Die Spezialisten Ein besonderer Fall von Cushing Bella war eine 10-jährige Airedale Terrier-Hündin, die mir mit einer langen Krankheitsgeschichte vorgestellt wurde. Seit Monaten litt „Bella“ unter einem krankhaft gesteigerten Durst und gesteigerter Urinausscheidung. Zunächst hatten sich die Besitzer nicht zu viele Sorgen gemacht, da ihr Hund bei gutem Allgemeinbefinden war und einen guten Appetit zeigte. In den letzten Wochen war Bella aber zunehmend träger geworden und hatte zuletzt die Futteraufnahme eingestellt. Neben einer guten klinischen Untersuchung ist in einem solchen Fall eine Blut- und Urinuntersuchung wichtig, um einen ersten Eindruck zu erhalten, ob Hinweise auf eine hormonelle Erkrankung vorliegen. „Bella“ zeigte hier klassische Hinweise auf ein Cushing-Syndrom (Hyperadrenokortizismus), eine Hormonstörung, die zu dauerhaft erhöhten Blutkortisolwerten führt und neben einem gesteigerten Durst und gesteigerter Urinausscheidung auch zu Infektanfälligkeit und schlechtem Haarkleid führt. Ein spezieller Hormontest bestätigte die Diagnose und konnte aufzeigen, dass die Ursache für Bellas Leiden ein Tumor der Hirnanhangsdrüse war. In der Regel sind diese Tumoren klein und bereiten außer der Hormonstörung keine weiteren Probleme. Aufgrund des veränderten Verhaltens und der fehlenden Futteraufnahme bestand der Verdacht, dass bei „Bella“ möglicherweise ein größerer Tumor vorliegt, der auf die benachbarten Hirnregionen drückt. In der noch am selben Tag durchgeführten Untersuchung des Gehirns mit Computertomografie wurde unser Verdacht leider bestätigt: Bella hatte einen großen Tumor der Hirnanhangsdrüse (Makroadenom der Hypophyse). Eine alleinige medikamentöse Behandlung des Cushing-Syndroms hätte in diesem Fall leider zu keiner Besserung geführt. Hier musste auch eine Bestrahlungstherapie des Tumors eingesetzt werden. Nach intensiven Beratungsgesprächen und kurzer Bedenkzeit hatten sich die Besitzer von Bella für eine Bestrahlungstherapie entschieden. Bei Bella führte diese Behandlungsform zu einer schnellen Besserung. Schon nach den ersten Bestrahlungseinheiten war Bella wieder wesentlich munterer und auch der Appetit kehrte zurück. Nach wenigen Wochen war Bella wieder bei bestem Allgemeinbefinden, sodass ihre Krankheit nun auch medikamentös behandelt werden konnte. Auch wenn bei Bella eine aufwendige Therapie vonnöten war und sie auch dauerhaft Medikamente brauchte, waren die Besitzer sehr froh, sich für diese Option entschieden und einen so guten Behandlungserfolg erzielt zu haben. Abteilung Endokrinologie an der Medizinischen Kleintierklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Endokrinologie ist ein Teilbereich der inneren Medizin und beschäftigt sich mit Hormonstörungen bei Hund und Katze. Beim Kleintier kommen hormonelle Erkrankungen genauso häufig vor wie beim Menschen und werden recht ähnlich diagnostiziert und behandelt. Erkrankungen der Schilddrüse wie eine Über- oder Unterfunktion (Hyper- und Hypothyreose), Erkrankungen der Nebenniere und Hirnanhangsdrüse (Hyper- und Hypoadrenokortizismus) sowie der Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) sind gängige Krankheitsbilder. Bei den meisten Hormonstörungen liegt ein schleichender Krankheitsprozess vor, der es den Besitzern erschwert, die Veränderungen ihres Tieres frühzeitig zu erkennen. Beim Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und bei einer Unterfunktion der Nebennieren (Morbus Addison – Hypoadreokortizismus) können sich schwere Stoffwechselstörungen wie eine diabetische Ketoazidose oder Addison-Krise einstellen, wenn diese Erkrankungen nicht frühzeitig diagnostiziert und adäquat behandelt werden. An der Medizinischen Kleintierklinik besteht die Möglichkeit, alle endokrinologischen Erkrankungen bei Hund und Katze durch spezielle Hormontests abzuklären. Ein hochauflösendes Ultraschallgerät erlaubt die Darstellung von Schilddrüse, Bauchspeicheldrüse und Nebennieren. In Zusammenarbeit mit der Radiologischen Abteilung der Chirurgischen Tierklinik der LMU München können spezialisierte bildgebende Verfahren angeboten werden. Die Hirnanhangsdrüse kann durch Computertomografie oder Kernspintomografie untersucht und beurteilt werden. Eine Szintigrafie kann eingesetzt werden, um Ursache und Ausmaß von Schilddrüsenerkrankungen abzuklären. Durch entsprechendes Fachwissen sind wir an der Medizinischen Kleintierklinik in der Lage, Tiere mit Hormonkrankheiten medikamentös gut einzustellen. Auf unserer Intensivstation können schwerkranke Tiere gut überwacht und versorgt werden. Seit einiger Zeit besteht auch die Möglichkeit zur Bestrahlungstherapie. Diese aus der Tumorheilkunde bekannte Therapieform lässt sich auch bei einigen endokrinologischen Krankheiten erfolgreich einsetzen. Wie auch in den anderen Abteilungen der Medizinischen Kleintierklinik führen wir klinische Studien durch, die darauf abzielen, neue Erkenntnisse über endokrinologische Krankheiten zu gewinnen und neue Behandlungskonzepte zu entwickeln. Spezialisten im Bereich der inneren Medizin und Endokrinologie bei Hund und Katze durchlaufen nach dem Studium und einer mindestens einjährigen Assistenzzeit eine vierjährige Spezialausbildung und müssen ihr Fachwissen abschließend in einer Prüfung unter Beweis stellen. In Europa führt die internistische Spezialistenausbildung nach bestandener Prüfung zum Diplomate des European College of Veterinary Internal Medicine – Companion Animal (DipECVIM-CA), eine solche Ausbildung ist an der Tiermedizinischen Fakultät München möglich. Weitere Informationen über die Abteilung Endokrinologie finden Sie unter http://www.med.vetmed.unimuenchen.de/einrichtungen/innere_medizin/leistungen/endokrinologie/index.html Dr. Astrid Wehner Dr. Astrid Wehner, Diplomate ECVIM-CA (Internal Medicine), Fachtierärztin für Innere Medizin der Kleintiere. Astrid Wehner hat von 1995 bis 2000 an der Ludwig-Maximilians-Universität München Tiermedizin studiert und danach an der Medizinischen Kleintierklinik der Universität München promoviert. Von 2002 – 2006 absolvierte sie ebenfalls an der Medizinischen Kleintierklinik der Universität München eine Spezialistenausbildung für innerer Medizin (European College of Veterinary Internal Medicine – Companion Animals). Im Rahmen der Residency verbrachte sie auch ein Jahr an der Universität in Athens/USA. Im Jahr 2007 war Frau Wehner an der Universität Gent/Belgien als Internistin beschäftigt. Seit 2008 arbeitet sie als Oberärztin im Bereich Innere Medizin wieder an der Medizinischen Kleintierklinik der Universität München. Seit 2009 ist Frau Wehner Diplomate des European College of Veterinary Internal Medicine – Companion Animals. Seit 2010 ist sie Fachtierärztin für innere Medizin der Kleintiere. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die Endokrinologie bei Hund und Katze. Neben der klinischen Arbeit und der Ausbildung der Studierenden umfasst ihre Tätigkeit die Betreuung von Doktoranden und wissenschaftlichen Studien.