Quelle: fotolia@Daniel Etzold GELERNT IST GELERNT Gleichstromtechnik (3): Elektrischer Widerstand und Ohmsches Gesetz GRUNDLAGEN Damit ein elektrischer Strom zum Fließen kommen kann, muss der Stromkreis geschlossen sein. Hierzu benötigen wir sogenannte »leitende Verbindungen«. Der Beitrag zeigt auf, warum Materialien unterschiedlich gut oder schlecht den Strom leiten. Ausgangspunkt: das Ohmsche Gesetz. D ie vorangegangene Folge (»de« 10.2016, S. 74–76) hatte als inhaltlichen Schwerpunkt die Größen »Strom« und »Spannung«. Es wurde auch ein Hinweis darauf gegeben, dass für einen Stromfluss neben der Spannung eine leitende Verbindung zwischen zwei Potentialpunkten (Anschlusspunkten mit unterschiedlichem Potential) bestehen muss. In der Gleichstromtechnik wird in dem Zusammenhang auch immer von unterschiedlicher »Polung« der Anschlusspunkte gesprochen. Das heißt, dass das Thema »Stromflussrichtung« auch eine gewisse Rolle spielt. Wir wissen aus vielen praktischen Versuchen, dass die Güte einer leitenden Verbindung zum einen Einfluss auf die Höhe des Stromflusses nimmt und zum andern eine vom Material abhängige Größe ist. Ebenfalls aus der Anwendungspraxis wissen wir, dass üblicherweise nicht die Güte der Leitung angegeben wird, sondern eher das Gegen- teil: Man kann die Qualität der Verbindung dadurch kennzeichnen, inwieweit der Strom in seinem Fluss gehindert wird. Diese »Strombehinderung« nennt sich »Widerstand«. OHMSCHES GESETZ Strom = Spannung Widerstand Spannung = Strom ⋅ Widerstand Widerstand = Spannung Strom Größengleichung U I= R U = I ⋅R R= U I Einheitengleichung A (Ampere) = V (Volt) Ω (Ohm) Quelle: fotolia@Juulijs Formel V (Volt) = A (Ampere) ⋅ Ω (Ohm) Ω (Ohm) = V (Volt) A (Ampere) Tabelle 1: Beziehung der Größen des Ohmschen Gesetzes zueinander Bild 9: Georg Simon Ohm 74 de 12.2016 GELERNT IST GELERNT Ohmsches Gesetz STOFFKLASSEN Leitfähigkeit und spezifischer Widerstand Zunächst möchte ich die materialabhängige Beeinflussung des elektrischen Widerstandes aufzeigen. Im Übrigen gibt es auch für den elektrischen Widerstand einen sogenannten Kehrwert. Dieser beschreibt nicht das Behindern des Stromflusses sondern eben das genaue Gegenteil: die Güte der Stromleitung. Man nennt diese Größe den Leitwert G. G= 1 R in 1 = S (Siemens) Ω Sowohl der Leitwert einer leitenden Verbindung, als auch der Widerstand eignen sich, um unterschiedliche Leitungseigenschaften bzw. Widerstände auszudrücken. Der Widerstand ist zum einen eine messbare physikalische Größe und zum anderen auch eine Bauteile-Bezeichnung. Es gibt Schichtwiderstände und Drahtwiderstände, was sich mehr auf die Herstellungsart bzw. das eingesetzte Material bezieht. Bezogen auf die Anwendung spricht man z. B. von Heizwiderständen etc. Um die Widerstandswerte rechnerisch zu ermitteln, benötigt man neben dem Leitungsquerschnitt auch noch eine stoffspezifische Größe. Dieses kann, je nach Verfügbarkeit der spezifischen Größe, entweder der spezifische Leitwert κ (Kappa) oder der spezifische Widerstand ρ (rho) sein. Beide Werte beziehen sich auf eine Leiterlänge von 1m und eine Querschnittsfläche von 1mm2. Neben Kappa sind für den speifischen Leitwert – der auch »Leitfähigkeit« genannt wird – auch die Formelzeichen (griechische Buchstaben) γ (Gamma) und σ (Sigma) üblich. In den Elektrohandwerken ist »Kappa« am gebräuchlichsten, daher werden wir in den weiteren Betrachtungen dabei bleiben. Die abgeleitete SI-Einheit der elektrischen Leitfähigkeit ist S / m (Siemens pro Meter): Lei tfäh igkeit κ = m m = Ω ⋅ mm2 Ω ⋅ 10−3 ⋅ m www.elektro.net Halbleiter Silizium Nichtleiter (Isolatoren) Porzellan Aluminium Germanium Glas Silber Selen Kunststoffe Tabelle 2: Einteilung von Werkstoffen in Stoffklassen (beispielhafte Aufzählung) Sie ist damit der Kehrwert des spezifischen Widerstandes. Der Widerstandswert eines Leiterwerkstoffes ist allerdings nicht nur vom Stoff selbst abhängig, sondern auch von der Wärme. Generell kann man bei metallischen Leitern davon ausgehen, dass der Widerstand mit steigender Temperatur größer wird (PTC-Verhalten) – darauf möchte ich im weiteren Verlauf der Reihe noch näher eingehen. Einteilung der Werkstoffe in Stoffklassen Damit die Leitfähigkeitswerte auch vergleichbar sind, werden sie immer bei einer Referenztemperatur von 20°C gemessen und angegeben. Die Variationsbreite der Werte für verschiedene feste Körper ist sehr groß daher gibt es die Grobeinteilung in die drei Stoffklassen: Leiter, Halbleiter und Nichtleiter (Tabelle 2). Elektrische Leiter Im ersten Beitrag (vgl. »de« 7.2016, Seite 74) erwähnte ich bereits, dass man zwischen Elektronenleitern und Ionenleitern unterscheidet. Elektronenleiter bestehen meistens aus Metallionen, die untereinander eine feste Bindung eingehen (Metallbindung). Deren Valenzelektronen (Elektronen auf der äußersten Schale des Atoms) werden dabei in sogenannte Elektronenwolken abgegeben. Die Atome werden dadurch zu positiven Ionen. Die Metallionen ordnen sich mit gleichmäßigem Abstand zueinander und bilden Minuspol Pluspol 1 spezifischer Widerstand ρ S κ = 1 in ρ m [ κ] = Leiter (Metalle) Kupfer Quelle: K.-H. Bleiß Das Verhalten der drei elektrotechnischen Grundgrößen Spannung, Strom und Widerstand innerhalb eines geschlossenen elektrischen Stromkreises, wird durch das »Ohmsche Gesetz« beschrieben. Dies ist wieder ein Beispiel für die Namensgebung einer elektrischen Einheit oder Größe. Georg Simon Ohm (Bild 9) entdeckte, dass sich Strom und Widerstand bei gleichbleibender Spannung reziprok (umgekehrt) verhalten. Anders betrachtet, ergibt sich im gleichen Stromkreis ein proportionales (verhältnisgleiches) Verhalten bei Spannung und Widerstand, wenn der Strom konstant bleibt. Das wird nun in der Praxis nicht so kompliziert ausgedrückt, sondern wie es sich für technisches Fachpersonal gehört, mit Hilfe von Formeln (Tabelle 1). Das Ohmsche Gesetz gilt als das Grundgesetz der Elektrotechnik. Mathematisch ist das Ohmsche Gesetz nicht sehr anspruchsvoll und dennoch tun sich einige Elektrofachkräfte damit schwer, in allen Situationen der Praxis das Gesetz anzuwenden und dafür die mathematischen Ansätze zu finden. Dazu möchte ich im Laufe dieser Serie noch einige Beispiele geben, die meine Aussage belegen sollen. ( Positives Metallion ) 2 = 106 ⋅ S 1 m ⋅ = 106 ⋅ m Ω m2 negatives Elektron Bild 10: Darstellung der physikalischen Stromflussrichtung 75 GELERNT IST GELERNT LEITFÄHIGKEIT GUTER LEITER Metall Leitfähigkeit Metall Leitfähigkeit Silber m κ = 60, 0 Ω ⋅ mm2 Zink κ = 16, 0 m Ω ⋅ mm2 Kupfer κ = 56, 0 m Ω ⋅ mm2 Nickel κ = 10, 5 m Ω ⋅ mm2 Aluminium κ = 45, 7 m Ω ⋅ mm2 Platin κ = 10, 2 m Ω ⋅ mm2 Gold κ = 36, 0 m Ω ⋅ mm2 Zinn κ = 8, 7 m Ω ⋅ mm2 Tabelle 3: Einige stoffspezifische Leitwerte wichtiger Metalle eine Gitterstruktur in der sich die freien Elektronen wie Wolken bewegen können (Elektronengas). Die negativ geladenen Elektronenwolken halten die positiv geladenen Metallionen zusammen, indem sie sich zwischen den positiven Ionen platzieren und damit deren abstoßende Wirkung aufheben. Setzt man den Leiter einer elektrischen Spannung aus, dann bewegen sich die Elektronen in Richtung des äußeren Pluspols (physikalische Stromflussrichtung, Bild 10). In Metallen ist die Zahl der freien Ladungsträger sehr groß (je Atom ein freies Elektron). Daher ist die auch elektrische Leitfähigkeit hoch. Die Leitfähigkeit guter Leiter liegt in der Größenordnung von 106 S/cm. Die Elementarladung eines Elektrons ist 10-19 C (Coulomb). Fließen durch einen Leiter eine Sekunde lang 1019 Elektronen, dann entspricht das einer Stromstärke von 1 A. Durch die feste Metallgitterstruktur mit den ortsfesten Metallionen bewirkt der Elektronenstrom keine Veränderung im Metall. Anders sieht es bei leitenden Flüssigkeiten (Elektrolyte), Schmelze und ionisierten Gasen (Ionenleiter) aus. Hier gibt es sowohl positive als auch negative Ladungsträger, die relativ frei beweglich sind. Durch den Ionenstrom entsteht eine Veränderung des Stoffs, bzw. es findet ein Stofftransport statt. Genutzt wird dieser Effekt z.B. in der Elektrolyse und in der Galvanotechnik. Beispiele für die spezifische Leitfähigkeit Die Leiterwerkstoffe mit der höchsten Leitfähigkeit sind Silber, dicht gefolgt von Kupfer (Tabelle 3). Da Kupfer zwar auch teuer, aber im Vergleich zu Silber doch wesentlich kostengünstiger ist, wird Kupfer auch vorwiegend als Material für metallische Leiter verwendet. Es lässt sich außerdem relativ leicht herstellen. Nur dann, wenn es auf eine sehr hohe Leitfähigkeit ankommt, insbesondere an der Außenhaut des Leiters, wird gelegentlich der Kupferdraht mit Silber überzogen. Reine Silberdrähte kommen eher selten in Einsatz. Abschließende Beispielaufgabe Wie groß ist die Stromaufnahme einer Spule, mit der mittleren Windungslänge lm=120 mm und einer Windungszahl von N = 1 000, wenn sie an U = 12 V betrieben wird. Der Drahtdurchmesser (blankes Kupfer) beträgt d = 0,26 mm. • Gegeben: lm=120 mm, N =1 000, κCu = 56 m / Ω ⋅ mm2, U = 12 V und d = 0,26 mm • Gesucht: Die Stromaufnahme I Über die mittlere Windungslänge berechnen wir zunächst die Gesamtlänge des Drahtes: l = lm ⋅ N l = 120 mm ⋅ 1000 = 120m Zusätzlich benötigen wir nicht den Durchmesser, sondern die Querschnittsfläche des Drahtes: d2 ⋅ π 4 0, 262 ⋅ mm2 ⋅ π A= 4 A = 0, 053093 mm2 A= Ausgangspunkt für die weitere Berechnung sind zwei Formeln: R= l ⋅ρ l oder R = A A⋅κ Wir entscheiden uns für die Formel mit dem spezifischen Leitwert κ: Halbleiter Die elektrische Leitfähigkeit der Halbleiter liegt wertemäßig zwischen der von Metallen (Leitern) und Isolatoren. Halbleiter unterscheiden sich von Leitern dadurch, dass die Valenzelektronen erst durch äußere Einflüsse, wie Druck, Temperatur, Belichtung oder magnetische Felder frei werden und somit erst danach eine relativ gute Leitfähigkeit einsetzt. Halbleiterwerkstoffe sind z.B. Silizium, Germanium und Selen (Tabelle 2). Die größte Bedeutung haben aktuell in der modernen Elektronik die Silizium-Halbleiter-Bauelemente. Nichtleiter (Isolatoren) Zu den Nichtleitern zählen: • feste Stoffe, wie viele Kunststoffe, Gummi, Glas, Porzellan, Papier • Flüssigkeiten, wie reines Wasser (H2O), Öle und Fette • Vakuum und Gase unter bestimmten Bedingungen. Man verwendet Isolatoren oder Isolierstoffe, um elektrische Leiter voneinander elektrisch zu trennen (isolieren) bzw. einen Berührungsschutz für Menschen und Tiere zu realisieren. In Isolatoren geht die Zahl der freien Ladungsträger gegen 0. Die elektrische Leitfähigkeit ist deshalb auch vernachlässigbar. Die Leitfähigkeit von guten Isolatoren liegt bei 10-18 S / cm. 76 l 120 m ⋅ Ω ⋅ mm2 = A ⋅ κ 0, 053093 mm2 ⋅ 56 m R = 40, 3604 Ω R= Mit dem errechneten Wert und der Anschlussspannung ermitteln wir die Stromaufnahme: U 12 V = = 0, 29732 A R 40, 3604 Ω I = 297 mA I= Die Zusammenhänge zwischen den elektrischen Grundgrößen sind damit genügend besprochen. In der kommenden Folge widmen wir uns der Temperaturabhängigkeit von Widerständen. (Fortsetzung folgt) AUTOR Karl-Heinz-Bleiß Fachautor Hatten de 12.2016