Durchblick schaffen. Ausblick 2017 – Grund zur Entscheidung. Landesbank Baden-Württemberg Sehr geehrte Leserinnen und Leser, wir freuen uns, Ihnen hiermit einen Ausblick über die von uns erwartete Entwicklung der Konjunktur und der Märkte im kommenden Jahr überreichen zu können. Ihr LBBW Research Inhalt. 1 Editorial 4 2 Konjunkturausblick 7 2.1 Weltkonjunktur 10 2.2 Euroraum 11 2.3 UK 13 2.4 Schweiz 15 2.5 USA 16 2.6 Japan 19 2.7 China 23 2.8 Emerging Markets 24 Kalender. Wichtige Ereignisse im Jahr 2017 29 3 Deutschland 31 3.1 Schockresistent ins neue Wahlkampfjahr 32 3.2 Sonderthema: Soll der Staat mehr investieren? 34 4 Langfristige Chancen und Risiken 38 4.1 Ist die Globalisierung in Gefahr? 39 4.2 Sind unsere Arbeitsplätze durch Roboter bedroht? 40 4.3 Führt die Geldpolitik der EZB zu einer Assetpreisblase? 41 4.4 Droht das Ende der Solidarität in Europa? 42 5 Unsere Prognosen für 2017 5.1 Zinsen 46 5.2 Währungen 50 5.3 Rohstoffmarkt 52 5.4 Aktien 55 44 6 Fazit 60 6.1 Die Gewinner und die Verlierer der Niedrigzinspolitik 61 Editorial. Sehr geehrte Leserinnen und Leser, in unserem diesjährigen Jahresausblick schauen wir auf das kommende Jahr unter dem Motto »Grund zur Entscheidung«. Denn ich denke, dass 2017 in vielen Bereichen richtungsweisende Entscheidungen anstehen und gefällt werden müssen. Auf der politischen Ebene wird mit der Vereidigung des designierten US-Präsidenten Donald Trump im Januar wohl ein neues Kapitel der transatlantischen Beziehungen aufgeschlagen. Die ersten Reaktionen der Staatschefs der Europäischen Union deuten auf eine Abkühlung hin. Die EU muss 2017 außerdem entscheiden, wie sie mit den Briten über den Austritt Großbritanniens aus der Union verhandeln möchte. Es geht um die Solidarität und die Zukunft der Union als Ganzes. Das könnte bei den Wahlen im nächsten Jahr in Frankreich und in Deutschland ein zentrales Thema werden. Macht es die EU Großbritannien zu einfach auszutreten, könnten schnell andere Länder auf die Idee kommen, dass sie ohne die EU wohl besser dran wären. 4 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Auf der wirtschaftlichen Ebene sollte sich Deutschland 2017 klar werden, was wirklich wichtig ist, um unser Wohlstandsniveau langfristig zu sichern. Im langsam anlaufenden Wahlkampf scheint mir das bislang nicht der Fall zu sein. Wir müssen mehr in Infrastruktur wie unsere Daten- und Stromautobahnen investieren. Die Energiewende und das Upgrade unserer Wirtschaft auf die Stufe 4.0 bieten zahlreiche Möglichkeiten, eine hohe gesamtwirtschaftliche Rendite zu erzielen. Nur mit Investitionen in Bildung sowie Forschung und Entwicklung haben wir zudem eine Chance, langfristig im globalen Wettbewerb zu bestehen. Die bisherigen Pläne von Rentenerhöhungen und höheren Sozialausgaben mögen kurzfristig gefallen. Sozialausgaben verteilen den Kuchen jedoch nur, lediglich Investitionen in die Zukunft vergrößern aber den zu verteilenden Kuchen. Glücklicherweise sprudeln die Einnahmen des Staates dank des soliden konjunkturellen Aufschwungs. Wir erwarten auch im nächsten Jahr ein relativ kräftiges Wachstum in Deutschland. Der Aufschwung hat sich als erstaunlich resistent erwiesen und daher sind wir für die nahe Zukunft optimistisch. Auch die Erholung in den Schwellenländern, also den Abnehmern unserer Exporte, dürfte sich als Segen erweisen. Die Zentralbanken stehen möglicherweise sogar noch dieses Jahr vor folgeschweren Entscheidungen. Die USNotenbank dürfte im Dezember den Leitzins nach einem Jahr Pause erneut anheben und auch im nächsten Jahr einen strafferen Kurs fahren. Die derzeitige Zögerlichkeit der Federal Reserve wirkt meiner Meinung zunehmend unangemessen angesichts der soliden US-Wirtschaft und dem sehr guten Arbeitsmarkt. Auch die EZB könnte im Dezember mit einer Anpassung ihrer Politik aufwarten. Langsam stößt das Anleihekaufprogramm an die Grenzen seiner Effektivität. Mit dem Anstieg der Inflationsraten und der etwas strafferen Geldpolitik in den USA könnte der richtige Zeitpunkt gekommen sein, um das Anleihekaufprogramm langsam auslaufen zu lassen. Anleger müssen auf alle diese sich verändernden Bedingungen reagieren. Der Aufschwung verschafft uns zwar die Möglichkeit, einigermaßen in Ruhe über wichtige soziale und politische Themen nachzudenken. Doch wir sollten nicht zu lange mit unseren Entscheidungen warten, es gilt, »lieber früher als später« die Weichen für unsere Zukunft zu stellen, und gerade in jetzigen Zeiten bietet sich dieses an. Ich hoffe, dass wir vom LBBW Research Ihnen mit unserem Jahresausblick 2017 erneut helfen können, fundierte und wohlüberlegte Entscheidungen treffen zu können. Uwe Burkert Chefvolkswirt und Leiter des Bereichs Research Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 5 6 2 Konjunkturausblick. Die Industrienationen dürften nächstes Jahr relativ solide wachsen, sowohl die USA als auch der Euroraum sind im Aufschwung. Der Großteil des Wachstums entsteht allerdings 2017 erneut in den Schwellenländern. Insbesondere rohstoffexportierende Schwellenländer wie Brasilien und Russland dürften aus der Rezession kommen. Die frühere Dynamik in den Schwellenländern wird jedoch in den nächsten Jahren auch in China nicht wieder erreicht. Wirtschaftswachstum 2017: Südostasien ist der Wachstumstreiber der Weltwirtschaft. Rezession zwischen 0% und +2% zwischen 2% und +4% zwischen 4% und +6% mehr als 6% nicht verfügbar Quelle: IWF 8 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 9 2.1 Weltkonjunktur. Die Weltwirtschaft setzt ihren Aufschwung unaufgeregt fort. Welt, BIP-Prognosen: 2016: 3,0 %; 2017: 3,3 % Dr. Thomas Meißner Nach Auffassung des LBBW Research wird die Weltwirtschaft ihren angestammten Weg aufwärts auch im kommenden Jahr in unauffälligem Tempo fortsetzen. Wir erwarten eine Expansionsrate der Weltproduktion von 3,3 % nach 3,0 % im laufenden Jahr. Im Ergebnis wäre es das sechste Jahr in Folge innerhalb eines recht engen Intervalls zwischen 3,0 und 3,5 %: Ausdruck einer globalen Wirtschaft, der es an Dynamik mangelt, die indes auch weder in eine Überhitzung noch in eine Rezession zu geraten droht. Wenn sich am aktuellen Rand überhaupt irgendwo ein »Momentum« zeigt – das heißt: eine gewisse anziehende Dynamik –, dann in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Deren Produktion dürfte 2017 um zusammengefasst 4,7 % zulegen, gut und gerne ein halber Prozentpunkt mehr als 2016. Demgegenüber sehen wir die entwickelten Volkswirtschaften im kommenden Jahr bei mageren 1,4 %, kaum verändert gegenüber dem laufenden Jahr. Alles in allem fällt es schwer, von einem selbsttragenden, breit angelegten Aufschwung der Weltwirtschaft zu reden. Dabei sind jüngst durchaus einige nennenswerte Belastungsfaktoren weggefallen: eine starke Investitionszurückhaltung im Ölsektor der Vereinigten Staaten oder Rezessionen in Brasilien und in Russland. Darüber hinaus ziehen mittlerweile die Portfolioinvestitionen in die Emerging Markets wieder an: Das Vertrauen der Investoren scheint zurück. Die Globalisierung als prägendes Phänomen scheint Geschichte: Der Welthandel dümpelt dahin. Bis 2007, bis zur großen Weltwirtschafts- und Weltfinanzkrise, legte das Handelsvolumen oft doppelt so stark zu wie die Weltproduktion insgesamt. Dieser Tage nimmt es bei Licht besehen gerade einmal genauso stark zu wie die weltwirtschaftliche Leistung, in vielen Fällen sogar nur unterproportional. Inflationstreibend ist der Aufschwung rund um den Globus derzeit nicht. Wenn vereinzelt Preise anziehen, dann in Teilsegmenten wie dem Immobilienmarkt oder bei ausgewählten Rohstoffen, dort aber von vergleichsweise gemäßigten Niveaus ausgehend. Nur wenige Notenbanken sind bereit, der Fed in den Vereinigten Staaten zu folgen auf deren Weg zu ganz allmählich höheren Leitzinsen. Daten und Prognosen. Weltproduktion Y/Y (%)) Wachstumsbeiträge Prozentpunkte Entwickelte Staaten Entwicklungs-und Schwellenländer Welthandelsvolumen Y/Y (%) Quellen: IWF, LBBW Research 10 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 2014 3,4 2015 3,2 2016p 3,0 2017p 3,3 0,8 2,6 3,9 0,9 2,3 2,6 0,5 2,5 2,3 0,6 2,7 3,8 2.2 Euroraum. Wie die EZB auf das schwache Wachstum und höhere Inflationsraten reagieren könnte. BIP-Prognosen: 2016: 1,6 %; 2017: 1,3 % Julian Trahorsch Schwellenländer wie Russland, Brasilien und SaudiArabien einen konjunkturellen Aufschwung nach dem Ölpreisschock erwarten. Inflation kommt 2017 zurück. 2016 war bislang ein insgesamt ruhiges Jahr für den Euroraum, eine willkommene Abwechslung nach den Krisenjahren 2010 – 2012. Alle 19 Volkswirtschaften sind gewachsen und allein die Europameisterschaft dürfte nachhaltig in Erinnerung bleiben. Nach den Jahren der »Eurokrise« ist es eine Phase der Erholung für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. Das ruhige und stetige Wachstum des Euroraums dürfte sich auch im nächsten Jahr fortsetzen, wir erwarten jedoch eine Verlangsamung der Dynamik von 1,6 % auf 1,3 % im nächsten Jahr. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Bedingungen 2016 ideal waren und sich 2017 kaum verbessern können. Italien und Frankreich sind Belastungsfaktoren. Die Dynamik im Euroraum wird hauptsächlich von Frankreich und Italien nach unten gezogen. Nächstes Jahr dürften 14 der 19 Länder schneller wachsen als der Durchschnitt von 1,3 %. Das unterdurchschnittliche Wachstum in Österreich, Finnland und Portugal fällt aber angesichts von Frankreichs und Italiens Größe kaum ins Gewicht. Und gerade im zweit- und drittgrößten Land des Euroraums stehen noch wichtige Richtungsentscheidungen wie die Präsidentschaftswahl in Frankreich und das Referendum in Italien an. Es geht zurück zu »normalen« langfristigen Wachstumsraten, die OECD und IWF bei 1,3 % erwarten. Der niedrige Ölpreis und die damit verbundenen niedrigen Inflationsraten werden zwar auch 2017 den Rahmen für Unternehmen und Konsumenten günstig gestalten, doch nicht in dem Maße wie 2016. Es ist die Kehrseite der Medaille, wenn wir für die ölexportierenden Nicht nur diese Länder haben den Verfall des Ölpreises mittlerweile verarbeitet, auch die Inflationsraten im Euroraum werden sich langsam von diesem Belastungsfaktor erholen. Wir erwarten ein Anziehen der Teuerungsrate von 0,2 % in diesem auf 1,0 % im nächsten Jahr. Dieser Anstieg dürfte relativ schnell erfolgen, aber mit dem Erreichen der 1 %-Marke auch schnell wieder enden. Denn die Kernrate ohne Nahrungsmittel und Energie stagniert schon seit einer Weile bei einem Niveau von leicht unter 1 %. Diese Kernrate macht allerdings 90 % des gesamten Warenkorbs aus und würde nur in einem Umfeld eines starken konjunkturellen Aufschwungs deutlich anziehen. Als Fazit für die EZB bleibt also: Es gibt zwar einen Anstieg der Raten, diese werden aber auf absehbare Zeit auf einem Niveau deutlich unter 2 % bleiben. BIP-Wachstumsprognosen in %. LBBW Research 2016 Euroraum Deutschland Frankreich Italien Spanien 1,6 % 1,9 % 1,2 % 0,8 % 2,8 % 2017 1,3 % 1,5 % 0,8 % 0,5 % 2,2 % Quelle: LBBW Research EZB im Dilemma … Die EZB steckt in einem Dilemma. Angesichts des relativ breiten Aufschwungs ist eine ultralockere Geldpolitik inklusive Anleihekaufprogrammen eigentlich nicht angemessen. Doch die EZB wird anders als die US-Notenbank nicht an Wirtschafts- oder Arbeitsmarktzahlen gemessen, lediglich die niedrige Inflationsrate Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 11 ist ausschlaggebend. Mit dem erwarteten leichten Anstieg kommt Draghi dem Ziel zwar näher, aber eben nur ein Stück. Wir erwarten daher kein baldiges Ende der akkommodierenden EZB-Geldpolitik. Allerdings ist das aggressive Anleihekaufprogramm mit einem monatlichen Ankaufvolumen von 80 Mrd. EUR angesichts der realwirtschaftlichen Entwicklung im nächsten Jahr nicht länger angemessen. Auch rücken mit jedem Monat, in dem die EZB massiv in den Kapitalmarkt eingreift, die Nachteile dieser Geldpolitik in den Vordergrund. Es gibt möglicherweise ein optimales Zeitfenster für Anleihekäufe, dieses scheint sich in den nächsten Monaten zu schließen. Sowohl die Versicherungs- als auch die Bankbranche leiden unter sehr niedrigen und teilweise negativen Renditen. Sinnvolle Anreize bei der Bepreisung von Risiko am Immobilienmarkt, Aktien- und dem Anleihemarkt werden ausgesetzt, was zu Vermögenspreisblasen führen kann. … Anleihekäufe dürften schrittweise gedrosselt werden. Falls die EZB sich zu einer Drosselung der Anleihekaufprogramme entscheiden sollte, dann wird sie sich wahrscheinlich an der US-Notenbank orientieren. Das bedeutet, eine schrittweise Reduktion pro Monat wäre denkbar. Auf den Treffen des EZB-Rats wird wohl alle sechs Wochen überprüft werden, ob die Lage eine weitere Reduktion zulässt. Es wird also keinen klaren Fahrplan geben, der dann strikt abgearbeitet werden wird. Wir könnten uns vorstellen, dass eine Ankündigung noch in diesem Winter erfolgt und der »Beginn des Ausstiegs« im ersten Halbjahr 2017 ansteht. Damit könnte die EZB gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Das Anleihekaufprogramm dürfte in den nächsten Monaten in Schwierigkeiten geraten, zumindest dann, wenn die EZB ihre Ankaufkriterien nicht massiv überarbeitet. 12 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Anleihebestände EZB in % der Gesamtschulden. 16,0% 14,0% 13,8% 13,1% 12,0% 10,9% 10,0% 9,2% 8,0% 6,0% 4,0% 2,0% 0,5% 0,5% 0,4% 0,4% 0,0% Deutschland Spanien März 2015 Frankreich Dezember 2016 Italien Quellen: Bloomberg, Thomson Reuters, LBBW Research Immer mehr, insbesondere deutsche Staatsanleihen dürfen unter den aktuellen Regeln nicht mehr gekauft werden. Und auch bei anderen Ländern und Assetklassen wird es schwieriger. Bis Frühling 2017 wäre es wohl möglich, mit lediglich geringfügigen Anpassungen ein Volumen von 80 Mrd. EUR aufzukaufen. Die Inflationsraten dürften bis dahin leicht gestiegen sein, das Anleihekaufprogramm kann also als »Erfolg« vermarktet werden. Mit der Ankündigung eines Ausstiegs dürften die Renditen zumindest soweit steigen, dass das Programm innerhalb eines Jahres langsam auslaufen kann. 2017 wird wohl auf der konjunkturellen Seite wenig Neues bringen, der Ausstieg aus dem EZB-Programm sollte aber ein historisches Ereignis werden. Auch die politischen Entwicklungen in den wachstumsschwachen Ländern Italien und Frankreich könnten für Wirbel sorgen. Nach der Finanzkrise 2007 – 08 und der Eurokrise 2010 – 12 könnte mit der Diskussion um die Verteilung der Flüchtlinge und dem »Brexit« die nächste Krise auf einer politischen Ebene stattfinden. 2.3 UK. Kein Einbruch der Konjunktur nach »Brexit«-Votum – ist aufgeschoben nicht aufgehoben? BIP-Prognosen: 2016: 2,0 %; 2017: 0,8 % Dirk Chlench Hintergrund gehen wir nicht davon aus, dass die britische Wirtschaft im vierten Quartal einbrechen wird. Aufgrund des guten Jahresauftaktes und der bislang soliden Entwicklung nach dem »Brexit«-Votum wird nach unserer Prognose für das Gesamtjahr 2016 noch eine Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts von 2,0 % zu verzeichnen sein. Wirtschaftseinbruch bleibt bislang aus. Die britische Wirtschaft zeigt sich bisher robust und legte sowohl im zweiten als auch im dritten Quartal 2016 einen soliden Zuwachs vor. Dem britischen Statistikamt ONS zufolge gab es wenige Anzeichen dafür, dass die gesamtwirtschaftliche Leistung im zweiten Quartal 2016 durch das EU-Referendum beeinflusst wurde. Hauptwachstumsträger war – wie im Vorquartal – der Verbrauch der privaten Haushalte. Die Investitionen legten nach zwei Rückgängen in Folge trotz der von dem EU-Referendum ausgegangenen Unsicherheit wieder zu. Im dritten Quartal, also dem ersten Dreimonatszeitraum, der nach dem »Brexit«-Votum lag, schwächte sich die Wachstumsdynamik zwar etwas ab. Dennoch kann von einem Wirtschaftseinbruch bislang keine Rede sein. Noch kein Hauspreisverfall. Die nach dem »Brexit«-Votum aufgekommene Befürchtung, dass die britische Wirtschaft unmittelbar in eine Rezession abstürzen wird, bewahrheitete sich somit nicht. Eine weitere Sorge gilt dem Immobilienmarkt. Der britische Wohnimmobilienmarkt zählt unserem LBBW-Sammelindikator für die Hauspreisbewertung zufolge zu den weltweit am höchsten bewerteten Immobilienmärkten. Die damit einhergehende Befürchtung, dass das »Brexit«-Votum einen Hauspreisverfall auslösen könnte, hat sich bislang nicht materialisiert. Die britischen Hauspreise stagnierten gemäß der Erhebung der Nationwide Building Society im Oktober 2016 im Vergleich zum Vormonat, nach einer Veränderungsrate von 0,3 % im Vormonat. Vor diesem Aufgeschoben ist nicht aufgehoben? Dieses Expansionstempo dürfte die britische Wirtschaft im Jahr 2017 nicht beibehalten können. Die Abwertung des Pfund Sterling – im Zeitraum Anfang Januar 2016 bis Mitte Oktober 2016 verlor der handelsgewichtete Außenwert des Pfund Sterling knapp 19 % an Wert – dürfte zwar die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der britischen Unternehmen verbessern und damit die Exporttätigkeit stützen. Zudem hat die Bank of England (BoE) im August 2016 ein ganzes Maßnahmenbündel, darunter die Senkung des Leitzinses um 0,25 Prozentpunkte auf 0,25 %, zur Stimulierung der Konjunktur beschlossen. Ferner hat der neue Schatzkanzler, Philip Hammond, eine Abkehr von der Austeritätspolitik seines Vorgängers bekundet. Diesen konjunkturstützenden Impulsen steht jedoch gegenüber, dass die Unsicherheit über den Ausgang der anstehenden Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union (EU) über die Modalitäten des Austritts auf der Investitionstätigkeit lasten sollte. Dies gilt umso mehr, da die britische Premierministerin auf dem Parteitag der Konservativen Partei im Oktober 2016 in Bezug auf die anstehenden Verhandlungen mit der EU unterstrich, dass das Vereinigte Königreich die Kontrolle über die Einwanderung nicht wieder aufgeben wolle. Daraus folgerten die Marktteilnehmer, dass die Premierministerin stillschweigend bereit ist, im Gegenzug auf einen bevorzugten Zugang zum EUMarkt zu verzichten. Da im Jahr 2014 rund die Hälfte der britischen Warenexporte in die Europäische Union Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 13 ging, würde der sogenannte »harte Brexit« die britische Exportindustrie schwer belasten. Darüber hinaus droht der britischen Finanzindustrie ein Verlust der sogenannten Passport-Rechte, welche ihnen derzeit innerhalb der Europäischen Union Geschäfte über die Grenzen der Nationalstaaten hinweg erleichtern. Angesichts dieser Risiken steht zu erwarten, dass sich die britischen Unternehmen mit Investitionen in naher Zukunft zurückhalten werden. Vor diesem Hintergrund dürfte die gesamtwirtschaftliche Leistung im Jahr 2017 lediglich mit einer Rate von 0,8 % wachsen. Der genaue zeitliche Ablauf des »Brexit« ist weiter offen. Die britische Premierministerin Theresa May versprach zwar, den formellen Austrittsantrag nach Artikel 50 des EUVertrages bis spätestens Ende März 2017 zu stellen. Allerdings entschied der High Court in London Anfang November, dass der EU-Austritt nicht ohne Zustimmung des britischen Parlaments in Angriff genommen werden dürfe, was den Zeitplan von Theresa May durcheinanderbringen könnte. Die Inflationsrate belief sich im September 2016 auf 1,0 % und lag damit über 30 Monate in Folge unter dem Inflationsziel der Bank of England in Höhe von 2 %. Fallende Preise für Nahrungsmittel und Getränke waren hauptursächlich für diese niedrige Inflationsrate. Die durchschnittlichen Wochenlöhne zogen im Zeitraum Juni 2016 bis August 2015 um lediglich 2,3 % gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr an. In den nächsten Monaten dürfte die Inflationsentwicklung jedoch anziehen, da der dämpfende Effekt aus gefallenen Energie- und Nahrungsmittelpreisen auf die allgemeine Inflationsrate auslaufen und ein preistreibender Effekt durch die jüngste Abwertung des Pfund Sterling einsetzen sollte. Im Ergebnis dürfte die Veränderungsrate des Konsumentenpreisindex gegenüber dem Vorjahr von 0,0 % im Jahr 2015 auf 0,8 % im Jahr 2016 und 2,1 % im Jahr 2017 anziehen. 14 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 BoE dürfte 2017 ihren Kurs beibehalten. Nach dem Zinsentscheid vom September hatten die Mitglieder des Geldpolitischen Rates der Bank of England in ihrer Presseerklärung noch die Formulierung wiederholt, dass eine Mehrheit von ihnen davon ausgeht, auf einer der nächsten Sitzungen im Jahr 2016 für eine Leitzinssenkung zu votieren, sollte die wirtschaftliche Entwicklung in etwa so ausfallen wie im Inflationsbericht August 2016 vorgezeichnet. Anlässlich ihrer Zinsentscheidung im November gab die Bank of England ihre Zinssenkungsneigung auf. Die Währungshüter erklärten, dass der kurzfristige Wirtschaftsausblick sich verbessert habe. Die langfristigen Aussichten hätten sich hingegen verdüstert. Sollte sich unsere Prognose einer Inflationsbeschleunigung im Jahr 2017 bewahrheiten, spricht dies zwar dafür, dass die Bank of England den Fuß etwas vom Gaspedal nehmen wird. Der Eintritt unserer Prognose einer schwächelnden Wirtschaftsentwicklung dürfte die britische Zentralbank jedoch von einer Leitzinserhöhung im Jahr 2017 abhalten. Der Präsident der Bank of England, Mark Carney, hat bereits die Bereitschaft der Notenbank bekundet, ein gewisses Überschießen der Inflationsrate in den nächsten Jahren zu tolerieren. Mit anderen Worten: Die BoE dürfte ihren derzeitigen geldpolitischen Kurs bis Ende 2017 beibehalten. 2.4 Schweiz. Unsicherheit und starker Schweizer Franken bremsen Investitionslaune. Volksinitiative sorgt für Unsicherheit. Das Verhältnis der Schweiz mit der EU ist über die Mitgliedschaft in der EFTA sowie die bilateralen Verträge, in denen auch die Personenfreizügigkeit festgeschrieben ist, geregelt. Der neue Verfassungsartikel ist für sich genommen so erst einmal nicht mit der Personenfreizügigkeit vereinbar. Eine Aufkündigung der Personenfreizügigkeit hätte aber das Ende des ganzen Vertragspakets der »Bilateralen I« zur Folge. Diese ohnehin schon heikle Situation wurde durch das »Brexit«-Referendum noch zusätzlich verschärft. Die Bereitschaft der EU, Nicht-Mitgliedern bei der Verhandlung des gegenseitigen Verhältnisses entgegenzukommen, dürfte derzeit eher gering sein. Entsprechend versuchen sich die Schweizer Volksvertreter momentan an der Quadratur des Kreises. Ein Kompromiss zur Umsetzung der Volksinitiative hat im Herbst bereits eine der beiden Kammern des Schweizer Parlaments passiert. Darin ist ein sanfter Inländervorrang ohne Kontingente und Höchstzahlen vorgesehen. Es ist aber noch nicht abschließend geklärt, ob diese Umsetzung tatsächlich mit der Verfassung vereinbar ist. Zudem ist die Haltung der EU zu dem Vorschlag noch nicht klar. Die Unsicherheit dürfte somit vorerst anhalten und die Investitionsfreude trüben. Aktuell wird das Investitionsklima in der Schweiz nicht allein durch den starken Franken belastet. Vielmehr rückte in diesem Jahr wieder die Volksinitiative »Gegen Masseneinwanderung« zurück ins Rampenlicht. Die Annahme der Volksinitiative im Februar 2014 hatte eine Änderung der Bundesverfassung zur Folge, in der nun eine Begrenzung der Zuwanderung durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente, die auf die gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz ausgerichtet sein sollen, sowie ein Inländervorrang festgeschrieben sind. Die gesetzliche Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative muss bis Februar 2017 erfolgt sein. Dennoch gehen wir von einer Fortsetzung der Erholung der Schweizer Wirtschaft aus. Wir sehen den Schweizer Franken u. a. mit Blick auf die Kaufkraftparität als überbewertet an und prognostizieren auch vor dem Hintergrund der anhaltend expansiven Geldpolitik der SNB eine leichte Abwertung zum Euro und zwar auf 1,12 Franken pro Euro zum Ende des Jahres 2017. Der Außenhandel dürfte sich angesichts dieser Erwartung sowie der moderaten Erholung der Weltwirtschaft solide entwickeln. Insgesamt rechnen wir 2017 für die Schweiz mit einem realen BIP-Zuwachs von 1,5 %. BIP-Prognosen: 2016: 1,5 %; 2017: 1,5 % Dr. Katja Müller Im vergangenen Jahr stand die Konjunkturentwicklung in der Schweiz ganz im Zeichen der Aufgabe des Mindestwechselkurses von 1,20 Franken je Euro durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) am 15. Januar 2015, welche eine schlagartige Aufwertung des Schweizer Franken zur Folge hatte. Dieser Frankenschock belastete die exportorientierte eidgenössische Wirtschaft deutlich, sodass das BIP im Jahr 2015 lediglich um real 0,8 % zunahm. Die Schweizer Valuta ist trotz der auf die Schwächung der heimischen Währung ausgelegten Geldpolitik der SNB zwar nach wie vor im historischen Vergleich stark gegenüber dem Euro. Dennoch konnte sich die Wirtschaft des Alpenlandes im laufenden Jahr wie erwartet erholen, sodass wir für 2016 mit einem realen BIP-Zuwachs von 1,5 % rechnen. Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 15 2.5 USA. Der persönliche Verbrauch ist die Stütze des US-Aufschwungs. BIP-Prognosen: 2016: 1,5 %; 2017: 2,5 % Dirk Chlench Wirtschaft zuletzt mit wenig Schwung. Die US-Wirtschaft ist mit wenig Schwung in das laufende Jahr gestartet. Das BIP legte im ersten Halbjahr 2016 lediglich mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate (Jahresrate) von 1,1 % zu. Dieses geringe Expansionstempo ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Unternehmen im ersten Halbjahr ihren Lageraufbau zurückgefahren haben. Die Endnachfrage – hierunter verstehen wir das Bruttoinlandsprodukt abzüglich der Lagerinvestitionen – zog immerhin mit einer Jahresrate von 1,9 % an. Eine weitere Belastung stellte der Rückgang der Investitionen in Anlagen dar: Die privaten Anlageinvestitionen sanken im ersten Halbjahr 2016 mit einer Jahresrate von 1 % und belasteten dadurch das gesamtwirtschaftliche Wachstum um 0,2 Prozentpunkte. Hierfür dürften neben einem weltweit zu beobachtenden und nicht gänzlich verstandenen Investitionsattentismus die seit einigen Quartalen fallenden US-Unternehmensgewinne und die mannigfaltigen politischen Risiken ursächlich gewesen sein. Hinzu kommt, dass der niedrige Rohölpreis die US-Förderunternehmen zu einem Zusammenstreichen ihrer Investitionen veranlasst hat. Das Wachstum des persönlichen Verbrauchs erwies sich indes angesichts der guten Arbeitsmarktlage, niedriger Inflation und anhaltend steigender Hauspreise als robuster. Er legte mit einer Jahresrate von knapp 3 % zu. US-Konjunktur sollte an Dynamik gewinnen. Das Expansionstempo der US-Wirtschaft dürfte in der zweiten Jahreshälfte 2016 und darüber hinaus spürbar an Fahrt gewinnen. Hierfür spricht zunächst, dass die 16 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Entwicklung der Zahl der im Betrieb befindlichen USÖlförderanlagen nach oben gedreht hat. Dies spricht wiederum dafür, dass die Investitionen der US-Förderunternehmen ihre Talsohle erreicht haben sollten und somit deren Belastung der gesamtwirtschaftlichen Leistung in der zweiten Jahreshälfte wegfallen dürfte. Ferner sollte die Korrektur bei den Lagerinvestitionen mittlerweile abgeschlossen sein. Die Erwartung einer Wachstumsbeschleunigung in der zweiten Jahreshälfte 2016 wird auch durch die Schätzung unseres LBBW GDPNow-Modells gestützt, welches für das dritte Quartal 2016 ein Wachstum in Höhe von 1,9 % (Jahresrate) schätzt. Gleichwohl dürfte sich das Wachstum im Gesamtjahr 2016 aufgrund des schwachen Jahresauftakts auf lediglich 1,5 % belaufen. Die Wachstumsbeschleunigung in der zweiten Jahreshälfte 2016 verbessert die Ausgangslage für das Wachstum im Jahr 2017. Der sogenannte statistische Überhang für das Jahr 2017 dürfte sich auf 1,0 % belaufen. Im nächsten Jahr dürfte der persönliche Verbrauch erneut die Hauptstütze des Aufschwungs bilden. Die Konsumlaune der US-Amerikaner/-innen sollte durch die gute Arbeitsmarktlage sowie die Aufwärtsentwicklung der Hauspreise beflügelt werden. Der persönliche Verbraucher sollte indes nicht die einzige Stütze der US-Konjunktur bleiben. Der Staatsverbrauch dürfte auch merklich zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum beitragen. Der Staat hatte im Zeitraum 2011 bis 2014 seine Ausgaben für Konsum und Investitionen insgesamt um mehr als 8 % heruntergefahren. Die Zeit einer restriktiven Fiskalpolitik scheint jedoch mittlerweile zu Ende zu sein. Im Jahr 2016 dürften die Staatsausgaben mit einer Rate von 0,5 % ansteigen, nach einer Rate von 1,8 % im Jahr 2015. Der designierte US-Präsident Donald Trump versprach ein Investitionsprogramm in die Infrastruktur sowie umfangreiche Steuersenkungen. Die Umsetzung dieser Wahlkampfversprechen setzt allerdings voraus, dass der US-Kongress eine ausreichende Erhöhung der derzeit noch ausgesetzten Staatsschuldenobergrenze beschließen wird. Die Unternehmen dürften ihre Investitionszurückhaltung aufgeben. Hierfür sprechen der zu erwartende Rückgang der politischen Unsicherheit und in Bezug auf die Investitionen der Ölförderunternehmen die jüngste Erholung des Rohölpreises. Im Ergebnis prognostizieren wir, dass sich das US-Wachstum im Jahr 2017 auf eine Rate von 2,5 % beschleunigen wird. Wachstum der Stundenlöhne anziehen und somit den Preisaufwärtsdruck verstärken wird. Daher sollte die Inflationsrate von 1,2 % im Jahresdurchschnitt 2016 auf 2,5 % im Jahresdurchschnitt 2015 anziehen. Markterwartungen und LBBW-Prognose für den Tagesgeldsatz. 1,50 1,00 0,50 Inflation dürfte über 2 %-Marke klettern. Die Veränderungsrate des Konsumentenpreisindex gegenüber dem Vorjahresmonat belief sich im September 2016 auf lediglich 1,5 %. Dieser relativ geringe Preisauftrieb ist in erster Linie auf die Entwicklung der Lebensmittelpreise zurückzuführen. Die Lebensmittelpreise (ohne Restaurantbesuche) sanken im September 2016 um 2,2 % im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Vorjahr. Der Rückgang der Lebensmittelpreise stellt vor allem eine Spätfolge der im Frühsommer 2015 grassierenden Geflügelpest dar. Darüber hinaus werden die zurückliegende Aufwertung des US-Dollar sowie die niedrigen Energiepreise die Preisentwicklung bei Lebensmitteln, aber auch bei anderen Produkten gedämpft haben. Die Veränderungsrate des ohne die volatilen Komponenten Energie und Lebensmittel berechneten Konsumentenpreisindex gegenüber dem Vorjahresmonat, welche den »unterliegenden« Inflationsdruck abbilden soll, lag im September 2016 bei 2,2 % und damit deutlich über der allgemeinen Teuerungsrate. Im nächsten Jahr sollte jedoch der preisdämpfende Effekt der zurückliegenden Aufwertung des US-Dollar und der niedrigen Energiepreise wegfallen. Zudem spricht die niedrige Arbeitslosenquote dafür, dass das 0,00 Jan 15 Jul 15 Jan 16 Fed Funds Effective Rate Jul 16 Jan 17 Jul 17 Markterwartung aus Terminkursen Jan 18 Jul 18 LBBW-Prognose Quelle: Bloomberg, LBBW Research Fed dürfte 2017 Leitzinsen zweimal erhöhen. Der Offenmarktausschuss der Federal Reserve (Fed) beschloss auf seiner Sitzung vom 20./21. September 2016 zwar, sein Zielband für den Tagesgeldsatz bei 0,25 % bis 0,50 % zu belassen. Die Entscheidung des Ausschusses fiel jedoch nicht einmütig aus, drei Mitglieder des Ausschusses votierten für eine Erhöhung des Zielbandes um 0,25 Prozentpunkte auf 0,50 % bis 0,75 %. Die Währungshüter stellten in ihrer Erklärung fest, dass die Notwendigkeit einer Leitzinserhöhung angestiegen sei. Gleichwohl entschieden sich die Währungshüter dafür, noch auf weitere Belege zu warten, dass sich Arbeitsmarkt und Inflation in Richtung ihrer Ziele bewegen. Die seit der September-Sitzung veröffentlichten Indikatoren zu Arbeitsmarkt und Inflation dürften die Zinserhöhungsneigung innerhalb des Offenmarktausschusses nochmals ein Stück erhöht haben. Daher gehen wir davon aus, dass die Federal Reserve Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 17 auf der nächsten Sitzung ihres Offenmarktausschusses mit anschließender Pressekonferenz – diese wird am 13./14. Dezember 2016 stattfinden – beschließen wird, ihr Zielband für den Tagesgeldsatz um 0,25 Prozentpunkte auf 0,50 % bis 0,75 % heraufzusetzen. Diese Prognose steht im Einklang mit der Meinung anderer Marktteilnehmer, welche ausweislich der Terminnotierungen für das Tagesgeld einer Zinsanhebung im Dezember 2016 zuletzt eine Wahrscheinlichkeit von über 50 % beigemessen haben. Die Federal Reserve wird jedoch ungeachtet ihrer Signale einer baldigen Leitzinserhöhung nicht müde zu betonen, dass das Niedrigzinsumfeld noch anhalten wird. In ihrer Erklärung heißt es, dass der Tagesgeldsatz wahrscheinlich noch für einige Zeit unter dem Niveau verbleiben wird, welches auf lange Frist zu erwarten ist. Im Einklang mit dieser Erklärung steht, dass die Teilnehmer des Offenmarktausschusses ihre Projektionen für den Tagesgeldsatz gesenkt haben. 18 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Der Median der Projektionen für den Tagesgeldsatz (Mitte der Bänder) per Ende 2017 sank von 1,625 % im Juni 2016 auf 1,125 % im September 2016. Die Marktteilnehmer eskomptieren indes einen noch flacheren Zinserhöhungspfad, so ist ausweislich der Terminnotierungen per Ende 2017 lediglich einen Tagesgeldsatz von 0,7 % vorweggenommen. Nach unserer Prognose wird die Federal Reserve jedoch – entsprechend ihrer eigenen Projektion – ihr Zielband für den Tagesgeldsatz bis Ende 2017 auf 1,00 % bis 1,25 % heraufsetzen. Sollte sich unsere Prognose von drei Leitzinserhöhungen bis Ende 2017 bewahrheiten, dürfte dies auch einen Anstieg der Langfristzinsen bewirken. 2.6 Japan. Beflügelt der Strategiewechsel der Zentralbank das Wachstum? BIP-Prognosen: 2016: 0,8 %; 2017: 0,5 % Matthias Krieger Trotz der »Abenomics«, d. h. der nach Premierminister Shinzo Abe benannten Variante einer nun schon seit Anfang 2013 praktizierten Wirtschaftspolitik, die sehr stark auf fiskalische Stimuli und eine ultraexpansive Geldpolitik setzt, kam die japanische Wirtschaft auch 2016 nicht recht auf Touren. Die gesamtwirtschaftliche Leistung legte auf Quartalsbasis zwar in jedem der ersten beiden Quartale des Jahres zu, was für japanische Verhältnisse schon ein gutes Ergebnis ist. Die Zuwachsraten blieben aber gedämpft, so dass wir für das Gesamtjahr 2016 nur von einem wirtschaftlichen Wachstum in Höhe von ca. 0,8 % ausgehen. Das japanische Kabinett hat vor diesem Hintergrund im August ein weiteres Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht, das ein Volumen von rund 28 Bio. Yen umfasst. Davon sollen allerdings nur 7,5 Bio. Yen direkt vom Staat aufgebracht werden. Den Rest erhofft man sich von privaten Unternehmen, die durch spezielle Anreize zu zusätzlichen Investitionen angeregt werden sollen. Das japanische BIP soll durch dieses Paket um einmalig insgesamt 1,3 % gesteigert werden, wobei sich dieser geschätzte Effekt auf das laufende und das kommende Fiskaljahr verteilt. und vollzogen. Man will nun nicht mehr wie bisher nur die Geldbasis dadurch kontinuierlich steigern, dass man ein fixes Asset-Volumen – vor allem JGBs – am Finanzmarkt aufkauft. Künftig will die BoJ der Renditestrukturkurve (kurz: »Zinskurve«) für Staatsanleihen darüber hinaus auch eine bestimmte Form verleihen. Die Bezeichnung für diese neue Strategie ist »Yield Curve Control«. Die Zinskurve soll im 10-jährigen Laufzeitenbereich eine Rendite von ca. 0 % aufweisen, im sehr langen Bereich aber eine (leicht) positive Rendite. Im kürzeren Segment wird eine negative Rendite akzeptiert. Die BoJ ließ durchblicken, man halte sich offen, den bei – 0,1 % liegenden Einlagesatz für die bei der BoJ gehaltenen Überschussreserven der Geschäftsbanken noch weiter in den negativen Bereich zu senken, um damit eine steilere Kurve vom kurzen Ende her herbeizuführen. Damit strebt man de facto für den gesamten Laufzeitenbereich unter 10 Jahren eine negative Rendite an. Das Ankaufsziel für JGBs von 80 Bio. Yen p. a. will man »mehr oder weniger« aufrechterhalten, d. h. die BoJ versucht weiterhin, die Geldbasis kontinuierlich zu erweitern, bis sich dauerhaft eine Inflationsrate von über 2 % p. a. einstellt. Bank von Japan reagierte auf Kritik der Banken. Der Grund, warum die BoJ nun eine »steilere« Zinskurve anstrebt, liegt in der von den Geschäftsbanken formulierten Kritik an der bisherigen Geldpolitik. Als Finanzintermediäre sollen die Banken die Geldpolitik in die Realwirtschaft transferieren, dort mehr Kredite vergeben und so der Wirtschaft auf die Sprünge helfen. Wenn aber die Banken auf die Geldpolitik nicht Bitter für die Regierung und die Bank of Japan (BoJ): wunschgemäß reagieren, sondern beklagen, dass Auch die Deflation konnte trotz des Rekordankaufs diese im Gegenteil dazu führt, dass sie eher weniger von Staatsanleihen (JGBs) in Höhe von 80 Bio. Yen p. a. Kredite vergeben können (in der Tat verliert die Krebislang nicht überwunden werden. Die landesweite Inflationsrate fiel zuletzt erneut unter die Marke von 0 % ditvergabe derzeit an Dynamik), muss die BoJ dies ernstnehmen. Ohne wunschgemäße Mitwirkung der (September: – 0,5 %). Die BoJ hat vor diesem HinterBanken ist jede Geldpolitik gescheitert. grund im September einen Strategiewechsel verkündet Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 19 Die Erträge der Banken fielen zuletzt u. a. aufgrund der negativen Einlagesätze auf die enormen Überschussreserven, die von den Banken bei der BoJ gehalten werden. Die Geschäftsbanken haben deutlich über 2.000 Mrd. USD freiwillig bei der BoJ angelegt. Bei einem negativen Zinssatz von – 0,1 % p. a. müssen sie hierauf rund 2 Mrd. USD p. a. an die BoJ abführen. Genau diese »Kosten« sollen die Banken zur Kreditvergabe anregen, was aber eine entsprechende Kreditnachfrage voraussetzt. Fehlt es an dieser, wie in Japan der Fall, bleiben die Banken auf den Kosten sitzen. Letztere sind zwar per se nicht »existenzgefährdend«. In einem schwierigen Umfeld mit extrem niedrigen Zinsmargen ist es aber schwer, ordentliche Erträge zu erzielen und damit Spielräume für Risikokredite zu schaffen. Fristentransformation in Japan kaum möglich. Ein weiterer Belastungsfaktor für die Geschäftsbanken ist der Umstand, dass nach dem Abgleiten kürzerer JGB-Laufzeiten in den negativen Bereich und infolge der massiven Ausweitung der Käufe länger laufender JGBs durch die BoJ die Kurvensteilheit auch am langen Ende seit dem Frühjahr 2016 deutlich abgenommen hat. Lag die Renditedifferenz zwischen 10- und 2-jährigen JGBs vor einem Jahr noch bei rund 0,3 % und diejenige zwischen den 30-jährigen und den 10jährigen bei über 1 %, so fiel diese Differenz bis Mitte September 2016 auf nur noch ca. 0,15 % bzw. rund 0,5 % ab. Die Banken leben aber von der sog. Fristentransformation, d. h. von der Differenz zwischen längeren (Kredit-)Zinsen und kürzeren (Refinanzierungs-) Zinsen. Im Jahresverlauf 2016 erodierte diese Marge drastisch. 20 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Eine damit einhergehende Schwächung der Ertragslage der Geschäftsbanken könnte – so die Sorge der BoJ – deren Risikoaversion erhöhen und damit deren Bereitschaft zur Vergabe von Krediten dämpfen. Letztlich treten mit der neuen Strategie zunehmende Sorgen der BoJ zutage, die Wirtschaft könne inzwischen stärker unter der ultraexpansiven Geldpolitik leiden als von dieser zu profitieren. Eventuelle »Kollateralschäden« der Geldpolitik versucht man nun durch die beschlossene »Feinsteuerung« auszumerzen. Grundsätzlich sollte die BoJ durchaus in der Lage sein, die JGB-Kurve in die gewünschte Form zu bringen. Die Notenbank verfügt über rund 40 % aller umlaufenden JGBs mit rasch ansteigender Tendenz und ist damit in der Tat die dominierende Macht am JGB-Markt. Ein Großteil der übrigen umlaufenden JGBs ist im Besitz von staatlichen oder halbstaatlichen Investoren (Postbank, öffentliche Pensionsfonds etc.), die ihre Bestände kaum einsetzen werden, um die Politik der Notenbank zu konterkarieren. Weniger als 10 % der umlaufenden JGBs werden von ausländischen Investoren gehalten. Grundsätzlich gilt also: Die BoJ dominiert den JGB-Markt, wie weltweit kaum ein einzelner Investor ein anderes Finanzmarktsegment von Bedeutung. Darüber hinaus bestimmt die Notenbank mittels ihrer Zinspolitik ohnehin über die Entwicklung am kurzen Ende und verfügt mit der Notenpresse über praktisch unbegrenzte Mittel zum Kauf von weiteren JGBs. Glauben die Marktteilnehmer an den Erfolg der BoJ, stellt sich die gewünschte Renditestruktur quasi von selbst ein. Denn die Marktteilnehmer würden in Erwartung eines Eingriffs der BoJ auf jede Abweichung der Kurve von der vorgegebenen »Zielkurve« mit »Gegengeschäften« reagieren, die zu einer Angleichung der JGB-Kurve an die Renditezielwerte für die jeweiligen Laufzeiten führen würden. Die Volatilität am JGB-Markt sollte infolgedessen zunächst deutlich zurückgehen. Die zukünftigen JGB-Kaufvolumina der BoJ könnten – und müssten – dann aber deutlich fallen. Denn wenn die BoJ bei erreichter Zielkurve kaum noch JGBs aufkauft, um den Status Quo der Kurve nicht zu gefährden, gerät auch die Ausweitung der Geldbasis ins Stocken. Damit ginge aber ein ernster Zielkonflikt einher. Denn die BoJ hat sich dazu verpflichtet, die Geldbasis weiterhin deutlich auszuweiten, bis die Inflationsrate anhaltend über 2 % p. a. gestiegen ist. Wie die BoJ bei nach wie vor niedriger Inflation JGBs in großer Menge aufkaufen will, während sich die gewünschte Zielkurve eingestellt hat, bleibt abzuwarten. Kämen aber Zweifel daran auf, ob die BoJ tatsächlich auf den Kauf weiterer JGBs verzichten würde, um die JGB-Kurve in der gewünschten Form zu halten, begännen schon erste Spekulationen gegen die BoJ und die erreichte Zielkurve. Die Aufrechterhaltung der »Wunschkurve« würde dann voraussichtlich immer schwieriger. Das Ziel, die Renditestrukturkurve am JGB-Markt zu steuern, ist u. E. nur so lange glaubwürdig und damit auch erreichbar, wie die BoJ bereit ist, auch auf eine weitere Ausweitung der Geldbasis zu verzichten und notfalls sogar JGBs zu verkaufen, d. h. die Geldbasis zu reduzieren. Dies widerspräche aber allen sonstigen erklärten Zielen der BoJ. Wir bezweifeln daher, dass die nun formulierten Ziele (»fixe« Zielkurve, anhaltender Aufkauf von JGBs in Höhe von wie bisher rund 80 Bio. Yen p. a. zur Ausweitung der Geldbasis) konsistent sind. Damit zeichnet sich u. E. aber bereits die nächste »Anpassung« der japanischen Geldpolitik ab. Die Geldpolitik kann die konjunkturelle Schwäche der japanischen Wirtschaft u. E. nicht beseitigen, denn das Problem liegt weder an zur Kreditvergabe unwilligen oder unfähigen Banken noch an zu hohen Finanzierungskosten (Zinsen und Renditen). Die vierteljährliche Tankan-Umfrage unter rund 10.000 Unternehmen aller Branchen und Größenklassen zeigt, dass die Unternehmen nicht unter Kreditrestriktionen leiden. Das Grundproblem sind also nicht mangelnde und zu teure Finanzierungsmittel oder ein krankendes Finanzsystem, sondern eine mangelnde Investitionsbereitschaft der Unternehmen in Japan selbst. Die gesamtwirtschaftliche Investitionsquote in Japan ist seit vielen Jahren rückläufig, während japanische Unternehmen aber kräftig im Ausland investieren (Foreign Direct Investments, FDI). Offenbar ist der Standort Japan zu unattraktiv und um dies zu ändern, bedarf es einer Reihe von Strukturreformen. Investitionen und Netto-Zufluss FDI (% BIP). 30 0,0 28 -0,5 26 -1,0 24 -1,5 22 -2,0 20 -2,5 18 -3,0 -3,5 16 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 Netto-Zufluss FDI (% BIP; rechte Skala) Investitionen (% BIP) Trend Quelle: Thomson Reuters Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 21 Die Geldpolitik kann zwar bei der Bewältigung der Folgen schmerzhafter Reformen unterstützen. Um den Standort Japan für Investitionen attraktiv zu machen, kann sie aber nicht mehr tun, als die Zinsen auf niedrige Werte zu senken und die Gesundheit des Bankensektors zu überwachen. Der japanische Bankensektor ist inzwischen gesundet und die Zinsen sind extrem niedrig. Es wäre nun an der Zeit, dass die Regierung die übrigen Schwächen des Standorts Japan offenlegt und ein Maßnahmenbündel schnürt, das genau dieses Problem angeht. 22 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Leider scheut die Regierung weiterhin vor einer wirklichen Öffnung des japanischen Markts zurück. Etwas Hoffnung lässt da die inzwischen ausgehandelte und unterschriebene »Trans Pacific Partnership« (TPP) aufkeimen. Sollte dieses ambitionierte Freihandelsabkommen der Pazifikanrainer von allen »Gründerstaaten« – darunter die USA – ratifiziert werden, könnte dies einen echten Impuls zur Öffnung des japanischen Binnenmarkts liefern, der hier zu signifikanten Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen führen würde. Bis sich entsprechende Effekte einstellen, wird aber noch Zeit vergehen und so dürfte ohne weitere Strukturreformen auch das japanische BIP-Wachstum eher anämisch bleiben. Für 2017 veranschlagen wir das BIPWachstum in Japan auf 0,5 %. 2.7 China. Seit Jahren wird der Einbruch prognostiziert und China wächst einfach weiter. BIP-Prognosen: 2016: 6,7 %; 2017: 6,5 % Julian Trahorsch Entwicklung der Immobilienpreise zum Vorjahresmonat und chinesischer Aktienindex. 5500 5000 4500 4000 3500 3000 2500 Dez. 12 Feb. 13 Apr. 13 Jun. 13 Aug. 13 Okt. 13 Dez. 13 Feb. 14 Apr. 14 Jun. 14 Aug. 14 Okt. 14 Dez. 14 Feb. 15 Apr. 15 Jun. 15 Aug. 15 Okt. 15 Dez. 15 Feb. 16 Apr. 16 Jun. 16 Aug. 16 Im April 2007 hat das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL das erste Mal über eine drohende »harte Landung« der chinesischen Volkswirtschaft berichtet. Der Titel des Artikels war weitsichtig: »Wenn China bebt, zittern die Weltmärkte«. Das hat sich zumindest im Herbst letzten Jahres und zu Beginn dieses Jahres bewahrheitet, doch die »harte Landung« blieb die letzten neun Jahre zumindest aus. Steht nun 2017 der seit langem erwartete Einbruch der Wirtschaft an? 12,0% 10,0% 8,0% 6,0% 4,0% 2,0% 0,0% -2,0% -4,0% -6,0% -8,0% Immobilien 2000 Aktien Quelle: Thomson Reuters Starkes Wachstum – steigende Abwärtsrisiken. Der chinesische Immobilienmarkt gibt jedenfalls Anlass zur Sorge. Die Preise stiegen diesen Sommer um durchschnittlich 9 % im Vergleich zum Vorjahr, die Zahl verdeckt allerdings die großen Unterschiede zwischen den 70 größten Städten – teilweise kam es wohl zu massiven Übertreibungen, die 2017 bereinigt werden müssen. Die chinesischen Anlegern werden dann erneut vor die Entscheidung gestellt: Wohin mit dem Ersparten? Die Möglichkeiten sind angesichts der Kapitalverkehrskontrollen stark begrenzt. Es gibt das Bankkonto, den chinesischen Immobilienmarkt und den chinesischen Aktienmarkt. Ginge der Immobilienmarkt in eine Baisse über, könnte am Aktienmarkt 2017 wohl eine erneute Hausse anstehen. Eine Möglichkeit diesem Schweinezyklus entgegenzuwirken wäre die Abschaffung der noch bestehenden Kapitalverkehrskontrollen. Wir erwarten einen Rückgang der Wachstumsdynamik im nächsten Jahr. Der heißgelaufene Immobilienmarkt dürfte dabei ebenso belasten wie die auslaufenden Konjunkturmaßnahmen der Staatsbetriebe, die das Wachstum dieses Jahr dank zahlreichen Investitionen nahezu auf Vorjahresniveau gehalten haben. Die »harte Landung« könnte auch im zehnten Jahr nach dem SPIEGEL-Artikel ausbleiben und ChinaPessimisten enttäuscht werden. Das Reich der Mitte hat bislang noch jede Krise einigermaßen gemeistert. Es ist aber klar, dass die Luft für Teile der Wirtschaft noch dünner wird. Die resultierende Atemnot könnte sich in vermehrten Ausfällen von Unternehmen und einem vorübergehenden Einbruch des Immobilienmarkts zeigen. Hierbei könnte sich die geringe Verzahnung unserer Kapitalmärkte mit China als ein wahrer Segen erweisen. Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 23 2.8 Emerging Markets. Schwellenländer – wie der Phönix aus der Asche? Jan Hofmeister/ Matthias Krieger/ Manfred Wolter Litten 2015 noch viele Schwellenländer und deren Börsen stark unter dem Verfall der Rohstoffpreise sowie einer spürbaren Verunsicherung im Zusammenhang mit dem Aktienkursverfall in China und der Angst vor der US-Zinswende, kam es 2016 vielerorts zu einer signifikanten Erholung. Die Börsen der Emerging Markets performten allerdings erheblich besser als deren Konjunktur, d. h. die Finanzmärkte nahmen hier bereits zumindest z. T. eine anhaltende wirtschaftliche Erholung vorweg. Mit Blick auf 2017 lässt dies nun eher eine Konsolidierung erwarten. Bestes Beispiel hierzu: Besonders beeindruckend waren die Kursgewinne des brasilianischen Leitindex Bovespa von rund 40 % seit Jahresbeginn, obwohl das Land weiterhin in einer schweren Rezession steckt. Die fundamentale Entwicklung passt hier also kaum zur positiven Börsentendenz. Auch bei der Währungsentwicklung ggü. dem Euro lag der Brasilianische Real (BRL) weit vorne. Ebenso der Russische Rubel und der Südafrika-Rand. Ein spürbarer Rückgang der Risikoaversion und nachlassende Ängste im Zusammenhang mit der US-Zinsentwicklung ließen den zuvor stockenden Zufluss ausländischer Portfolioinvestitionen in die Schwellenländer und deren Währungen hier zuletzt wieder kräftig steigen. Unterm Strich lässt sich an den Aktienmärkten 2016 vielfach eine – im Vergleich zu entwickelten Staaten – deutliche Outperformance von Schwellenländern konstatieren. Etliche Leitindizes in Lateinamerika, Osteuropa, Nordafrika und Südostasien konnten im zweistel24 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 ligen Prozentbereich zulegen. Abgerundet wird dieses Bild durch die weitgehend gute Performance zugehöriger Sovereigns und sich einengende CDS-Spreads. Was steckt hinter der Rally? Nach einer mehrjährigen Korrektur ist das Pendel nun einfach zurückgeschwungen; »Mean Reversion«, wie es so schön heißt. Denn gemeinsam haben alle Emerging Markets, dass, nachdem 2015 praktisch nur schlechte Nachrichten in Bezug auf die Schwellenländer an den Märkten durchgedrungen waren, nun auch wieder Positives Gehör fand. Die positiven Aspekte waren teils recht länderspezifisch, wohingegen 2015 – wie so oft – praktisch alle Emerging Markets über einen (negativen) Kamm geschoren wurden. Denn die wirtschaftliche Entwicklung war auch 2015 ambivalent. Während vor allem Rohstoffexporteure starke Wachstumseinbußen erlitten, konnten andere Schwellenländer durchaus mit passablen Wachstumsraten aufwarten. Das BIP der stark auf den Export von Energierohstoffen fokussierten GUS-Staaten beispielsweise schrumpfte 2015 um 2,8 % (2014: +1,1 %) und Lateinamerika stagnierte mit 0,0 % (2014: 1,0 %), während »Developing Asia« um immerhin 6,6 % wuchs (2014: 6,8 %) und »Emerging Europe« sogar beschleunigt um 3,6 % zulegen konnte (2014: 2,8 %). Brasilianische Börsen nach Regierungswechsel in Hochstimmung. Länderspezifisch in Brasilien war z. B., dass das Amtsenthebungsverfahren gegen die damalige Staatspräsidentin Dilma Rouseff und die Erwartungshaltung, Nachfolger Michel Temer würde vieles verbessern, den Ausschlag gaben für die beeindruckende Entwicklung 2016. Dies ist insofern interessant, weil Brasilien die seit Anfang 2015 herrschende Rezession noch immer nicht überwunden hat und im Zuge dessen sogar den Verlust des Investment-Grade-Ratings hinnehmen musste. Die neue Regierung muss nun die erhofften Reformen erst einmal formulieren und umsetzen, um der Wirtschaft längerfristig auf die Beine zu helfen; das Land leidet nach wie vor unter Korruption, Bürokratie und hohen Kosten. 2017 wird es nach aller Voraussicht konjunkturell zwar etwas aufwärts gehen, ob es jedoch auch wieder zu einer mit 2016 vergleichbaren Entwicklung an den Kapitalmärkten kommen wird, darf bezweifelt werden. Erwartungshaltung und Realität liegen hier ein gutes Stück auseinander. Mit einem vom IWF auf nur 0,5 % geschätzten BIP-Wachstum 2017 ist die Gefahr einer Korrektur beim Bovespa und beim BRL recht groß, sollte Staatspräsident Michel Temer die hohen Erwartungen der Marktteilnehmer enttäuschen. Politisch wenig Änderung in Russland. In Russland hat sich 2016 politisch nicht allzu viel verändert: Der Konflikt mit der Ukraine sowie die Sanktionen seitens der EU und der USA halten an und der Syrien-Konflikt birgt einiges an Unwägbarkeiten. Lediglich im Hinblick auf die Beziehungen zur Türkei konnte eine Entspannung erreicht werden. Wirtschaftlich haben sich jedoch einige Indikatoren verbessert: Die Inflationsrate hat sich z. B. seit ihrem Hochpunkt im März 2015 bei 16,9 % inzwischen eher gedrittelt als halbiert und der Leitzins konnte im Zuge der jüngsten Rubel-Erholung wieder gesenkt werden. Nicht wenige Indikatoren, wie z. B. die steigende Industrieproduktion sowie der Rückgang der Arbeitslosigkeit, deuten darauf hin, dass der konjunkturelle Tiefpunkt in Russland bereits überwunden wurde und die Wirtschaftsleistung im Jahr 2017 wieder steigen wird. Zum Glück, denn der staatliche Reservefonds ist von 92 Mrd. USD im August 2014 binnen zwei Jahren kräftig auf nur noch rund 32 Mrd. USD zusammengeschmolzen. Der Doppelschock aus Ölpreisverfall und westlichen Sanktionen wurde durch staatliche Zusatzausgaben aus dem erwähnten Fonds, zusätzliche Schuldenaufnahme sowie Einnahmen aus Privatisierungen gemildert. All dies hätte ohne deutlich erholte Ölpreise 2016 aber kaum zur Stabilisierung des Staatshaushalts und des wirtschaftlichen Umfelds ausgereicht. Die von der OPEC beschlossene Fördermengenbegrenzung dürfte 2017 nun zumindest einem erneuten Ölpreisverfall entgegenstehen, wovon Russland profitieren sollte. Jacob Zumas Kapriolen belasten Südafrika. Die gute Entwicklung des Südafrikanischen Rands (ZAR) ist hauptsächlich der seit Beginn des Jahres 2016 erfolgenden Erholung der Rohstoffpreise geschuldet. Der Aktienmarkt hingegen performte weniger gut und spiegelt somit die anhaltende Schwäche der Wirtschaft mit Wachstumsraten unter 1 % p. a. wieder. Neben der steigenden Staatsverschuldung und einem Leistungsbilanzdefizit von über 4 % des BIP haben hierzu politische Faktoren beigetragen. Ein weiterer Vertrauensverlust bei internationalen Investoren könnte rasch dazu führen, dass die für das Land wichtigen ausländischen Portfolioinvestitionen 2017 spärlicher fließen oder gar in nennenswertem Umfang abgezogen werden. Dies insbesondere dann, wenn Südafrika seinen Investment-Grade verlieren sollte. In diesem Falle stünde auch eine kräftigere Abwertung des Rand zu befürchten. Während die Hoffnung auf wieder steigende Rohstoffpreise südafrikanische Assets und den ZAR derzeit noch stützt, hat sich in politischer Hinsicht das Chance-Risiko-Verhältnis am Kap zuletzt eher verschlechtert. Reformfortschritte in Indien. In Indien hat Premierminister Modi seine erste echte, d. h. zählbare, Reform durchgesetzt und zwar die Einführung landesweit vereinheitlichter Mehrwertsteuersätze. Künftig soll die bisher von Bundesstaat zu Bundesstaat divergierende Umsatzbesteuerung angeglichen und damit ein wichtiges Hemmnis für den Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 25 Handel zwischen den einzelnen Bundesstaaten beseitigt werden. Vom ansteigenden Binnenhandel und der damit einhergehenden verbesserten Nutzung komparativer Vorteile sollten die gesamte indische Wirtschaft und vor allem die Investitionstätigkeit profitieren. Auch hier nahmen die Aktienmärkte erhoffte positive Entwicklungen in Form einer guten Performance im Verlauf des Jahres 2016 vorweg. Im Umfeld bereits mehrfach gesenkter Leitzinsen und einer relativ stabilen Preisentwicklung dürfte die indische Wirtschaft auch 2017 über 7 % zulegen können. Entwicklung der EM bleibt durchwachsen. Zusammenfassend lässt sich über die genannten »Promis« unter den Schwellenländern sagen, dass bei dreien eine sehr verhaltene wirtschaftliche Erholung im Jahr 2017, im Falle Indiens dagegen eher eine anhaltend gute wirtschaftliche Entwicklung wahrscheinlich ist. Es gibt also durchaus länderspezifische Entwicklungen. In einem sich weltwirtschaftlich tendenziell »normalisierenden« Umfeld, in dem der Aspekt der Risikoaversion nicht – wie noch vor kurzem – den alles dominierenden Faktor darstellt, ist damit auch wieder eine mehr länderspezifische, d. h. divergierende, Wirtschafts- und Börsenentwicklung wahrscheinlich. Die in einigen Ländern 2016 exorbitant gute Performance im Hinblick auf die Börsenentwicklung dürfte 2017 nur unter sehr günstigen Umständen wiederholbar sein. Vor allem die Entwicklung der Börse in Brasilien lässt in Anbetracht der dort recht hohen Risiken wirtschaftlicher und politischer Natur 2017 das Korrekturrisiko als nicht zu unterschätzen erscheinen, während Indien mit besseren Gründen für anhaltenden Optimismus aufwarten kann. Politische Unsicherheiten dämpfen i. d. R. die Investitionstätigkeit und den Konsum und belasten so die 26 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 wirtschaftliche Entwicklung. Dies gilt derzeit neben Russland insbesondere auch für die Türkei. Hier herrschen noch immer der Ausnahmezustand und anhaltende Verunsicherung. Das ohnehin rückläufige Wirtschaftswachstum wird durch hohe Inflationsraten sowie eine steigende Arbeitslosigkeit gefährdet. Eine Besserung ist trotz deutlicher Leitzinssenkungen derzeit nicht in Sicht. Unter anderem belastet der Verlust des Investment-Grades. 2017 und auch darüber hinaus bleibt die Situation wohl auch in wirtschaftlicher Hinsicht angespannt. So rechnet die Ratingagentur Moody’s® für die Jahre 2016 bis 2019 mit einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von 2,7 % – etwa einer Halbierung der durchschnittlich 5,5 % in den Jahren 2010 bis 2014. Das auf Unternehmensebene oftmals stark kreditgetriebene Wachstum wird wohl auch zukünftig weniger Dynamik entfalten als gewohnt: Nach einer Untersuchung der BIZ hat sich die Verschuldung der privaten Unternehmen außerhalb des Bankensektors vom dritten Quartal 2003 bis zum dritten Quartal 2015 von ca. 20 % des BIP auf ca. 80 % des BIP vervierfacht. Eine Konsolidierung ist hier dringend angezeigt. Wie immer wechseln sich bei den Schwellenländern also Licht und Schatten ab. Alle haben ihre Probleme, ansonsten wären es ja »entwickelte Länder«. Und wie an den Aktienmärkten der entwickelten Staaten gilt auch hier, dass sich auf Dauer angelegte Investments in Schwellenländern – vorausgesetzt sie verfügen grundsätzlich über ein tragfähiges »Geschäftsmodell« – eher auszahlen als kurzfristig angelegtes »Trading«. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass es hier auch generelle Risiken gibt, die das Potenzial haben, unabhängig von länderspezifischen Faktoren zu einer Belastung der ganzen Staatengruppe zu werden. Dies sind vor allem Faktoren, die zu einem allgemeinen Anstieg der Risikoaversion führen können. Dazu zählen der Syrien-Konflikt, die Ukraine-Krise oder Nordkorea. Hinzu kommt die Sorge, inwiefern USZinsanhebungen die Schwellenländer und insbesondere die Kapitalflüsse in diese negativ beeinflussen. Dass die US-Zinsen steigen werden, gilt als ausgemacht. Ein wie zuletzt wieder etwas flacher projizierter US-Zinsanstieg könnte den Schwellenländern aber zugutekommen. Gerade Länder, die ein hohes Leistungsbilanzdefizit aufweisen und auf den Zufluss von ausländischem Kapital angewiesen sind, könnten von einer Abkehr ausländischer Kapitalgeber negativ betroffen sein. Gefährdet sind hier u. a. Südafrika, die Türkei, Marokko und die Ukraine. Dennoch belegen die Kapitalflussstatistiken des IIF, dass es in den letzten Monaten zu stabilen Netto-Zuflüssen von Portfolioinvestitionen in die Schwellenländer gekommen ist. Ein Zustand, der auch dem durch die Niedrigzinspolitik in entwickelten Ländern entstandenen Anlagenotstand und der Suche nach höheren Renditen geschuldet ist. An dieser Situation dürfte sich im derzeitigen Umfeld allenfalls langsam steigender Zinsen vorerst wenig ändern. Für einzelne Länder besteht hingegen durchaus die Gefahr, dass ausländische Investoren z. B. infolge hausgemachter Probleme abwandern. Zugute kommt vielen Schwellenländern aber, dass die Devisenreserven kräftig ausgebaut werden konnten und somit ein Puffer für kurzfristig fällige Auslandsschulden vorhanden ist. Darüber hinaus besteht von Investorenseite zunehmend die Bereitschaft, in höher verzinste Lokalwährungsanleihen zu investieren, was in Abwesenheit erneuter z. B. politisch bedingter krisenhafter Zuspitzungen 2017 zu einer verringerten Exponiertheit der Emerging Markets gegenüber der US-Zinsentwicklung führen sollte. Angesichts der Tatsache, dass der Welthandel seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 nur noch deutlich verlangsamt wächst, ruht die Hoffnung auf neue Wachstumsimpulse verstärkt auf der Entwicklung und dem Ausbau von Freihandelszonen. Die »Trans Pacific Partnership« (TPP) wurde bereits unterschrieben und muss nun von den Gründungsstaaten ratifiziert werden. Mexiko, Chile, Peru, Malaysia, Vietnam und Brunei sollten dann von der Intensivierung des Handels mit den USA, Japan, Australien, Neuseeland und Kanada profitieren. Etwas anders sieht es intern bei der Freihandelszone NAFTA aus. Bereits im Vorfeld der USPräsidentschaftswahlen gerieten der mexikanische Peso und der mexikanische Aktienmarkt unter Druck, da beide Kandidaten eine Umgestaltung derzeitiger Verträge anstreben. Das Wirtschaftswachstum vieler Schwellenländer sollte auch 2017 nicht zuletzt von der Entwicklung der Rohstoffpreise geprägt werden. Darüber hinaus dürfte das Thema »säkulare Stagnation« weiterhin eine Rolle spielen. Mit Beginn der Finanzkrise hat sich das BIPWachstum der Schwellenländer von über 8 % in den Jahren 2006/07 auf nur noch etwas über 4 % im Jahr 2016 halbiert. Zum Teil ist dies der Rolle der Emerging Markets als »verlängerte Werkbank« der Industriestaaten geschuldet. Hier wirkt sich die schwache Investitionstätigkeit der »entwickelten« Länder aus. Viele Unternehmen bereinigen hier nach wie vor ihre Bilanzen von zu hohen Schulden und halten sich weltweit mit Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 27 Neuinvestitionen zurück. Zudem baut China Überkapazitäten ab, was dessen Rohstoffnachfrage dämpft. Da wir 2017 mit einer leichten Erhöhung des USamerikanischen und des chinesischen BIP-Wachstums rechnen und sich auch die Rohstoffpreise moderat erholen sollten, gehen wir aber davon aus, dass auch die Schwellenländer insgesamt 2017 etwas stärker wachsen werden, und zwar um 4,7 % nach etwas über 4 % 2016. »Ex-China« sollte eine Wachstumsrate von 3,5 % erreicht werden, nach rund 3 % im Jahr 2016. 28 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Emerging Markets: BIP mit Prognose (%). DATEN & PROGNOSEN BIP-Wachstum in % Mittel-/Osteuropa »Developing Asia« - Indien Lateinamerika/Karibik - Brasilien GUS-Staaten - Russland Mittlerer Osten/Nordafrika Sub-Sahara Afrika 2014 2,8 6,8 7,2 1,0 0,1 1,1 0,7 2,6 5,1 2015 3,6 6,6 7,6 0,0 – 3,8 – 2,8 – 3,7 2,1 3,4 Quelle: IWF (Oktober 2016); p = Prognose 2016p 3,3 6,5 7,6 – 0,6 – 3,3 – 0,3 – 0,8 3,2 1,4 2017p 3,1 6,3 7,6 1,6 0,5 1,4 1,1 3,2 2,9 Kalender. Wichtige Ereignisse im Jahr 2017. Winter 2017 20. Januar: Februar: Ende März: Amtseinführung des designierten US-Präsidenten Donald Trump Bundespräsidentenwahl Deutschland UK stellt Antrag auf Austritt aus der EU Frühling 2017 ab April April: 19. Mai: Juni: Erste Verhandlungen über den »Brexit« beginnen Frankreich Präsidentenwahl Wahl eines neuen Präsidenten in Iran; OPEC-Treffen Sommer 2017 Juli: September: G20 in Hamburg Bundestagswahl Herbst 2017 31. Oktober: Reformationsjubiläum 500 Jahre (gesetzlicher Feiertag) 30 3 Deutschland. Die deutsche Konjunktur hat sich in den vergangenen Jahren als erstaunlich resistent erwiesen. Der Aufschwung wird sich im Wahljahr 2017 etwas verlangsamt fortsetzen. Wir glauben, dass der leicht ansteigende Ölpreis und die leicht ansteigenden Zinsen kaum Spuren in der Realwirtschaft hinterlassen dürften. Von der Erholung in den Schwellenländern sollte Deutschland als Exportnation überproportional profitieren. 3.1 Deutschland. Schockresistent ins Wahlkampfjahr. BIP-Prognosen: 2016: 1,9 %; 2017: 1,5 % Dr. Jens-Oliver Niklasch Die Lage ist akzeptabel, in manchen Bereichen sogar gut, aber die Herausforderungen werden nicht weniger. So könnte man das Konjunkturbild für Deutschland in einem Satz zusammenfassen. Beginnen wir bei den Stärken des Landes. Der Arbeitsmarkt legt im zehnten (!) Jahr in Folge zu. Abgesehen von einem leichten Dämpfer 2009, der, gemessen am damaligen Konjunktureinbruch, kaum der Rede wert scheint, hat die Beschäftigung stetig zugenommen und die Arbeitslosenquote ist auf inzwischen knapp über 6 % gefallen. Wie es aussieht, wird sich daran auch in naher Zukunft nicht viel ändern. Größtes Risiko hier bleibt die Eingliederung der Flüchtlinge und sonstigen Zuwanderer in den deutschen Arbeitsmarkt. Voraussichtlich wird 2017 daher die Arbeitslosenquote ebenso zunehmen wie die Zahl der Beschäftigten. Deutschland: Die Lage am Arbeitsmarkt. 45 12 43 11 41 39 10 37 9 35 33 8 31 29 7 27 6 25 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 Beschäftigte in Mio. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Mio. ALQ (RECHTE SKALA) Mit der Beschäftigung legt auch das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte zu. Dies wird noch begünstigt durch das sehr stabile Preisumfeld. Obgleich wir im kommenden Jahr, bedingt durch die Basiseffekte des Ölpreisanstiegs, von einem Anstieg der Verbraucherpreise um 1,5 % ausgehen, sollten die Masseneinkommen in realer Rechnung zulegen – geschuldet auch der Erhöhung der Renten. Eine verlässlichere Stütze für den privaten Konsum als das verfügbare Realeinkommen der Haushalte gibt es indes kaum. Gegenwind bei den Exporten. Verlässlich war meistens auch der deutsche Außenhandel, aber hier könnte allmählich ein Maximum erreicht sein. Der internationale Handel wächst seit der Finanzkrise in deutlich langsamerem Tempo als zuvor. Dies liegt zum einen an der globalen Wachstumsrate im Vergleich zur Vorkrisenzeit. Zudem wirken die bekannten begünstigenden Faktoren (v. a. zunehmende Integration der Emerging Markets und insbesondere Chinas in den Welthandel oder die Europäische Integration) nicht mehr so kräftig wie einstmals. Auch fehlen neue Impulse. Ob und wie nach CETA auch TTIP abgeschlossen werden und in welchem Umfang, steht in den Sternen. Zudem wird die deutsche Wettbewerbsfähigkeit allmählich auf internationaler Ebene zum Politikum. Der Überschuss in der Leistungsbilanz, die in den ersten Jahren der Währungsunion noch defizitär war, ist inzwischen auf über 9 % des BIP angeschwollen. Dem stehen im Austausch mit Deutschland entsprechende Defizite der Handelspartner gegenüber. Vor allem im Euroraum wird Deutschland deswegen zunehmend kritisch beäugt und die Rufe nach einem Gegensteuern werden lauter. Quellen: Thomson Reuters Financial, LBBW Research Die Logik scheint bestechend: Wenn Deutschland seinen Überschuss abbaut, z. B. durch einen zuneh32 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 menden privaten Konsum, dann wären die Wachstumsraten im Rest der EWU-Staaten höher. Das klassische Instrument einer Aufwertung der Währung entfällt angesichts der Gemeinschaftswährung, bleiben also nur fiskalpolitische Instrumente wie Steuersenkungen oder kräftige Reallohnsteigerungen. Für beides gibt es aber derzeit wenig Anzeichen. Der Überschuss wird hoch bleiben, aber vielleicht wird er nicht mehr zulegen. Deutschland: Leistungsbilanzsaldo in % des BIP. 12 10 8 6 4 2 0 -2 -4 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 Bundestagswahl als wichtigstes Ereignis. Eines der größten Ereignisse in Deutschland im Jahr 2017 wird sicherlich die Bundestagswahl werden. Die Parteien und Spitzenkandidaten werden sich bereits in den nächsten Monaten in Stellung bringen und versuchen, ihre Akzente zu setzen. Im Vergleich zum Wahlkampf in den USA werden die Diskussionen hierzulande hoffentlich deutlich sachlicher geführt werden. Laut aktuellen Umfragen wäre eine Fortsetzung der »Großen Koalition« möglich. Allerdings könnten der erneute Einzug der FDP in den Bundestag und das erstmalige Überspringen der 5%-Hürde durch die AfD noch einige Unwägbarkeiten für die Koalitionsarithmetik mit sich bringen. Sollten sich SPD oder CDU gegen eine weitere »GroKo« entscheiden, dann werden wir uns auf eine Drei-Parteien-Koalition einstellen müssen. Dadurch dürften Weichenstellungen im wirtschaftspolitischen Bereich künftig mühsamer werden. Leistungsbilanzsaldo in % des BIP Quellen: Thomson Reuters Financial, LBBW Research Die Rückkehr der Inflation. Mit einiger Gefasstheit können die deutschen Verbraucher der Entwicklung der Inflationsrate in den kommenden Quartalen entgegensehen. Zwar wird sie wohl in den kommenden Monaten deutlich steigen, da die entlastenden Effekte aus dem Ölpreisrückgang von 2014 bis Anfang 2016 nunmehr auslaufen. Weil aber die Kernrate, d. h. die Inflationsrate unter Ausschluss der Preise für Energie und Lebensmittel, mäßig ist und die Konjunktur entlang des Potenzialwachstums läuft, dürfte der Anstieg der Inflationsrate vor der Marke von 2 % stoppen. Im Jahresdurchschnitt rechnen wir mit einer Inflationsrate von 1,5 %, nach voraussichtlich 0,3 % im Jahr 2016. Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 33 3.2 Sonderthema: Soll der Staat mehr investieren? »Fakt ist, dass die Investitionen der öffentlichen Hand seit Jahren in ihrer Bedeutung tendenziell sinken.« Dr. Jens-Oliver Niklasch Dauerthema »öffentliche Investitionen«. Die Forderung nach mehr Investitionen, öffentlichen zumal, ist in der wirtschaftspolitischen Diskussion ein Dauerbrenner, leuchtet aber vor allem dann intensiv, wenn es gilt, das wirtschaftliche Wachstum zu beschleunigen. Was ist der Hintergrund? Wirtschaftliches Wachstum hat drei mögliche Ursachen. Erstens eine höhere Produktivität etwa durch technischen Fortschritt, zweitens mit mehr Erwerbstätige und drittens einen größeren Kapitalstock, sprich: Investitionen. Der Staat ist überall dabei: Er setzt durch seine Arbeitsmarktund Sozialpolitik Anreize zur Arbeitsaufnahme. Er legt Grundlagen für technischen Fortschritt über die schulische Bildung der (zukünftigen) Arbeitnehmer und durch die Finanzierung der Universitäten oder auch den Rechtsrahmen wie den Schutz von Patenten. Sollte der deutsche Staat auch vermehrt Investitionen tätigen? Dies fordern seit geraumer Zeit in- und ausländische Institutionen angesichts niedriger Zinsen und solider öffentlicher Finanzen des deutschen Staates. Fakt ist, dass die Investitionen der öffentlichen Hand seit Jahren in ihrer Bedeutung tendenziell sinken. Was die Investitionen der Gebietskörperschaften anbelangt, betrugen diese rund 60,8 Mrd. EUR, was etwa 2,2 % des deutschen Bruttoinlandprodukts entsprach. Aussagekräftiger ist freilich die Höhe nach Abschreibungen, also die Nettoanlageinvestitionen. Diese liegen quasi bei null, was zeigt, dass der staatliche Kapitalstock nicht wächst. Auf der Ebene der Gemeinden, die 2015 immerhin für Bruttoinvestitionen 2015 in Höhe von 22,5 Mrd. Euro verantwortlich zeichneten, 34 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 schrumpft er sogar seit über einem Jahrzehnt, wie eine aktuelle Untersuchung der Bundesbank im Monatsbericht Oktober zeigt. Angesichts dessen scheint eine Erhöhung der öffentlichen Investitionen begrüßenswert. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive die öffentliche Hand im Vergleich zum privaten Sektor ein eher kleiner Investor ist. Für jeden Euro öffentlicher Investitionen geben die Privaten in Deutschland 8 EUR aus. Selbst für Bauinvestitionen, bei denen der Staat aufgrund der Notwendigkeit, das Straßennetz zu unterhalten und öffentliche Gebäude zu errichten, eine größere Rolle spielt, beträgt das Verhältnis 1:7, für Ausrüstungsinvestitionen ist das gar 1:14. Um entsprechende gesamtwirtschaftliche Wirkungen zu erzielen, müsste der Staat folglich seine Investitionsnachfrage schon erheblich steigern. Nettoanlageinvestitionen des Staats (in Mrd. EUR). 200 150 100 50 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Eurozone Deutschland USA Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research -50 Die Bedingungen für private Investitionen scheinen ohnehin einzigartig günstig. Die Zinsen sind auf historischen Tiefs. Unternehmen guter Bonität finanzieren sich gegenwärtig praktisch zu 0 % und das bei stabilem Konjunkturverlauf. Was hält die Unternehmen zurück? Der IWF hat festgestellt, dass neben einer relativ schwachen Güternachfrage vor allem die Unsicherheit über die nähere Zukunft und der mangelnde Zugang zu Finanzierung die privaten Investitionen ausbremsen. Als Gegenmittel empfiehlt der IWF neben expansiver Geldpolitik Strukturreformen an den Arbeits- und Gütermärkten sowie staatliche Investitionen in Infrastruktur. Der Staat, so die Überlegung könnte mit gezielten Investitionen in Infrastruktur einen dauerhaften Beitrag zur Stärkung der Wachstumskräfte leisten. Zu denken wäre hier an die digitale Infrastruktur Deutschlands. Wachstumstreibende Effekte dürften sich dadurch u. a. aus der unternehmerischen Nutzung im Zusammenhang mit der Industrie 4.0 ergeben. Aktuell fördert die Bundesregierung den Breitbandausbau mit 2,1 Mrd. EUR und hat bis 2020 weitere Mittel in Höhe von 1,3 Mrd. EUR zugesagt. Da ist Luft nach oben. Die wohl höchste Rendite dürfte mit Investitionen in Bildung zu erzielen sein, auch wenn diese rein statistisch nicht als Investitionen behandelt werden. Angesichts der Schwierigkeit vieler Unternehmen, geeignete Arbeitskräfte – ausbildungsfähig oder ausgebildet – zu finden, sollten die Anstrengungen deutlich erhöht werden. Aufwendungen für die Weiterbildung älterer Arbeitnehmer, Integration von Migranten, die Betreuung von Kleinkindern, der Ausbau der Universitäten – die Möglichkeiten sind zahlreich. Die Verkehrsinfrastruktur hätte Verbesserungen ebenfalls dringend nötig. So gelten von 13.000 km des deutschen Autobahnnetzes 8,5 % als in schlechtem und 8 % in sehr schlechtem Zustand, von 39.500 km Bundesstraßen sind sogar 15 % in schlechtem und 19,6 % in sehr schlechtem Zustand. Bekannt sind auch die Probleme in der Bahninfrastruktur. Angeblich stammt jede dritte Brücke im Schienennetz der Bahn noch aus »Kaisers Zeiten«. Wenn nicht jetzt, zu diesen niedrigen Zinssätzen investiert wird, wann dann? Keine »Brücken ins Nichts«! Allerdings sind Investitionen kein »Selbstläufer«. Flankieren andere Politikbereiche diese öffentlichen Investitionen nicht, dürften auch an sich sinnvolle Maßnahmen ohne Rendite bleiben. Eine erkleckliche Zahl teils kurioser Beispiele ohne sichtbaren Nutzen, die berühmten »Brücken ins Nichts«, wird alljährlich im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler aufgelistet. Aber auch das Beispiel Japans mit seiner nun schon zwei Dekaden andauernden Stagnation zeigt, dass Investitionen in Infrastruktur im ungünstigen Fall nichts anderes sind als die Verschwendung von Steuergeldern im großen Stil. Am Ende, man kann es kaum oft genug wiederholen, sind es private Investitionen, die für Konjunktur und Wachstum den Ausschlag geben. Passen die für die Unternehmen ausschlaggebenden wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen nicht und ist die diesbezügliche Unsicherheit der Unternehmen groß, so haben diese auch keinen Anreiz zu investieren. Die politische Machbarkeit von Investitionen ist von hoher Bedeutung. Um die Erwartungen noch etwas zu dämpfen: Investitionen – öffentliche wie private – werden voraussichtlich auch 2017 die Konjunktur stützen, aber den privaten Konsum nicht in seiner Bedeutung als Konjunkturfaktor ablösen können. Zudem ist die fiskalpolitische Linie der Bundesregierung ohnedies eine andere als etwa von IWF und EZB propagiert. Deutschland steht mit Blick auf die öffentlichen Schuldenstände Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 35 relativ besser als da die meisten Länder Europas, ist aber keineswegs eine Insel der Seligen. Auch hierzulande liegt der Schuldenstand jenseits der MaastrichtMaßstäbe und die Herausforderungen der Demographie mit steigenden Kosten der Systeme der sozialen Sicherung zeichnen sich bereits ab. Es ist daher vorerst nicht zu erwarten und auch nur bedingt sinnvoll, dass Deutschland von seiner Linie abweicht. Vor dem Hintergrund der politischen Machbarkeit würden wir deshalb für einen denkbaren Mittelweg votieren. In Anerkennung der bestehenden Größenverhältnisse sollten öffentliche Investitionen nur dort gesteigert werden, wo es sinnvoll und geboten ist. In erster Linie müssen aber die Rahmenbedingungen für private Investitionen verbessert werden. Hierzu zählt eine Wiederaufnahme der strukturellen Reformdynamik, wie sie auch der Sachverständigenrat angemahnt hat. Die Dauerbrenner im Forderungskatalog sind allgemein bekannt: Der Arbeitsmarkt muss flexibel bleiben, die Bürokratie sollte das notwendige Maß nicht übersteigen, Unternehmen und private Haushalte brauchen Planungssicherheit auf allen zentralen Gebieten. Von der Sozialpolitik über die Energieversorgung bis zum Schutz des Privateigentums und der Umweltgesetzgebung. 36 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Zu den Rahmenbedingungen zählt ohne Zweifel auch das Steuerrecht. So können private Investitionen durch entsprechende verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten, wie z.B. höhere degressive Abschreibungen, gefördert werden. Und dort, wo es geboten ist, sollte der Staat Private ins Boot holen. Das teilmarode Straßennetz wurde bereits angesprochen. Warum nicht über eine Kooperation des öffentlichen mit dem privaten Sektor nachdenken? Private Betreiber könnten im Auftrag des Staates Straßen bauen und unterhalten. Davon könnten sogar gleich drei Beteiligte profitieren: Der Staat schont seine Finanzen, privaten Investoren böte sich ein »alternatives Investment« mit langfristiger Perspektive und den Verkehrsteilnehmern stünden bezahlbare und sichere Verkehrswege zur Verfügung. Man kann freilich auch Felder identifizieren, auf denen der Staat unmittelbar gefordert sein könnte; so im Bereich »Verkehr und Umwelt«. Der von der europäischen Politik angestrebte Umstieg vom Verbrennungsmotor auf den abgaslosen elektrischen Antrieb wird ohne entsprechende öffentliche Investitionen und Förderungen nicht zu bewältigen sein. Die Vorbereitungen dafür sollten besser heute beginnen als morgen. 37 4 Langfristige Chancen und Risiken. Wie wird die Welt 2025 aussehen? Auf diese Frage gibt es zwar keine sicheren Antworten, doch für uns ist klar, dass die Themen dieses Sonderthemas die nächsten Jahre prägen werden. 2017 wird ein Jahr der Entscheidungen, wie wir mit diesen Trends umgehen wollen. Wir beleuchten im folgenden Kapitel Chancen und Risiken der Globalisierung, der Digitalisierung, der Solidarität in Europa und der lockeren Geldpolitik. 4.1 Ist die Globalisierung in Gefahr? »Globalisierung muss für alle Bevölkerungsschichten und nicht nur für die oberen Schichten positiv sein.« Dr. Guido Zimmermann Tendenziell ja, wenn die Politik die Dinge weiter wie bislang laufen lässt. Zumindest traditionelle Maße für das Welthandelsvolumen sprechen eine klare Sprache: Auch wenn sich das Welthandelsvolumen nach dem massiven Einbruch in der Finanzkrise wieder erholt hat, so zeigen doch die Daten, dass die Dynamik des Welthandels seit der Finanzkrise abgenommen und sich auch zuletzt weiter verlangsamt hat. Gleichzeitig nehmen protektionistische Tendenzen wieder zu. Die Ursachen für die zögerliche Entwicklung des Welthandels sind nicht wirklich klar. Ein Grund ist sicherlich die globale Wachstumsschwäche – und hier v. a. die enttäuschende Entwicklung in Europa und China. Wenn der Außenhandel aber vergleichsweise kapitalintensiv ist, gleichzeitig aber weniger investiert wird, so ist auch klar, dass die weltweite Investitionsschwäche sich in eine Schwäche der Handelsdynamik übersetzt. Aber auch strukturelle Gründe sind hierfür verantwortlich. So versucht China zunehmend, seine Wirtschaft weniger auf Exporten und mehr auf den Konsum zu stützen. Die USA sind derweil zu einem Nettoenergieexporteur geworden und die US-Industrie verlagert wieder Teile der Produktion zurück in die USA. Die sinkenden Rohstoffpreise haben zudem bewirkt, dass die Importe der rohstoffexportierenden Länder zurückgegangen sind. Gleichzeitig sind neue Phänomene in der Produktion zu konstatieren, die Ausdruck einer zunehmenden Digitalisierung sind. Neue Produktionsweisen wie 3D-Druckverfahren machen es möglich, auf die Verschiffung von Waren zu verzichten. Auch nimmt der Handel immer weniger physische denn digitale Formen an. Schlussendlich ist zu sagen, dass die Ursachen für die niedrigere Dynamik des Welthandels nicht wirklich klar sind. Entscheidend ist, dass die Politik sich protektionistischen Tendenzen entgegenstemmt. Nein, wenn die Politik handelt. Denn der Protektionismus speist sich ja nicht nur aus branchenspezifischen Partikularinteressen, sondern v. a. auch aus einem Unwohlsein der sog. »Globalisierungsverlierer«. Eine Lehre aus dem »Brexit« Großbritanniens aus der EU ist z. B, dass die Globalisierung für alle Bevölkerungsschichten und nicht nur für die oberen Einkommensschichten positiv sein muss. Es ist daher verstärkt über Reformen in der Sozialpolitik nachzudenken. Zwar hat die Globalisierung Milliarden von Menschen in den Schwellenländern in den letzten Jahrzehnten aus der Armut gehoben, aber in den (unteren) Mittelschichten der entwickelten Länder hat dieser Prozess durchaus Verlierer generiert. Zwar gibt es hierfür sicher noch wesentlich wichtigere Gründe als den Freihandel – die zunehmende Automatisierung ist hier wohl bedeutsamer –; als Fazit bleibt aber, dass in Bezug auf die Ungleichheit in der Einkommens- und Vermögensverteilung innerhalb der entwickelten Länder ein starker Anstieg zu verzeichnen ist. Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 39 4.2 Sind unsere Arbeitsplätze durch Roboter bedroht? »Deutschland steht mit an der Spitze dieser neuen industriellen Revolution der Industrie 4.0.« Dr. Guido Zimmermann Ja, wenn wir uns nicht weiterbilden. Wie viele Stellen sind potenziell durch die zunehmende Automatisierung von Tätigkeiten bedroht? Die empirische Evidenz hinsichtlich der Effekte der Digitalisierung auf die Arbeitsmärkte ist sehr uneinheitlich und mit einer großen Spreizung in den Schätzungen versehen. Hinzu kommt, dass aufgrund unterschiedlicher Datenabgrenzungen und Unterschiede in den Strukturen der Arbeitsmärkte diesbezügliche Schätzergebnisse international kaum miteinander verglichen werden können. So haben in den USA und Deutschland gleiche Berufe unterschiedliche Tätigkeitsprofile. Fertigungsberufe haben in Deutschland die höchste Wahrscheinlichkeit, unter Automatisierung zu leiden, soziale und kulturelle Dienstleistungen die geringsten. Aber auch in der Fertigung sind sehr unterschiedliche Automatisierungswahrscheinlichkeiten anzutreffen. Prinzipiell haben Tätigkeiten, die Nichtroutinecharakter aufweisen, die geringste Wahrscheinlichkeit, automatisiert zu werden. Allerdings dürfte sich die Struktur des Arbeitsmarkts wesentlich stärker ändern als das Niveau der Beschäftigung insgesamt. Bis 2030 dürften nach Schätzungen rund 850.000 Stellen durch die sog. Industrie 4.0 Veränderungen unterliegen. Wirklich wegfallen dürften wohl lediglich rund 100.000 Stellen. Die Arbeitnehmer müssen ihr Augenmerk daher verstärkt auf eine gute Aus- und Weiterbildung richten, um flexibel genug auf die neuen Herausforderungen reagieren zu können. Nein, wenn wir die Digitalisierung als Chance Entscheidende Erkenntnis ist, dass nicht Berufe per se, sondern einzelne Tätigkeiten innerhalb eines Berufs automatisiert werden. Nach den verfügbaren Schätzungen weisen in Deutschland zwischen 9 und 15 % der Arbeitsplätze Tätigkeitsprofile mit einer relativ hohen Automatisierungswahrscheinlichkeit auf. Ob diese Tätigkeiten dann auch tatsächlich ersetzt werden, hängt nicht nur von der technischen Machbarkeit ab. 40 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 begreifen. Deutschland steht mit an der Spitze dieser neuen industriellen Revolution der Industrie 4.0. Gleichzeitig sucht die Welt für eine wachsende Bevölkerung dringend technologische Lösungen für fundamentale Probleme wie die zunehmende Urbanisierung und den Klimawandel – Lösungen, die Deutschland anzubieten vermag. Mit ausreichenden Anstrengungen in Ausund Weiterbildung der Arbeitnehmer dürfte die Digitalisierung des Arbeitslebens für Deutschland eher Chance denn Risiko darstellen. 4.3 Führt die Geldpolitik der EZB zu einer Assetpreisblase? »Eine Blase in Echtzeit zu erkennen, ist leider auch für die Zentralbanken sehr schwierig bis unmöglich.« Dr. Jens-Oliver Niklasch Nein, wenn es einen großen Mangel an sicheren Aktiva gibt. Eine Preisblase entsteht typischerweise dann, wenn der Preis eines Vermögenswerts (Assets) so stark steigt, dass die Bewertung des Assets nicht mehr durch die Fundamentaldaten gerechtfertigt werden kann. Sobald Zweifel an der Bewertung der Assets aufkommen, platzt eine solche Blase. Die Geldpolitik bestimmt über das kurze Ende der Zinskurve maßgeblich die Preise an den verschiedenen Segmenten der Finanzmärkte. Die Leitzinsen bestimmen in erster Linie die Preise für Anleihen, aber auch von Immobilien und von Aktien. Ziel einer expansiven Geldpolitik war schon immer, über eine Veränderung der relativen Preise am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve Assetpreissteigerungen auszulösen, um so die Wirtschaft anzukurbeln. Die entscheidende Frage ist nun, wann gibt es ein »Zuviel« der expansiven Geldpolitik bzw. wann eine expansive Geldpolitik zu Verzerrungen an den Finanzmärkten führt. Die Zinsen sind derzeit nicht nur aufgrund eines günstigen Inflationsklimas niedrig, sondern auch weil es einen Mangel an sicheren Aktiva gibt. Zumindest aus dieser Sicht sind die derzeitig herrschenden Anleihenpreise auch nicht exzessiv. Ja, wenn Zentralbankankäufe selbst zu Überbewertung von Assetpreisen beitragen. Auf der anderen Seite tragen die massiven Ankäufe der Zentralbanken von Anleihen selbst zu dem Mangel an sicheren Aktiva bei – denn es bleibt ja weniger Angebot für die privaten Anleger übrig. Das Niedrigzinsniveau treibt gleichzeitig die institutionellen Anleger verstärkt in risikoreichere Assetklassen, denn die Investoren müssen ja ihre Renditeziele erreichen. Fazit: Zentralbanken im Zielkonflikt zwischen Preisstabilität und Finanzmarktstabilität. Eine Blase in Echtzeit zu erkennen, gar zu therapieren, ist selbst für Zentralbanken sehr schwierig bis unmöglich. Denn die sog. makroprudenzielle Regulierung steckt ungeachtet aller Fortschritte auf diesem Gebiet mit ihren Instrumenten hier noch in den Kinderschuhen. Wir vermuten, dass die expansive Geldpolitik sehr wohl zu Verzerrungen an den Finanzmärkten führt, die sich in unbestimmter Zukunft eruptiv an den Märkten entladen könnten – dies gilt insbesondere dann, wenn eines Tages einmal die expansive Geldpolitik zurückgefahren werden sollte. Die Zentralbanken sind jedenfalls nicht zu beneiden, denn der Zielkonflikt, einerseits für Preisstabilität in Europa als Ganzes zu sorgen, was eine Niedrigzinspolitik impliziert, und gleichzeitig mit dieser Politik möglicherweise Risiken für die Finanzmarktstabilität zu generieren, ist nicht von der Hand zu weisen. Das Problem der Zentralbanken ist, dass ihr Instrumentenkasten wohl derzeit nicht ausreicht, beiden Zielen gerecht zu werden. Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 41 4.4 Droht das Ende der Solidarität in Europa? »Investoren sind jedenfalls gut beraten, die Entwicklung im Auge zu behalten.« Dr. Jens-Oliver Niklasch Nein, denn der politische Wille zur Einigung Europas ist zu stark. Schon zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) Ende der 50er Jahre war das Ziel eher politischer Natur, nämlich durch eine enge wirtschaftliche Verflechtung künftige Kriege in Europa unmöglich zu machen. Der Gleichschritt von Wirtschaft und Politik hat seit damals deswegen lange Jahre gut funktioniert, weil das Wohlstandsversprechen in den Gründerstaaten der Europäischen Gemeinschaft(en) (EG) in den vergangenen Jahrzehnten eingelöst wurde. Ja, wenn »Brüssel« nicht wieder mehr auf die Sorgen der Bürger hört. Tempi passati, denn die Gleichung mehr Integration bedeutet mehr Wohlstand, scheint vor allem für den Mittelstand der Gründerstaaten Frankreich, Deutschland und Italien nicht mehr aufzugehen. Ob gerechnet oder gefühlt ist dabei eigentlich egal. Mit Großbritannien hat sich das erste Land aus der EU verabschiedet, nur die Formalitäten sind noch zu klären. In Italien, Frankreich und Deutschland stehen in den kommenden zwölf Monaten ebenfalls Richtungsentscheidungen an, bei denen es (auch) um die Zukunft der EU oder des Euros geht. Italien entscheidet noch in diesem Jahr am 4. Dezember über eine Verfassungsreform, in Frankreich wird im Mai ein neues Staatsoberhaupt gewählt und in Deutschland steht im Herbst die Bundestagswahl auf der Tagesordnung. 42 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Es ist derzeit nicht gänzlich auszuschließen, dass am Ende dieses Wahltriathlons die Regierung Renzi gescheitert ist, Frankreich mit Marine Le Pen erstmals eine Präsidentin hat, die als europafeindlich anzusehen ist, und in Deutschland selbst eine Große Koalition keine Regierungsmehrheit mehr zusammenbekommt. In der weiteren Folge könnte die bereits heute sichtbar brüchige Solidarität im Euroraum gänzlich verschwinden. In Italien würden wachstumsfördernde Reformen in weite Ferne rücken, Frankreich könnte seine EUMitgliedschaft zur Disposition stellen und Deutschland das Eingehen weiterer finanzieller Risiken ablehnen. Fazit: Weiterwursteln der EU wahrscheinlich. Investoren sind jedenfalls gut beraten, die Entwicklung im Auge zu behalten. Denn auch eine Teilentsolidarisierung in Europa könnte schon teuer werden. Die EUPolitik muss daher die wirtschaftlichen Sorgen der Bürger ernster nehmen, die europäischen Institutionen reformieren und dem Prinzip der Subsidiarität mehr Geltung verleihen. Nur dann kann Europa gelingen. Davon ist aber bislang nicht viel zu sehen. In vielen Dingen fährt die EU auf Sicht. Beispielhaft sei hier die Umsetzung des sog. »gehärteten« Stabilitätspaktes genannt, in dem offensichtlich auch langjährige Defizitsünder nach wie vor keine Sanktionen befürchten müssen. Nach aller Erfahrung wird die EU erst einmal auf diesem Weg des »Durchwurstelns« bleiben. Etwas mehr Entschiedenheit dürfte ihr aber langfristig besser bekommen. 43 5 Unsere Prognosen für 2017. Die Geldpolitik wird auch 2017 eine wichtige Größe bei all unseren Prognosen sein. Angesichts der anstehenden Anpassungen bei der europäischen und amerikanischen Geldpolitik müssen Anleger reagieren – je früher desto besser. Basierend auf unserem »großen Bild« haben wir Prognosen für das Jahr 2017 erarbeitet, die in diesem letzten Teil des Jahresausblicks erläutert und zu einem Gesamtbild mit konkreten Handlungsempfehlungen zusammengeführt werden. Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Wachstumsprognosen. 1,3 % Unsere Wachstumsprognose für die Eurozone 2017 1,5 % Unsere Wachstumsprognose für Deutschland 2017 2,5 % Unsere Wachstumsprognose für USA 2017 3,3 % Unsere Wachstumsprognose für die Welt 2017 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 45 5.1 Zinsen. Tapering könnte für Unruhe aber auch für Einstiegsgelegenheiten sorgen. »Einen Renten-Crash sehen wir gleichwohl nicht am Horizont« Elmar Völker In den letzten Jahren war die Frage nach einer Trendumkehr der seit der Finanzkrise anhaltenden und nur in jeweils kurzen Zeitphasen unterbrochenen Abwärtsbewegung der Langfristrenditen an den großen Anleihemärkten ein ständig wiederkehrendes Thema in Analysen und Ausblicken zur Zinsentwicklung – nicht nur in unseren eigenen. Und in ebensolcher Regelmäßigkeit hat die Realität die Erwartungen immer wieder Lügen gestraft: Es ging eben doch immer noch tiefer. Das laufende Jahr erscheint hierbei geradezu als Musterbeispiel, denn nach dem starken Renditeaufwärtsschub bei Bundesanleihen vom Frühjahr 2015 und der Entscheidung der US-Notenbank vom vergangenen Dezember, nach langem Zögern endlich die erste Leitzinserhöhung nach sieben Jahren Nullzinsphase zu vollziehen, drängte sich eine Wendekonstellation geradezu auf. Tatsächlich wurde das Jahr 2016 dann allerdings gleich in den ersten Handelstagen und -wochen wieder in eine rentenfreundliche Richtung gelenkt, als sich eine Welle von Sorgen vor einem Wachstumseinbruch in China am Finanzmarkt Bahn brach, die Energiepreise neue mehrjährige Tiefstände ausloteten und unerwartet schwache USKonjunkturdaten die soeben begonnene Leitzinswende der Fed sofort wieder in Zweifel zogen. Dieses Gemisch aus weltwirtschaftlichen Risiken und Sorgen vor anhaltend niedriger Inflation, das im Frühsommer noch durch das unerwartete »Brexit«-Votum der Briten ergänzt wurde, hat sowohl die Finanzmarktentwicklung als auch das Handeln der Notenbanken weithin bestimmt: Die EZB hat ihre bereits Ende 2015 erkennbare Bereitschaft zu einer weiteren Lockerung ihrer 46 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Geldpolitik entschieden umgesetzt und ihr Anleihekaufprogramm nicht nur durch eine Anhebung des monatlichen Kaufvolumens, sondern auch durch eine Ausweitung auf Unternehmensanleihen umgesetzt. Sie hat damit der Knappheitsdebatte am Euro-Staatsanleihemarkt einen zusätzlichen Schub verliehen und die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen noch unter die Tiefs vom Frühjahr 2015 gedrückt. Bundesfinanzminister Schäuble konnte sich seither sogar für 10 Jahre mehrmals Geld zu Negativzinsen leihen, der Anteil von Anleihen mit Negativzinsen am Euro-Staatsanleihemarkt stieg über 50 %. Selbst einzelne Unternehmen können inzwischen zu Negativzinsen emittieren, die Anleger treibt die EZB zudem mit ihrer noch breiteren Marktintervention immer weiter auf der Credit-Kurve hinauf, wenn diese noch nennenswert positive Renditen erzielen wollen. Eine Gegenbewegung der Renditen nach oben nach dem Motto »buy the rumour, sell the fact« wie im Jahr 2015 blieb überdies dank der Unsicherheit wegen des »Brexit«-Votums in den Anfängen stecken. Und mit Blick auf die US-Geldpolitik wurde den Marktbeobachtern deutlich vor Augen geführt, dass sich die Fed trotz wiederholt vorgebrachter Normalisierungs-Rhetorik nicht ganz allein gegen den »Niedrigzinssog« stemmen kann, wenn über die EZB und die japanische Notenbank (BoJ) bis zur Bank of England (BoE) alle anderen großen Notenbanken ihre Geldpolitik weiter lockern. Den US-Währungshütern blieb daher gewissermaßen nichts anderes übrig, als ihre eigenen Leitzinsprojektionen immer weiter zu senken, was die Teilnehmer am Finanzmarkt in einer Feedback-Schleife darin bestärkt hat, auch für die Zukunft allenfalls sehr sporadische Leitzinsschritte nach oben zu erwarten. Am US-Rentenmarkt hat sich daher die Zinsstrukturkurve auch ohne einen einzigen weiteren Zinsanhebungsschritt im laufenden Jahr weiter deutlich abgeflacht – parallel zur Zinskurve im Euroraum – sodass die Rendite 10-jähriger Treasuries im Sommer ihre Tiefstände des Jahres 2012 ungeachtet einer komplett anderen geldpolitischen Ausgangslage in den USA zeitweise noch unterbieten konnte. Notenbanken nicht komplett unabhängig. Die Erkenntnis, dass die großen Notenbanken hinsichtlich ihres geldpolitischen Aktionsradius‘ aneinander gekoppelt sind, bestimmt ganz wesentlich den Ausblick für die Zins- und Renditeentwicklung in den kommenden zwölf Monaten. Die EZB, die im laufenden Jahr mit einer Ausweitung ihres monatlichen Anleihekaufvolumens um 20 Mrd. EUR den größten Lockerungsimpuls gegeben hat und mithin einen wesentlichen Beitrag zum globalen Renditerückgang geliefert haben dürfte, sehen wir dabei wiederum in einer Schlüsselrolle. Die Währungshüter im Euro-Tower werden zwar nicht müde zu betonen, dass ihr Spielraum für geldpolitische Lockerungen noch nicht ausgereizt sei, sollte dies aufgrund der Konjunktur- und Inflationsentwicklung notwendig werden. Allein, es setzt sich am Markt zunehmend die Einschätzung durch, dass die Mittel der Geldpolitik weitgehend ausgereizt sind. Die etwas obskure Neuausrichtung ihrer geldpolitischen Instrumente, welche die BoJ im Wege der Einführung einer »Zinskurvenkontrolle« beschlossen hat, spricht hierfür Bände. Mit dem Ende der Sommerpause hat nun auch mit Blick auf die EZB eine Debatte über den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik ihren Anfang genommen. Wir halten die konjunkturellen Gegebenheiten für passend, dass die EZB in den kommenden Monaten tatsächlich einen solchen Ausstiegsprozess in Form eines sogenannten Taperings der Anleihekäufe in Gang setzt, denn das »Brexit«-Votum hat die Weltwirtschaft anscheinend nicht wie befürchtet zusätzlich zurückgeworfen und die Inflation begibt sich nach zwei Jahren mit Negativschocks nun endlich auf einen Pfad der Erholung. Wir erwarten, dass das monatliche Anleihekaufvolumen ab dem kommenden Frühjahr stufenweise zurückgefahren wird. Angesichts der Erfahrung vom USRentenmarkt aus dem Jahr 2013 ist das Wort »Tapering« am Rentenmarkt ein Reizwort, zumal viele Marktteilnehmer ausweislich der im ersten Halbjahr deutlich gestiegenen Kurse noch auf weiter sinkende Renditen ausgerichtet sein dürften. Der Renditeschock, der die Renditen 10-jähriger US-Treasuries im Frühjahr 2013 innerhalb von gut drei Monaten um mehr als 100 Basispunkte nach oben katapultiert hat, stellt, übertragen auf die 10-jährige Bundrendite, nach unserer Ansicht zwar eher einen Worst Case für die kommenden Monate dar. Klar ist für uns aber auch, dass mit der Ankündigung eines Taperings ein Teil der Knappheitsspekulation am Staatsanleihemarkt, der zuvor die Renditen nach unten gedrückt hat, umgekehrt werden dürfte. Mit deutlich erhöhten Marktschwankungen ist auf jeden Fall zu rechnen, zumal vom Staatsanleihemarkt bis zum Markt für Unternehmensanleihen alle Rentenmarktsegmente von einer schwindenden Marktliquidität betroffen sind, die eine Verstärkung von Marktausschlägen in Stressphasen fördert. Da mit anziehenden Staatsanleiherenditen zudem wiederum der Knappheitsdruck innerhalb des EZB-Anleihekaufprogramms zurückgeht, könnte eine Renditebewegung nach oben überdies eine sich selbst verstärkende Dynamik entfalten. Renditeanstieg bedeutet nicht gleich Crash am Rentenmarkt. Einen Renten-Crash sehen wir gleichwohl nicht am Horizont, denn hierzu sind weder die sich abzeichnende Dynamik der Konjunktur noch jene bei der Erholung der Inflation überzeugend genug, als dass die EZB einen schnellen Weg des geldpolitischen Ausstiegs wählen müsste. Vielmehr dürften die Währungshüter bestrebt sein, mit den ihnen zur Verfügung stehenden kommunikativen Mitteln (Forward Guidance; Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 47 Tapering auf »Widerruf«; Betonung, dass Käufe über Wiederanlage fälliger Anleihen noch lange weiterlaufen) allzu extreme Marktkapriolen, die wiederum ein Risiko für die Konjunkturerholung darstellen würden, zu verhindern. LBBW Research Prognose für Staatsanleihen 10jähriger Laufzeit in %: Deutschland und USA. 3,5 3,5 3,0 3,0 2,5 2,5 2,0 2,0 1,5 1,5 1,0 1,0 0,5 0,5 0,0 0,0 -0,5 -0,5 Jan 13 Jul 13 Jan 14 Jul 14 Jan 15 Jul 15 Jan 16 Jul 16 Jan 17 Jul 17 Jan 18 10Y Bund LBBW-Prognose 10Y Bund Quellen: Bloomberg, LBBW Research In der Summe sehen wir daher auf Sicht der nächsten 12 Monate keinen starken nachhaltigen Renditeanstieg, sondern einen moderaten Renditeaufwärtstrend bei langlaufenden Euro-Staatsanleihen. Das heißt also zweierlei: Renditeanstiege im Zuge eines beginnenden Taperings werden einerseits nicht ausufern oder einen Ausbruch aus dem übergeordneten Niedrigzinsumfeld markieren. Hierzu bleibt der Anlagedruck auf breite Anlegerschichten einfach zu stark – man dürfte mithin Renditeschübe nach oben, die sowohl bei Staatsanleihen der Peripherie als auch bei höherverzinslichen Unternehmensanleihen entlang der Kette geringerer Marktliquidität mit einer Spreadausweitung einhergehen dürften, als Einstiegsgelegenheit nutzen. Es gilt dann also, nicht die Nerven zu verlieren und ebenfalls nach diesen günstigeren Einstiegsgelegenheiten Ausschau zu halten. Andererseits sollte sich nach unserer Auffassung jedoch gleichsam das Muster des Jahres 48 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 2015 nicht wiederholen, als ein zwischenzeitlicher Renditeanstieg anschließend komplett korrigiert und sogar von neuen Allzeittiefs gefolgt wurde. Es steht ja nun perspektivisch die Fed nicht mehr alleine in ihrem Wunsch, vorsichtig aus dem ultra-expansiven geldpolitischen Umfeld auszusteigen. Ein Tapering des EZBAnleihekaufprogramms dürfte den US-Währungshütern vielmehr helfen, ihren eigenen Normalisierungskurs umzusetzen. Wir erwarten, dass die Fed ihren geldpolitischen Normalisierungsprozess im Dezember wieder aufnimmt und dass letzterem zwei weitere Zinsanhebungen bis Jahresende 2017 folgen. Im historischen Vergleich bleibt dies ein überaus flacher Leitzinspfad, aber es ist mehr als der Marktkonsens ausweislich der Terminsätze am Geldmarkt auf der Rechnung hat, welche auf Sicht der nächsten drei Jahre im Schnitt nur einen Anhebungsschritt pro Jahr einpreisen. Ein etwas strafferes Normalisierungstempo der Fed, ermöglicht u. a. durch die EZB, gibt dann in der Summe auch den Langfristzinsen am US-Rentenmarkt etwas Luft nach oben, wobei wir davon ausgehen, dass der transatlantische Renditespread am langen Ende im Großen und Ganzen stabil bleiben dürfte, während sich am kurzen Ende die Zinsdifferenz kontinuierlich weiter zu Gunsten des US-Dollarraums vergrößert. Mithin sollte die EUR-Zinskurve auf Sicht der kommenden 12 Monate auf jeden Fall steiler werden und zwar vor allem im hinteren Segment. Bei der USD-Zinskurve ist die Konstellation ambivalent: Wir sehen hier aus fundamentaler Sicht durchaus ebenfalls einiges an Potenzial für eine Versteilerung; so dürfte sich etwa ein Anstieg der weiterhin extrem niedrigen langfristigen Inflationserwartungen einstellen, sobald die Finanzmarktteilnehmer feststellen, dass die Teuerung, anders als in den beiden vorangegangenen Jahren, tatsächlich anzieht. Ein temporäres Überschießen der Langfristzinsen nach oben im Zuge einer verstärkten Tapering-Debatte im Euroraum dürfte ebenfalls in Richtung Versteilerung wirken. Durch eine Umschichtung in inflationsgeschützte Anleihen können sich Anleger partiell gegen die negative Wirkung dieses erwarteten (Nominal-) Renditeanstiegs auf ihr Portfolio wappnen. Wenn die Fed andererseits ihr geldpolitisches Normalisierungstempo etwas anzieht, wirkt dies klassischerweise in Richtung Kurvenverflachung, sodass sich die Steilheit der USD-Zinskurve in der Summe auf Sicht von 12 Monaten seitwärts entwickeln könnte. Auch dieses Mal kann natürlich alles wieder ganz anders kommen als gedacht, etwa weil neue politische Krisenherde oder Schocks aus dem gebeutelten Finanzsektor den verletzlichen globalen Konjunkturaufschwung zunichtemachen oder weil sich die EU über »Brexit«-Verhandlungen und einen fortgesetzten Aufstieg populistischer Kräfte komplett auseinanderdividiert. Bleibt dies aus, dann dürfte das Umfeld an den großen Rentenmärkten aber tatsächlich in den kommenden 12 Monaten etwas anders aussehen als im laufenden Jahr. Angesichts niedriger oder negativer laufender Renditen in weiten Teilen des Euro-Staatsanleihemarkts und bei »sicheren« Unternehmensanleihen wirkt sich jeder signifikante Renditeanstieg zunächst sofort schmerzhaft auf die Performance aus. Ganz ohne solche Einschnitte wird der von uns erwartete »Einstieg in den Ausstieg« aus der ultra-lockeren Geldpolitik trotz aller Glättungsanstrengungen der EZB wohl nicht ausgehen. Da es sich jedoch nach unserem Dafürhalten angesichts der fundamentalen Rahmenbedingungen nur um eine Trendumkehr innerhalb eines noch für lange Zeit fortbestehenden Niedrigzinsumfelds handeln dürfte, sollte die Entscheidung der Anleger letztlich dahingehend fallen, sich nicht grundsätzlich aus riskanteren Anlageklassen zurückzuziehen, sondern im Anschluss an deutliche, eventuell zum Überschießen neigende Marktbewegungen nach neuen Einstiegsgelegenheiten Ausschau zu halten. Im Peripheriesegment des Euro-Staatsanleihemarkts halten wir derzeit italienische Staatspapiere infolge der deutlichen relativen Schwäche des laufenden Jahres für relativ attraktiv, die am Markt vor dem im Dezember anstehenden Referendum eskomptierte politische Unsicherheitsprämie könnte im Falle einer politischen Beruhigung die Basis für eine Outperformance legen. Die auch in signifikantem Umfang in das EZBAnleihekaufprogramm einbezogenen Unternehmensanleihen könnten in einem »Tapering«-Szenario zunächst Kursverlusten ausgesetzt sein, zu stark waren die positiven Wirkungen, die das EZB-Programm seit seiner Ankündigung auf die Assetklasse hatte. In einem Umfeld schwacher Marktliquidität erscheint ein kurzzeitiges Überschießen daher durchaus denkbar. Aufgrund der weitgehend soliden Fundamentaldaten europäischer Unternehmen und konjunkturell moderat positiven Aussichten sehen wir hier jedoch durchaus Einstiegschancen. In der Schwächephase die Nerven zu behalten, könnte sich im Nachgang – wenn sich der Staub des ersten Tapering-Schocks gelegt hat – durchaus auszahlen. Dabei bieten u. E. Hochzinsanleihen weiterhin attraktive Gelegenheiten, insbesondere da diese im Falle steigender Renditen von höheren Risikoaufschlägen – die sozusagen als Performance-Puffer dienen – profitieren können. Anleihen aus dem Financials-Sektor stehen wir weiterhin eher zurückhaltend gegenüber. Ertragsschwäche, rechtliche Risiken, Konkurrenz von Fintech-Unternehmen und anhaltender Druck von regulatorischer Seite sorgen für eine ungünstige Gemengelage, auch wenn ein anziehendes Renditeniveau und eine höhere Kurvensteilheit etwas Druck von den Banken nehmen könnten. Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 49 5.2 Währungen. Notenbanken und die Politik bestimmen das Geschehen. »Auf längere Frist halten wir eine Aufwertung des Euro ggü. dem USDollar für wahrscheinlicher als eine weitere ausgeprägte Euro-Schwäche.« Martin Güth Die Weichenstellungen für die großen Währungen werden 2017 wohl von den Notenbanken und von politischer Seite vorgenommen werden. Anlass zu Entscheidungen haben vor allem die Politiker des Vereinigten Königreichs. Premierministerin Theresa May hat angekündigt, dass sie spätestens im März den Antrag auf den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union stellen wird. Großbritannien und die EU dürften dann zügig in die Verhandlungen einsteigen, wie der Austritt und die künftigen Beziehungen zueinander geregelt werden. Bislang ist die Rhetorik zwischen beiden Seiten recht unversöhnlich. Da das Thema Zuwanderung bei dem am 23. Juni 2016 abgehaltenen Referendum offenbar eine wichtige Rolle gespielt hat, will May die Zuwanderung künftig begrenzen. Die EU zeigt sich in dem Fall aber nicht willens, Großbritannien einen ungehinderten Zugang zum Binnenmarkt zu gewähren. Diese Konstellation lastet derzeit auf der Marktstimmung für das Britische Pfund und ist verständlicherweise erheblich stärker im Fokus der Marktteilnehmer als die überraschend guten Konjunkturdaten der letzten Monate. Klassische Bewertungsmaßstäbe wie die Zinsdifferenz und die Kaufkraftparität deuten darauf hin, dass das Britische Pfund derzeit sehr niedrig bewertet ist. Nach unseren Berechnungen liegt der Kaufkraftparitätenwechselkurs des Pfund zum Euro derzeit bei 0,78 EURGBP und zum US-Dollar bei 1,60 GBPUSD. Eine niedrige Bewertung der Währung ist aus unserer Sicht zwar angesichts der großen Unsicherheiten und der zu erwartenden Belastungen für die britische Wirtschaft 50 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 angemessen. Die bei den Austrittsverhandlungen zu bewältigenden Probleme sind zudem so groß, dass wohl kein rascher Durchbruch zu erwarten ist. Entsprechend nervös dürfte die Marktlage für das Britische Pfund auf absehbare Zeit bleiben. Trotz der bisherigen Rhetorik dürfte sich in den Verhandlungen aber letztlich der Pragmatismus durchsetzen. Angesichts dieser Erwartung und in Anbetracht des bereits erreichten Kursniveaus gehen wir davon aus, dass das Britische Pfund eine längere Phase der Stabilisierung vor sich hat, an die sich letztlich eine gewisse Erholung anschließen sollte. Nach einem Kurs von 0,88 EURGBP zum Jahresende 2016 gehen wir für Ende 2017 von einem Wechselkurs von 0,85 EURGBP aus. Mit Blick auf das Zins- und Renditeniveau spricht bereits der derzeitige Renditevorsprung der USA ggü. dem Euroraum für leichtes Aufwertungspotenzial des US-Dollars. Starke weitere Impulse erwarten wir von dieser Seit aber nicht, da sowohl die amerikanische als auch die europäische Notenbank perspektivisch den Fuß etwas vom Gaspedal nehmen dürfte – die amerikanische Fed in Form von moderaten Zinserhöhungen und die EZB in Form einer Drosselung ihrer Anleihekäufe. Diese Maßnahmen versprechen Unsicherheit und eine höhere Volatilität am Markt als im nun ablaufenden Jahr 2016. Der unterliegende Trend wird unseren Prognosen zufolge mit Kursen um 1,07 EURUSD im Jahresverlauf 2017 aber lediglich seitwärts zeigen. Der niedrige Kurs des Euros zum US-Dollar wurde bereits im Jahr 2015 wiederholt erreicht. Mit voranschreitender Erholung der Wirtschaft im Euroraum dürfte es dem US-Dollar trotz der Zinserhöhungen der Fed aber schwerfallen, darüber hinaus gegenüber dem Euro zuzulegen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der bereits jetzt vorliegenden hohen Bewertung des US-Dollars. Auf längere Frist halten wir daher eine Zinsstrukturkurve hat die Bank of Japan jüngst geldpolitisches Neuland betreten. Wir gehen davon aus, dass die Notenbank auf absehbare Zeit um eine möglichst expansive Geldpolitik bemüht sein wird. Aufwertung des Euro für wahrscheinlicher als eine weitere ausgeprägte Euro-Schwäche. Schweizer Franken in ruhigen Bahnen. Der Schweizer Franken bewegte sich 2016 in ausgesprochen ruhigen Bahnen und wir sehen wenig Gründe, warum sich dies bald ändern sollte. Wir teilen die Einschätzung der Schweizerischen Nationalbank (SNB), dass der Franken auf dem aktuellen Niveau hoch bewertet ist. Gleichwohl zeigen die fortgesetzten Devisenmarktinterventionen der Notenbank, dass der Franken noch immer unter Aufwertungsdruck steht. Sollte die EZB wie von uns erwartet im Frühjahr 2017 damit beginnen, ihr Anleihekaufprogramm langsam auslaufen zu lassen, so sollte dies aber eine gute Nachricht für die SNB sein und Aufwertungsdruck vom Franken nehmen. Schließlich waren die sich abzeichnenden Anleihekäufe der EZB ein wesentlicher Auslöser dafür gewesen, dass die SNB im Januar 2015 kapitulierte und ihren Mindestwechselkurs von 1,20 EURCHF aufgab. Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass der Schweizer Franken 2017 leicht schwächer zum Euro tendieren wird. Mit einer Prognose von 1,12 EURCHF per Jahresende 2017 erwarten wir gleichwohl keine starke Kursbewegung. Politischen Gegenwind sehen wir auch für eine Reihe weiterer Währungen. In Südafrika, Brasilien und der Türkei tritt er zudem im Verbund mit großen wirtschaftlichen Problemen auf, weshalb wir für 2017 eine Abwertung dieser Währungen erwarten. In Polen und Ungarn spricht die wirtschaftliche Entwicklung hingegen für eine festere Währung. Unsere Einschätzung zum Polnischen Zloty und dem Ungarischen Forint wird aber durch die wenig berechenbare und demokratische Prinzipien aushöhlende Politik in den beiden Ländern getrübt. Eine mutige Entscheidung steht der Tschechischen Notenbank bevor. Gemäß ihrer eigenen Einschätzung wird sie sich zur Jahresmitte 2017 von ihrem bisherigen Mindestwechselkurs von 27 EURCZK verabschieden. Dies ist auch unsere Erwartung, deckt sich aber nicht mit dem Markt- oder Analystenkonsens. Entsprechend spannend verspricht die Marktreaktion zu werden, wenn es so weit ist. Wir erwarten eine Aufwertung der Tschechischen Krone. Für den Japanischen Yen bleiben wir negativ gestimmt, da uns die Reformmaßnahmen der Regierung Abe nach wie vor nicht überzeugen. Anstatt sich für mutige Strukturreformen zu entscheiden, die das Investitionsklima der japanischen Unternehmen nachhaltig verbessern würden, liegt der Fokus der Politik noch immer auf einer expansiven Geld- und Fiskalpolitik. Der Staat hat aber ohnehin bereits einen überbordenden Schuldenberg aufgetürmt, so dass durch diese Politik die Bonität Japans leidet. Hiervon dürfte der Yen genauso belastet werden wie von der immer weiter gelockerten Geldpolitik. Mit ihrer direkten Kontrolle der Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 51 5.3 Rohstoffmarkt. 2017: Talsohle durchschritten. »Die mehrjährige Talfahrt an den Rohstoffmärkten ist gestoppt.« Dr. Frank Schallenberger ten Jahr weiter anziehen. Von den Niveaus des Jahres 2011 sind die Rohstoffpreise schließlich noch sehr weit entfernt. Was den weltweiten Rohstoffbedarf betrifft, so dürfte dieser auch im nächsten Jahr weiter steigen, da die Weltwirtschaft mit soliden Raten wächst. In den USA sollte sich das Wachstum beschleunigen. Darüber hinaus dürfte eine Reihe von SchwellenlänGesamtmarkt. dern die Talsohle durchschritten haben und auch in Die mehrjährige Talfahrt an den Rohstoffmärkten ist China wächst die Nachfrage nach Rohstoffen trotz gestoppt. Vorausgesetzt, dass es bis zum Jahresende abnehmender Dynamik weiter an. Wesentliche Impulse zu keinen gravierenden Preisveränderungen mehr für die Preisentwicklung werden auch 2017 von der kommt, ist der marktbreite Bloomberg Commodity Angebotsseite ausgehen. Rückläufige Investitionen Index auf gutem Wege, das Jahr 2016 erstmals wieder mit einem deutlich positiven Vorzeichen abzuschließen. und Kapazitätsanpassungen haben bereits im laufenden Jahr zur Verringerung des überschüssigen AngeDabei ziehen sich die steigenden Notierungen durch bots bzw. zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage alle Rohstoffsektoren hindurch. Gemessen an den auf einzelnen Basismetallmärkten geführt. Dieser jeweiligen Subindizes des Bloomberg Commodity Trend sollte sich auch im nächsten Jahr fortsetzen. Auf Index stiegen die Energiepreise bis Mitte Oktober um durchschnittlich rund 40 %, die Edelmetallpreise um 20 % dem Rohölmarkt zeichnet der jüngste Strategieschwenk der OPEC dafür verantwortlich, dass sich eine und die Notierungen der Basismetalle um 10 %. ausgeglichene Marktbilanz womöglich etwas früher einstellt, als bislang erwartet. In Summe sprechen die Bloomberg-Rohstoffindex. 550 Fundamentaldaten daher in der Tat dafür, dass wir im 500 Januar diesen Jahres den Tiefpunkt an den Rohstoff450 märkten gesehen haben und sich der Aufwärtstrend 400 auch im nächsten Jahr – wenngleich mit einer voraus350 300 sichtlich geringeren Dynamik – fortsetzt. 250 200 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Bloomberg Spot Commodity Index Quelle: Bloomberg Mit dem Ausblick auf das Jahr 2017 stellt sich nun die Frage, ob die Entwicklung in diesem Jahr nur eine temporäre Erholung im Kontext weiter tendenziell rückläufiger Rohstoffpreise darstellt, oder ob das Jahr 2016 tatsächlich eine nachhaltige Trendwende an den Märkten markiert und die Notierungen auch im nächs52 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Ölpreis. Diskussionen um Förderkürzungen waren 2016 das große Thema an den Ölmärkten. Nachdem die Preise im Januar unter die 30-US-Dollar-Marke für ein Barrel Brent fielen, wurden die Belastungen für die Förderländer offenbar zu groß. Selbst für das solide finanzierte Saudi-Arabien wurde die Lage ungemütlich. Doch erst im September einigte man sich in einem außerplanmäßigen Treffen der OPEC-Staaten in Algier auf eine Senkung der Fördermenge auf 32,5 bis 33 Mio. Barrel pro Tag. Der Überraschungseffekt ge- lang und die Ölpreise legten kräftig zu. Diese Pläne dürften während des turnusmäßigen OPEC-Meetings am 30. November konkretisiert werden, wenn über individuelle Länderquoten gesprochen wird. Ohne eine solche Aufteilung der Lasten auf die Kartellmitglieder wird eine Umsetzung der Beschlüsse von Algier kaum realisierbar sein. Ohnehin sind etwa Libyen und Nigeria, die erst einmal Probleme im eigenen Land lösen müssen, außen vor. Auch Iran und Irak werden u. E. hart verhandeln. Bisweilen wird vor allem Iran als Stolperstein in den Verhandlungen genannt, wir gehen jedoch davon aus, dass vor allem Irak wenig kompromissbereit sein wird. So dürften am Ende die Saudis die meiste Last tragen. Sie haben inzwischen auch ein gesteigertes Interesse an höheren Ölpreisen, da sie den Börsengang des staatlichen Ölkonzerns Saudi-Aramco planen. Ob sich allerdings das bedeutendste Nicht-OPEC-Mitglied Russland tatsächlich an Förderkürzungen beteiligen wird, ist trotz vollmundiger Willensbekundungen Putins mehr als fraglich. Es genügte also im Verlauf des Jahres 2016 bloße Rhetorik, um die Preise zu bewegen. Wenn auf die medienwirksam inszenierten Worte allerdings keine Taten folgen, dürften die Marktteilnehmer ihre Sichtweise und Positionierung rasch wieder korrigieren. Daher bergen Preise von deutlich über 50 US-Dollar je Barrel Brent wieder Korrekturpotenzial. Außerdem dürfte die US-Schieferölproduktion dank höherer Preise vor dem Comeback stehen. Darauf deuten die sogenannten Rig Counts, die Zahl der in Betrieb befindlichen Bohranlagen, hin. Diese legen bereits seit Mai wieder zu. Langfristig ist angesichts der rückläufigen Investitionen jedoch der Weg für steigende Notierungen bereitet. Edelmetalle. Für das wichtigste Edelmetall Gold endet 2016 voraussichtlich eine dreijährige Talfahrt. Im Januar und Februar dieses Jahres führte zunächst die Angst vor einer weltweiten Rezession zu einem deutlichen Preisanstieg. Die Goldnotierung kletterte von rund 1.060 USD je Feinunze bis auf 1.250 USD. Ein zweiter Schub nach oben brachte das »Brexit«-Referendum im Juni. Der Goldpreis verteuerte sich in der Folgezeit auf mehr als 1.360 USD. Und selbst nach der leichten Korrektur Anfang Oktober ist Gold in diesem Jahr eine der Anlageklasse mit der besten Wertentwicklung. Die allgemeine Verunsicherung zu Jahresbeginn und nach dem Entscheid der Briten zum Austritt aus der EU wirkte sich auch indirekt auf das Edelmetall aus: Die Fortsetzung der im Dezember 2015 begonnenen Leitzinserhöhungen durch die US-Notenbank schien zunächst in weite Ferne gerückt zu sein. Dieses Bild bekam in den vergangenen Wochen jedoch Risse, und wie bereits im vorliegenden Jahresausblick geschildert, ist eine Fortsetzung der Zinserhöhungen durch die Fed wahrscheinlich. Außerdem könnte in Europa eine schrittweise Absenkung der Anleihenkäufe durch die EZB einen Anstieg der Kapitalmarktrenditen mit sich bringen. Endet die bislang noch kurze Gold-Rallye deshalb bald genau so zügig, wie sie begann? Grundsätzlich gilt, dass steigende Zinsen auf sichere Anlagen Gift für zinslose Investments wie Gold sind. Entscheidend ist jedoch weniger der Nominalzins, sondern der Realzins, also die Rendite abzüglich Inflation. Und da die Geldentwertung in den USA wie auch jene im Euroraum 2017 voraussichtlich zulegen dürfte, verlieren etwaige Zins- und Renditeanstiege auf Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 53 beiden Seiten des Atlantiks ihren Schrecken. Werden beispielsweise US-amerikanische und deutsche Staatsanleihen mit 10-jähriger Restlaufzeit als Maßstab für sichere Anlagen betrachtet, dann ist selbst bei einem Anstieg von deren Renditen um jeweils einen halben Prozentpunkt bis Ende kommenden Jahres ein Abtauchen des Realzinses in negatives Terrain wahrscheinlich. Goldanleger können der Entwicklung deshalb vorerst gelassen entgegensehen. Schwerer wiegt allerdings die durch den Preisanstieg in diesem Jahr ausgelöste Kaufzurückhaltung der Asiaten. In der Vergangenheit entfielen rund 40 % der weltweiten Goldnachfrage auf indische und chinesische Privathaushalte. Im ersten Halbjahr 2016 brachen die Käufe in China jedoch um 18 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein und in Indien sogar um 55 %. Vor diesem Hintergrund hat der leichte Rückgang des Goldpreises unter die Marke von 1.300 USD im Oktober auch eine positive Seite: Er führte nämlich zu einer Belebung der Schmuck- und Investmentkäufe in Asien und damit zu einem guten Start in die Festsaison 2016/17. In der Summe rechnen wir mit einer Fortsetzung des Goldpreisanstiegs im kommenden Jahr, wenn auch mit deutlich gebremster Dynamik. Ein Profiteur dieser Entwicklung dürfte Silber sein, das sich zuletzt wieder spürbar verbilligte. Bislang galt die Regel, wonach sich Veränderungen des Goldpreises überproportional stark in den Silbernotierungen bemerkbar machen – mit einer Ausnahme: Im Fall eines Konjunktureinbruchs wie 2008 wog der Charakter von Silber als Industriemetall stärker und führte zu einem Preiseinbruch, während Gold gleichzeitig als »sicherer Hafen« profitierte. Möglicherweise tritt dieses Muster zukünftig nicht mehr in Erscheinung, da Silber in der Gunst der Anleger deutlich gestiegen ist, während die Industrienachfrage eher stagniert. Der Anteil der Investoren 54 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 an der gesamten Silbernachfrage stieg von weniger als 6 % im Jahr 2005 auf derzeit fast 30 %. Basismetalle. Auch auf den Basismetallmärkten wurde der mehrjährige Preisrückgang in diesem Jahr gestoppt. Zu Beginn des Jahres fiel der LME-Index, der die Preise an der London Metal Exchange abbildet, zwar noch auf das niedrigste Niveau seit Mitte des Jahres 2009. Begleitet von einer Stabilisierung der chinesischen Wirtschaftsentwicklung sowie zunehmenden Anpassungen auf der Angebotsseite konnten sich die Metallpreise im weiteren Jahresverlauf jedoch deutlich erholen. Dabei zeichnet sich in diesem Jahr ein sehr heterogenes Bild unter den einzelnen Basismetallen ab. Während der Zinkpreis in Erwartung eines knapperen Angebots stark angestiegen ist, bewegt sich der Kupferpreis nur unweit des Jahresanfangsniveaus. Für das Jahr 2017 erwarten wir angesichts einer weiterhin um die 3 % wachsenden Weltwirtschaft eine insgesamt stabile Nachfrage auf den Basismetallmärkten. Wie immer wird das Augenmerk dabei insbesondere auf die Entwicklung der chinesischen Konjunktur gerichtet sein, da China für nahezu die Hälfte der Nachfrage auf den jeweiligen Metallmärkten steht. Auf der Angebotsseite dürften sich die unterschiedlichen Tendenzen fortsetzen. Mit geringeren Produktionsmengen ist auf den Nickel- und Zinkmärkten zu rechnen. Beim Aluminium ist angesichts des gestiegenen Preisniveaus das erneute Anlaufen von Kapazitäten in China zu erwarten. In Summe sollte sich auch im nächsten Jahr eine sehr differenzierte Preisbildung auf den Basismetallmärkten ergeben. Das geringste Preispotenzial sehen wir dabei gegenwärtig bei Aluminium, während die Fundamentaldaten bei Nickel unserer Einschätzung nach weitere Preissteigerungen erwarten lassen. 5.4 Aktien. Reicht es für Aktien aus, nur »alternativlos« zu sein? »In den vergangenen Jahren erodierte das langfristige reale Gewinnwachstum sukzessive.« Uwe Streich Schwache Gewinndynamik im laufenden Jahr. Da die Indizes der Deutschen Börse – und damit auch der DAX – im Unterschied zu den internationalen Usancen als Performance- und nicht als Kursindizes konstruiert sind, steigen ihre 12-Monats-ForwardGewinne Jahr für Jahr zusätzlich um die Höhe der Dividendenrendite. Um die tatsächliche Gewinnentwicklung sichtbar zu machen, muss der Dividendeneffekt deshalb wieder herausgerechnet werden. DAX: Gewinntrend (LBBWe). ne ist seither nämlich deutlich geschrumpft. Dies hatte seine Ursache nicht zuletzt darin, dass sich die – der Finanzkrise folgende – Euro-Schuldenkrise in den Ländern Südeuropas deutlich stärker bemerkbar machte als hierzulande. Aber auch branchenspezifische Besonderheiten spielten bei den fallenden Gewinnen eine nicht geringe Rolle. So fällt der Anteil der Banken im Euro Stoxx 50 mit ca. 13 % weit höher aus als im DAX. Und auch die im Euro Stoxx 50 mit gut 7 %, im DAX jedoch gar nicht vertretenen Ölgesellschaften trugen ihren Teil an dieser unschönen Entwicklung bei. International: Langjähriges Gewinnwachstum. 14 % 14 % 12 % 12 % 10 % 10 % 8% 8% 6% 6% 4% 4% 2% 2% 240% 240% 0% 0% 220% 220% -2 % -2 % -4 % -4 % -6 % 200% 200% -6 % 180% 180% -8 % 1998 160% 160% 140% 140% 120% 120% 100% 100% 80% 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 80% -8 % 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 DAX zehnjähriges reales geometrisches Gewinnwachstum p.a. auf Forward-Basis (ex Dividendeneffekt) Euro Stoxx 50 zehnjähriges reales geometrisches Gewinnwachstum p.a. auf Forward-Basis S&P 500 zehnjähriges reales geometrisches Gewinnwachstum p.a. auf Forward-Basis TOPIX zehnjähriges reales geometrisches Gewinnwachstum p.a. auf Forward-Basis Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research DAX: 12M Forward Gewinn (rückwärtig um den Dividendeneffekt bereinigt) indexiert Euro Stoxx 50: 12M Forward Gewinn indexiert Quelle: LBBW Research Dadurch erkennt man, dass die auf Indexebene aggregierten Gewinne der DAX-Mitglieder aktuell um ca. 4 % unter dem Gewinnhoch aus der Zeit vor der Finanzkrise liegen. Nur im Sommer 2015 konnte der DAXGewinn dieses Niveau kurzfristig leicht übertreffen. Seither ruderten die Analysten bei ihren Gewinnschätzungen jedoch wieder etwas zurück. Verglichen mit dem Euro Stoxx 50 schneidet der DAX allerdings sehr passabel ab. Das Gewinnniveau des Index der Eurozo- DAX und Euro Stoxx 50 sind dabei keine Einzelfälle, sondern befinden sich leider in »schlechter« Gesellschaft. In den vergangenen Jahren erodierte das langfristige reale Gewinnwachstum sukzessive. Berechnet auf Zehnjahreszeiträume lag dieses seit 1988 für den DAX im Median bei 6,5 % p. a. Und auch die Gewinne der Titel des Euro Stoxx 50 (5,9 % p. a.), der US-BlueChips (6,7 % p. a.) sowie der größten Werte Japans (6,4 % p. a.) legten im Median in ähnlicher Größenordnung zu. Hiervon ist zuletzt allerdings wenig übrig geblieben. Die Gewinne der US-Blue-Chips stiegen nur noch mit einer Rate von 3,2 % p. a. Damit wuchsen sie jedoch Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 55 immer noch etwas stärker als bei den DAX-Unternehmen (2,9 % p. a.) sowie den größten Titeln Japans (0,9 % p. a.). Im Euro Stoxx 50 schrumpfte der Indexgewinn zuletzt sogar mit einer Rate von – 3,6 % p. a. Auch 2017 Gewinnstagnation zu befürchten. Mit Blick auf das kommende Jahr erwarten die Analysten zwar wieder Gewinnwachstumsraten um die 10 %. In den vergangenen Jahren waren sie zunächst jedoch ähnlich optimistisch gewesen. Im weiteren Verlauf mussten sie ihre Schätzungen dann jedoch sukzessive nach unten revidieren. Trotzdem blieb in den vergangenen Jahren – Euro Stoxx 50 ausgenommen – am Ende zumeist noch ein kleines Gewinnplus übrig. Derzeit sieht es allerdings danach aus, als würden die 2016er Gewinne bestenfalls das 2015er Niveau erreichen. Angesichts des für 2017 mit Ausnahme der USA von uns leicht niedriger erwarteten BIP-Wachstums und des sich dann wohl materialisierenden »Brexit« Effekts, kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass das Gewinnniveau auch im kommenden Jahr – trotz der aktuell hohen Wachstumserwartungen – stagniert. Absolute und relative Bewertung sprechen jedoch weiterhin für Aktien. Im Gegenzug dürfte jedoch die Bewertung von Aktien noch nicht ausgereizt sein. Nach dem »Brexit«-Votum war der DAX temporär sehr günstig bewertet. Sein 12Monats-Forward-KGV hatte dabei fast den Bereich der 10 % günstigsten Bewertungsniveaus seit seinem Start 1988 erreicht. Die darauffolgende Erholungsrally ließ das DAX-KGV dann jedoch wieder zügig ansteigen. Trotzdem liegt es noch immer leicht unterhalb des historischen Medians von 13,2, welcher die 50 % günstigsten von den 50 % am teuersten bewerteten Tage trennt. Angesichts der relativen Attraktivität von Aktien im Vergleich zu Bonds würden zudem auch über- 56 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 durchschnittliche Bewertungsniveaus noch kein Kopfzerbrechen verursachen. Die relative Attraktivität ist dabei nicht nur das zentrale Argument, welches weiterhin für ein Aktienengagement spricht. Verglichen mit den Vorjahren wurde diese Position sogar noch gestärkt. DAX-Dividendenrendite versus Rendite zehnjähriger Bundesanleihen. 10 10 8 8 6 6 4 4 2 2 0 0 -2 -2 -4 -4 -6 1988 -6 1991 1994 1997 2000 2003 2006 2009 2012 2015 Dividendenrendite in Prozentpunkten über/unter Bund-Rendite DAX-Dividendenrendite Rendite zehnjähriger Bundesanleihen Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research Während die DAX-Dividendenrendite über alle Jahre hinweg relativ stabil in einem Band um die 3 %-Marke herum pendelte, fielen parallel hierzu die Anleiherenditen immer geringer aus. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen lag dabei bis zum Jahr 2009 durchgängig über der Dividendenrendite. Seither ist dies genau umgekehrt. Dabei fällt der Renditeaufschlag von Aktien aktuell so hoch aus wie noch nie zuvor. So lange die Anleiherenditen weiter sanken, blieben Bonds aufgrund der hierdurch entstandenen Kursgewinne weiter attraktiv. Nun dürfte jedoch der Einstieg der EZB in das »Tapering« vor der Tür stehen. Trotz fortgeschrittenem Zyklus noch begrenztes DAX: Einzeltitel-Kursziele »bottom-up«-aggregiert. Potenzial. Seit dem Finanzkrisentief im Frühjahr 2009 konnten die Anleger jedoch auch mit Aktien gut verdienen. Während sich S&P 500 und DAX-Kursindex seither im Kurs praktisch verdoppelten – die zusätzlich erhaltenen Dividenden sind hier also noch nicht einmal mitgezählt – kam es im amerikanischen Technologieindex Nasdaq 100 in dieser Zeit sogar fast zu einer Verfünffachung. Nur über die tendenzielle Seitwärtsentwicklung des Euro Stoxx 50 konnten sich die Anleger nicht so richtig freuen. Mehr als sieben Jahre in der Tendenz steigende Aktienkurse bedeuten aber auch, dass der Zyklus bereits jetzt schon – nicht zuletzt aufgrund der Flutung der Märkte durch billiges Notenbankgeld – weit überdurchschnittlich lange dauert und daher in einer Reifephase angelangt sein dürfte. Die Luft dürfte deshalb deutlich dünner geworden sein. Daher stellt sich die Frage, ob der aktuelle Zyklus auch noch ein weiteres Jahr verträgt. Wie die LBBW-Unternehmensanalysten diesbezüglich denken, lässt sich visualisieren, indem man aus den Kurszielen der 30 DAX-Mitglieder ein »bottom-up«aggregiertes Index-Kursziel berechnet. Tut man dies, kommt man derzeit auf knapp 11.600 DAX-Punkte. Dies lässt auf mittlere Sicht weiteres – wenn auch nicht allzu üppiges – DAX-Potenzial erwarten. 13.000 135% 12.000 120% 11.000 105% 10.000 90% 9.000 75% 8.000 60% 7.000 45% 6.000 30% 5.000 15% 4.000 0% 3.000 2006 -15% 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Lücke zwischen Bottom Up erwartetem und tatsächlichem DAX-Kurs in % - rechte Skala Verbleibendes Bottom-Up-Potenzial DAX 30 Bottom-Up-Aggregierte-Einzeltitel-Kursziele (um 6 Monate in die Zukunft verschoben) Quelle: LBBW Research Ein weiterer Weg, anhand dessen wir versuchen, die Frage nach dem verbleibenden DAX-Potenzial zu beantworten, ist das von uns entwickelte »Gewinn-DAX«Konzept. Dieses unterstellt, dass der DAX-Gewinn unter Langfristaspekten die zentrale Determinante für die Entwicklung des Markts ist. Der Pfad, welcher den »typischen« Weg des DAX skizziert, ergibt sich dabei, wenn man den 12-Monats-Forward-Gewinn mit dem historischen Median aller täglichen DAX-KGVs multipliziert. »Gewinn-DAX« mit Revisionsszenarien. 14000 14000 13000 13000 12000 12000 11000 11000 10000 10000 9000 9000 8000 8000 7000 2013 2014 2015 2016 2017 7000 2018 DAX »Gewinn-DAX« (Basis = Median-KGV seit 1988) starke Aufwärtsrevisionen (+ 10 %) deutliche Aufwärtsrevisionen (+ 5 %) kein Revisionsbedarf deutliche Abwärtsrevisionen (– 5 %) starke Abwärtsrevisionen (– 10 %) extreme Abwärtsrevisionen (– 20 %) gerade noch »normale« Abweichung (Obergrenze) gerade noch »normale« Abweichung (Untergrenze) Quelle: LBBW Research Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 57 Da die Anleger am neutralen DAX-Niveau Aktien gegenüber weder »bullish« noch »bearish« sind – was in der Praxis selten der Fall ist – weicht der DAX zumeist etwas von diesem Niveau ab. Die Differenz zwischen DAX und »Gewinn-DAX« bewegt sich dabei jedoch in aller Regel in einem fest definierten Band. Im Falle eines Überschießens an seinen Rändern – was sich als eine deutliche temporäre Fehlbewertung interpretieren lässt – erfolgt typischerweise eine Gegenreaktion der Anleger. Seit Mitte 2015 nutzte der DAX sein volles Bewertungsband allerdings nicht mehr aus, sondern bewegte sich seither nahezu ausschließlich in der unteren Hälfte. Durch Fortschreibung des »GewinnDAX« bis Ende 2017 lässt sich der künftige DAX-Pfad tendenziell antizipieren. Während sich die Teilkomponenten Substitutionseffekt (= sukzessiver Ersatz der 2017er durch 2018er Gewinnschätzungen im Jahresverlauf, um weiterhin den 12-Monats-Blick nach vorne zu haben) und Dividendeneffekt auf Basis der aktuellen Gewinn- und Dividendenschätzungen weitgehend herleiten lassen, sind die derzeit noch unbekannten Gewinnrevisionen im Verlauf des kommenden Jahres nur über Szenarien abbildbar. Richtung und Ausmaß der Revisionen bestimmen dabei den Verlaufspfad wesentlich. Revisionen in ähnlichem Umfang wie dieses Jahr stünden dabei für einen DAX-Stand von ca. 11.300 DAX-Punkten per Jahresende 2017. Aktienindizes: LBBW-Prognosen. 31.12.2016 DAX Euro Stoxx 50 Dow Jones Nikkei 225 11.000 3.100 18.500 17.500 Indexprognosen 30.06.2017 31.12.2017 11.000 3.100 18.500 17.500 Quelle: LBBW Research 58 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 11.500 3.150 19.000 18.000 Beide von uns favorisierten Ansätze zusammengenommen sprechen daher dafür, dass der DAX per Ende 2017 nochmals leicht höher stehen dürfte als derzeit. Mit einer DAX-Jahresendprognose von 11.500 Punkten (Euro Stoxx 50 3.150; Dow Jones 19.000 und Nikkei 18.000) sehen wir das Potenzial von Aktien allerdings begrenzt. Mit dem entweder noch dieses Jahr oder Anfang kommenden Jahres erfolgenden nächsten Leitzinserhöhungsschritt der Fed sowie dem von uns erwarteten vorsichtigen Ausstieg der EZB aus ihrem Anleihekaufprogramm stehen demnächst nämlich geldpolitische Maßnahmen auf der Agenda, welche den Aktionären eher nicht gefallen dürften und in einer ersten Reaktion daher wohl auch zu fallenden Kursen führen sollten. Die Leitzinserhöhung der Fed sowie das von uns bald erwartete »Tapering« der EZB signalisieren den Anlegern jedoch auch, dass die Notenbanken die Wirtschaftslage nun längst nicht mehr so negativ sehen wie noch in den Jahren zuvor. Daher dürften die Chancen dafür, dass sich die Kurse alsbald wieder erholen, alles andere als schlecht stehen. Da im kommenden Jahr jedoch diverse richtungsweisende Wahlen (Niederlande März, Frankreich April und Deutschland September) anstehen, bei denen die Anleger insbesondere auf das Abschneiden der zuletzt immer mehr erstarkten populistischen Parteien achten werden, müssen temporäre Rückschläge genauso einkalkuliert werden wie höhere Marktschwankungen. Dies gilt umso mehr, weil letztere zuletzt eher unterdurchschnittlich stark ausfielen. Zwischen DAXJahrestief und -hoch lagen im historischen Mittel gut 34 Prozentpunkte. Im laufenden Jahr waren es bisher jedoch weniger als 19. Reines »buy and hold« dürfte daher im kommenden Jahr wohl nicht die beste Alternative sein. Gewinnmitnahmen im Zuge temporär starker Marktphasen dürften vielmehr genauso angezeigt sein, wie »bottom fishing« nach zwischenzeitlichen Kurseinbrüchen. 59 6 Fazit. Wer sind die Gewinner und wer sind die Verlierer der globalen Niedrigzinspolitik? Welche Anlagesegmente versprechen noch messbare Renditen bei überschaubarem Risiko? Reale Assets profitieren von den niedrigen Zinsen, außerdem sehen wir für 2017 Edelmetalle und Rohstoffe als Chance und erwarten eine Zunahme des Angebots an neuen, alternativen Investmentlösungen. 60 6.1 Fazit. Die Gewinner und die Verlierer der Niedrigzinspolitik. Schuldtitel, Nullzinspolitik und quantitative Lockerung der Notenbanken, …). »Die Wirtschaftspolitik steht im Moment an einem Scheideweg.« Dr. Markus Herrmann Die Ertragsperspektiven für Anleger in der aktuellen Null- oder sogar Negativzinswelt erscheinen zugegebenermaßen mehr als düster. Die Renditen für festverzinsliche Anlagen sind weltweit auf historischen Tiefständen und werden, wenn überhaupt positiv, in wenigen Basispunkten bzw. Hundertstel eines Prozents gemessen. Für Sie als Anleger stellt sich also die Frage: wollen Sie zu den Verlierern oder den Gewinnern dieser so noch nie dagewesenen Niedrigzinspolitik gehören? Welche Anlagealternativen versprechen denn überhaupt noch messbare Renditen bei überschaubarem Risiko? Für die großen, an den globalen Leitmärkten den Ton angebenden Notenbanken in Washington, Frankfurt, London und Tokio ist die (nahe-) Nullzinspolitik weltweiter Konsens und lediglich in den USA werden die Leitzinsen – in homöopathischen Dosen – im nächsten Jahr leicht ansteigen. Der Erfolg dieser Politik, gemessen an Inflationsrate und Wachstum, bleibt indessen in Europa, und in Japan sowieso, bislang fragwürdig und verlangt zunehmend nach Alternativen. Aus Sicht des LBBW Research gibt es zahlreiche strukturelle Gründe, die dafür sprechen, dass zumindest die realen Renditen, nach Abzug der Inflationsrate, auf lange Zeit niedrig bleiben werden. Dazu zählen: Gesunkenes Potenzialwachstum in den Industriestaaten, weltweiter Sparüberschuss, geringere Investitionsneigung, gesunkenes Inflationsrisiko, ein Mangel an »sicheren« Anlagealternativen, Elemente einer »finanziellen Repression« (Bevorzugung staatlicher Allerdings sind auch die Wachstumsraten niedriger als früher und auch hierfür gibt es vielerlei strukturelle Gründe (Demographie, die Suche nach nachhaltigem Wachstum, Messproblematik von qualitativem Wachstum u. a.). Damit stellt sich die Frage, ob die Aussage »Die Inflation ist tot« für immer gilt? Die gemessene Inflation der statistischen Warenkörbe liegt aktuell tatsächlich, analog zu den Renditen und Zinsen, nur wenige Zehntel Prozentpunkte über null. Die Wirtschaftspolitik steht im Moment an einem Scheideweg: entweder wird die monetäre Stimulation im Rahmen der fortgesetzten Ankaufprogramme und langfristig niedriger Leitzinsen doch noch von Erfolg gekrönt, oder es gibt einen Politikwechsel bzw. eine Ergänzung durch den Einsatz der Fiskalpolitik zur Ankurbelung der Wirtschaft. Welcher Weg zum Ziel führt, wird von den Marktteilnehmern aktuell intensiv diskutiert, bislang ohne klar erkennbaren Konsens. Reale Assets profitieren von niedrigen Zinsen. Wir beobachten, dass die Preise bestimmter realer Vermögensklassen in letzter Zeit sehr stark angestiegen sind, sodass manche schon wieder von einer Blasenbildung sprechen. So sind z. B. die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland in den letzten Jahren überdurchschnittlich stark angestiegen, ausgehend von den Großstädten und Ballungszentren inzwischen auf breiter Front. Allerdings ist der deutsche Immobilienmarkt im internationalen Vergleich (z. B. England) nicht sehr hoch bewertet und die jüngste Preisbewegung erscheint eher als eine Nachholreaktion. Gewinner sind also die Vermögensbesitzer, die in realen Werten wie Immobilien, aber auch Aktien oder Beteiligungen investiert sind. Denn auch die Unternehmen Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 61 konnten bislang von den gesunkenen Zinsen profitieren, indem sich ihre Kreditkosten verringert haben, wohingegen die Erträge der Banken aufgrund der Margenerosion zunehmend leiden. Auch wenn die Kurse schon weit gelaufen sind, steht im Vordergrund unserer Empfehlungen nach wie vor die Anlagealternative Aktie: Dividenden statt Renten! Die durchschnittliche Dividendenrendite z. B. der DAXWerte schlägt aktuell die der Anleiherenditen bei weitem und ist im historischen Vergleich relativ stabil geblieben. Die Dividenden- bzw. Ausschüttungspolitik der Aktiengesellschaften ist typischerweise sehr langfristig angelegt, die Konzerne streben Kontinuität an, um bei Anlegern nachhaltig attraktiv zu bleiben. Klar ist auch: Langfristig steigen die Kurse parallel zu den Gewinnen – und diese mit der Konjunktur. In den kommenden Jahren dürften Aktien daher die meisten Anleihen im Investmentertrag schlagen. Die nach wie vor vorhandene Überschussliquidität der Zentralbanken stützt weiterhin die Kurse und die aufkommende Diskussion um einen schrittweisen Ausstieg aus dem EZB-Kaufprogramm scheint den marktbreiten Optimismus bislang nicht zu trüben. Im Anleihebereich sehen wir gute Renditechancen, auf selektiver Basis, im High Yield Segment. Edelmetalle und Rohstoffe als Chance. Daneben sind Rohstoffe eine hoch attraktive Anlageklasse: Die Preise sind unweit des tiefsten Standes seit 1998/99. Wir erwarten einen Wendepunkt im Zyklus, der Preissteigerungen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lässt. Und die weltweite Nachfrage wird sukzessive anziehen, zwar im Rahmen eines im Vergleich zur Vergangenheit strukturell sehr viel flacheren Wachstumspfads, aber globale Wachstumserwartungen von um die 3 % sind ja nun einmal nicht null! 62 Landesbank Baden-Württemberg – Ausblick 2017 Ein Engagement in Rohstoffen ist in beiden wirtschaftspolitischen Szenarien – (1) wirtschaftlicher Impuls durch Erfolg der Geldpolitik oder/und (2) Fiskalpolitik – aus unserer Sicht sinnvoll. Durch strategische Investments in den Markt der Commodities wird nämlich eine Risikoreduktion erreicht. Bei Szenario (1) aufgrund der historisch erwiesenen Qualität von Edelmetallen als sicherem Hafen und Schutz gegen die Abwertung der Währung. Bei Szenario (2) als Schutz gegen die durch Staatsausgaben potenziell induzierte Inflation sowie aufgrund steigender Nachfrage nach physischen Rohstoffen für die Umsetzung des fiskalischen Impulses in z. B. Infrastrukturprojekten (Zement, Kupfer etc.). Da es noch unklar ist, in welche Richtung es gehen wird bzw. ob sich die beiden geschilderten Szenarien letztlich komplementär ergänzen, wäre u. E. ein diversifiziertes Rohstoffengagement, z. B. im Rahmen eines indexbasierten Fonds, die aus unserer Sicht zu bevorzugende Alternative. Alternative Anlagen. Darüber hinaus gibt es weitere Alternativen zur Zinsanlage, die es bei einer diversifizierten Anlagestrategie zu bedenken gilt. So sind im Zuge der von uns erwarteten Staatsinvestitionen z. B. private (Ko-)Finanzierungen von Infrastrukturprojekten (erneuerbare Energien, Breitband Internet etc.) eine zunehmend ins breitere Blickfeld rückende Anlageklasse. Dies kann sowohl ein Investment in Eigenkapital als auch in Fremdkapital bedeuten. Hier erwarten wir für 2017 eine Zunahme des Angebots an neuen Strukturen und Investmentlösungen, die es Ihnen als Anleger erlaubt, eine gute Streuung hinsichtlich verschiedener Anlagetypen, Fristigkeiten, Risiko- und Renditetreibern in Ihrem Portfolio zu verwirklichen. Und diese ist ja bekanntermaßen für den nachhaltigen Investmenterfolg unerlässlich! Impressum Redaktion: Landesbank Baden-Württemberg Research Am Hauptbahnhof 2 70173 Stuttgart Redaktionsschluss: 9.11.2016 Fotoquellen: ThinkStock, Landesbank Baden-Württemberg Inhouse produziert mit firesys Die LBBW unterliegt den Aufsichtsbehörden Europäische Zentralbank (EZB), Postfach 16 03 19, 60066 Frankfurt am Main und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Postfach 12 53, 53002 Bonn/Postfach 50 01 54, 60391 Frankfurt. 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