GYNÄKOLOGIE & GEBURTSHILFE 51 (Romero 1989), die 17 Studien inkludierte, wies eine deutliche Korrelation zwischen dem Bestehen einer asymptomatischen Bakteriurie und der Frühgeburtenrate auf. Ein Harnscreening zum Ausschluss der asymptomatischen Bakteriurie während der Schwangerschaft erscheint daher sinnvoll, vor allem bei vorangegangenen Frühgeburten. Asymptomatische Harnwegsinfekte kommen in 5–10% aller Schwangerschaften vor. Die mechanische Kompression des sich vergrößernden Uterus sowie die Progesteron-bedingte Relaxierung der glatten Muskulatur der harnableitenden Wege mit der Ausbildung von Hydronephrose und Hydroureter werden als Pathomechanismus verantwortlich gemacht. Meist ist eine Besiedelung mit E. coli verantwortlich, aber auch gramnegative Bakterien sowie betahämolysierende Streptokokken B können in der Harnkultur nachgewiesen werden. Es konnte gezeigt werden, dass 30% der schwangeren Frauen mit dieser Kondition eine akute Pyelonephritis entwickeln. In einer Zusammenfassung (F. Smaill, Antibiotics for Asymptomatic Bacteriuria in Pregnancy. In: The Cochrane Library, Issue 3, 2002) von Studien, die den Einfluss von Antibiotika auf die Ausbildung einer symptomatischen Infektion (Pyelonephritis) sowie die Rate der Frühgeburten untersuchten, wurde eine signifikante Verringerung der Pyelonephritis-Rate sowie ein Trend zur Verminderung der Frühgeburten festgestellt. ■ Therapievorschlag für die Behandlung von (asymptomatischen) Harnwegsinfekten: Pivmecillinam 200 mg 3 x tgl. für 7 Tage (Selexid®-Ftbl.) Infektionen aktuell Mykose A. Witt, H. Kiss Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie, Universitätsklinik für Frauenheilkunde,Wien DR. ARMIN WITT DR. HERBERT KISSS Das eigentliche Problem im Zusammenhang mit vaginalen Mykosen stellt die RVVC dar. Zum einen tappt man hinsichtlich der Genese im Dunkeln, zum anderen gibt es hier etliche Problemfälle, die auch auf Langzeittherapie kaum oder nicht ansprechen. Die vulvovaginale Candidose (VVC) ist mit einer Inzidenzrate von 70 bis 75% nach der bakteriellen Vaginose die zweithäufigste Vaginalinfektion. Bei 40–50% kommt es zu einer wiederholten Infektion. Ca. 5% leiden an einer rezidivierenden vulvovaginalen Candidose (RVVC). Diese ist definiert durch das Auftreten von zumindest 4 Episoden pro Jahr und sollte immer mittels Kultur differenzialdiagnostisch analysiert werden. Was wir wissen ▲ Man sollte bedenken, dass ungefähr 20% der Patientinnen mit positiver Kultur symptomlos sind, das heißt, es gilt, den Unterschied zwischen Besiedelung und Infektion herauszuarbeiten und nicht lediglich zufällige Befunde z.B. aufgrund des Ergebnisses einer Pap-Färbung zu therapieren. Man sollte auch wissen, dass es unmöglich ist, den menschlichen Körper von Pilzen gänzlich zu dekontaminieren. Wir wissen auch viel über so genannte Prädispositionsfaktoren wie Schwangerschaft, orale Kontrazeptiva, Diabetes mellitus, systemische Antibiotika, Kortikosteroide, HIVInfektion sowie enge, wenig belüftete Nylonunterwäsche mit erhöhter perinealer Feuchtigkeit und Temperatur. Jene Patientinnen mit einer RVVC fallen jedoch meist nicht in diese Gruppe. GYNÄKOLOGIE & GEBURTSHILFE 52 Was wir nicht (sicher) wissen In den letzten 20 Jahren ist das Wissen über Pilzinfektionen größer geworden, manche Dinge werden differenzierter betrachtet, andere Fragen sind nach wie vor unbeantwortet. Klinik Genese Die Klinik ist ebenfalls hinlänglich bekannt. Die wesentlichen Symptome sind Pruritus, Brennen, ein Erythem der Vulva, Kohabitationsbeschwerden, Dysurie sowie der „typische“ weißliche, geruchsarme, bröckelige Fluor. Der Haupterreger ist Candida albicans (85–90%), es kommen aber auch andere Vertreter wie C. glabrata, C. krusei, C. tropicalis oder C. parapsilosis vor. Candida glabrata stellt eine besondere therapeutische Herausforderung dar, da er häufig gegenüber sämtlichen Therapeutika resistent ist. Die Genese der vulvovaginalen Candidose und besonders der RVVC ist eigentlich nicht bekannt. Einerseits wird die lokale Immunkompetenz diskutiert; dabei spielt das Verhältnis der durch verschiedene Stimuli gebildeten Differenzierungsstufen der T-Lymphozyten eine wesentliche Rolle. Anderseits wird eine allergische Komponente auf das Agens Candida für das Entstehen der RVVC in Erwägung gezogen.Neuerdings wird auch von einem Zusammen- ▲ So kommt es, dass in die Infektionsambulanz Frauen kommen, die bereits eine Palette von Vortherapien erhalten haben. Diese Patientinnen haben bis dahin bereits öfters den Arzt gewechselt, haben bereits einschlägige Literatur über Pilzdiäten u.a. studiert und haben dennoch weiterhin die gleiche Problematik. ABBILDUNG 1 Diagnostik Die Diagnostik ist ein wesentlicher Schritt und sollte eigentlich immer durch das Mikroskop, nativ oder nach Gram-Färbung (siehe Abbildung 1), erfolgen. Die Kultur ist unökonomisch, führt zu Überinterpretation (v.a. durch Therapie von apathogenen Vaginalkeimen) und ist darüber hinaus mit einer zu langen Wartezeit verbunden. Ihren Stellenwert hat die Kultur bei der RVVC, in diesem Fall sollte aber auch ein Antibiogramm durchgeführt werden. Seit einigen Jahren stehen für die Differenzialdiagnose eigens hergestellte chromogene Agarplatten zur Verfügung (siehe Abbildung 2). Eine Serologie zum Nachweis ist nicht sinnvoll! Das Mikroskop wird zur Dignose viel zu selten angewendet, die Therapie erfolgt zumeist empirisch nach makroskopischen Befund, also aufgrund der subjektiven Diagnose der Ärztin bzw. des Arztes. Allerdings ist aus Studien bekannt, dass die Diagnose ausschließlich aufgrund der Klinik bzw. makroskopisch in 50% zu einer falschen Behandlung führt! Candidose ABBILDUNG 2 C. albicans Therapie Die Therapie erfolgt üblicherweise durch systemische Azole (siehe Tabelle 1). Zum einen weiß man, dass sie gut verträglich sind, sie penetrieren ausgezeichnet ins Gewebe, haben eine lange HWZ (> 24 h) und v.a. bauen sie ausreichende Gewebespiegel für mehr als 3 Tage auf. Zum anderen wünschen Frauen eine orale Applikationsform, wie aus einer eigenen Studie gefolgert werden konnte. Alternativ gibt es am Markt eine Reihe von topischen Präparaten, deren Anwendungsdauer meist zwischen 10 und 14 Tagen beträgt. Bei einer Infektion mit C. glabrata bzw. C. krusei sollte über eine Dauer von 10 bis14 Tagen eine Hochdosistherapie durchgeführt werden (Verordnung durch eine Spezialambulanz). C. krusei Chromogener Agar GYNÄKOLOGIE & GEBURTSHILFE GYNÄKOLOGIE & GEBURTSHILFE 53 TABELLE 1 VVC-Therapie Empirische Therapie: • Flukonazol (Fungata®, Diflucan®, Flucosept®) 1 x 150 mg Single-Shot • Itrakonazol (Sporynox®) 2 x 200 mg Single-Day Alternative: lokale Behandlung mit verschiedenen Cremen und Ovula durch 7–10 Tage • Clotrimazol (Canesten®, Candibene®) • Fentikonazol (Lomexin®) • Miconazol (Daktarin®) • Isoconazol (Travogen®) • Bifonazol (Fungiderm®) • Econazol (Pevaryl®) • Tioconazol (Trosyd®) hang zwischen Mund- und Vaginalflora berichtet. Demzufolge dürfte eine Rekolonisation bei RVVC durch die eigene orale Keimflora oder die des Partners hervorgerufen werden. Frühgeburtlichkeit Der Zusammenhang zwischen vaginaler Candidose und Frühgeburtlichkeit wird weiterhin kontroversiell diskutiert. Aufgrund einer sehr groß angelegten US-Studie mit nahezu 14.000 Frauen muss man sich derzeit eher der Meinung anschließen, dass es diesbezüglich keinen Zusammenhang gibt bzw. ein erhöhtes Risiko nicht feststellbar ist. Partnertherapie Die Sinnhaftigkeit der Partnertherapie ist ebenfalls noch nicht endgültig entschieden. Die Autoren empfehlen sie bei der RVVC ohne vorherige Diagnosesicherung, da sich diese beim Mann deutlich schwieriger gestaltet. Zumeist wird lediglich ein Abstrich von der Glans penis durchgeführt, wodurch ein Nachweis aus dem Ejakulat nicht gegeben ist. Dies führt zu falsch-negativen Ergebnissen. Im Falle einer Partnertherapie sollte oralen Antimykotika der Vorzug gegeben werden. Therapie der RVVC Leider wissen wir auch wenig zur Therapie der RVVC. Es gibt zwar verschiedene therapeutische Ansätze, deren gemeinsame Grundlage eine wiederholte Applikation ist. Das Hauptproblem bei all diesen Regimen ist jedoch die hohe Rezidivrate von ca. 50% nach Absetzen der Therapie. Eine Immunstimulation durch Impfung von denaturierten Laktobazillen-Stämmen oder Leukozyten-Ultrafiltraten führt häufig zu einer Reduktion von Rezidiven. In jedem Fall sollte die Therapie der RVVC in Spezialabteilungen durchgeführt werden. Wir wissen auch nicht ob Alternativmedizin (Pilzdiät, Homöopathie, Akupunktur) sinnvoll ist, jedenfalls fehlen zu diesem Thema jegliche randomisierte Studien. Studie Zur Zeit wird an der Klinik ein zyklisch verabreichtes Regime durch eine prospektive randomisierte Studie erprobt (Randomisierungsplan und erste Tendenzen siehe Abbildung 1). Als Vergleichsgruppe, da eine Plazebogruppe nicht zumutbar ist, dient die klassische Homöopathie. Diese unterscheidet sich von den üblichen Homöopathiepräparaten wesentlich, da sie aufgrund des individuellen Personentyps erstellt wird. Weiters wird in je einem Studienarm ein Laktobazillen-Präparat erprobt. Laktobazillen verringern die Kolonisation von Pathogenen durch Produktion von Bakteriziden, Milchsäure und H2O2. In Studien zeigte sich eine deutliche Verbesserung der RVVC durch Laktobazillen-hältiges Yoghurt, welches oral oder vaginal ■ verabreicht wird. GYNÄKOLOGIE & GEBURTSHILFE RESÜMEE Resümee und Ausblick Die VVC ist diagnostisch und therapeutisch abgehandelt, lediglich der Grund für das unterschiedliche Ansprechen auf den verursachenden Keim scheint noch nicht ganz geklärt. Neben dem üblichen C. albicans spielt hier v.a. C. glabrata und C. krusei eine bedeutende Rolle. Wenn die systemische Therapie nicht zum Erfolg führt, kommen weniger gut erprobte Therapien in Betracht, die aber alle noch eines prospektiv randomisierten Studiendesigns entbehren. In diesem Zusammenhang setzt man zur Zeit Hoffnung auf Impfungen mit LaktobazillenPräparaten, Leukozyten-Ultrafiltraten oder Impfungen mit aufbereiteten körpereigenen Candida-Stämmen. Andererseits kommen nicht-indikationsgemäße Substanzen wie Amphotericin, Caspofungin oder Voriconazol oder auch Wirkstoffkombinationen wie Amphotericin/Flucytosin in Betracht, natürlich nur in strenger Indikationsstellung. !