Technische Universität Berlin Wintersemester 2003/2004 Fakultät II; Institut für Mathematik V. Mehrmann, T. Stykel Lineare Algebra II Lösung der Klausuraufgaben von 19.02.2004 Aufgabe 1: Definiere die Begriffe adjungiert“, selbstadjungiert“ und normal“ in Bezug auf Abbildungen. ” ” ” Lösung: Sei V ein euklidischer (unitärer) Vektorraum. 1. Sei f : V −→ V ein Endomorphismus. Ein Endomorphismus f ad : V −→ V heißt adjungiert zu f , falls hf ad (v), wi = hv, f (w)i für alle v, w ∈ V . 2. Ein Endomorphismus f : V −→ V heißt selbstadjungiert, falls hf (v), wi = hv, f (w)i für alle v, w ∈ V . 3. Ein Endomorphismus f : V −→ V heißt normal, falls f ◦ f ad = f ad ◦ f . Aufgabe 2: Definiere die Begriffe algebraische Vielfachheit“ und geometrische Vielfachheit“. ” ” Lösung: Sei V ein endlichdimensionaler Vektorraum über dem Körper K. Sei f : V −→ V ein Endomorphismus und sei λ ∈ K ein Eigenwert von f . 1. Die Dimension des Eigenraums Eλ = Kern(λ idV − f ) zum Eigenwert λ heißt geometrische Vielfachheit von λ. 2. Die größte Zahl a(λ), so dass (x − λ)a(λ) ein Teiler des charakteristischen Polynoms von f ist, heißt algebraische Vielfachheit von λ. Aufgabe 3: Kreuze jeweils an, ob die Aussage wahr oder falsch ist. Seien dazu A, B ∈ Rn,n . wahr (a) Sind A und B ähnlich, so haben A und B dasselbe charakteristische Polynom und dasselbe Minimalpolynom. (b) Haben A und B dasselbe charakteristische Polynom und dasselbe Minimalpolynom, so sind A und B ähnlich. (c) Die Matrizen AB und BA haben dieselben Eigenvektoren. (d) Die Matrizen AB und BA haben dieselben Eigenwerte. falsch Lösung: (a) ist wahr. (b) ist falsch. Z.B. 1 0 A= 0 0 1 1 0 0 0 0 1 0 0 0 , 1 1 1 0 B= 0 0 1 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 Es gilt PA (x) = (x − 1)4 = PB (x), mA (x) = (x − 1)2 = mB (x), aber die Matrizen A und B sind nicht ähnlich. 2 1 2 0 (c) ist falsch. Z.B. A = , B= . −1 0 −1 1 4 2 3 1 . Eigenwerte von C1 und C2 sind λ1 = 1, und C2 = BA = Seien C1 = AB = −3 −1 −2 0 λ2 = 2. Eigenräume von C1 sind gegeben durch t t E1 (C1) = , t∈R , E2 (C1) = , t∈R 2t −t und Eigenräume von C2 sind E1 (C2) = t 3/2t , t∈R , E2 (C2) = t −t , t∈R , also E1 (C1) 6= E1 (C2 ) und E2 (C1) = E2 (C2 ). (d) ist wahr (Satz 13.14). Aufgabe 4: Sei V ein Vektorraum über dem Körper R. Seien B1 und B2 Orthonormalbasen von V mit der Basisübergangsmatrix P , d.h., B2 = B1 P . Kreuze die richtigen Aussagen an. (Mehrfachaussagen sind möglich!) a) Sei f : V → V ein Endomorphismus. Ist F1 die Matrixdarstellung von f bezüglich B1 und F2 die Matrixdarstellung von f bezüglich B2 , so ist F 2 = P T F1 P ; F1 = P −1 F2 P ; F1 = P F 2 P T ; F2 = P F1 P −1 . b) Sei α : V × V → K eine Bilinearform. Ist A1 die Matrixdarstellung von α bezüglich B1 und A2 die Matrixdarstellung von α bezüglich B2 , so ist A1 = P A 2 P T ; A2 = P −1 A1 P ; A2 = P A 1 P T . A1 = P −1 A2 P ; Lösung: Da B1 und B2 Orthonormalbasen sind, ist die Basisübergangsmatrix P orthogonal. Dann ist P −1 = P T . a) b) Aufgabe 5: Sind die folgenden Aussagen (immer) wahr oder (i.A.) falsch? wahr (a) Falls A eine reelle Matrix ist, so ist A + iI invertierbar. (b) Falls A eine Hermite’sche Matrix ist, so ist A + iI invertierbar. (c) Falls A eine unitäre Matrix ist, so ist A + iI invertierbar. (d) Falls A eine normale Matrix ist, so ist A + iI invertierbar. falsch Lösung: (a) ist falsch. Z.B. ist A = (b) 0 1 −1 0 reell, aber A + iI = i 1 −1 i ist nichtinvertierbar. ist wahr. (Hermite’sche Matrix A hat nur reelle Eigenwerte, also Eigenwerte von A+iI sind λ = a+i 6= 0 mit a ∈ R. Damit ist A + iI invertierbar.) 0 1 i 1 (c) ist falsch. Z.B. ist A = unitär, aber A + iI = ist nichtinvertierbar. −1 0 −1 i 0 1 i 1 (d) ist falsch. Z.B. ist A = normal, aber A + iI = ist nichtinvertierbar. −1 0 −1 i Aufgabe 6: (Bewertet wird hier nur das Ergebnis, nicht der Rechenweg. Man kann also versuchen, mit so wenig Rechnen wie möglich auszukommen!) Gegeben seien die reellen 3 × 3-Matrizen 6 −2 −10 0 −1 0 6 −8 −16 6 16 , 0 0 , 6 10 . A = −8 P = −1 B = P AP = −2 6 −3 −11 0 0 1 3 −6 −11 T T T Es sei bekannt, dass v1 = 2 0 1 , v2 = 1 −1 1 und v3 = 1 2 0 Eigenvektoren der Matrix A sind. Gib die Eigenvektoren von B an: h h iT iT iT h , w2 = , w3 = . w1 = Lösung: Da P eine orthogonale Matrix ist, gilt P −1 = P T = P , also B = P −1 AP , d.h. A und B sind ähnlich und die Eigenvektoren von B sind 0 1 −2 w1 = P v1 = −2 , w2 = P v2 = −1 , w3 = P v3 = −1 . 1 1 0 Aufgabe 7: Seien f, g ∈ R3 −→ R Homomorphismen gegeben durch f ([x1 , x2 , x3 ]T ) = 3x1 + 2x2 + x3 und g([x1 , x2 , x3 ]T ) = x1 + 2x2 + 3x3 . a) Zeige, dass die Abbildung α : R3 × R3 −→ R mit α(x, y) = f (x)g(y) eine Bilinearform ist. b) Bestimme die Matrixdarstellung von α bezüglich der kanonischen Basis von R3 . Lösung: a) (i) ∀ x 1 , x2 , y ∈ R 3 α(x1 + x2 , y) = f (x1 + x2 )g(y) = (f (x1 ) + f (x2 )) g(y) = f (x1 )g(y) + f (x2 )g(y) = α(x1 , y) + α(x2 , y); 3 (ii) ∀ x, y ∈ R , λ ∈ R α(λx, y) = f (λx)g(y) = λf (x)g(y) = λα(x, y); (iii) ∀ x, y1 , y2 ∈ R3 α(x, y1 + y2 ) = f (x)g(y1 + y2 ) = f (x) (g(y1 ) + g(y2 )) = f (x)g(y1 ) + f (x)g(y2 ) = α(x, y1 ) + α(x, y2 ); (iv) 3 ∀ x, y ∈ R , λ ∈ R α(x, λy) = f (x)g(λy) = λf (x)g(y) = λα(x, y); b) Die Matrixdarstellung von α bezüglich der kanonischen Basis von R3 hat die Form 1 3 2 1 A = 2 [3 2 1] = 6 4 2 . 3 9 6 3 Aufgabe 8: Sei V ein endlichdimensionaler Vektorraum über dem Körper K, sowie f : V → V ein Endomorphismus. Zeige: Hat f 2 + f einen Eigenwert −1, so hat f 3 einen Eigenwert 1. Lösung: f 2 + f hat einen Eigenwert −1 ⇒ ⇒ ⇒ : (f 2 + f )(v) = −v ⇒ (f 2 + f + idV )(v) = 0 f (f 2 + f + idV ) (v) = (f 3 + f 2 + f )(v) = 0 ∃ v ∈ V, v 6= 0 f 3 (v) = − (f 2 + f )(v) = v | {z } −v ⇒ f 3 hat einen Eigenwert −1. Aufgabe 9: Sei A ∈ Cn,n eine Matrix, so dass A = −AH . Zeige: a) A ist normal. b) Alle Eigenwerte von A haben Realteil Null. Lösung: a) AAH = −AH AH = AH A ⇒ A ist normal b) Sei v ∈ Cn \ {0} ein Eigenvektor von A zum Eigenwert λ ∈ C. ⇒ hAv, vi = λhv, vi und hAv, vi = hv, AH vi = −hv, Avi = −λ̄hv, vi ⇒ λ = −λ̄ ⇒ Re(λ) = 0. Aufgabe 10: Zeige: Jede invertierbare Matrix A ∈ Rn,n ist darstellbar als Produkt A = U S einer orthogonalen Matrix U ∈ Rn,n und einer symmetrischen, positiv definiten Matrix S ∈ Rn,n . Lösung: Sei A = P ΣQT Singulärwertzerlegung von A, wobei P und Q orthogonal sind und Σ = diag(σ1 , . . . , σn ) ist reell, nichtsingulär. ⇒ A = P QT QΣQT = U S mit U = P QT , S = QΣQT ⇒ ⇒ U T U = QP T P QT = QQT = I, d.h., U – orthogonal S T = QΣQT = S und ∀ v ∈ Rn \ {0} hSv, vi = hQΣQTv, vi = hΣQTv, QTvi = σ1 v12 + · · · + σn vn2 > 0 mit [v1 , . . . , vn ]T = QTv ⇒ S – symmetrisch, positiv definit.