbefragung eine Rücklaufquote von über 70 Prozent – das ist ein guter Wert.
Damit Mitarbeiterbefragungen als Führungsinstrument erfolgreich wirken können, ist die
Kommunikation von zentraler Bedeutung.
Die Mitarbeiter sind sowohl im Vorfeld einer
Befragung umfassend und offen über die
Rahmenbedingungen (zum Beispiel Anonymität) und Zielsetzungen zu informieren, als
auch anschließend über die gewonnenen Erkenntnisse.
Die meisten Unternehmen betreiben daher eine offene Informationspolitik. 72 Prozent informieren alle Mitarbeiter über die wesentlichen Ergebnisse und Erkenntnisse der Befragung, 52 Prozent die Führungskräfte und 33
Prozent den Betriebsrat. Als Kommunikationsform dient vor allem eine Präsentation
anlässlich einer Mitarbeiterbesprechung oder
Betriebsversammlung (70 Prozent), gefolgt von
schriftlichen Ergebniskurzfassungen oder internen Publikationen (jeweils 52 Prozent). Das
Aufarbeiten der Ergebnisse in Workshops wird
jedoch, wohl wegen des damit verbundenen
Aufwandes, eher nachrangig durchgeführt
Die Studie
Bundesweit wurden 470 Verantwortliche des Personalbereichs in Unternehmen unterschiedlicher
Branchen und Größen im Rahmen einer Onlineerhebung zum Einsatz und zur Effektivität von Mitarbeiterbefragungen befragt. Die für Onlinebefragungen gute Beteiligungsquote von zwölf Prozent bestätigt die zunehmende Bedeutung des Instruments.
Die Langfassung der Studie »Einsatz und Effektivität von Mitarbeiterbefragungen« kann unter
www.m-plus-m.de angefordert werden.
(30 Prozent). Entscheidend ist aber nicht das
Messen, sondern das Besserwerden.
Nutzen aus den Ergebnissen ziehen
Einen systematischen Prozess zum Ableiten von
gezielten Maßnahmen aus den Ergebnissen führen 40 Prozent der Befragten durch; vier Prozent leiten nach eigener Angabe keine systematischen Verbesserungsmaßnahmen aus den
Ergebnissen ab. Personalbereich und Geschäftsführung sind nicht nur bei der Durchführung der
Mitarbeiterbefragung federführend, sie sind auch
die Treiber im Verbesserungsprozess. Bemerkenswert ist, dass trotz des gestiegenen Stellenwertes des Humankapitals ein Erfolgscontrolling im Verbesserungsprozess nur von 43 Prozent
der Befragten umfassend vorgenommen wird.
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Personalführung
Nutzen von Mitarbeiterbefragungen
Verbesserung des Betriebsklimas
Verbesserung der Ablauforganisation/ internen Prozesse
15
Erhöhung der Mitarbeitermotivation
Konsequente Umsetzung kontinuierlicher Verbesserungen
Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit
Erhöhung des Mitarbeiterengagements
27
11
58
40
15
49
40
11
44
47
15
42
47
18
Erhöhung der Mitarbeiterloyalität/-bindung
24
Mehr Service-Qualität für unsere Kunden
37
44
37
42
29
Gezielte Mitarbeiterqualifikation
33
40
38
Erreichen von Gewinnsteigerungen
31
38
50
24
36
14
Erreichen von Kosteneinsparungen
58
33
9
Erreichen von Umsatzsteigerungen
57
34
9
Der Nutzen ist nach Meinung der Befragten:
sehr gering/gering
teils-teils
hoch/sehr hoch
Abbildung: Mitarbeiterbefragungen sind unter zwei Bedingungen ein fortschrittliches und zugleich wirkungsvolles Instrument des HRM: Wenn aussagefähig gemessen wird und wenn auf der Basis der Ergebnisse ein effizienter Verbesserungsprozess konsequent gesteuert und umgesetzt wird. Sonst erfüllen sie nur eine Alibi-Funktion zeitgemäßer Personalführung. (Quelle: Professor Dr. Armin Töpfer; Forschungsgruppe Management + Marketing, Kassel)
In der Bewertung des Nutzens von Mitarbeiterbefragungen gehen die
Meinungen auseinander. Von allen Anwenderunternehmen bewerten
35 Prozent den Nutzen als sehr hoch oder hoch und 55 Prozent als teilweise hoch; zwölf Prozent schätzen ihn gering oder sehr gering ein.
Eine differenzierte Auswertung (t-Test) zeigt, dass Unternehmen,
die den Nutzen mit hoch/sehr hoch bewerten, signifikant häufiger systematisch Verbesserungen aus den Ergebnissen ableiten und
den Erfolg der Verbesserungsmaßnahmen bedeutend öfter umfassend messen und steuern als Unternehmen, die den Nutzen
mit gering/sehr gering bewerten.
Der größte Nutzen ergibt sich aus Sicht der Befragten bei der Verbesserung des Betriebsklimas sowie der Ablauforganisation und
der internen Prozesse (vergleiche Abbildung), also bei weichen
und harten Erfolgsfaktoren. Ein nur geringer oder sehr geringer
Nutzen wird zum Erreichen von Kosteneinsparungen oder Umsatzund Gewinnsteigerungen gesehen.
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Wenig genutzt: Kombination von Mitarbeiterund Kundenbefragung
Die Integration der Mitarbeiterbefragungen in die bestehenden
Management- und Führungsinstrumente hat im Vergleich zu 1999
zugenommen. Bei 72 Prozent der befragten Unternehmen sind die
Ergebnisse der Mitarbeiterbefragungen in die bestehenden Führungs- und Steuerungsinstrumente eingebunden, 1999 waren es
66 Prozent.
Synergien von Mitarbeiter- und Kundenbefragungen im Verbesserungsmanagement werden allerdings immer noch selten genutzt.
Lediglich neun Prozent der Befragten führen Mitarbeiterbefragungen in Verbindung mit Kundenbefragungen durch, wobei wiederum nur bei jedem Vierten die Ergebnisse beider Analysen auch inhaltlich miteinander in Beziehung gesetzt werden. Dabei erhöht gerade diese Verknüpfung den Wert der Befragungen und Ergebnisse
und dann auch den Nutzen durch gezielte Verbesserungen.
Autor
Professor Dr. Armin Töpfer
leitet den Lehrstuhl für Marktorientierte Unternehmensführung
an der TU-Dresden,
[email protected]
Autor
Frank Opitz
ist Projektleiter der Forschungsgruppe Management +
Marketing und Berater der M+M
Consulting GmbH in Kassel,
[email protected]
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