Die „Ohrkarriere“ Ohrentzündungen bei Hund und Katze Ohrenentzündung bei Hund und Katze Immer wieder kommt es vor, dass Tiere trotz intensiver Behandlung nicht von ihrer Ohrentzündung genesen. Über Monate und gar Jahre wird an der Krankheit herumlaboriert, ohne dass sich Erfolge einstellen und die Ohrentzündung sich dauerhaft bessert. Immer und immer wieder wird das Ohr gereinigt und behandelt, es werden diese und jene Tabletten gegeben, was auch kurzfristig hilft. Aber so bald die Medikamente nicht mehr wirken, ist alles so schlimm wie vorher. Irgendwann wirken auch die Medikamente nicht mehr... Die häufigste Ohrerkrankung bei Hund und Katze ist die Otitis externa (Gehörgangsentzündung oder „Ohrenzwang“), unter der nach Schätzungen bis zu 25% aller Hunde und 5-8% der Katzen leiden. Anfangs sind die Symptome wie Juckreiz, Unruhe, häufiges Kratzen der Ohren und dauerndes Kopfschütteln eher lästig für Tier und Mensch. Hieraus kann sich schnell eine schmerzhafte Krankheit entwickeln, die weiter in das Innere des Ohres vordringt und das Allgemeinbefinden des Tieres stark beeinträchtigt. Wie es zu einer Ohrentzündung kommen kann, welche Faktoren diese begünstigen und welche Gefahren bei Nicht- oder nachlässiger Behandlung drohen, erläutert dieser Beitrag. Eingehen werde ich auch auf Maßnahmen, mit denen Tierhalter die Heilung unterstützen können. Ein praktischer Fall macht deutlich, wie klassische Homöopathie bei einer Ohrenentzündung dem Tier helfen kann. Wie äußert sich eine Gehörgangsentzündung? Zunächst wird Ihnen vielleicht auffallen, dass Ihr Tier häufiger den Kopf schüttelt, sich die Ohren intensiver kratzt, eventuell den Kopf über den Boden schiebt. Ein oder beide Ohren können bei Berührung empfindlich sein, manchmal ist dem Hund oder der Katze die Massage des Ohres aufgrund des bestehenden Juckreizes sehr angenehm, sie drücken oft geradezu mit der kranken Seite gegen die kraulende Hand. Die Tiere bekommen Ohrenschmerzen, in schlimmeren Fällen kann das Allgemeinbefinden gestört sein (Appetitlosigkeit, Schlappheit, Fieber). Der Geruch der Ohren ist meist verändert (ein gesundes Hunde-/ Katzenohr riecht wie ein frisch gebadetes Kleinkind), sie sehen innen schmutziger aus und häufig ist Ausfluss vorhanden. Manchmal hört man auch schmatzende Geräusche wenn man das entzündete Ohr knetet. Wie kommt es zu einer Otitis externa (Gehörgangsentzündung, „Ohrenzwang“)? Begünstigende Faktoren Die Anatomie mancher Hundeohren, beispielsweise Hängeohren beim Labrador oder Cockerspaniel, enge Ohrkanäle beim Shar Pei, stark behaarte Ohrkanäle bei West Highland White Terrier oder beim Pudel kann durch die damit verbundene schlechtere Belüftung ein feucht-warmes Milieu im Ohr erzeugen, das besonders anfällig für Entzündungen und übermäßigen Milben- oder Hefenbefall macht. Diese anatomischen Besonderheiten einiger Hunderassen wurden vom Menschen angezüchtet; in der natürlichen Evolution hätten sich diese Merkmale aus 29 tierhomöopathie Ausgabe II/2010 Ohrenentzündung bei Hund und Katze nachvollziehbaren Gründen nicht durchgesetzt. Denken wir allein daran, wie leicht fliegende Schlappohren bei Rangordnungskämpfen und bei der Jagd auf Beutetiere verletzt werden könnten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Tier mit Schlappohren unbedingt an einer Ohrentzündung erkranken muss. Andererseits gibt es auch für ein Tier mit natürlichen Stehohren keine Garantie, dass es vom Ohrenzwang verschont bleibt. Verschlimmernde Behandlung Einige Hunderassen produzieren übermäßig Cerumen (Ohrenschmalz), welches die Ohren immer schmutzig aussehen lässt und Brutstätte für Bakterien und Hefepilze sein kann. Wird darauf hin das Ohr mit aggressiven Mitteln gereinigt, schädigt man die empfindliche Haut des Ohres. Vor dem bei der Behandlung von (Ohr-) Entzündungen sehr beliebten Teebaumöl möchten wir an dieser Stelle dringend warnen: Teebaumöl ist ein Kontaktallergen, beim Kontakt mit diesem Stoff kann die Haut oder Schleimhaut mit einer Entzündung als Abwehrmaßnahme reagieren. Durch die Wärme im Ohr kann diese Reaktion verstärkt werden. Selbst wenn ein Lebewesen das Öl anfangs gut verträgt, so steigert sich doch im Verlauf von mehrmaligen und häufigen Behandlungen die Empfindlichkeit hierauf. Auch auf Spülungen mit Kamille reagieren manche Tiere allergisch. 30 Kritisch müssen ebenso die routinemäßige Anwendung von den gängigen Kombinationspräparaten aus Antibiotikum, Antiparasitikum, Cortison und pilzabtötendem Mittel zur äußerlichen Behandlung des Ohres gesehen werden. Sie können zwar kurzfristig die Beschwerden lindern, langfristig tierhomöopathie Ausgabe II/2010 zerstören sie jedoch die ohnehin schon beeinträchtigte Hautflora und schwächen das Immunsystem. (Zu Ohrmilben, Malassezien, Cortison, Antibiotika siehe auch tierhomöopathie Themenheft 2008 „Juckreiz“) Generell ist es hilfreich, möglichst zurückhaltend mit Ohrspülungen und Ohrreinigungen zu sein. All diese Mittel bringen Feuchtigkeit ins Ohr, die, wenn dieses nicht ausreichend abtrocknen kann, ein hervorragendes warm-feuchtes Klima für Hefepilze und Bakterien bereitet. Allenfalls isotonische Kochsalzlösung mit einigen Tropfen Calendula-Tinktur kann zur Beruhigung der Ohrinnenhaut verwendet werden, wobei ein restloses Abtrocknen gewährleistet sein muss. Darüber hinaus und um die Selbstreinigungskraft der Ohren zu erhalten, sollten Absonderungen lediglich mit einem weichen Lappen regelmäßig entfernt werden. Eine tiefergehende Reinigung z.B. mittels Ohrstäbchen kann zur Folge haben, dass das Cerumen immer tiefer ins Ohr geschoben wird und Entzündungen tiefer im Ohr verursacht. Auch das bei manchen Hunderassen praktizierte Herauszupfen der Haare aus dem Ohrkanal kann zu Verletzungen und Entzündungen der Haut und der Haarbälge führen. Manchmal wird behauptet, dass es notwendig ist, bei starker Behaarung der Gehörgänge z.B. beim Pudel, diese Haare regelmäßig zu zupfen. Durch diese kontinuierliche Behandlung wird die empfindliche Ohrinnenhaut sehr stark gereizt mit allen beschriebenen Konsequenzen wie Entzündung usw.. Eine Alternative zum schmerzhaften Haarezupfen ist die häufige Kontrolle des Ohres und das vorsichtige Herausschneiden eventuell verschmutzter und verklebter Haare. Ohrenentzündung bei Hund und Katze Ernährung Der wichtigste Faktor, der eine Ohrentzündung zum Positiven, aber auch zum Negativen beeinflussen kann, ist die Ernährung des Tieres. Getreidereiches Futter - in Trockenfutter ist meist besonders viel Getreide enthalten – hat negative Auswirkungen auch auf die Ohrgesundheit. Betrachten wir doch einmal, wie sich Fleischfresser (=Carnivoren) in freier Wildbahn ernähren: Hauptbestandteil ihrer Nahrung ist das Fleisch der Beutetiere, dass roh verzehrt wird. Dabei fressen sie das Beutetier bis auf die großen Knochen, den größten Teil von Haut und Fell und einen Teil des Verdauungsapparates. Hierdurch werden Fleischfresser mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt. Darüber hinaus fressen sie Obst und Pflanzen, aber auch den Kot von Pflanzenfressern. Getreide in größeren Mengen, wie es in nahezu allen Fertigfuttern für Hund und Katze enthalten ist, fressen Carnivoren nicht. Von Natur aus brauchen Hund und Katze die im Getreide enthaltenen Kohlehydrate nicht, denn Fleisch liefert ausreichend Energie in Form von Eiweiß und Fett. Pickel bekommen, so trägt Zucker bei Hund und Katze unter anderem zu Ohrentzündungen bei. Warum also soll ich meinem Tier Dinge füttern, die es einerseits nicht braucht, andererseits nicht verwerten kann und die ihm darüber hinaus noch schaden können? Verursacher der Ohrenzündungen Allergische Reaktionen Unmittelbar verantwortlich für die Ohrentzündung sind in erster Linie allergische Hautprobleme (Futtermittelallergie, Umweltallergien wie z.B. auf Pollen, Hausstaubmilben u.a., Arzneimittelallergien). Hier spielt wieder die Getreidefütterung eine besonders nachteilige Rolle. Einerseits fördert Getreide die Bereitschaft zu Allergien, da es eine Entzündungsneigung hervorruft. Andererseits reagieren Fleischfresser übermäßig häufig allergisch unmittelbar auf das Getreide, besonders auf Weizen. Auch Soja, das in sehr vielen Futtermitteln enthalten ist, ist ein starkes Allergen für Hunde und Katzen. Fremdkörper im Ohr Da Hund und Katze den Verdauungstrakt eines Fleischfressers haben, können sie das mit der Nahrung zugeführte Getreide gar nicht vollständig verwerten, so dass dieses den gesamten Organismus des Tieres belastet. Darüber hinaus besteht Getreide überwiegend aus Kohlehydraten, diese werden bei der Verdauung in Zucker umgewandelt. Zucker wiederum ist im Organismus ein guter Nährboden für Bakterien und (Hefe-)Pilze. Die normalerweise im Ohr vorhandenen Pilze und Bakterien vermehren sich auf diesem für sie günstigen Milieu übermäßig und es entstehen langwierige Entzündungen. So wie Menschen bei übermäßigem Genuss von Süßigkeiten Fremdkörper wie Grannen und grober Dreck können eine heftige Reaktion auslösen. Gerade junge und aktive Hunde bekommen beim Toben auf Wiesen die Samen von Gräsern ins Ohr, die sich mit ihren Spitzen leicht in die empfindliche Haut des Ohres einhaken können. Wenn Ihr Hund also direkt nach dem Ausflug auf die Hundewiese sich plötzlich verdächtig oft ein Ohr kratzt, den Kopf schüttelt oder schief hält, liegt der Verdacht nahe, dass etwas ins Ohr gekommen ist, was ihn juckt. So schnell wie möglich muss der Fremdkörper vom Tierarzt entfernt werden, damit es nicht erst zu heftigeren Entzündungen kommt. 31 tierhomöopathie Ausgabe II/2010 Ohrenentzündung bei Hund und Katze Malassezien oder Bakterien leichtes Spiel, sich unkontrolliert zu vermehren und auszubreiten. Malassezien Die Natur bringt keine Schlappohren hervor. 32 Ohrmilben Bereits auf wenige Ohrmilben (Otodectes cynotis) reagiert die empfindliche Ohrinnenhaut mit Juckreiz. Ohrmilben werden hauptsächlich durch den direkten Kontakt zwischen den Tieren übertragen, vor allem junge Katzen mit geschwächtem Immunsystem, die häufig mit engem Körperkontakt und manchmal auch unter schlechten Bedingungen leben, werden massiv befallen. Ohrmilben leben fast ausschließlich in den Ohren von Säugetieren. Sie ernähren sich von Blut, Gewebsflüssigkeit und Hautpartikeln. Bei starkem Befall sind sie auch außerhalb des Ohres zu finden. Charakteristisch für den Befall mit Ohrmilben ist krümeliges rötlich-schwarz-braunes Sekret im äußeren Gehörgang, das an Kaffeesatz erinnert. Das Ohr reagiert auf den Entzündungsreiz zunächst mit vermehrter Sekretion von Ohrenschmalz, das durch bakterielle Zersetzung zu übelstem Geruch führt. Auf der durch Entzündungen bereits vorgeschädigten Ohrinnenhaut haben nun z.B. tierhomöopathie Ausgabe II/2010 Malassezien sind Hefepilze, die sich auch bei gesunden Hunden und Katzen auf der Haut oder im Ohr nachweisen lassen. Durch ein gut funktionierendes Immunsystem des Tieres, eine artgerechte Ernährung und das intakte Milieu im Ohr werden diese im Gleichgewicht gehalten und können nicht überhand nehmen. Ein geschwächtes Immunsystem und/oder eine vorgeschädigte Haut können den Beeinträchtigungen wenig entgegensetzen. Unter diesen für sie günstigen Umständen vermehren sich Malassezien rasant und lösen immer heftigere Entzündungen aus. Begünstigt wird diese Vermehrung durch das Vorhandensein von Zucker. Wir alle kennen den Effekt bei der Haushalts-Backhefe, dass durch Zugabe von Zucker der Hefeteig besser aufgeht. Ist in der Nahrung von Hund und Katze Getreide enthalten, werden die hierin vorhandenen Kohlehydrate in Zucker umgewandelt, dieser „füttert“ die Malassezien, so dass ihre Vermehrung wie beim Hefeteig noch weiter beschleunigt wird. Ein weiterer, die Hefepilze begünstigender Faktor ist eine fettige Haut. Tiere, die vermehrt Talg produzieren, tragen hier also ein erhöhtes Befallrisiko. Auch hier kann die konsequente Vermeidung von Getreide in der Ernährung vorbeugen. Abflusstörungen durch Verdickungen oder Wucherungen der Ohrinnenhaut Manchmal gibt es auch Ohrentzündungen, die bereits seit Jahren bestehen, mal mehr, mal weniger. Die Ohrenschmerzen kommen und gehen, nichts hilft so richtig. Die (homöopathische) Behandlung schlägt Ohrenentzündung bei Hund und Katze kurzfristig an, dann hilft wieder gar nichts mehr. In diesem Fall besteht der Verdacht, dass es durch den ständigen Entzündungsreiz zur Verdickung und zu Wucherungen der Ohrinnenhaut gekommen ist, die den normalerweise vorhandenen Abfluss des Ohrsekrets behindern und sogar zu einem völligen Verschluss der Ohröffnung führen können. Das Ohr kann seine Reinigung nicht mehr selbst übernehmen, Eiter und Ohrenschmalz stauen sich in der Tiefe vor dem Trommelfell und führen zu erheblichen Schmerzen. Im schlimmsten Fall kann das Trommelfell einreißen und der Entzündungsprozess auf Mittel- und Innenohr (Mittelohrentzündung = Otitis media) übergreifen, wo er eine schwere Allgemeinerkrankung mit Fieber und Gleichgewichtsstörungen nach sich zieht. In diesem Fall sollten Sie eine gründliche tierärztliche Untersuchung in Anspruch nehmen. Ein kleiner operativer Eingriff, der selbstverständlich homöopathisch begleitet werden kann, ermöglicht, dass das Ohrsekret wieder abfließen kann. Erst danach kann die klassische Homöopathie richtig wirken und die Lebenskraft dabei unterstützen, den Reinigungsprozess des Ohres wieder selbst zu übernehmen. Welche tiermedizinischen Untersuchungen werden vorgenommen? Neben einer detaillierten Untersuchung mittels Otoskop (Ohrspiegel) des äußeren Gehörganges und inneren Ohres, z.B. auf Fremdkörper und Ohrmilben, werden Abstriche und Tupferproben genommen, um das Ohrsekret zu untersuchen. Bereits auf den ersten Eindruck hin gibt ein kaffeesatzähnliches, rot-braun-schwarz-krümeliges Sekret Hinweise auf Ohrmilben, während bräunlich-schmieriges Sekret mit ranzigem Fettgeruch auf den Befall mit Malassezien hinweist. Bakterielle Infektionen zeigen sich durch Eiter. Diese ersten Hinweise werden durch spezielle mikroskopische Untersuchungen bestätigt. Vermutet der Tierarzt Entzündungen und Veränderungen im inneren Ohr, so wird er weitergehende Untersuchungen empfehlen. Bildgebende Verfahren (Röntgen, Computertomographie usw. ) können weitere Hinweise geben, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist. Schulmedizinische Behandlung Die konventionelle schulmedizinische Behandlung besteht meist zunächst in einer innerlichen und äußerlichen Reinigung des Ohrs, dann werden lokal Entzündungshemmer und Antibiotika aufgetragen. In schwereren Fällen werden Antibiotika-Tabletten über einen bestimmten Zeitraum verordnet. Neben den oben schon angeführten Nachteilen der Antibiotika in Bezug auf Beeinträchtigung der natürlichen Hautflora und Schwächung der Immunabwehr führt die routinemäßige antibiotische Behandlung im chronischen Fall immer seltener zum Erfolg. Beispielsweise sind die häufig bei chronischen Ohrentzündungen vorkommenden Bakterien Pseudomonas bereits gegen viele Antibiotika resistent. Ganzheitliche und homöopathische Behandlung Für Tierbesitzer/innen selbst gibt es einige Möglichkeiten, die Ohrerkrankung ihres Hundes oder ihrer Katze zu vermeiden oder positiv zu beeinflussen. Ein erster und zwingend notwendiger Schritt ist die getreidefreie Ernährung. Nur so kann den Hefepilzen und Bakterien durch eine Sanierung des Ohrmilieus die Grundlage ihrer Ernährung und Vermehrung entzogen werden. 33 tierhomöopathie Ausgabe II/2010 Ohrenentzündung bei Hund und Katze Bitte beachten Sie: tierhomöopathie nennt in ihren vorgestellten Fällen die homöopathischen Mittel, die dem Tier gegeben wurden. Dies tun wir für Kollegen und interessierte Laien, die ihre eigenen Gedankengänge zu dem Fall überprüfen möchten. Wir bitten darum, zu bedenken, dass die Mittel nicht aufgrund der Diagnose, sondern anhand der gesamten Lebens- und Krankengeschichte (die wir nur zum Teil wiedergeben) ausgesucht wurden. Deshalb darf kein Rückschluss darauf gezogen werden, dass dasselbe Mittel bei einem anderen Tier mit ähnlicher Erkrankung oder Diagnose gegeben werden darf. Ein guter Tipp ist es, die Schlappohren des Hundes zwischendurch zu „belüften“: wenn der Hund ruht und nicht dem Zugwind ausgesetzt ist, können Tierbesitzer einfach immer mal wieder die Ohren auf den Kopf klappen, damit der Gehörgang Luft bekommt. So können manchmal beginnende Ohrentzündungen verhindert werden. In einigen Fällen ist bei Ohrentzündungen allerdings das vorübergehende Eingreifen mit Antimykotika (Mittel gegen Pilze) und Antiparasitika (gegen Parasiten z.B. Ohrmilben) notwendig. Häufig kommt das Immunsystem nicht allein gegen die Vermehrungsquote der Parasiten und Hefen an. Voraussetzung für den Behandlungserfolg ist das Ausschalten der „unterhaltenden Ursachen“ (siehe Kasten). Wie die erfolgreiche Behandlung einer Ohrentzündung funktionieren kann, zeigt der nachfolgende Fall: Beispielfall Dino Dino ist ein zweijähriger Pudel, der trotz seines jungen Alters schon mitten in einer „Ohrkarriere“ steckt. Er hatte schon als Welpe immer „Ohr“, die Besitzerin hat lange Zeit immer wieder mit einem Medikament vom Tierarzt die Ohren gereinigt. Das Ohrproblem wurde hierdurch nicht besser. Seit 2 Monaten wird Dino mit zwei Kräuterpräparaten für den Darm „entgiftet“, zusätzlich bekommt er Komplexmittel aus verschiedenen homöopathischen Substanzen für die Nieren und die Leber. Diese Mittel haben nicht nur keine Besserung gebracht, sondern die Ohrentzündung ist eher schlimmer geworden. Dino hat nun 34 tierhomöopathie Ausgabe II/2010 auch Hautprobleme, sein Allgemeinbefinden wird immer schlechter. Für mich als Behandlerin ist es schwierig, in dieser Situation herauszufinden, welche Beschwerden von der „Entgiftung“ kommen und welche Symptome zur Krankheit gehören. Uns bleibt daher keine andere Wahl, als alle Medikamente abzusetzen und 3 Wochen abzuwarten. Erst dann kann die wirkliche Krankheit behandelt werden. Zur Erleichterung in der Zwischenzeit werden Ohren und Haut mit Calendula-Lösung behandelt, um die Entzündungen in Schach zu halten. Die vollständige Erstanamnese wird 3 Wochen später durchgeführt, da geht es Dino schon ein wenig besser. Die Haut ist fast abgeheilt, die Ohrentzündung besteht nach wie vor, ist aber minimal besser geworden. Bei der Untersuchung der Ohren zeigt sich, dass diese zum Glück nicht bis in die Tiefe entzündet sind; es sind bräunliche, schmierige Absonderungen von Ohrenschmalz festzustellen. Eine Untersuchung auf Malassezien wird erst mal nicht durchgeführt, da ohnehin auch beim gesunden Hund Malassezien auf der Haut und im Ohr vorhanden sind, ohne dass sie Beschwerden verursachen. Mit Unterstützung der Homöopathie soll Dino die eventuell übermäßig vorhandenen Malassezien selbst in den Griff bekommen. Dino hat manchmal Ohrenschmerzen, diese werden oft besser, wenn die Besitzerin ihn tröstet und sich um ihn kümmert. Generell ist er sehr verschmust und holt sich seine Streicheleinheiten auf aufdringlichnette Weise. Dino lebt zusammen mit einem sehr lebhaften Mischlingsrüden. Anfangs hat er diesen akzeptiert, da die Besitzerin häu- Ohrenentzündung bei Hund und Katze figer „Gasthunde“ aus dem Tierschutz aufgenommen hatte, die dann schnell weitervermittelt wurden. Als Dino merkte, dass der andere Hund dauerhaft blieb, hatte er auf einmal keine Lust mehr zum Spazierengehen. Mit der Besitzerin allein geht er nach wie vor sehr gern spazieren. Auffällig ist weiterhin, dass Dino erst mit 18 Monaten die Sexualität „entdeckt“ hat, er ist ein Spätentwickler. Außerdem ist er sehr empfindlich, sowohl was falsche Ernährung (bestimmte Gemüse verträgt er nicht) als auch äußerlichen Einfluss von schädlichen Substanzen betrifft. Einmal ist er auf einem Feld durch Gülle gelaufen, da haben sich seine Pfoten sofort zwischen den Zehen entzündet. Dino wird mit rohem Fleisch, Obst und Gemüse, Kartoffeln und ab und an ein wenig Hüttenkäse oder Joghurt ernährt. Aufgrund der Ohrsymptome und seiner auffälligen Verhaltensweise bekommt Dino das homöopathische Arzneimittel Pulsatilla. Nach drei Wochen berichtet die Besitzerin, dass die Haut komplett abgeheilt ist, dass Dino kaum noch Ohrprobleme hat. Von seinem Gemüt und Allgemeinbefinden her ist er viel besser drauf und akzeptiert den zweiten Hund besser. Er freut sich jetzt sogar, wenn es zum gemeinsamen Spaziergang los geht. Mit dem homöopathischen Mittel ist die Ohrentzündung bisher gut im Griff, wenn leichte Ohrsymptome auftreten, gibt die Besitzerin in Absprache mit mir wieder eine Gabe Pulsatilla. Bei Dino können wir davon ausgehen, dass aufgrund seiner rassetypischen Ohren und den stark behaarten Ohrkanälen eine gewisse Neigung zu Ohrentzündungen bleiben wird. Daher wird die Ohrentzündung wahrscheinlich zwischendurch auch immer mal wieder aufflackern, aber mit Hilfe des richtigen homöopathischen Mittels nicht wieder schlimmer werden. Außerdem hat Dino Glück, dass seine Besitzerin ihn von Anfang an gesund und vor allem ohne Getreide ernährt hat. Vielleicht ist ihm so Schlimmeres erspart geblieben. Erkrankungen als Folge der Ohrentzündung Von klein an schlecht belüftete Öhrchen: Schlappohren gelten als „süß“ und werden bei zahlreichen Rassen gezüchtet. Othämatom (Blutohr, Blutgeschwulst) Wie es der Name schon sagt (Otós = griechisch für Ohr, Hämatom = Bluterguss,) ist das Othämatom eine Blutansammlung zwischen der Knorpelschicht und Haut des Ohres oder innerhalb des Ohrknorpels. Dieses entsteht, ähnlich einem „blauen Fleck“, durch Traumen, vor allem bei langohrigen Hunden meist durch heftiges Schütteln des Kopfes. Manchmal ist eine Punktion des Ohres nicht zu vermeiden. Aber auch hier unterstützen homöopathische Mittel die komplikationslose Heilung. 35 tierhomöopathie Ausgabe II/2010 Ohrenentzündung bei Hund und Katze und sogar eine Heilung der Krankheit zu bewirken. In vielen Fällen haben die Tiere schon einen langen Weg durch verschiedene Behandlungen und (Tierarzt-)Praxen hinter sich. Nicht nur bei den Ohrerkrankungen ist die Umstellung auf eine artgerechte und vor allem getreidefreie Ernährung ein Muss, damit die konsequente und geduldige homöopathische Behandlung zum Erfolg führt. 5 Argumente für getreidefreie Ernährung von Hund und Katze Pferde haben nur äußerst selten Otitiden. Erfahrene Hundehalter wissen, dass diesem Kopfschütteln meist die oben beschriebene Otitis externa zugrunde liegt. Daher wird deutlich, dass wir zwar zunächst die akute Verletzung behandeln, dann aber die zugrunde liegende Erkrankung heilen müssen. Offene Ohrspitzen Bei Hunden mit sehr zarten Schlappohren wie z.B. Windhunden und Cockerspaniel können sich durch heftiges Schütteln durch den Druck des Blutes die Ohrspitzen öffnen. Da sich der Hund immer wieder schütteln wird, ist sehr viel Geduld bei der Heilung erforderlich. Auch hier gilt es, die zugrunde liegende Ohrentzündung zu heilen, um diese Verletzungen gar nicht erst entstehen zu lassen. Fazit 36 Die klassische Homöopathie versetzt uns in die Lage, auch bei Ohrentzündungen eine Verbesserung des Gesundheitszustandes tierhomöopathie Ausgabe II/2010 Da die Zähne der Raubtiere Hund und Katze zum Reißen und Quetschen gebaut sind, und die Tiere keine Mahlzähne wie z.B. das Pferd haben, können sie Getreide nicht zerkauen. Zudem enthält ihr Speichel nicht ausreichend Enzyme, um größere Mengen Getreide anverdauen zu können. Daher sammeln sich im Hundeoder Katzenmaul bei getreidehaltiger Ernährung Bakterien, die dort nicht hingehören. Zahnfleischprobleme, Zahnbeläge und Zahnstein sind das Ergebnis. Getreide führt bei Hunden und Katzen häufig zu Unverträglichkeiten und Allergien. Allergien gehören mit zu den auslösenden Faktoren für Ohrentzündungen. Getreide besteht überwiegend aus Kohlehydraten; bei deren Verdauung entsteht Zucker. Zucker im Organismus ist ein guter Nährboden für Hefepilze und Bakterien. Getreide belastet die Leber, die Nieren und das gesamte Verdauungssystem. Der Darm ist Zentrum des Immunsystems, ist dieses geschwächt, Ohrenentzündung bei Hund und Katze so können die körpereigenen Abwehrkräfte nicht zur Heilung auch z.B. der Ohrentzündung beitragen. Bei Ohrerkrankungen sind dies hauptsächlich: Getreidehaltige Fütterung Getreidereiche Fütterung gilt mit als ein Auslöser für Gelenkerkrankungen und Arthrosen. Die unterhaltende Ursache Dr. med. Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, schreibt im Organon 6 der Heilkunst, der „Bibel“ der Homöopathie im § 252: „Fände man aber beim Gebrauche der übrigen Arzneien, dass in der chronischen Krankheit die bestens homöopathische gewählte Arznei, in der angemessenen (kleinsten) Gabe, die Besserung nicht förderte, so ist dieß ein gewisses Zeichen, dass die, die Krankheit unterhaltende Ursache noch fortwährt und dass sich in der Lebensordnung des Kranken oder in seinen Umgebungen, ein Umstand befindet, welcher abgeschaltet werden muß, wenn die Heilung dauerhaft zu Stande kommen soll.“ Äußerliche Behandlung und Reinigung der Ohren mit aggressiven Mitteln Verstopfung der Ohren durch Absonderungen und/oder Wucherungen und Verdickungen Schlechte Belüftung des Ohres Beim Auffinden und Abstellen dieser „Heilungshindernisse“ ist die Unterstützung durch die Tierhalter sehr wichtig. Bestehen diese unterhaltenden Ursachen weiterhin, so ist die Heilung nahezu unmöglich, egal ob schulmedizinisch oder homöopathisch. Kurzgefasst und in heutiger Sprache heißt das: Wenn ein Mittel homöopathisch gut gewählt ist und in der richtigen Gabe nicht heilt, so muss es andere Dinge im Umkreis des Kranken geben, die die Heilung verhindern. Um eine Krankheit heilen zu können ist es daher zwingend notwendig, die Umstände herauszufinden und zu vermeiden, die dazu beitragen, dass die Krankheit nicht heilen kann. Kristin Trede Kristin Trede, Jahrgang 1959, verheiratet z.Zt. 2 Katzen und 1 Pferd Tierheilpraktikerin in Stukenbrock (bei Bielefeld) seit 1999 mit den Schwerpunkten klassische Homöopathie und Akupunktur. www.kristin-trede.de tierhomöopathie Ausgabe II/2010