Das politische System der Vereinigten Staaten „Checks & Balances“ Die Unterzeichnung der Verfassung der Vereinigten Staaten mit George Washington, Benjamin Franklin und Alexander Hamilton (v. r. n. l. im Vordergrund), Gemälde von Howard Chandler Christy Das Verfassungssystem der USA Konkurrenz und Kontrolle der Machthaber „checks & balances“ Legislative, Exekutive und die Bundesstaaten haben jeweils eigene Interessen und Befugnisse. Sie kontrollieren sich gegenseitig und werden von der Wählerschaft, von Interessengruppen und ggf. vom Supreme Court kontrolliert. Eine wachsende gesellschaftliche Polarisierung erschwert Kompromisse. Verhinderung von Machtmissbrauch durch … 1. Temporale Machtkontrolle: Macht auf Zeit 2. Vertikale Machtkontrolle: föderale Struktur - Machtbefugnisse der Einzelstaaten und des Bundesstaates müssen in Einklang gebracht werden 3. Horizontale Machtkontrolle: Teilung der Gewalten in Legislative, Exekutive und Judikative Horizontale Gewaltenteilung Der zentrale Unterschied zw. dem US-amerikanischen (präsidentiellen) checks and balances-System und parlamentarischen Regierungssystemen wie dem der Republik Österreich liegt in der unterschiedlichen Beziehung zw. der Legislative und der Exekutive begründet. Vereinigte Staaten Präsidentielles System Österreich Parlamentarisches System Präsident wird direkt vom Volk gewählt eigene Legitimation Österreichische/r Kanzler/in wird mittelbar vom Parlament gewählt Strukturmerkmale parlamentarischer und präsidentieller Regierungssysteme Merkmal parlamentarisch (Ö) präsidentiell (USA) Legitimation nur Parlament direkt gewählt Präsident und Parlament mit jeweils eigener Legitimation Organisation der Gewaltenkontrolle Gewaltenverschränkung Trennung von Regierung und Parlament Politische Abberufbarkeit ja der Regierung nein (nur verfassungsrechtlich, impeachment) Parlamentsauflösungsrecht der Exekutive ja nein Regierungsamt und Parlamentsmandat vereinbar unvereinbar Partei- und Fraktionsdisziplin stark schwach Die Legislative Artikel 1, Absatz 1 der US-Bundesverfassung: „Die gesetzgebende Gewalt ruht im Kongress der Vereinigten Staaten, der aus einem Senat und einem Abgeordnetenhaus besteht.“ Der US-Kongress „Senatoren können Jahre auf dem Kapitol-Hügel zubringen, ohne je die andere Seite des Kapitols betreten zu haben – wenn es nicht die Reden des Präsidenten zur Lage der Nation (State of the Union) gäbe, zu der sich Senatoren und Abgeordnete im Plenum des größeren Abgeordnetenhauses versammeln. Es gäbe keinen anderen Grund, um in Ungnade zu fallen, als als Senator hinüber zum Abgeordnetenhaus zu gehen. Andererseits würde ein Abgeordneter aus Angst vor einer Demütigung nie wagen, die ehrwürdigen Hallen des Senats zu betreten.“ Christopher Matthews Repräsentantenhaus und Senat Repräsentantenhaus Senat „Unterhaus“ „Oberhaus“ Bekanntheitsgrad geringer (Wahlkreis) höher (Bundesstaat) Machtpotenzial niedriger höher Wahlen alle 2 Jahre alle 6 Jahre Die Verfassung zwingt Abgeordnete und Senatoren v.a. bei der Verabschiedung von Gesetzen zur Zusammenarbeit. • Intensiver Austausch der Mitarbeiterstäbe (congressional staff) • Vermittlungsausschuss zur Kompromissfindung (conference committee) Die Gesetzgebung im Kongress Unified and divided government Die unterschiedlichen Wahlzyklen des Präsidenten und des Kongresses ermöglichen eine weitere Facette der Machtkontrolle, nämlich eine „geteilte Regierung“. Unified government Divided government Jene Partei, die den Präsidenten stellt, verfügt über die Mehrheit im Kongress. Jene Partei, die den Präsidenten im Weißen Haus stellt, verfügt nicht über die Mehrheit im Kongress. Filibuster light Im Senat kann ein/e einzige/r Senator/in mit Dauerreden, einem sog. filibuster, den Geschäftsbetrieb aufhalten – solange ihm/ihr nicht eine qualifizierte Dreifünftelmehrheit von 60 Senatoren den Mund verbietet. Starke Stellung des US-Kongress Der Kongress hat im politischen System der USA, anders als die Legislative in parlamentarischen Regierungssystemen, allgemein eine sehr starke, institutionell fundierte Machtstellung gegenüber der Exekutive – insbesondere auch durch seine Aufsicht (oversight) und Organisationsgewalt gegenüber der Administration, dem Verwaltungsapparat des Präsidenten. Die Verwaltung der USA Der US-Präsident Die Macht des US-Präsidenten Die Macht des Präsidenten wird überschätzt. Er/sie ist konfrontiert mit … • … einer starken Opposition im Kongress • … schwachen Parteien, deren Führer im Kongress ihn/sie kaum unterstützen können • …einer unüberschaubaren Bürokratie, deren Mitglieder häufiger Gegner als Helfer sind • … offensiven Medien, die laufend den Nachweis von Handlungskompetenz verlangen • … komplexen Problemstellungen, die von der Öffentlichkeit erwartete Sofortlösungen unmöglich machen Kompetenzen des US-Präsidenten Der US-Präsident ist … • • • • • Staatsoberhaupt und Regierungschef (chief of state), oberster Diplomat (chief diplomat), oberster Befehlshaber der Streitkräfte (chief executive), höchster Verwaltungsbeamter (chief legislator) und Parteiführer (party leader). Die Macht des Präsidenten Die exklusive Macht des Präsidenten ist auf wenige Bereiche beschränkt: • als Oberkommandierender der Streitkräfte ohne Rücksprache oder Bestätigung • die Einforderung schriftlicher Stellungnahme von allen leitenden Beamten der Verwaltungsbehörden bzw. Einberufung von Sondersitzungen des Kongresses in Ausnahmesituationen • das Strafmilderungs- und Begnadigungsrecht im Bundes- und Militärstrafrecht Die Macht des Präsidenten Durch den Kongress kontrollierte Kompetenzen des Präsidenten sind: • Der Präsident ist zum Abschluss von Staatsverträgen berechtigt. Für eine Ratifikation ist die Zustimmung von zwei Drittel der Senatoren erforderlich. Im Umkehrschluss kann der Senat Staatsverträge zwar verhindern, nicht aber initiieren. • Der Präsident ernennt Beamte, insbesondere Kabinettsmitglieder, Botschafter und Richter des Supreme Court of the United States bzw. untergeordneter Bundesgerichte. Alle Ernennungen, nicht aber Entlassungen, bedürfen der Zustimmung durch den Senat (with the advice and consent of the Senate). • Der Präsident verfügt bei Gesetzesbeschlüssen durch den Kongress über ein Vetorecht; allerdings kann der Kongress das Veto des Präsidenten mit einer Zweidrittelmehrheit in beiden Häusern Überstimmen. • Der Präsident verfügt über ein Vorschlagsrecht für gesetzliche Maßnahmen; für den Kongress stellen diese Vorschläge formal Botschaften ohne Verbindlichkeit dar. Die Bedeutung des Präsidentenamts Allgemein ist die Bedeutung des Präsidentenamts spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg durch 4 Elemente gekennzeichnet: • Es wird vom Präsidenten erwartet, ein Gesetzgebungsprogramm – v.a. auch im wirtschaftlichen Bereich – zu entwickeln, für das er/sie im Kongress Zustimmung gewinnen muss. • Der Präsident engagiert sich direkt in allen Politikbereichen, ohne die Zustimmung des Kongresses einzuholen. • Der Präsident verfügt seit F.D. Roosevelt über eine Bürokratie, deren Kern ihm bei der Umsetzung seiner Politik behilflich ist. • Die Bevölkerung sieht den Präsidenten aufgrund seiner Medienpräsenz als Personifikation der politischen Lage. Impeachment Bei schweren Verfehlungen (high crimes, misdemeanors) kann der Senat (nach Aufnahme eines Verfahrens durch das Abgeordnetenhaus) sogar den Präsidenten seines Amtes entheben (impeachment). … hat das alleinige Recht, Amtsanklage gegen den Präsidenten zu erheben. Es beschließt mit einfacher Mehrheit über die Einleitung eines Impeachment-Verfahrens. … ist zuständig für die Durchführung des Verfahrens. Bei einer Anklage gegen den Präsidenten tagt der Senat unter Vorsitz des Obersten Bundesrichters (Chief Justice). Für eine Verurteilung ist eine 2/3-Mehrheit der anwesenden Senatoren erforderlich. Sie hat die sofortige Amtsenthebung zur Folge. US-Präsidenten seit 1933 Iron Triangle Eisernes Dreieck Symbiotische Dreiecksbeziehungen zwischen den betroffenen Einheiten der Exekutive, der Wirtschafts- und Handelslobby und den federführenden Ausschüssen im Kongress