Skript zur Physik IV Atome und Moleküle Christian Huber 19. September 2010 Bei diesem Skript handelt es sich um meine geordneten Gedanken zu der Vorlesung Physik IV im Sommersemester 2010 bei Herr Prof. Wim de Boer an der Universität Karlsruhe (KIT). Dieses Skript erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit. Anregungen und Verbesserungsvorschläge können gerne an [email protected] gerichtet werden. Gedankenanstöße und viele Grafiken stammen aus dem Onlineskript von Herr Prof. Dr. Ulrich Stroth vom Institut für Plasmaforschung Stuttgart unter http://www.ipf.uni-stuttgart.de/lehre/online-skript/physik3.html 1 Physik IV - Atome und Moleküle Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Vorbemerkungen zum Photon 1.1 Der Photoeffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die Plancksche Strahlungsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Der Comptoneffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 3 4 2 Das 2.1 2.2 2.3 Bohrsche Atommodell Das Wasserstoffspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Bohrschen Postulate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diskussion des Bohrschen Atommodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5 6 7 3 Der Wasserstoff 3.1 Lösung der Schrödingergleichung für ein Zentralpotential . . . . . . . . . . 3.2 Alkalimetalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 7 9 4 Der 4.1 4.2 4.3 4.4 Spin Drehimpuls und magnetisches Moment Eigenschaften eines Drehimpuls . . . . Der Stern-Gerlach-Versuch . . . . . . . Präzession im Magnetfeld . . . . . . . 5 Feinstruktur des Wasserstoff 5.1 Spin-Bahn-Kopplung . . . . . 5.2 Die Spin-Bahn-Aufspaltung . 5.3 Neue Quantenzahlen . . . . . 5.4 Feinstruktur des Wasserstoffs 5.5 Die Lamb-Verschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Atome in externen Felder 6.1 Der normale Zeemaneffekt . . . . . . . . . 6.2 Der anormale Zeemaneffekt . . . . . . . . 6.3 Der Paschen-Back-Effekt . . . . . . . . . . 6.4 Atome im elektrischen Feld - Stark-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 10 11 11 13 . . . . . 13 13 14 15 15 16 . . . . 16 16 17 18 18 7 Hyperfeinstruktur 18 7.1 Der Kernspin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 7.2 Die Kopplung von J~ und I~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Christian Huber 2 Physik IV - Atome und Moleküle 1 Vorbemerkungen zum Photon 1 Vorbemerkungen zum Photon 1.1 Der Photoeffekt Mit der Entdeckung des Photoeffekts musste eine neue Theorie des Lichts gefunden werden. Die bis dahin vorherrschende Meinung, Licht sei eine elektromagnetische Welle, war mit den Ergebnissen des Photoeffekts nicht vereinbar. Folgende Inkonsistenzen würden dann nämlich bestehen. • Die Intensität einer elektromagnetischen Welle ist proportional zum Quadrat der Amplitude des E-Feldes. Dementsprechend müsste man die Auslösearbeit für die Elektronen aus dem Metall aufbringen können, indem man die Intensität des Lichts erhöht. Gefunden wurde jedoch, dass unabhängig von der Intensität erst ab einer gewissen Frequenz Elektronen ausgelößt werden. Genauso ist die kinetische Energie der ausgelößten Elektronen unabhängig von der Intensität. Lediglich die Menge der ausgelößten Elektronen hängt von der Intensität ab. • In einer Welle würde die Energie kontinuierlich abgegeben werden. Dementsprechend müsste man für den zeitlichen Verlauf der ausgelößten Elektronen eine regelmäßige Verteilung finden, da die Zeitintervalle bis genügend Energie zum Aulösen verhanden ist, gleich sind. Gefunden wird jedoch eine zufällige Verteilung der ausgelößten Elektronen. Nur im zeitlichen Mittel, wird die gleiche Energie abgegeben, die auch eine Welle abgeben würde. Die Lösung besteht darin eine diskrete Energieverteilung des Lichts anzunehmen. Das bedeutet, dass die Energie in kleinen Paketen (Quanten), den sogenannten Photonen vorliegt. Die Energie eines solchen Photons hängt linear über das Plancksche Wirkungsquantum mit der Frequenz zusammen. E =h·ν (1) Ist diese Energie der Photonen größer als die Aulösearbeit, so werden Elektronen ausgelößt, welche danach die kinetische Energie Ekin = WA − h · ν haben. Erhöht man die Intensität, so erhöht sich die Anzahl der Photonen und es können im zeitlichen Mittel mehr Elektronen ausgelößt werden. 1.2 Die Plancksche Strahlungsformel Bei der Untersuchung der spektralen Energiedichte eines schwarzen Strahlers ergibt sich 2 klassisch ein Problem. Das klassisch hergeleitete Rayleigh-Jeans-Gesetz P = νc2 · k · T besagt, dass die Strahlungsflussdichte mit steigender Frequenz größer wird. Da die vom schwarzen Strahler emittierte Energie jedoch endlich ist, kann diese Formel nicht stimmen. Man spricht von der Ultraviolettkatastrophe. Nur für kleine Frequenzen stimmt sie mit den experimentell gefundenen Werten überein. Die Plancksche Strahlungsformel, beschreibt den Kurvenverlauf korrekt. Um diese herzuleiten, muss man annehmen, dass die Atome in den Wänden des Strahlers sich, wie kleine Christian Huber 3 Physik IV - Atome und Moleküle 1 Vorbemerkungen zum Photon Abbildung 1: spektrale Energiedichte bei verschiedenen Temperaturen Oszillatoren verhalten, welche jedoch nur diskrete Energiewerte annehmen können. Aus der theoretischen Physik ist bekannt, dass diese Energiewerte durch En = (n + 21 ) · h̄ω gegeben sind. Die Plancksche Strahlungsformel für die Energiedichte im Frequenzintervall ν bis ν + dν lautet 8πhν 3 1 u(ν, T ) = dν (2) hν 3 c e kT − 1 Weiterhin ist das Stefan-Boltzmanngesetz S = σT 4 wichtig, welches besagt, dass die gesamte Abstrahlung zur vierten Potenz der Temperatur proportional ist. Das Wiensche Verschiebungsgesetz besagt, dass die Wellenlänge, der in der spektralen Energieverteilung die größte Intensität zukommt, umgekehrt proportional zur Temperatur ist, also λmax · T = const 1.3 Der Comptoneffekt Abbildung 2: Skizze zum Comptoneffekt Betrachtet man die Streuung von Licht an freien oder schwach gebunden Elektronen, so findet man zwei Effekte. Zum einen erhält man Strahlung gleicher Frequenz, die sog. Rayleighsche Streustrahlung. Mit dieser lässt sich die blaue Farbe des Himmels erklären, da hochfrequentes Licht Christian Huber 4 Physik IV - Atome und Moleküle 2 Das Bohrsche Atommodell stärker gestreut wird, als niederfrequentes Licht. Jedoch findet man auch eine spektral verschobene Komponente, wobei die Verschiebung der Wellenlänge mit dem Streuwinkel zusammenhängt. Unter Annahme eines elastischen Stoßes zwischen einem Photon und und dem Elektron findet man ∆λ = λc (1 − cos θ) mit der Comptonwellenlänge λc = (3) h m0 c . 2 Das Bohrsche Atommodell 2.1 Das Wasserstoffspektrum Betrachtet man das Absorptions- oder Emissionsspektrum einzelner Atome, so stellt man fest, dass nur Licht bestimmter Frequenzen absorbiert oder emittiert werden kann. Die Existenz diskreter Energieniveaus im Atom wurde auch experimentell durch den Franck-Hertz-Versuch gezeigt. In den Atomspektren werden die Spektrallinien sogenannten Serien zugeordnet. Im Wasserstoffatom sind z.B. in der Balmerserie diejenigen Spektrallinien zusammengefasst, die beim Zurückspringen des Elektrons in das 2. Energieniveau zu sehen sind. Die Energie- Abbildung 3: Balmerserie des Wasserstoffspektrums niveaus im Wasserstoffatom waren zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht bekannt. Es konnten lediglich Erklärungen für die experimentellen Ergebnisse gesucht werden. So fand man zum Beispiel, dass sich die Linien der Balmerserie berechnen ließen durch ν = RH 1 1 − 2 2 2 n (4) Hier ist RH die experimentell gefundene Rydberg-Konstante. Sie wird später auch berechenbar sein. Die Frequenzen der anderen Serien ergeben sich durch ν = RH 1 1 − 2 2 m n (5) Für festes m und n gegen unendlich liegen die die Linien immer näher beisammen, bis man keine einzelnen Linien mehr unterscheiden kann. Man spricht dann vom sogenannten Seriengrenzkontinuum. Christian Huber 5 Physik IV - Atome und Moleküle 2 Das Bohrsche Atommodell Abbildung 4: Spektrum des Wasserstoffs mit erlaubten optischen Übergängen in Serien zusammengefasst 2.2 Die Bohrschen Postulate Klassisch ist die Existenz von Linienspektren verwunderlich, da ja eigentlich im Atom beliebige Elektronenübergänge möglich sein sollten. Weiterhin war die Existenz von Elektronenkreisbahnen problematisch, da die Elektronen als beschleunigte Ladung eigentlich Synchrotonstrahlung aussenden müssten, dabei gebremst würden und irgendwann in den Atomkern fallen müssten. Um diese Probleme zu beseitigen stellte Bohr seine Postulate auf, welche jedoch zunächst einmal befremdlich wirken. Sie lauten: • Für die Bewegung des Elektrons sind nur bestimmte diskrete Kreisbahnen erlaubt. • Auf diesen Kreisbahnen verläuft die Bewegung strahlungsfrei. Ein Sprung in ein tieferes Energieniveau geschieht unter Emission eines Photons dessen Energie gerade die Differenz zwischen den Energien der beiden Niveaus ist. Durch Absorption eines solchen Photons kann ein Elektron auf eine weiter außenliegende Bahn springen. • Die Quantelung des Drehimpulses war keines von Bohrs ursprünglichen Postulaten, sondern ergab sich aus seinen Rechnungen. Zunächst errechnete Bohr die Energie und den Radius des Elektrons durch Gleichsetzen von Zentripetalkraft und elektrischer Kraft. Dadurch erhält man die Energie in Abhängigkeit des Radius oder der Umlauffrequenz. Die Rydbergkonstante konnte aufgrund der Forderung, dass jede Quantentheorie für große Quantenzahlen in einer klassische Theorie übergehen muss, errechnet werden, wenn man annahm, dass für große n die Umlauffrequenz der Elektronen gleich der Frequenz des emittierten Lichts sein muss. waren somit die diskreten Radien bekannt. Wegen En (r) = Rhc n2 Berechnet man nun den Drehimpuls, so stellt man fest, dass dieser gequantelt ist, es gilt | ~l |= nh̄. Mit diesem Wissen lassen sich die Bohrschen Bahnradien natürlich bedeutend leichter berechnen. Es genügt diese Annahme zusammen mit dem Gleichsetzen der beiden Kräfte. Christian Huber 6 Physik IV - Atome und Moleküle 3 Der Wasserstoff 2.3 Diskussion des Bohrschen Atommodells Mit dem Bohrschen Atommodell konnten zwar die Linienspektren erklärt werden. Jedoch stellt es noch keine zufriedenstellende Atomtheorie dar. Zunächst können auf diese Art und Weise nur Einelektronatome berechnet werden. Weiter hat Bohr nur Postulate aufgestellt ohne diese begründen zu können. Die Begründung für die Energiequantelung konnte erst durch eine quantenmechanische Betrachtung gegeben werden. Eine Erweiterung des Bohrschen Modells wurde durch Sommerfeld gegeben. Bei guter spektraler Auflösung stellte man fest, dass viele Linien im Wasserstoffspektrum eigentlich Multiplettlinien sind. Dies erklärte Sommerfeld dadurch, dass es noch eine zweite Quantenzahl geben muss und dass, analog zur Bewegung von Planeten um die Sonne, auch Ellipsenbahnen zugelassen werden sollen. Diese zweite Quantenzahl k sollte mit dem Drehimpulsbetrag verknüpft sein durch | ~l |= kh̄. Je größer k desto kreisähnlicher ist die Ellipse. Die Entartung der Energieniveaus mit gleichem n aber unterschiedlichem k ergibt sich durch die relativistische Massenänderung des Elektrons auf einer Ellipsenbahn, welches mal auf den Kern zubeschleunigt und mal abgebremst wird. Später wird der Bahnbegriff verworfen werden müssen, jedoch hilft die Vorstellung von Ellipsenbahnen bei der Erklärung mancher Phänomene. Es ist jedoch stehts wichtig daran zu denken, dass es sich eigentlich nicht um Bahnen handelt. 3 Der Wasserstoff 3.1 Lösung der Schrödingergleichung für ein Zentralpotential Die quantenmechanische Berechnung des Wasserstoffs läuft auf das Lösen der stationären Schrödingergleichung für ein Zentralpotential V (r) hinaus. Die Gleichung lautet also ! h̄2 − ∆ + V (r) ψ = Eψ 2m (6) Da wir ein kugelsymmetrisches Problem haben, liegt es nahe in Kugelkoordinaten überzugehen. Für die Wellenfkt ψ(r, θ, ϕ) = R(r) · Y (θ, ϕ) wählt man einen Produktansatz um das Problem in den einzelnen Räumen separat zu lösen und dann den Tensorproduktraum zu betrachten. Schreibt man den Laplaceoperator in Kugelkoordinaten, so erhalten wir eine Summe aus Differentiationen. Kapseln wir die Differentiation nach dem Radialteil ab, so bleibt gerade der Drehimpulsquadratsoperator übrig. Die Eigenfunktionen des Drehimpulsquadratsoperators sind bekannt. Es handelt sich um die Kugelflächenfunktionen. Es gilt ~ 2 Ylm (θ, ϕ) = h̄2 · l(l + 1)Ylm (θ, ϕ) L (7) Damit muss nur noch der Radialanteil der Gleichung gelößt werden. Dieser lautet, wenn man durch die Kugelflächenfunktion teilt, nachdem ausgenutzt hat, dass diese Eigen- Christian Huber 7 Physik IV - Atome und Moleküle 3 Der Wasserstoff funktion des Drehimpulsoperators ist. " ∂ h̄2 1 ∂ r2 − 2 2m0 r ∂r ∂r # h̄2 · l(l + 1) + V (r) + R(r) = ER(r) 2m0 r2 (8) Die Lösung dieser DGL ist recht kompliziert. Aus der Bedingung, dass die Radialfunktion normierbar sein kann ergibt sich eine Quantelung der Energiewerte. Als Energiewerte erlaubt sind m0 Z 2 e4 1 En = − 2 · 2 (9) 2 2h̄ (4π0 ) n Dieses Resultat kennt man bereits von den Bohrschen Postulaten. Die Radialfunktionen weisen eine Abhängigkeit von n und l auf. Wir können dann die Wellenfunktion des Wasserstoffs folgendermaßen schreiben ψ(r, θ, ϕ) = Rnl (r) · Ylm (θ, ϕ) (10) Sowohl die Radialfunktion als auch die Kugelflächenfunktionen sind auf eins normiert. Die Wellenfunktion ist also durch Angabe der drei Quantenzahlen n, l und m vollständig beschrieben. Diese können nur ganzzahlige Werte annehmen. Weiter gilt aufgrund der Normierungsbedingung der Radialfunktion ohne Herleitung, dass 0 ≤ l ≤ n − 1. Weiterhin ist bekannt, dass für die Kugelflächenfunktionen gilt −l ≤ m ≤ l. Man sieht also, dass die Energiewerte nur von der Hauptquantenzahl n abhängen. Je- Abbildung 5: Energieniveaus im Wasserstoffatom: Die Energie hängt nur von n ab, jedes Niveau ist n2 -fach entartet. doch kann es zu einem n durchaus mehrere verschiedene Wellenfunktionen geben, da l und m variieren können. Solche Energieniveaus nennt man entartet. Um den Zustand eines Atoms anzugeben, muss man also diese drei Quantenzahlen benennen. Für die Nebenquantenzahl l ist es üblich nicht Zahlen, sondern die Buchstaben s, p, d, f usw. zu verwenden. Das hat historische Gründe(s= sharp, p = principle, d = diffuse). Hat ein Wasserstoffatom sein Elektron im Zustand n = 3, l = 1, m = 0, so Christian Huber 8 Physik IV - Atome und Moleküle 3 Der Wasserstoff schreibt man es sei im Zustand 3p. Die Angabe der magnetischen Quantenzahl m ist normalerweise nicht nötig, da ohne eine externe Störung die Entartung bezüglich dieser Quantenzahl immer erhalten sein wird, d.h. diese Orbitale sind energetisch gleichwertig. Für optische Übergänge existieren sogenannte Auswahlregeln, d.h. nicht jede Art von optischem Übergang ist erlaubt. Bei einem optischen Übergang gilt immer ∆l = ±1 und ∆m = ±1 oder ∆m = 0. Die Entartung bezüglich l liegt an dem exakt kugelsymmetrischen Potential. Sie wird aufgehoben, sobald man Mehrelektronenatome betrachtet. Die Entartung bezüglich m lässt sich z.B. durch ein externes Magnetfeld aufheben, in welchem sich die Drehimpulse ausrichten (Zeemann-Effekt). 3.2 Alkalimetalle Alkalimetalle sind dem Wasserstoff chemisch sehr ähnlich. Das liegt daran, dass sie ebenso wie der Wasserstoff nur ein sogenanntes Valenzelektron haben. Dieses Valenzelektron befindet sich alleine in einer Schale mit höherer Hauptquantenzahl. Alle darunterliegenden Schalen sind voll besetzt. Dadurch verschwindet der Gesamtdrehimpuls des Atoms, der von den inneren Schalen herrührt. Die sogenannte Hundtsche Regel besagt, dass bei einem Atom mit mehreren Elektronen diese sich im Grundzustand so verteilen, dass die gesamte Energie minimal und der gesamte Spin maximal wird. Die Spinquantenzahl ist nämlich die vierte Quantenzahl und kann für Elektronen die Werte − 12 oder 12 annehmen (näheres dazu später). Das Pauliverbot verbietet, dass in einem Atom mehrere Elektronen in allen Quantenzahlen miteinander übereinstimmen. Dieses äußere Valenzelektron sieht nun kein exakt kugelsymmetrisches Radialpotential Abbildung 6: Effektives Potential eines Alkaliatoms mehr, sondern ein abgeschirmtes Potential. Je weiter es sich vom Kern wegbefindet, desto mehr ähnelt das Potential einem Kugelpotential, da einfach die zusätzliche positive Ladung des Kerns von den restlichen Elektronen abgeschirmt wird. Je näher es jedoch beim Kern ist, desto stärker wird es aufgrund der höheren Kernladungszahl angezogen. Aufgrund dessen ist das resultierende Potential nicht mehr von der Form V (r) ∝ 1r . Christian Huber 9 Physik IV - Atome und Moleküle 3 Der Wasserstoff Gerade diese Form war jedoch für die l-Entartung verantwortlich. Diese Entartung ist also bei Alkaliatomen aufgehoben. Je kleiner l, desto niedriger ist auch die Energie. Abbildung 7: Valenzelektron auf seiner Bahn um den abgeschirmten Kern: Je nach Bahnform (Drehimpuls) kommt das Elektron unterschiedlich nah an den Kern heran. Anschaulich lässt sich das mit Hilfe des (inkorrekten) Ellipsenbahnmodells verstehen. Wir hatten gesagt, dass die Bahn umso kreisförmiger ist, je größer l ist. Für das maximale l, bei gegebenem n, erhalten wir gerade eine Kreisbahn. Ein Elektron auf einer Kreisbahn ist stets gleich weit vom Kern entfernt. Die Ellipsenbahnen des Valenzelektrons nennt man auch Tauchbahnen. Auf diesen Bahnen dringt das Elektron auch immer wieder bis nah zum Kern vor und spürt dort die größere Anziehungskraft. Die Kreisbahn ist also energiereicher und somit ist die l-Entartung aufgehoben. Abbildung 8: Das Termschema von Lithium im Grotriandiagramm: Die l-Entartung ist aufgehoben. Niveaus lieben umso höher, je größer l ist. Christian Huber 10 Physik IV - Atome und Moleküle 4 Der Spin 4 Der Spin 4.1 Drehimpuls und magnetisches Moment In der Elektrodynamik war mit einem Kreisstrom die Existenz eines magnetischen Moments verknüpft. Dabei gilt ~ µ ~ =I ·A (11) Betrachten wir nun das kreisende Elektron als fließende Ladung (die Elementarladung e wird im Folgenden als positiv angesehen), so verursacht dieses einen Strom der Stärke 1 I = − Te = − 2π ωe. Gehen wir von einer Kreisbahn des Radius r aus, so gilt A = πr2 . Mithilfe des Drehimpulses | ~l |= mωr2 können wir dann schreiben ~=− µ ~ =I ·A eω e ~ µb ~ · πr2 · ~eA = − · l = gl · ·l 2π 2m h̄ (12) Man sieht, dass mit dem Drehimpuls ein magnetisches Moment verknüpft ist. Es ist in der Physik üblich als Einheit des magnetischem Moments das sogenannte Bohrsche Maeh̄ gneton µb = 2m anzusehen. Das ist gerade das magnetische Moment, das ein Elektron mit Drehimpuls h̄ besitzt. Der Faktor gl ist der sogenannte Landé-Faktor. Er gibt das Verhältnis von Drehimpuls gemessen in Einheiten von h̄ und magnetischem Moment in Bohrschen Magnetonen an. Im Fall des Bahndrehimpulses ist dieser Faktor gerade gl = 1, das ist jedoch nicht für jeden Drehimpuls der Fall. Im Folgenden werden wir den Spin kennenlernen für den dieser Faktor einen anderen Wert hat. 4.2 Eigenschaften eines Drehimpuls Wie wir im Folgenden sehen werden, gibt es nebem dem klassisch bekannten Bahndrehimpuls noch andere Drehimpulse. Das legt die Frage nahe, was einen Drehimpuls überhaupt auszeichnet. In der theoretischen Physik wurde gezeigt, dass die Operatoren eines Drehimpulses die charakteristischen Vertauschungsrelationen erfüllen müssen. Diese lauten für den Drehimpuls [Ji , Jj ] = ih̄ijk Jk (13) Für einen solchen Drehimpuls sind offenbar zwei Komponenten des Drehimpulses nicht gleichzeitig messbar, da der Kommutator nicht verschwindet. Jedoch verschwindet der Kommutator zwischen einer beliebigen Komponente und dem Drehimpulsbetragsquadrat. Man wählt sich deswegen stets eine sogenannte Vorzugsrichtung aus (normalerweise ist dies die z-Richtung) und wählt als Orthonormalbasis die gemeinsamen Eigenfunktionen von Drehimpulsbetragsquadrat und z-Komponente. Die möglichen Eigenwerte des Drehimpulsbetragsquadrats sind gegeben durch ~j 2 = j(j + 1)h̄2 . Die z-Komponente kann dann nicht beliebige Werte annehmen, sondern nur jz = mj h̄, wobei −j ≤ mj ≤ j gilt. Christian Huber 11 Physik IV - Atome und Moleküle 4 Der Spin 4.3 Der Stern-Gerlach-Versuch Abbildung 9: Versuchsaufbau beim Stern-Gerlach-Versuch Mit dem Stern-Gerlach-Versuch wurde das erste Mal die Existenz eines intrinsischen magnetischen Moments des Elektrons und damit verbunden eines intrinsischen Drehimpulses, genannt Spin gezeigt. Man nennt den Spin auch oft Eigendrehimpuls, wobei diese Bezeichnung irreführend ist, da das Elektron als punktförmig angesehen wird und damit nicht rotieren kann. Zur Durchführung des Experiments wurden Silberatome nahezu einheitlicher Geschwindigkeit durch ein stark inhomogenes Magnetfeld geschossen. ~ =µ ~ und Auf ein magnetisches Moment wirkt im Magnetfeld das Drehmoment D ~ ×B ~ es besitzt das Potential V = −~ µB. Daraus resultiert eine Kraft bei konstantem magne~ =µ ~ tischen Moment als F~ = −∇(~ µB) ~ ∇B. Ein solches Drehmoment kann lediglich eine Präzession des magnetischen Moments bewirken, was für uns in diesem Experiment nicht sichtbar ist. Jedoch haben wir aufgrund der Inhomogenität einen nichtverschwindenden Gradienten des B-Feldes. Das B-Feld ist so gewählt, dass dieser Gradient gerade in z-Richtung zeigt. Falls also ein magnetisches Moment in z-Richtung besteht, so müsste dies zu einer Ablenkung des Strahles führen. Nun ist die Wahl von Silberatomen nicht zufällig. Silber hat die Ordnungszahl 47 und die Elektronenkonfiguration 4d10 5s1 . Das heißt, wir haben 4 abgeschlossene Schalen, wobei jeweils der Gesamtdrehimpuls in z-Richtung verschwindet und ein Elektron in einer s-Schale, welches also auch nicht zum Drehimpuls beiträgt. Es ist also von vornerherein gar nicht zu erwarten, dass überhaupt ein magnetisches Moment in z-Richtung vorhanden ist. Dass eine Ablenkung zu beobachten ist, ist also nur mit einem bisher nicht bekannten Phänomen, welches rein quantenphysikalischer Natur ist, zu erklären. Der Spin des Elektron besitzt kein klassisches Analogon. Nun könnte man erwarten, dass die Richtung des Spins in irgendeiner Art und Weise kontinuierlich (z.B. gaussförmig) um den Nullpunkt verteilt ist und deshalb die Atome welche auf einen Leuchtschirm treffen, längs der zAchse verschmieren. Was man jedoch beobachtet sind zwei symmetrisch um den Ursprung verteilte Anhäufungen der Atome. Das ist nur zu erklären, wenn man von einer Quantelung des Spins ausgeht. Elektronen sind Spin 21 Teilchen. Ihre Spinquantenzahl beträgt s = 21 . Da es sich beim Spin um einen Drehimpuls handelt (die Spinoperatoren sind gerade die Paulimatrizen, für die die geforderte Kommutatorrelation gilt), heißt das für die z-Komponente, dass sie nur sz = h̄2 oder sz = − h̄2 annehmen kann. Das Betragsquadrat des Spins ist in jedem Christian Huber 12 Physik IV - Atome und Moleküle 4 Der Spin Fall ~s2 = s(s + 1)h̄2 = 34 h̄2 . Intuitiv könnte man vermuten, dass das mit dem Spin verknüpfte magnetische Moment Abbildung 10: Präzession des Spins in einem externen Magnetfeld: Man sieht, dass es für den Spin nur zwei Einstellmöglichkeiten gibt. µs folgendermaßen erhalten werden kann µ ~s = µb ~s h̄ (14) Der g-Faktor oder Landé-Faktor gs ist jedoch für den Spinmagnetismus nicht 1, sondern 2. Genauer sogar etwas mehr als 2, nämlich gs = 2, 0023. Deshalb lautet die korrekte Relation µb µb (15) µ ~ s = gs · ~s = 2 · ~s h̄ h̄ Dieses Wissen erhält man durch das Einstein-de-Haas-Experiment. Dabei wird ein Mas- Abbildung 11: Versuchsaufbau zum Einstein-de-Haas-Experiment sestück, welches an einem Torsionsfaden hängt schlagartig umgepolt. Mit der Änderung des magnetischen Moments der Probe ändert sich auch sein Drehimpuls, welcher jedoch erhalten bleiben muss. Deshalb fängt die Probe an sich zu drehen. Daraus lässt sich auf den Landé-Faktor zurückrechnen. Eine weitere wichtige Größe, in diesem Zusammenhang ist das sog. gyromagnetische Verhältnis. Es ist definiert als γ= |µ ~| ~ |j| (16) Man sieht leicht, dass zwischen gyromagnetischem Verhältnis und Landé-Faktor der Zusammenhang µB γ=g· (17) h̄ gilt. Christian Huber 13 Physik IV - Atome und Moleküle 4 Der Spin 4.4 Präzession im Magnetfeld Es wurde bereits angeprochen, dass auf ein magnetisches Moment im B-Feld ein Dreh~ =µ ~ wirkt. Da µ moment D ~ ×B ~ und ~l zueinander parallel bzw. antiparallel stehen, steht das Drehmoment stehts senkrecht auf dem Drehimpuls, weswegen es zu einer Präzession des Drehimpulses um die Magnetfeldachse kommt. Es gilt also ~ =µ ~ = γ · ~l × B ~ D ~ ×B (18) Die Präzessionsfrequenz errechnet sich wie folgt. Wir stellen uns vor, dass sich nach Abbildung 12: Zur Berechnung der Präzessionsfrequenz ~ = Ddt ~ dazuaddiert hat. Dadurch hat sich der infinitesimalen Zeit dt der Drehimpuls dL die Projektion des Drehimpulses auf die Drehachse nicht verändert, sondern lediglich ~ dessen Normalkomponente hat die Richtung geändert. Der infinitesimale Drehimpuls dL beschreibt ein Stück eines Kreisbogens ds = r · dϕ, wobei der Radius hier durch die Normalkomponente des Drehimpulses gegeben ist. Die zugehörige Winkeländerung ist dϕ = ωdt = ds | ~l | sin α = ~ | |D dt | ~l | sin α (19) wenn der Drehimpuls mit der Drehachse den Winkel α einschließt. Im Falle unseres magnetischen Moments erhalten wir also für die Präzessionsfrequenz, welche auch Larmorfrequenz genannt wird ωl = ~ | ~ | sin α |D |µ ~ || B = ·γ =γ·B ~ | sin α |µ ~ | sin α |L (20) Durch Vorgabe einer Vorzugsrichtung in Form eines B-Feldes von außen, prädeziert das magnetische Moment und damit auch der Drehimpuls um die B-Feldachse. Dabei ändert sich die Komponente der Vorzugsrichtung nicht. Sie kann, wie wir herausgefunden haben nur spezielle Werte annehmen. Die Normalkomponente dreht sich. Da diese Drehung sehr schnell von statten geht, mitteln sich diese Komponenten zeitlich zu Null. Sie sind jedoch nicht exakt Null, denn sonst hätten wir mehrere Drehimpulskomponenten zum gleichen Zeitpunkt exakt bestimmt. p Inbesondere ist es wegen | ~l |= l(l + 1)h̄ > lh̄ = lz für alle l 6= 0 unmöglich, dass der Drehimpuls exakt in z-Richtung zeigt. Die Ünbestimmtheitı̈n den anderen Raumrichtungen ist also immer vorhanden. Christian Huber 14 Physik IV - Atome und Moleküle 5 Feinstruktur des Wasserstoff 5 Feinstruktur des Wasserstoff 5.1 Spin-Bahn-Kopplung Betrachtet man das Wasserstoffspektrum mit Spektroskopen höherer Auflösung, so beobachtet man, dass alle Linien bis auf die s-Linien in Wahrheit in Dublette aufgespalten sind. Um diese sogenannte Feinstrukturaufspaltung zu verstehen, müssen wir uns die Kopplung von Spindrehimpuls und Bahndrehimpuls genauer angucken. Spin und Bahndrehimpuls sind nicht unabhängig voneinander, sondern koppeln zusam- Abbildung 13: Vektoraddition von ~l und ~s zu ~j men zum sogenannten Gesamtdrehimpuls ~j. Später werden wir auch noch den Kernspin berücksichtigen. Der Gesamtdrehimpuls ist ein Drehimpuls und besitzt deswegen das Betragsquadrat ~j 2 = j(j + 1)h̄2 und die z-Komponente jz = mj h̄ mit −j ≤ mj ≤ j. Die Frage ist nun, welche Werte j annehmen kann. Es gilt j =| l ± s |. Da für Elektronen s = 12 gilt, spalten alle Niveaus mit l > 0 in zwei Niveaus mit unterschiedlichem Gesamtdrehimpuls auf. Die zwei möglichen Gesamtdrehimpuls für gegebenes l und s rühren daher, dass der Spin entweder parallel oder antiparallel zum Bahndrehimpuls stehen kann. Für optische Übergänge gilt bei Spin-Bahn-Kopplung eine zusätzliche Auswahlregel, nämlich ∆j = ±1 oder ∆j = 0. Letzteren Fall erhält man z.B. wenn der Bahndrehimpuls um h̄ vermindert wird, aber der Spin von down zu up flippt. Lediglich der Übergang von j = 0 zu j = 0 ist nicht erlaubt. Die Nomenklatur erfolgt folgendermaßen: Man gibt die Hauptquantenzahl mit der Multiplizität im Exponenten an; dahinter als Großbuchstaben den Bahndrehimpuls und im Index die Gesamtdrehimpulszahl. Also z.B. bedeutet 22 P 3 , dass das Niveau mit n = 2,l = 1 und sz = 12 gemeint ist. Der Exponent 2 = 2 · gerade 2. 1 2 2 + 1 gibt die sogenannte Spinmultiplizität an, und ist für Spin 1 2 immer 5.2 Die Spin-Bahn-Aufspaltung Die Existenz des Gesamtdrehimpulses begründet noch nicht, warum die Dublettaufspaltung zustande kommt. Der Grund für die Aufspaltung liegt darin, dass das umlaufende Elektron am eigenen Ort ein Magnetfeld erzeugt, welches daraufhin mit dem magnetischen Moment des Spins wechselwirkt. Wir wissen bereits, dass die potentielle Energie ~ Das B-Feld, eines magnetischen Moments im B-Feld gegeben ist durch V = −~ µ · B. Christian Huber 15 Physik IV - Atome und Moleküle 5 Feinstruktur des Wasserstoff welches vom Elektron am eigenen Ort erzeugt wird ist nicht trivial zu berechnen. Es ist gegeben durch ~ l = Zeµ0 ~l (21) B 4πr3 m0 Wichtig hieran zu sehen, ist zunächst, dass das B-Feld linear vom Drehimpuls abhängt und zudem noch vom Radius. Da es quantenmechanisch keinen Bahnradius im eigentlichen Sinne gibt, müsste hier korrekterweise mit dem Mittelwert des Aufenthaltsortes gerechnet werden. Da wir den Zusammenhang zwischen magnetischem Moment und Spin kennen, können wir einsetzen Ze2 µ0 Vls = ~s · ~l (22) 8πm20 r3 Die Größe ~s · ~l lässt sich mithilfe des Cosinussatzes berechnen und ergibt dann h̄2 2 [j · (j + 1) − l · (l + 1) − s · (s + a)] Damit erhalten wir für die Wechselwirkungsenergie a Vls = r(n, l))2 · [j · (j + 1) − l · (l + 1) − s · (s + a)] (23) ( wobei a eine Funktion von r und damit letztendlich von n und l ist. Die eckige Klammer ist positiv für den Fall, dass j =| l+s | ist und führt somit zu einer Anhebung der Energie. Für den anderen Fall ist sie negativ. Für l = 0 wird sie ebenfalls Null, weswegen das s-Niveau keine Aufspaltung erfährt. 4 Für den Faktor a gilt a ∝ Zn3 . Die Aufspaltung ist also für höhere Kernladungszahlen Abbildung 14: Aufspaltung der Niveaus gleicher Nebenquantenzahl l in Dubletten und niedrigere Hauptquantenzahlen deutlicher zu beobachten. Prominentestes Beispiel dürfte hier die Natriumdublettaufspaltung sein. 5.3 Neue Quantenzahlen Mit der Einführung der Spin-Bahnkopplung wird eine neue Wechselwirkung eingeführt, welche, da sie die Gesamtenergie ändert, auch im Hamiltonoperator auftauchen muss. Dieser ist also um die Wechselwirkungsenergie zu ergänzen H = H0 + VLS (24) Das hat Auswirkungen auf die Eigenfunktionen. Früher haben wir die Quantenzahlen n, l, mz , ms angegeben, da sich aus diesen die Eigenwerte der zugehörigen Operatoren H, ~l2 , lz , Sz berechnen ließen, die zusammen einen vollständigen Satz kommutierender Observabler bildet. Durch Angabe der Eigenwerte zu diesen Observablen konnte eine Christian Huber 16 Physik IV - Atome und Moleküle 5 Feinstruktur des Wasserstoff Abbildung 15: Präzession von Bahndrehimpuls und Spin um den neuen Gesamtdrehimpuls, sowie Einstellmöglichkeiten für den Gesamtdrehimpuls Wellenfunktion eindeutig charakterisiert werden. Durch die Spin-Bahn-Kopplung taucht jetzt der Bahndrehimpulsoperator und der Spinoperator im Hamiltonoperator auf. Die Operatoren lz und Sz kommutieren nicht mehr mit Hamiltonoperator. Ihre Eigenwerte sind keine scharfen Messergebnisse mehr. Anschaulich bedeutet das, dass Bahndrehimpuls und Spin nicht mehr um die z-Achse präzedieren, sondern zusammen um den Gesamtdrehimpuls präzedieren, der selbst wiederrum um die z-Achse präzediert. Denn ~j 2 und jz kommutieren mit dem Hamiltonoperator. Auch die Quantenzahlen s und l können weiterhin verwendet werden, da die Drehimpulsquadrate mit dem Hamiltonoperator vertauschen. Lediglich die Projektionen auf die z-Achse fallen über Bord. Die Quantenzahlen, die uns nun zur Verfügung stehen sind also n, j, mj , l, s. 5.4 Feinstruktur des Wasserstoffs Für den Wasserstoff lässt sich die Feinstrukturaufspaltung berechnen, da die Lösung der Schrödingergleichung bekannt ist. Berücksichtigt man die LS-Kopplung und zudem noch relativistische Korrekturen aus der Diracgleichung, so ergibt sich ein Zusatzterm zu den normalen Energietermen. Obwohl die LS-Aufspaltung offensichtlich von j, l, s abhängt, ist die gesamte Aufspaltung zusammen mit der relativistischen Korrektur nur noch von j abhängig. Es gilt !! α2 3 1 Enl = En 1 + − (25) n 4n j + 12 α ist hier die Sommerfeldsche Feinstrukturkonstante. Augrund dieser Korrektur sind alle Energieterme geringfügig abgesenkt. Terme mit größerem j liegen höher. Da keine l-Abhängigkeit vorliegt, können Energieniveaus bezüglich j entartet sein. 5.5 Die Lamb-Verschiebung Erst um 1950 wurde erkannt, dass doch keine j-Entartung vorliegt. Niveaus mit gleichem j aber geringerem l liegen ein kleines bisschen höher, als die Niveaus mit höherem l. Die folgende Grafik demonstriert die bisherigen Korrekturen im Wasserstoffspektrum, die wir beachtet haben, also zum einen die Absenkung, durch die relativistischen Korrekturen Christian Huber 17 Physik IV - Atome und Moleküle 6 Atome in externen Felder und die Aufspaltung bezüglich j durch die LS-Kopplung und in einem nächsten Schritt die Aufspaltung bezüglich l durch den Lamb-Shift. Abbildung 16: Aufspaltung des Wasserstoffspektrums in die Feinstruktur 6 Atome in externen Felder 6.1 Der normale Zeemaneffekt Durch den normalen Zeemaneffekt wird die m-Entartung aufgehoben. Da dies durch Anlegen eines exexternen B-Feldes geschieht heißt m auch die magnetische Quantenzahl. Der Name normaler Zeemaneffekt ist eigentlich irreführend, da der ”normale”Fall der Fall des anormalen Zeemaneffekts ist. Der normale Zeemaneffekt tritt bei verschwindendem Spinmagnetismus auf, also nur bei Mehrelektronenatomen. Beim normalen Zeemaneffekt spalten Niveaus mit gleichem l, aber unterschiedlichem Abbildung 17: Aufspaltung bezl. m durch den normalen Zeemaneffekt: Die Niveaus spalten in 2l + 1 Unterniveaus mit gleichen Energieabstand auf. Wegen den Auswahlregeln gibt es aber trotzdem nur 3 verschiedene Linien im Spektrum m in 2l + 1 Unterniveaus mit jeweils gleichem Abstand auf. Dementsprechend sind neue Linien im Spektrum zu sehen und vor allem die Auswahlregel ∆m = 0, ±1 wird wichtig. Die Energieanhebung bzw. Absenkung ist nicht weiter schwer und ergibt sich wieder ~ Da wir es hier mit reinem Bahnmagnetismus zu tun haben gilt durch Vmag = −~ µB. 1~ zudem µl = −µb h̄ l. Man wählt oBdA das B-Feld parallel zur z-Achse aufgrund unserer Wahl der lz Komponente als ausgezeichneter gequantelter Komponente. Damit erhalten Christian Huber 18 Physik IV - Atome und Moleküle 6 Atome in externen Felder wir für die Energie jedes Niveaus En,m = En + ml · µb · B (26) Der Abstand der aufgespaltenen Nivaus beträgt damit gerade ∆E = µb · B. Da nur Übergänge mit ∆m = 0, ±1 erlaubt sind, spaltet jede Linie im Spektrum in 3 Linien auf, das sogenannte SZeeman-Triplett”. Eine Besonderheit tritt bei der Polarisation dieser Linien auf. Beobachtet man senkrecht zu den B-Feldlinien (transversal), so erscheinen alle drei Linien ganz normal linear polarisiert. In logitudinaler Richtung sieht man nur die beiden verschobenen Komponenten, welche entgegengesetzt zirkular polarisiert sind. Das kann man sich modellhaft erklären. Wir denken uns ein strahlendes Elektron im Atom in drei Hilfselektronen aufgespal- Abbildung 18: Polarisation beim Zeemaneffekt: Die transversalen Komponenten sind linear polarisiert, die longitudinalen zirkular. ten. Eines davon oszilliert längs der B-Feldlinien. Dieses ist vom B-Feld unbehelligt und strahlt wie ein ganz normaler Dipol. Es ist für die unverschobene Komponente transversal verantwortlich. Als Hertzscher Dipol strahlt es nicht entlang seiner Achse, deswegen fehlt diese Komponente. Die beiden anderen Elektronen zirkulieren entgegengesetzt (Zerlegung einer linear polarisierten Welle in zwei zirkular polarisierte Wellen) und werden durch das B-Feld beeinflusst. Dabei wird aufgrund der Lenzschen Regel ein Elektron beschleunigt, während das andere abgebremst wird. Sie strahlen deswegen nicht mehr mit der gleichen Frequenz und man erkennt, dass sie zirkular polarisiert sind, weil sie sich eben nicht mehr zur linearen Polarisation überlagern könnte. Ein Übergang mit ∆m = 0 ist linear polarisiert und nur transversal beobachtbar. Die beiden Übergänge mit ∆m ± 1 verursachen die verschobenen zirkular polarisierten Komponenten. 6.2 Der anormale Zeemaneffekt Hierbei handelt es sich um den allgemeinen Fall. Wir werden sehen, dass hier im Vergleich zum normalen Zeemaneffekt die Größe der Aufspaltung vom Orbital abhängt. Wir gehen davon aus, dass LS-Kopplung vorliegt und das externe B-Feld nicht allzu stark ist (sonst käme der Paschen-Back-Effekt zum Tragen). Der grundlegende Ansatz ist genau der gleiche wie beim normalen Zeemaneffekt. Aufgrund der Ausrichtung der z-Komponente des Gesamtdrehimpulses und des damit ver- Christian Huber 19 Physik IV - Atome und Moleküle 6 Atome in externen Felder knüpften magnetischen Momentes µj haben die verschiedenen Komponenten ein unterschiedliches Potential im B-Feld. Der Zusatzterm lautet also (das B-Feld sei wieder in z-Richtung gewählt) ~ = gj µb jz · B = gj mj µb · B Vj = −~ µj · B h̄ (27) Die Schwierigkeit besteht jetzt in der Bestimmung von gj . Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser konstant ist, da ja unterschiedliche Bahndrehimpulse und Spins koppeln können. Um gj zu bestimmen gucken wir uns noch einmal genauer die LS-Kopplung an. Die beiden Drehimpulse koppeln zusammen und bilden den Gesamtdrehimpuls. Dabei erhalten wir das Gesamtdrehimpulsbetragsquadrat und dessen z-Komponente als neue Erhaltungsgröße. Wir haben auch festgestellt, dass lz und sz nicht mehr zum V.S.k.O gehören, d.h. die z-Komponenten der ursprünglichen Drehimpulse sind nicht mehr scharf messbar. Gleichwohl ist aber ihr Betragsquadrat immernoch konstant. Die Forderung, dass sich das Gesamtdrehimpulsbetragsquadrat nicht ändert, die Betragsquadrate der einzelnen Drehimpulse genausowenig, aber deren z-Komponenten nicht konstant bleiben dürfen lässt sich nur realisieren, wenn die einzelnen Drehimpulse um gleicher Frequenz um den Gesamtdrehimpuls präzedieren. Wir wissen, wissen wie wir die zugehörigen magnetischen Momente µ ~ s und µ ~ l erhalten, Abbildung 19: Zur Berechnung des magnetischen Moments des Gesamtdrehimpulses: Durch die schnelle Präzession ist nur die Projektion auf die Richtung von ~j im Mittel von Null verschieden. diese sind antiparallel zu ihrem jeweiligen Drehimpuls. Weil nun aber gl 6= gs gilt, die Momente also unterschiedlich skaliert werden, kann µ ~j = µ ~l + µ ~ s nicht mehr parallel ~ ~ ~ zu j sein. Da l und ~s nun aber um j präzedieren, präzediert auch µ ~ j um ~j und zwar derart schnell, dass die Komponenten senkrecht zu ~j sich zeitlich rausmitteln und nur die Projektion relevant ist. Geometrische Überlegungen ergeben dann gj = 1 + j(j + 1) + s(s + 1) − l(l + 1) 2j(j + 1) (28) Man sieht also, dass Niveaus mit unterschiedlichen l unterschiedlich weit Aufspalten. Gleiches gilt für unterschiedliches j. Da s = 21 für Einelektronsysteme fest ist, wird hier Christian Huber 20 Physik IV - Atome und Moleküle 6 Atome in externen Felder nicht weiter unterschieden. Bei optischen Übergängen ist wieder auf ∆mj = 0, ±1 zu achten. Die Grafik zeigt mögliche Übergänge. Abbildung 20: Aufspaltung beim anormalen Zeemaneffekt: Sie hängt von l und j ab. Bei den Übergängen ist auf die Auswahlregeln zu achten. 6.3 Der Paschen-Back-Effekt Erhöht man die B-Feldstärke so beobachtet man irgendwann, dass sich das Spektrum erneut ändert. Das ist der sogenannte Paschen-Back-Effekt. Wird das externe B-Feld stärker, so überwiegt irgendwann die Kopplung der einzelnen magnetischen Momente von Spin- und Bahndrehimpuls gegenüber der LS-Kopplung untereinander. Dadurch präzedieren beide separat um das äußere B-Feld; der Gesamtdrehimpuls existiert so nicht mehr. Da die Kopplung zwischen Bahndrehimpuls und Spin von der Kernladungszahl in vierter Abbildung 21: Der Paschen-Back-Effekt: Die Kopplung an das B-Feld ist stärker als die Kopplung untereinander, somit präzedieren Bahndrehimpuls und Spin separat um die ausgezeichnete Achse. Potenz abhängt, braucht man für ein leichtes Atom nur ein weitaus schwächeres B-Feld Christian Huber 21 Physik IV - Atome und Moleküle 7 Hyperfeinstruktur um den Paschen-Back-Effekt zu beobachten, als für ein schweres Atom. Die Energiezusatzterme berechnen sich dann separat zu ~ = (ml + 2ms )µb · B En,ml ,ms = En + Emag,l + Emag,s = En − (~ µl + µ ~ s) · B (29) Folgende Grafik zeigt den unterschied zwischen anormalem Zeeman-Effekt und PaschenBack-Effekt. Abbildung 22: Termschema mit anormalem Zeeman-Effekt und Paschen-Back-Effekt 6.4 Atome im elektrischen Feld - Stark-Effekt Auch ein externes elektrisches Feld hat Auswirkungen auf die Energieniveaus. Man unterscheidet zwei verschiedene sog. Stark-Effekte. • Beim linearen Stark-Effekt wird die l-Entartung aufgehoben. Er tritt nur auf folglich nur beim Wasserstoff und wasserstoffähnlichen Systemem auf, da bei anderen Systemem die l-Entartung schon durch das nicht kugelsymmetrische Potential aufgehoben ist. Der lineare Stark-Effekt verursacht eine lineare Verschiebung der Energieniveaus mit l 6= 0. Er ist mit Störungstheorie gut zu berechnen, aber anschaulich nicht zu verstehen. ~2 • Beim quadratischen Stark-Effekt beobachtet man eine Verschiebung, die zu E proportional ist. Man kann sich dies erklären, wenn man annimmt, dass durch ~ gebildet wird. Dieser besitzt im E-Feld das E-Feld im Atom ein Dipol mit p~ ∝ E 1 ~ 2 ~ wiederrum ein Potential Vel = 2 p~E ∝ E . 7 Hyperfeinstruktur 7.1 Der Kernspin Bei sehr hoher Auflösung kann man noch eine letzte Aufspaltung der Energieniveaus erkennen. Um diese zu verstehen muss zunächst der Kernspin eingeführt werden. Der Kern besitzt genau das Elektron einen Spin. Da dieser ein Drehimpuls ist, gilt für ihn q (30) | I~ |= I(I + 1)h̄ Christian Huber 22 Physik IV - Atome und Moleküle 7 Hyperfeinstruktur Iz = mI h̄ (31) und mI geht natürlich wieder von −I ≤ mI ≤ I Die Kernspinquantenzahl I kann ganzoder halbzahlige Werte annehmen. Für den Wasserstoffkern ist sie IH = 12 , für Kalium ist sie IK = 4. Es gibt auch Kerne mit verschwindendem Kernspin. Mit dem Spin ist ein magnetisches Moment verknüpft mit µ ~ I = gI µK ~ ·I h̄ (32) Der Landé-Faktor gI ist hier nicht berechenbar, sondern muss experimentell bestimmt werden. Er kann sowohl positive als auch negative Werte annehmen. Das Kernmagneton µK ist exakt gleich definiert, wie das Bohrmagneton, nur das hier die Protonenmasse im Nennervorkommt. eh̄ µK = (33) 2mp Da die Protonenmasse rund 10000 mal größer ist als die Elektronenmasse, ist das Kernmoment bedeutend schwächer, weswegen auch die Aufspaltung so schwer zu beobachten ist. 7.2 Die Kopplung von J~ und I~ So wie wir bei der LS-Kopplung die Addition von ~l und ~s als Gesamtdrehimpuls ~j aufgefasst haben, so erweitern wir diesen nun um den Kernspin. Wir erhalten also einen ~ Für diesen gilt als Drehimpuls wie üblich, dass sein neuen Gesamtdrehimpuls F~ = I~ + J. Betrag sich schreiben lässt als | F~ |= q F (F + 1)h̄ (34) Die Quantenzahl F kann dabei die Werte F = I + J, I + J − 1, . . . , I − J, falls J < I (es existieren dann 2J + 1 verschiedene Werte für F ), oder als F = J +I, J +I −1, . . . , J −I, falls I < J (es existieren dann 2I + 1 verschiedene Werte für F ). Wir gehen nun analog wie bei der LS-Kopplung vor. Die Energieanhebung bzw. Absenkung rührt daher, dass das Kernmoment ein Potential im magnetischen Feld der Elektronen besitzt. Es gilt also ~j = − | µ ~ j ) = µK · VKern = −~ µI · B ~ I | ·Bj · cos(~ µI B q ~j) I(I + 1)Bj cos(~ µI B (35) ~ Man Den cos erhält man wieder aus einer grafischen Vektoraddition von F~ = I~ + J. erhält, wie bei der LS-Kopplung ~ J) ~ = F (F +p1) − I(I +p1) − J(J + 1) cos(I, 2 J(J + 1) I(I + 1) (36) Für die Energiedifferenz ergibt sich dann gI µK Bj ∆EHF S = p · [F (F + 1) − I(I + 1) − J(J + 1)] 2 J(J + 1) Christian Huber (37) 23 Physik IV - Atome und Moleküle 7 Hyperfeinstruktur Man sieht also, dass die Komponenten nun nochmal energetisch angehoben/abgesenkt werden und für den Fall, dass sowohl I, als auch J ungleich Null sind aufspalten, weil es dann für F verschiedene mögliche Zahlenwerte gibt, die dann jeweils unterschiedlich weit angehoben werden. Folgende Grafik zeigt nun das vollständige Termschema des Wasserstoffs. Die Grafik ist nicht maßstabsgetreu. Abbildung 23: Vollständiges Termschema des Wasserstoffs Christian Huber 24