Der Nutzen von Magnetoenzephalographie und funktioneller

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Nervenarzt
2002 · 73:155–161 © Springer-Verlag 2002
Originalien
O. Ganslandt1,2 · R. Fahlbusch1,2 · H. Kober1,2 · J. Gralla1 · C. Nimsky1,2
1 Neurochirurgische Klinik,Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
2 Neurozentrum,Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Der Nutzen von Magnetoenzephalographie und funktioneller
Neuronavigation bei der Planung
und Operation von Hirntumoren
Zusammenfassung
Die Magnetoenzephalographie (MEG) wird
in den nervenärztlichen Fächern vor allem
für Grundlagenforschung, für die Epilepsiediagnostik und für die Lokalisation funktioneller Hirnareale benutzt.Die funktionelle
Lokalisationsdiagnostik hat sich zu einer
wichtigen klinischen Anwendung des MEG
entwickelt, die dem Neurologen und dem
Neurochirurgen Entscheidungshilfen bei der
Indikationsstellung, Planung und Durchführung einer Operation geben kann.Die Integration dieser Daten in moderne Operationsverfahren wie die Neuronavigation kann
dazu beitragen, dass postoperative neurologische Defizite vermieden werden können.
Insbesondere bei niedergradigen Gliomen
ist die Entscheidung zur Operation besonders verantwortungsvoll, da eine zeitliche
Verlängerung bis zum Auftreten eines
Rezidivs nur bei makroskopisch kompletter
Resektion erreicht werden kann.Eine neurologische Verschlechterung bedeutet für diese Patienten ein hohe Einbuße an Lebensqualität.Der folgende Beitrag berichtet über
unsere Erfahrungen beim Einsatz des MEG,
kombiniert mit Neuronavigation bei der
Behandlung von Hirntumoren in der Nähe
funktionell wichtiger Hirnareale.
Schlüsselwörter
Magnetoenzephalographie ·
Neuronavigation · Funktionelle Bildgebung ·
Gliome
D
ie Magnetoenzephalographie misst
die elektrische Ströme begleitenden
schwachen Magnetfeldveränderungen
außerhalb des menschlichen Kopfes mit
Hilfe von Biomagnetometern. Die Unterschiede zum EEG liegen in der fehlenden Verzerrung der Magnetfelder beim
Weg durch Gewebe mit unterschiedlichen Impedanzeigenschaften und somit
der Möglichkeit einer hohen räumlichen
und zeitlichen Auflösung der Biosignale
ohne zeitaufwändige Berücksichtigung
der Volumenleitergeometrie. Im Vergleich zum EEG ist das MEG für radiale
Stromquellen blind, da diese an der
Kopfoberfläche keine Magnetfeldveränderungen ergeben. Da das MEG kein
bildgebendes Verfahren ist, werden die
Quellenlokalisationen üblicherweise mit
einem Magnetresonanztomographie
(MRT)-Datensatz fusioniert, daher wird
diese Methode im angloamerikanischen
Sprachgebrauch auch „Magnetic Source
Imaging“ (MSI) genannt. Mit dieser Methode sind Quellenlokalisationen exakt
auf die individuelle Anatomie des Patienten übertragbar. So ist es möglich,
auch bei Veränderungen von bekannten
anatomischen Strukturen, z. B. im Falle
eines Hirntumors durch eine Raumforderung oder Ödem, die Lage und den
Bezug zur MEG-Quellen-Lokalisation
und damit zu den gesuchten Funktionsarealen zu erhalten. Gegenwärtig gibt es
in Deutschland 16 BiomagnetismusStandorte, die auf höchstem internationalen Niveau Beiträge zu Forschung und
Klinik leisten. Genannt seien hier Arbei-
ten zur Organisation des somatomotorischen Kortex [1, 2], zur Schmerzverarbeitung [3, 4], zur kortikalen Repräsentation des auditorischen Kortex [5], Magnetoneurographie [6] und Epilepsie [7,
8]. Links zu den einzelnen Zentren finden sich auch unter der Internetseite:
http://www.rrze.uni-erlangen.de/nkaep/
group_en.htm. Eine Übersicht über weitere klinische Anwendungen des MEG
ist in [9] beschrieben.
Die oben erwähnten Möglichkeiten
einer guten räumlichen Lokalisation der
intrakraniellen Stromquellen wurden
erstmals 1993 dazu benutzt, das MEG zur
prächirurgischen Diagnostik einzusetzen [10]. Bereits vorher gab es Möglichkeiten für eine funktionelle Bildgebung
mit den nuklearmedizinisch-metabolischen Verfahren der Single Photon
Emission Tomography (SPECT) [11, 12]
und Positron Emission Tomography
(PET) [13, 14].Wegen der ungenügenden
räumlichen Auflösung, des apparativen
Aufwands und Problemen der Koregistrierung der metabolischen Daten mit
anatomischen MRT-Datensätzen fanden
beide Verfahren jedoch nur vereinzelt
Anwendung. Mit der Einführung des
BOLD-Kontrasts durch Ogawa 1990 [15]
Diese Arbeit ist Herrn Prof.Dr.Jürgen Vieth
gewidmet.
Dr. O. Ganslandt
Neurochirurgische Klinik der Universität
Erlangen-Nürnberg, Schwabachanlage 6,
91054 Erlangen
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Nervenarzt
2002 · 73:155–161 © Springer-Verlag 2002
O. Ganslandt · R. Fahlbusch · H. Kober
J. Gralla · C. Nimsky
On the utility of magnetoencephalography and functional neuronavigation
in the planning and treatment of brain
tumours
Summary
The role of magnetoencephalography (MEG)
in neurology has been established for basic
research, epilepsy, and functional brain mapping.The presurgical localization of functionally important brain areas has evolved as an
important application of MEG.Both neurologists and neurosurgeons can use this
method for decision-making and planning
of nonsurgical or surgical treatment in brain
tumors.The integration of functional brain
mapping data into neuronavigation systems
may help to minimize postoperative morbidity.This is especially important in low-grade
gliomas, in which a potential benefit of
surgery is only achieved when the tumor has
been resected completely, whereas neurological deterioration means a substantial
loss of quality of life during the survival time.
This report addresses the utility of MEG combined with neuronavigation in the treatment
of brain tumors adjacent to eloquent brain
areas.
Keywords
Magnetoencephalography ·
Neuronavigation · Functional brain mapping ·
Glioma
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Originalien
war es dann auch möglich, nichtinvasive
Studien über die Koppplung von regionaler Durchblutung und neuronaler
Aktivität mit der sog. funktionellen
Magnetresonanztomographie (fMRT)
durchzuführen. Diese Methode wird in
der präoperativen Diagnostik zur Lokalisation der Zentralregion genutzt und
für neurochirurgische Operationen in
einigen Zentren bereits eingesetzt [16].
Bis Mitte der 90er Jahre wurde im klinischen Alltag aber hauptsächlich indirekt, nämlich über anatomische Landmarken, der Bezug eines Hirntumors
zum motorischen Kortex definiert [17,
18]. Die Anwendung dieser Methode ist
allerdings erschwert, wenn die Anatomie
oder die Hirnfurchen durch Massenverlagerung oder Ödem verstrichen sind.
Oftmals konnte man dann erst intraoperativ durch somatosensorisch evozierte
Potenziale (sog. „Phasenumkehr“) feststellen, das große Teile des motorischen
Kortex durch den Tumor erfasst waren
und sich eine weitere Operation daher
verbat, wollte man den Patienten nicht
schwer schädigen [19]. Durch die Lokalisation von somatosensorisch evozierten Feldern (SEF) mit dem MEG kann
der Gyrus postcentralis und damit der
Bezug einer Raumforderung zum motorischen Kortex durch ein relativ einfaches Verfahren bereits im Vorfeld einer
geplanten Operation visualisiert werden. Mehrere MEG-Studien haben gezeigt, dass in den ersten 60 ms nach Stimulusbeginn nur der kontralaterale primäre sensorische Kortex (SI) aktiv ist
und mit dem Ein-Dipol-Quellen-Model
lokalisiert werden kann [20, 21]. Die klinische Genauigkeit der SEF-Lokalisationen wurden in mehreren Studien bestätigt, bei denen die SEF-Lokalisationen
intraoperativ mit somatosensibel evozierten Potenzialen verglichen wurden
[10, 22]. Mit der Einführung der Neuronavigation in den neurochirurgischen
OP Mitte der 90er Jahre war es dem
Operateur nun erstmals möglich, den
virtuellen Raum des Bilddatensatzes mit
dem physikalischen Raum des Operationsgebietes zu verknüpfen und die Position von Instrumenten im stereotaktischen Raum in Echtzeit zu verfolgen
[23]. Die zusätzliche Einbindung der
MEG-Daten in den Bilddatensatz der
Neuronavigation ermöglichte, dass der
Operateur durch das Verfolgen eines
Zeigeinstruments (Pointer) oder durch
die Einspiegelung von segmentierten
Bilddaten in das Operationsmikroskop
nun in wenigen Sekunden funktionelle
Hirnareale identifizieren konnte. Die
Verknüpfung von funktionellen Bilddaten mit der Neuronavigation wird auch
als funktionelle Neuronavigation bezeichnet.
Im Folgenden soll ein Überblick
über die Rolle des MEG zur prächirurgischen Therapieplanung und intraoperativen Lokalisationsdiagnostik mit
Neuronavigation gegeben werden.
Patienten und Methodik
Seit 1993 haben wir insgesamt bei 210
Patienten im Alter von 4–86 Jahren (Mittel=45,2) mit Tumoren in der Nähe
funktionell wichtiger Hirnareale 318
MEG-Untersuchungen durchgeführt.
Dabei handelte es sich sich um 74 niedriggradige Gliome, 70 höhergradige
Gliome, 33 Meningeome, 20 Metastasen
und 13 andere Raumforderungen. In den
ausschließlich konservativ behandelten
Fällen wurde die Diagnose Anhand des
neuroradiologischen Befundes gestellt.
Die MEG-Messsungen wurden mit
einem 2×37-Kanal-Biomagnetometer
(MAGNES II, Biomagnetic Technologies
Inc, San Diego, CA, USA) mit Gradiometern 1. Ordnung über einer kreisförmigen Messfläche mit einem Durchmesser
von 14 cm in einer magnetischen Abschirmkammer (Vakuumschmelze, Hanau) durchgeführt. Die Koregistrierung
der Koordinaten des Patientenkopfes
mit den MRT-Datensätzen erfolgte über
eine Oberflächenregistrierung der elektromagnetisch digitalisierten Kopfoberfläche (IsotrakTM 3D-digitizer, Polhemus
Navigation Sciences, Colchester, Vermont, USA) und einer 3D-Rekonstruktion der Kopfoberfläche aus dem MRTDatensatz. Dieses Contour-fit-Verfahren
hat einen Messfehler von unter 2 mm
[24]. Wir benutzten ein Kugelmodell als
Volumenleiter, was in den meisten Fällen ausreichend ist [25]. Die MEG-Quellenlokalisationen wurden mit dem EinDipol-Modell durchgeführt. In den Fällen, wo keine gute Übereinstimmung
von berechneter und gemessener Magnetfeldverteilung von >0,95 erzielt
wurde und bei der Sprachlokalisation,
wurde eine Stromdichterekonstruktion
(CLSF: Current Localization by Spatial
Filtering) angewandt [26]. Die MEG-Lokalisationen wurden mit MRT-Datensätzen (SIEMENS Magnetom Open, Erlan-
gen, 0,2 T; 3-D-FLASH [Fast Low Angle
Shot] Schichtstapel: 168 mm, Schichtdicke: 1,5 mm, TR: 16 ms, TE: 7 ms, FOV:
250 mm, oder SIEMENS Magnetom
Symphony 1,5 T; MPRAGE [Magnetization Prepared Rapid Acquisition Gradient
Echo], TE: 4,3 ms, TR: 11,08 ms, FlipWinkel: 15°, Schichtstapel: 180 mm, 120
Schichten, FOV: 250 mm, Matrix:
256×256) über das selbst entwickelte
Contour-fit-Verfahren koregistriert.
Je nach Bezug des Tumors zu den
funktionellen Hirnarealen wurden folgende Modalitäten untersucht:
Somatosensorisch evozierte Felder
(SEF)
Es wurden 200 taktile Reize mit einem
pneumatischen Stimulator an Daumen,
Zeigefinger und kleinem Finger kontralateral zur Läsion gegeben (Interstimulus-Intervall 1 s).
Die Reizantworten wurden über einen Zeitraum von 150 ms vor und 550 ms
nach dem Stimulus gemittelt, die Abtastrate betrug 1041,7 Hz (Frequenzbreite:
1–200 Hz). Die Quellenanalyse erfolgte
mit dem Ein-Dipol-Quellen-Modell für
die Welle P35m, zwischen 30 und 40 ms
nach Stimulusbeginn. Während dieses
Zeitraums wird nur der primäre somatosensorische Kortex erregt und kann
mit dem Ein-Dipol-Quellen-Modell gut
lokalisiert werden [20].
Motorisch evozierte Felder (MEF)
Bei den MEF-Messungen mussten die
Patienten repetitive Beugungen des kontralateralen Zeigefingers durchführen,
wobei das gleichzeitig abgeleitete Oberflächen-EMG des M. flexor digitorum
superficialis bei der Nachverarbeitung
als Trigger benutzt wurde. Die MEGRohdaten wurden in einer Zeit von 600 s
kontinuierlich aufgenommen (Abtastfrequenz: 520,8 Hz, Frequenzbereich:
0,1–200 Hz). Nach der manuellen Inspektion der Daten wurden üblicherweise 120 artefaktfreie MEF-Epochen in einem Zeitraum von 2 s vor und 1 s nach
Bewegungsbeginn gemittelt.
Zur Vermeidung von Bewegungsartefakten wurde der Kopf des Patienten
in einem Vakuumkissen fixiert. In einem
Zeitfenster von 100 ms von Stimulus- bis
zum Bewegungsbeginn wurde die gemittelte MEF-Antwort mit dem EinDipol-Quellen-Modell lokalisiert.
Nur Dipolquellen mit einer Korrelation von >0,95 zwischen theoretischem und gemessenem Magnetfeld
wurden akzeptiert. In den Fällen, in denen wir keine zuverlässigen Lokalisationen mit dem Ein-Dipol-Quellen-Modell
erzielten, wurde eine Stromdichterekonstruktion (CLSF: Current Localization
by Spatial Filtering) angewendet.
Visuell evozierte Felder (VEF)
Visuell evozierte Felder wurden mit einem Schachbrettreiz mit einer Dauer
von 500 ms und einem Interstimulusintervall von 1 s gemessen. Die Reize wurden als Halbfeldstimulation kontralateral zur Läsion präsentiert. Typische VEF
wurden im Bereich des Sulcus calcarinus bei der Welle M100 (100 ms nach Stimulus) gefunden [27].
Sprachlokalisation mit dem MEG
Vor der eigentlichen MEG-Messung
wurden alle Patienten mit dem Edinburgh Handedness Inventory in Bezug
auf die Hemisphärendominaz untersucht [28]. Die Datenaufnahme erfolgte
gleichzeitig über beiden Hemisphären
mit 2×37 Kanälen.
Während der ersten Messung wurden einsilbige Piktogramme konkreter
Objekte (z. B. Haus, Baum...) auf eine
Mattscheibe projiziert. Die Aufgabe der
Patienten bestand darin, diese Piktogramme im Geist zu benennen. In einem zweiten Durchgang mussten die
Patienten einsilbige Worte im Geist lesen. Je 300 bedeutsame Stimuli wurden
zufällig mit 150 bedeutungslosen Stimuli für 800 ms und variablem Inter-
stimulusintervall (von 2281–2781 ms)
präsentiert.
Die bedeutungslosen Stimuli bestanden beim Benennungstest aus verzerrten arabischen Zeichen und beim
Lesetest aus Linienfiguren. Das MEG
wurde von Augenartefakten und EKGArtefakten bereinigt und mit 50 Hz gefiltert. In einigen Fällen wurde eine Signalverbesserung durch Subtraktion der
bedeutungslosen von den bedeutsamen
Stimuli erzielt [29]. Diejenigen Latenzen
mit klarer dipolarer Feldverteilung wurden anschließend manuell für jeden gemittelten Datensatz markiert. Bei der
Quellenanalyse benutzten wir sowohl
das Ein-Dipol-Quellen-Modell, als auch
die CLSF, die es ermöglicht, mehrere simultan aktive Quellen zu lokalisieren
[30]. Durch den Vergleich der CLSFStromstärken (S) der sprachaktivierten
Quellen beider Hemisphären wurde für
jeden Patienten ein Lateralitätsindex
(LI) berechnet. Dafür wurden die Aktivitätsmaxima des Wernicke- und BrocaAreals und die der homologen kontralateralen Areale verwendet:
LI=(links Smax–rechts Smax)/
(links Smax+rechts Smax)
Wobei der LI Werte zwischen –1 to +1
einnehmen kann. Ein positiver LI-Wert
zeigt eine Dominaz für die linke, ein negativer LI-Wert eine Dominanz für die
rechte Hemisphäre an [31].
Ergebnisse
Von Juni 1993 bis Mai 2001 wurden 210
Patienten mit intrakraniellen Tumoren
in der Nähe funktionell wichtiger Hirn-
Tabelle 1
MEG-Lokalisationsdiagnostik und Operation von Hirntumorena
Gesamt
Mit funktioneller Navigation
Konventionelle Operation
Keine Operation
SEF
MEF
VEF
Sprach-MEG
157
98
27
32
89
49
9
31
5
5
0
0
67
30
5
32
a Insgesamt wurden bei 210 Patienten mit Tumoren im Bereich funktionell wichtiger Hirnareale 318 MEGUntersuchungen zur Lokalisationsdiagnostik durchgeführt. Bei einigen Patienten wurden mehrere
Modalitäten gleichzeitig untersucht. Davon wurde ein Teil mit Hilfe der funktionellen Navigation und
ein Teil konventionell operiert. Eine Reihe von Patienten wurde aufgrund der durch die MEG-Diagnostik
zu erwartenden neurologischen Ausfälle nicht operiert. MEG Magnetoenzephalographie,
SEF somatosensorisch evozierten Feldern, MEF motorisch evozierte Felder, VEF visuell evozierte Felder
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Tabelle 2
Erfolgsrate der MEG-Lokalisationsdiagnostik bei allen bisher
untersuchten Patienten (auch ohne Hirntumoren)
Patienten
SEF
170
95
5
68
68
97%
MEF
VEF
Broca
Wernicke
90%
100%
90%
95%
MEG Magnetoenzephalographie, SEF somatosensorisch evozierten Feldern,
MEF motorisch evozierte Felder, VEF visuell evozierte Felder
areale mit dem MEG untersucht (Tabelle 1). Insgesamt wurden 318 MEG-Untersuchungen durchgeführt, da bei einigen
Patienten mehrere Modalitäten gemessen wurden. Die Auswertung erfolgte in
den meisten Fällen innerhalb von 1–2
Tagen. Die Erfolgsrate der Lokalisationsdiagnostik, d. h. der erfolgreich gemessenen Signale, die zu einem plausiblen
Lokalisationergebnis führten, ist in Tabelle 2 aufgeführt. Untersuchungen des
sensomotorischen Kortex erfolgten bei
157 Patienten. Die Validierung der gemessenen MEG-Lokalisation wurde bei
insgesamt 80 Patienten intraoperativ
mit Hilfe somatosensibel evozierter Potenziale („Phasenumkehr“ über dem Sulcus centralis) durchgeführt. Hierbei
konnte die MEG-Lokalisation des Gyrus
prae- und postcentralis in jedem Fall bestätigt werden. Im Mittel lag die Differenz zwischen dem Ort der Phasenumkehr auf dem Kortex und dem auf die
Oberfläche projizierten SEF-Dipol bei
5,9 mm [22]. In einer weiteren Vergleichstudie wurden fMRT-Lokalisationen des
sensorischen und motorischen Kortex
mit den SEF- und MEF-Lokalisationen
verglichen. Hierbei konnte bei 34 untersuchten Patienten ebenfalls in jedem Fall
eine Übereinstimmung des lokalisierten
Gyrus festgestellt werden.Allerdings lag
die Differenz zwischen MEG-SEF und
SEA (die mit dem fMRT bestimmte
„sensorisch evozierte Aktivität“) bis zu
15 mm und beim Vergleich der MEGMEF Lokalisation des primären motorischen Kortex mit der MEA (die fMRTbestimmte „motorisch evozierte Aktivität“) bei bis zu 10 mm [32].
In einer laufenden Studie mit dem
Zentrum für Epilepsiediagnostik Erlangen wurden die Lokalisationen von spra-
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chevozierter MEG-Aktivität bei bisher 5
Patienten überprüft, bei denen zur invasiven Epilepsiediagnostik subdurale
Plattenelektroden implantiert worden
waren. Nach Implantation der Plattenelektroden, die jeweils das Broca- oder
Wernicke-Areal teilweise abdeckten (die
Elektroden wurden nach epilepsiediagnostischen Gesichtspunkten implantiert), wurde eine Sprachuntersuchung
mit elektrischer Stimulation durchgeführt. Bei diesen Fällen konnte eine
Übereinstimmung zwischen MEG-Lokalisation und stimulationbedingtem
Sprachausfall nachgewiesen werden
(Daten bisher noch nicht publiziert).
In einem Fall wurde die Lokalisation des Broca-Areals mit einer PET-Studie am gleichen Patienten überprüft.
Hierbei zeigte sich in beiden Untersuchungen eine Verlagerung des motorischen Sprachzentrums nach posteriorsuperior durch einen großes raumforderndes Gliom.
Die Lokalisation des visuellen Kortex erfolgte bei 5 Patienten mit Tumoren
im Bereich der primären Sehrinde.
Sprachmessungen wurden bei insgesamt 67 Patienten durchgeführt, 30 Patienten mit Tumoren im Bereich des lin-
ken Frontal- und Temporallappens wurden mit Hilfe funktioneller Neuronavigation operiert. Insgesamt wurden 128
Patienten mit Hilfe der MEG-Informationen und funktioneller Neuronavigation operiert. Bei insgesamt 55 Patienten
wurde aufgrund des MEG-Befunds von
einer operativen Therapie abgesehen.
Bei diesen Patienten hatte die MEG-Diagnostik gezeigt, dass der Tumor bereits
signifikant funktionellen Kortex infiltriert hatte und eine operative Behandlung daher nicht in Frage kam. In diesem
Fall wurde der Tumor bei Fehlen neurologischer Defizite beobachtet, bei radiologischer Größenprogredienz stereotaktisch biopsiert und bestrahlt.
Die postoperativen Ergebnisse von
155 operierten Patienten sind in Tabelle 3
zusammengefasst.Allerdings wurden 27
Patienten ohne funktionelle Neuronavigation operiert, da einige Operateure damals mit der Methode noch nicht vertraut waren und es vorzogen, die Operation konventionell durchzuführen. Mit
zunehmender Erfahrung wurden dann
alle Patienten nur noch mit Hilfe der
funktionellen Navigation operiert
(Abb. 1, 2).
Diskussion
Die Entscheidung zur Operation eines
Hirntumors erfolgt oftmals interdisziplinär zwischen Neurologen und Neurochirurgen, nachdem die präoperative
bildgebende Diagnostik erfolgt ist. Die
Stellung einer Operationsindikation ist
bei intrakraniellen Tumoren und insbesondere bei niedergradigen Gliomen besonders verantwortungsvoll, da die Gefahr bleibender neurologischer Defizite
selbst heute noch etwa bei 20% liegt und
somit nicht vernachlässigbar ist [33, 34].
Einige technische Methoden haben in
den letzten Jahren allerdings entscheidend zur Verbesserung von Diagnostik
Tabelle 3
Neurologische Ergebnisse der operierten Patienten mit präoperativer MEG-Untersuchung
Gebessert
Unverändert
Verschlechtert
Operierte Patienten
(N=155)
Ohne Neuronavigation
(N=27)
Mit Neuronavigation
(N=128)
42 (27,1%)
105 (67,7%)
8 (5,2%)
7 (26%)
15 (55,5%)
5 (18,5%)
35 (27,3%)
90 (70,3%)
3 (2,4%)
Abb.1 Links: Der Blick durch das Navigationsmikroskop auf den Kortex eines 61-jährigen Patienten
mit einer präzentral gelegenen Metastase eines Bronchialkarzinoms. Dargestellt sind Tumorkontur
und funktionelle Marker für den motorischen Kortex (MEF) und den Gyrus postcentralis (SEF).
Das Fadenkreuz bestimmt den Autofokus. Rechts: Dargestellt ist das korrespondierende reformatierte MRT der Neuronavigations-Workstation, wobei das große Kreuz (Ende der gestrichelten Linie)
dem Fadenkreuz des Autofokus auf dem linken Bild entspricht
und operativer Therapie bei Hirntumoren beigetragen. Dazu zählt die Neuronavigation [23], die intraoperative Bildgebung [35] und die Möglichkeit funktioneller prä- und intraoperativer Lokalisationsdiagnostik [36]. Die Methode
der Magnetoenzephalographie erfüllt
die Ansprüche an eine besonders hohe
räumliche Auflösung in einem Bereich
von 3–5 mm [37]. Im Vergleich zu einem
anderen Verfahren zur funktionellen Lokalisationsdiagnostik, der funktionellen
Magnetresonanztomographie (fMRT)
haben eigene Studien und bereits publizierte Daten ergeben, dass die Lokalisation des sensomotorischen Kortex zwischen MEG und fMRT bis zu 15 mm und
im Extremfall sogar um 40 mm voneinander abweichen, was im ungünstigsten
Fall eine Fehllokalisation um einen
Gyrus bedeuten könnte [38, 39]. In einer
Studie von Ball und Mitarbeitern [40],
die bei Probanden Bewegungsuntersuchungen mit hochauflösendem EEG und
fMRT durchgeführt hatten, wurden die
gleichen Differenzen von Bewegungsaktivierung zwischen EEG und fMRT gefunden wie bei unserem Vergleich von
MEG und fMRT, der einen Unterschied
von 9,5 mm ergab. Ähnliche Ergebnisse
fanden auch Stippich und Mitarbeiter
bei MEG-fMRT-Vergleichsuntersuchungen mit Probanden [41].
Trotzdem konnten in Vergleichsstudien sowohl MEG als auch fMRT den
motorischen Kortex zuverlässig identifizieren.Während das MEG direkte neu-
ronale Aktivtät erfasst, wird beim fMRT
die Veränderung der Sauerstoffsättigung
im Blut gemessen und somit Durchblutungsphänomene, die nicht unbedingt
am gleichen Ort, wie die neuronale Aktivität stattfinden müssen. Insbesondere da das fMRT-BOLD-Signal nicht nur
aktivierten Kortex, sondern auch venöse Drainage anzeigt [42], ist es manchmal schwierig, zwischen diesen beiden
Zuständen zu unterscheiden. Eine kürzlich durchgeführte fMRT-Studie von
Holodny und Mitarbeitern zeigte dementsprechend auch signifikante Unter-
schiede kortikaler Aktivierung bei höhergradigen Tumoren, die auf eine Änderung der Autoregulation der Tumorgefäße zurückgeführt wurde [43]. Während die Lokalisation des motorischen
Kortex sowohl mit fMRT als auch mit
dem MEG in der präoperativen Diagnostik inzwischen in der Routine angewendet werden kann, ist die Lokalisation
von Spracharealen mit beiden Methoden noch in der Untersuchungsphase.
Hier fehlen noch vergleichende Untersuchungen zu den Unterschieden kortikaler Aktivierungsmuster bei MEG und
fMRT. Wir haben in unseren MEG-Untersuchungen bei 30 Patienten mit Tumoren im Bereich des frontotemporalen
linksseitigen Kortex Sprach-MEG intraoperativ mit Neuronavigation eingesetzt, ohne dass es zu einer Verschlechterung der Sprachfunktion gekommen ist.
Systematischere Untersuchungen im
Vergleich mit fMRT sind geplant. Weiterhin fehlen auch Vergleiche mit intraoperativer Elektrokortikographie am
wachen Patienten, die allerdings nur in
bestimmten Zentren möglich sind. Die
bisherigen Ergebnisse bei 5 Epilepsiepatienten, bei denen eine präoperative
Elektrokortikographie mit Plattenelektroden durchgeführt wurde, zeigte eine
Übereinstimmung der MEG-evozierten
Sprachaktivität mit den Sprachuntersuchungen mit elektrischer Stimulation.
Unserer Erfahrung nach nimmt das
MEG eine wichtige Rolle bei der präoperativen Abklärung von Hirntumoren in
Abb.2 Links: Präoperatives, diagnostisches MRT eines Glioblastoms bei einer 32-jährigen Patientin
mit kontrastmittelanreichernder Läsion im Bereich des linken motorischen Kortex. Die rasche
Progredienz des Tumors bei fehlendem Nachweis pathologischer Gefäßproliferation machte eine
Tumorbiopsie erforderlich. Rechts: Der intraoperative Blick durch das Navigationsmikroskop zeigt,
dass der MEF-Marker den motorischen Kortex im Tumor markiert. Eine radikale Resektion kam daher
bei dem zentral gelegenen Tumor nicht in Frage
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der Nähe funktionell wichtiger Hirnareale ein, die im Augenblick durch kein
anderes Verfahren ersetzt werden kann.
In einigen Fällen ist die Entscheidung zu
einer nichtchirurgischen Therapie oder
einer Biopsie für die Lebensqualität des
einzelnen Patienten günstiger als eine
Operation mit bleibenden neurologischen Defiziten. Hier kann das MEG
wichtige Entscheidungsgrundlage sein.
Im Falle einer Operation können die
MEG-Lokalisationen im Rahmen einer
funktionellen Neuronavigation dem
Operateur bei der Orientierung über die
funktionelle Anatomie helfen und damit
entscheidend zur Senkung der Morbidität beitragen. Die funktionelle Neuronavigation wird in Zukunft durch multimodale funktionelle Daten aus fMRT,
PET und MRT ergänzt werden und somit sowohl funktionelle, als auch metabolische Informationen im OP-Situs visualisieren. Neue Möglichkeiten zur
Darstellung von Faserverbindungen im
Bereich der weißen Substanz mit Hilfe
Diffusions- und tensorgewichteter Bildgebung mit echoplanarer Kernspintomographie [44] werden im Augenblick untersucht. Die Visualisierung dieser Daten
im OP wird in Zukunft helfen, auch die
absteigenden Bahnen zu schonen.
Bei unseren Ergebnissen zeigt der
Vergleich mit einer Gruppe von Patienten, die aus verschiedenen Gründen
nach Durchführung des MEG konventionell, das heißt ohne funktionelle Neuronavigation, operiert worden sind, dass
diese eine deutlich höhere postoperative
Morbidität aufwies. Ob diese Ergebnisse tatsächlich signifikant schlechter
sind, kann momentan aufgrund der
noch zu kleinen Fallzahl und der Tatsache, dass die Operateure in der konventionellen Gruppe andere waren, als in
der Gruppe mit funktioneller Navigation, noch nicht beurteilt werden.
Zusammengefasst glauben wir, dass
die Lokalisation funktionell wichtiger
Hirnareale mit der Magnetoenzephalographie in schwierigen Fällen die Indikationsstellung und Planung einer Operation erleichtert. Wegen der hohen Anschaffungs- und Unterhaltskosten einer
Biomagnetismusanlage wird sich diese
Methode allerdings nicht als Routineanwendung durchsetzen. In wieweit das
fMRT hier komplementär eingesetzt
werden kann, werden weitere Vergleichsstudien zeigen.
160 |
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Kornhuber HH
Alkohol - Auch der „normale” Konsum
schadet
Verlag: Medizin und Wissen. Ca. 70 Seiten
Der von Herrn Prof. H. Kornhuber, ehem. Ordinarius für Neurologie der Universität Ulm vorgelegte schmale Band, ist kein Lehrbuch zu Alkohol
und seinen Folgeschäden, eher eine, allerdings
lesenswerte Streitschrift, wie schon der Klappentext verrät, mit der These, dass auch der „normale” Alkoholkonsum der Gesundheit schade. Kornhuber meint, dass auch der „normale” Alkoholkonsum zu „Niedrig-Dosis-Abhängigkeit”, Insulinresistenz, Bluthochdruck, Angiopathie, Krebs und
Übersterblichkeit bei Männern führt.
Der schon auf der ersten Seite vertretene
Hypothese der „Niedrig-Dosis-Abhängigkeit” von
Alkohol kann aus klinischer Sicht nicht zugestimmt werden.Was mit dem Begriff klinisch
gemeint wird, wird auch nach vertiefender Textexegese nicht klar. Kornhuber hat hier offensichtlich eine psychische Abhängigkeit ohne Toleranz
und Dosissteigerung im Sinn, bemüht sich aber
nicht weiter, den Begriff operational einzugrenzen. Lapidar wird festgestellt: „Die Hartnäckigkeit
der Niedrig-Dosis-Abhängigkeit ruft Summierung
der Schäden über lange Zeit hervor.”
Weiter unten wird Kornhuber noch prononcierter: „Unsere psychiatrischen Lehrbücher (mit
Ausnahme der neuen Auflage des neuen Buches
von Gert Huber) verschweigen die Niedrigdosisabhängigkeit beim Alkohol, obgleich sie bei den
Benzodiazepinen gelehrt wird”. Bei letzteren sind
aber bei Niedrigdosisabhängigkeit hartnäckige
Entzugserscheinungen bis hin zu Entzugspsychosen beschrieben worden. Für den Alkohol fehlen solche Befunde.
Nach dieser kontroversen Einführung gewinnt der z.T. essay-artig gehaltene Band, der
ohne weitere Kapitelunterschriften oder Unterteilungen zu lesen ist an Fahrt. Kornhuber analysiert und berichtet über eigene Daten zum Einfluß vom Alkohol auf verschiedene körperliche
Folgeschäden. Er beschreibt den Einfluss von
Alkohol auf den Blutdruck,Veränderungen auf
die Leber mit Veränderungen zum Beispiel der
Gamma-Glutamyl-Transferase, wobei er gängige
Normwerte anzweifelt und meint, dass eine normale Gamma-GT nicht bis 28 sondern nur bis 10
geht, er schildert den Einfluss von Alkohol auf die
Adipositas mit Veränderungen des Fettstoff- und
Insulinstoffwechsels.Weiter wird die Bedeutung
für Herzinfarktrisiko, Hirngefäße und andere körperliche Störungen dargestellt. Kornhuber zitiert
Arbeiten, nachdem die Gesamtmortalität bereits
bei kleinen Alkoholdosen ansteigt und diskutiert
das sogenannte französische Paradox, das tatsächlich in der, vor allem internistischen Alkoholforschung eine große Rolle gespielt hat (hoher
Rotwein- und Fettkonsum in Südfrankreich, trotzdem relativ niedriges Herzinfarktrisiko), was er
nicht auf die „Mittelmeerdiät” sondern auch
genetische Faktoren zurückführt. Dieser Punkt ist
in der Literatur sehr kontrovers. Es sei darauf hingewiesen, dass z.B. Singer und Teyssen in einer
kürzlichen Übersicht für das Deutsche Ärzteblatt
„Alkohol-assoziierte Organschäden” ganz andere
Befunde vertraten und eine U-Form der Mortalitätskurve in Abhängigkeit vom Alkoholkonsum
(höhere Mortalität bei Abstinenten als bei niedrigem Konsum, dann wieder aufsteigend mit
höherem Konsum) darstellten. Ausführungen zur
Gesamtmortalität verschiedener Bevölkerungsgruppen und die Bedeutung von Alkohol- und
Nikotinkonsum runden das Buch von Kornhuber
inhaltlich ab, das mit über 200 Literaturstellen
auch reichhaltig mit Referenzen unterlegt ist.
Eine kurze Zusammenfassung: Letzten Endes mag
ich dem Autor, wie wahrscheinlich viele andere
Suchtforscher mit seinem postulierten „Niedrigdosisabhängigkeits”-Konzept nicht folgen, stimme dem Autor aber zu, dass die gesundheitlichen
Folgen von Alkohol für die Gesamtbevölkerung
immer noch weit unterschätzt werden. Kornhuber fordert eine deutliche Beschränkung des
Alkoholkonsums und schlussfolgert „Alkohol ist
nicht ein Nahrungsmittel für jeden Tag, sondern
allenfalls eine legalisierte Rauschdroge für eine
seltene feierliche Stunde, höchstens (wie bei
Skandinaviern und Juden) etwas in geringer
Dosis für einen Abend zum Wochenende. Sparen
wir beim destruktiven Konsum, so werden wir
fähiger unsere Zukunftsaufgaben zu lösen..:”
Seine Thesen stehen zur Diskussion.
M. Soyka (München)
Der Nervenarzt 2•2002
| 161
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