Perspektiven PPA PATIENTENBERATUNG Ernährung bei Laktoseintoleranz von Bernd Hein, Fachjournalist Gesundheitswesen, Buch am Buchrain | Die Folgen der Laktoseintoleranz sind praktisch ausschließlich mithilfe einer Ernährungsanpassung zu vermeiden. Als MFA können Sie betroffenen Patienten Tipps geben, wie sie mit einer Laktoseintoleranz möglichst ohne ganz großen Aufwand so leben können, dass sich die Beschwerden in ­akzeptablen Grenzen halten bzw. überhaupt nicht auftreten. | Laktosehaltige Nahrungsmittel Laktose ist inzwischen in sehr vielen Lebensmitteln enthalten. Meistens kommt der Milchzucker durch künstliche Zumischung in Fertigprodukten („Convenience Food“) vor. Er verleiht den Speisen eine weithin angenehm empfundene Konsistenz sowie attraktive Reize auf die Mundschleimhaut: Das Essen „fühlt sich gut an“. Betroffen sind neben Milchprodukten auch Fertignahrung sowie Fleisch- und Wurstwaren. Laktose wird Lebensmitteln oft zugesetzt Milchprodukte Die Milch aller Nutztiere, die für die Ernährung von Menschen infrage kommt, enthält Laktose in einer ähnlich hohen Konzentration. Sie liegt bei ca. 5 %. Deshalb ist es nicht zweckmäßig, lediglich Kuhmilch gegen die Milch von anderen Tieren auszutauschen. Diese Strategie wäre lediglich bei einer Kuhmilchallergie sinnvoll (siehe PPA 04/2016, Seite 3). Als Alternative kann laktosefreie Milch dienen, die seit Jahren im Handel erhältlich ist. Für ihre Erzeugung versetzen Molkereien die Milch mit dem Enzym Laktase. Dadurch sinkt nicht nur der Anteil an Laktose, sondern die Milch verändert auch ihren Geschmack. Sie wird süßer und ist deshalb ggf. nicht mehr für alle Anwendungsbereiche nutzbar. SIEHE AUCH Beitrag auf Seite 3 dieser Ausgabe Alternative: laktosefreie Milch PDF erstellt für Gast am 07.04.2017 PRAXISHINWEIS | Vegetarische bzw. vegane Milchersatzprodukte, z. B. aus ­ oja, Hafer oder Reis, lassen sich ebenfalls bei Laktoseintoleranz verwenden. S Verarbeitete Milch, z. B. im Joghurt oder Käse, verursacht laktoseintoleranten Menschen viel weniger Probleme, weil sie mit Bakterien versetzt wird, die den Milchzucker spalten. Als Faustregel gilt: Je länger die Reifezeit von Käse dauert, desto weniger Laktose enthält er. Sichtbares Zeichen dafür sind die Löcher in vielen Käsesorten. Sie bilden sich, weil bei der Verstoffwechslung des Milchzuckers durch die Bakterien auch das Gas Kohlendioxid entsteht. Joghurt oder Käse oft besser verträglich als Milch MERKE | Die Aufschrift „laktosefrei“ auf Milchprodukten ist nicht gleichbedeutend mit einer vollständigen Abwesenheit von Milchzucker. Man spricht von Laktosefreiheit, wenn der Gehalt des Milchzuckers geringer ist als 0,1 Gramm pro 100 Gramm des Lebensmittels. Deshalb können bei Menschen mit einer sehr ausgeprägten Intoleranz auch nach dem Verzehr solcher Produkte Probleme auftreten. „Laktosefrei“ heißt nicht „völlig frei von Laktose“ 04-2016PRAXISTEAM PROFESSIONELL 5 PPA Zutatenliste auf der Verpackung gibt keine absolute Sicherheit! Perspektiven Fertignahrung In vielen industriell verarbeiteten Nahrungsmitteln (auch Brot und Süßig­ keiten), findet sich Milchzucker. Dies gilt selbst für solche Speisen, in denen man zunächst keine Milch bzw. Milchprodukte als Inhaltsstoffe vermuten wür­ de. Leider sind die Hersteller nicht ausnahmslos verpflichtet, Laktose in der ­gesetzlich vorgeschriebenen Zutatenliste auf der Verpackung gesondert aus­ zuweisen. Wenn aber auf der Verpackung steht, dass sich darin Milch- oder ­Magermilchpulver befindet, ist von einem hohen Laktoseanteil auszugehen, denn diese Pulver bestehen überwiegend zu mehr als 35 % aus Milchzucker. PRAXISHINWEIS | Um vollständig sicherzugehen, sollten Betroffene auf Nah­ rungsmittel ausweichen, die als „laktosefrei“ deklariert sind. Dann ist der maxi­ mal zulässige Gehalt zumindest gering. Die Alternative ist ein Verzicht auf Fertig­ nahrung. Auch eine Recherche beim Hersteller kann Klarheit schaffen. Im Zweifel Fleisch und Wurst lieber beim Metzger kaufen Fleisch- und Wurstwaren Gleiches wie für Fertignahrung gilt für Fleisch- und Wurstwaren. Sicherheit lässt sich erneut nur durch Verzicht oder persönliche Information durch den Hersteller erreichen. Menschen, die nicht auf Fleisch verzichten möchten, können auch auf Metzger ausweichen, die ihre Waren selbst herstellen und deshalb detaillierte Aufklärung über die Zutaten garantieren können. Tipps für die Patientenberatung INFORMATION Eine umfassende Ernährungsberatung können nur Fachleute leisten. Daher sollten Sie betroffene Patienten an ortsansässigen Ökotrophologen (Ernäh­ rungswissenschaftler), Krankenkassen oder Fachgesellschaften (www.dge.de) verweisen und als Soforthilfe beruhigend auf den Patienten einwirken. www.dge.de ◼◼Laktoseintoleranz: Hinweise für betroffene Patienten Der Grad einer Laktoseintoleranz hängt immer von der persönlichen Fähigkeit zur Spaltung des Milchzuckers ab. Das heißt, jeder Patient muss selbst heraus­ finden, wie viel Laktose er täglich beschwerdefrei verträgt. Ausschlaggebend ist die Achtsamkeit bei der Auswahl der Speisen. Grund­ sätzlich gilt: Es ist sinnvoll, möglichst viele Mahlzeiten zu sich zu nehmen, die aus naturbelassenen Zutaten selbst zubereitet sind. Diese Strategie garantiert den Überblick über die Inhaltsstoffe. PDF erstellt für Gast am 07.04.2017 Eine laktosebewusste Ernährung stellt Ansprüche an die Zusammenstellung des Speiseplans, bedeutet jedoch keine Einschränkung (etwa für andere Fami­ lienmitglieder), weil entsprechend ausgewählte Produkte den Zugang zu sämtlichen Geschmackserlebnissen ermöglichen. Geeignete Milch(-produkte) im Speiseplan behalten oder durch andere geeig­ nete Nahrungsmittel ersetzen, um einem Kalziummangel vorzubeugen. Laktoseintoleranz kann mit anderen Nahrungsmittelunverträglichkeiten ein­ hergehen. Diese sind ebenfalls im Auge zu behalten. 6 PRAXISTEAM04-2016 PROFESSIONELL