Hambacher Schloss 29.09.2011 1. Anmerkungen zur Klimadiskussion Fakten und Argumente F.-W. Gerstengarbe Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Telegrafenberg A62 Postfach 60 12 03 D-14412 Potsdam Tel. +49 331 288 25 86 Fax +49 331 288 26 95 E-mail [email protected] 2. „Wehe dem Forscher, der in dem Vorwärtsdrängen nach großen, weitreichenden Resultaten ... die gewissenhafteste Prüfung und Sicherung der gewonnenen Stellung unterlässt.“ Max Planck 3. Die Geschichte der Klimaforschung 4. 1824 Erste Beschreibung des Treibhauseffekts (Jean-Baptiste Fourier) 1896 Erste Abschätzung der Klimasensitivität (Svante Arrhenius) (4-6ºC) 1958 Erster Nachweis des Anstiegs der CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre 1979 Daten aus Eisbohrkernen zeigen, dass die CO2-Konzentration in der Eiszeit 50% niedriger war als heute (Hans Oeschger) 1979 Gründung des Weltklimaforschungsprogramms WCRP 1988 Gründung des IPCC durch WMO und UNEP 5. 1990 Erster IPCC-Bericht 1992 Verabschiedung der Klimakonvention (UNFCCC) am Erdgipfel in Rio: „Verhinderung von Schäden“ 1995 Zweiter IPCC-Bericht: „Hinweise auf menschlichen Einfluss“ 1997 Verabschiedung des Kyoto-Protokolls 2001 Dritter IPCC-Bericht: „Menschlicher Einfluss wahrscheinlich“ 2005 Kyoto-Protokoll tritt in Kraft 2007 Vierter IPCC-Bericht: „Menschlicher Einfluss sehr wahrscheinlich“ 2009 Weltklimakonferenz Kopenhagen: Trotz weltweiter Konsenses zur Verminderung der globalen Erwärmung, keine Einigung über notwendige Maßnahmen 6. Wie entstand die Klimadiskussion? Die Klimaänderung wird als Problem von gesellschaftlicher Bedeutung erkannt. 7. Ursache Verstärktes Auftreten von klimatisch bedingten Extremereignissen 8. Tornado Spanien 2001 www 9. Überschwemmung in Dresden 2002 10. www.lvz-online.de Düsseldorf am Rhein im Sommer 2003 11. www.tagesschau.de Verwüstungen auf Haiti durch Hurrikan Jeanne, 2004 12. www.spiegel.de Autobahnbrücke bei Biloxi nach dem Hurrikan Katrina, 2005 13. Spiegel online, 2005 Trockenheit im Amazonasbecken, 2005 14. Die Schwarze Elster Juli 2006 15. Wetterchaos 2007 Waldbrände in Südeuropa Überschwemmungen in England Überschwemmungen in Südostasien Orkan Kyrill Taifun Sepan 16. Nach dem Taifun Nargis, Burma, Mai 2008 17. 2009: Dürre in 9 Provinzen Zentral- und Nordchinas 18. Copyright © 2010 euronews Januar 2010 - Jahrhundert-Hitzewelle In Melbourne zeigte das Quecksilber über 46 Grad Celsius. 19. Juli 2010 - Rekordwinter lässt Südamerikaner frieren Die Strände im Norden von Argentinien sind mit Schnee bedeckt. Der Wintereinbruch kam überraschend, die Menschen sind auf die eisige Kälte nicht eingestellt. Am Strand des Seebades Mar del Plata braten im Sommer Hunderttausende in der Sonne. Die Palmen in der Provinz Entre Rios sind weiß überzuckert und im peruanischen Amazonasurwald gehen die Temperaturen bis auf zehn Grad zurück. 20. Juli/August - Waldbrände in Russland Es ist ein verzweifelter Kampf gegen das Feuer und um jedes Stückchen Erde in der Stadt Balashikha, die etwa 15 Kilometer östlich der russischen Hauptstadt Moskau liegt. Russische Feuerwehrmänner und unzählige Freiwillige löschen ein verheerendes Feuer an einer Straße zwischen Moskau und Nizhny Novgorod . © Sergei Chirikov/DPA 21. August - Pakistan ertrinkt im Monsun © Saood Rehman/DPA Die Ziegen müssen mit: Zwei Männer versuchen, nicht nur sich, sondern auch das Vieh zu retten 22. August - Überflutung in China Zhouqu: Der Hauptfluss des Gebiets trat über die Ufer und überflutetet zeitweise die Hälfte der Stadt 23. Hochwasser an der Schwarzen Elster September 2010 Welt-online 24. Aktuell – Hochwasser am Mississippi Um die Städte Baton Rouge und New Orleans zu retten, werden Gebiete westlich des Mississippi geflutet 25. Aktuell Tornado Saison in den USA © dpa 26. Die Stadt Joplin, Missouri nach Durchzug eines Tornados 27. Ursachenforschung 28. Die Wissenschaft stellt fest, dass die anthropogen bedingte Verstärkung des natürlichen Treibhauseffektes die wahrscheinlichste Ursache für die globale Erwärmung darstellt. 29. Suche nach Lösungsansätzen 30. Zwei Lösungsstränge werden verfolgt Vermeidung bzw. Einschränkung von das Klima verändernden Aktivitäten Anpassung an das sich ändernde Klima 31. Kritiker des allgemeinen Konsens‘ treten auf den Plan Sogenannte „Klimaskeptiker“ versuchen Gegenargumente In Politik und Gesellschaft zu etablieren. 32. Gruppen der „Klimaskeptiker“ „Looser“ Verlierer in der Wirtschaft (Erdöl- und Kohleindustrie, Automobilindustrie) „Konsum-Junkies“ Personen, die Wohlstand mit uneingeschränktem Konsum gleichsetzen 33. „Querulanten“ Personen, die gerne „gegen den Strom schwimmen“ und gegen allgemein akzeptierte Ansichten auftreten „Besserwisser“ Hobby-Wissenschaftler, die mit „First-Guess“- Rechnungen auf andere Resultate als die Fachleute kommen und damit die Wissenschaft in Frage stellen 34. „Disziplinäre“ Forschende aus anderen Disziplinen, die ihre Fachrichtung in den Vordergrund rücken wollen. „Polit-Lobbyisten“ Politiker, die eine sich benachteiligt fühlende Gruppe vertreten, der sie ihre Position im staatlichen Machtgefüge verdanken. 35. Einige Beispiele von Argumenten gegen den anthropogen verursachten Klimawandel und Antworten darauf 36. These 1: Es gibt keine globale Erwärmung. und wenn, ist sie vernachlässigbar gering. 37. Der Nachweis einer weltweiten Klimaänderung 38. Globale Klimatypverteilung 39. Klimatypen und deren Änderungen zwischen 1901/1994 und 1995/2009 40. Änderung des Flächenanteils ausgewählter Klimatypen, global, 1995/2009 – 1901/1994. Klimatyp Flächenmittel 1901/1994 [10³ km²] Differenz 1995/2009 – 1901/1994 [10³ km²] Änderung in km²/d 1101 -40 2390 -674 3602 -577 5039 -308 2377 13 4567 -309 Summe 19076 -1895 ~-346 Wüste 10760 822 ~150 Eisund Tundrenklimate 41. Der Nachweis einer regionalen Klimaänderung 42. „Das Arktis-Eis schwingt im Laufe eines Jahres etwa wie eine SinusKurve. Im Sommer nimmt es um mehr als die Hälfte ab, im Winter nimmt es dann entsprechend zu. Es werden immer nur Bilder gezeigt, wie es im Sommer dramatisch abnimmt. Dass es im Winter wieder genauso zunimmt, verschweigt man.“ Zitat: Prof. Dr. Werner Kirstein, in: Leipziger Volkszeitung vom 08.02.2010 43. Ausdehnung des arktischen See-Eises am 09.09.2011 44. Ausdehnung der arktischen Eisfläche für die Septembermonate 1979bis 2010. Die Reduktionsrate beträgt ca. -6.2(+/-1.9%) pro Dekade, Dies entspricht einer Fläche von ca. 72.000 km² 45. Der Nachweis einer lokalen Klimaänderung 46. Lufttemperatur Jahr Für Deutschland ist schon heute die Temperaturzunahme eine nicht zu vernachlässigende Größe 47. Niederschlagssumme Jahr Der Niederschlagstrend ist in Deutschland regional stark differenziert 48. Das Schmelzen der Gletscher Der Pasterze-Gletscher vor 100 Jahren 49. Das Schmelzen der Gletscher Der Pasterze-Gletscher von heute 50. These 2: Es gibt eine globale Erwärmung Aber sie ist natürlichen Ursprungs. 51. 1988 Begründung: Die Sonne bestimmt den Verlauf der globalen Erwärmung Passende Darstellungen werden immer wieder verwendet, auch wenn sie sich als falsch erwiesen haben oder längst überholt sind. 52. These 3: Der Mensch hat vielleicht einen Einfluss auf die globale Erwärmung, aber der ist gering. 53. Begründung: 1900 kamen bei 280 ppm CO2 ~ 3 Moleküle auf 10.000 Moleküle Luft 2011 kamen bei 390 ppm CO2 ~ 4 Moleküle auf 10.000 Moleküle Luft Schlussfolgerung: 1 Molekül CO2 mehr je 10.000 Moleküle Luft in 100 Jahren kann nicht zu der beobachteten Temperaturerhöhung führen. Zitat: M. Limburg, Vize-Präsident EIKE – Europäisches Institut für Klima und Energie 54. Anteil der Spurengase am Treibhauseffekt Wasserdampf - 20.6 K Kohlendioxid - 7.2 K Ozon - 2.4 K Stickoxid - 1.4 K Methan - 0.8 K Sonstige - 0.8 K Summe - 33.2 K Bei 280 ppm! 55. These 4: Der Mensch verursacht die globale Erwärmung, diese schadet aber nicht. 56. Źródło: 2011 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Geo Risks Research, NatCatSERVICE –January 2011 57. These 5: Die globale Erwärmung führt zu Schäden, diese zu vermeiden ist aber auf Grund zu hoher Kosten volkswirtschaftlich nicht vertretbar. 58. CO2-Ausstoß mit und ohne 2°C-Ziel Emissionen 30 Emission [GtC] 25 Klima-Ökonomen Bis 2005: Standard-Verlauf 20 „Einsparung kostet >5% Wohlfahrt. 15 10 Erforderliche Einsparung Zu teuer!! Zu gefährlich!!“ 5 0 2000 2020 2040 2060 Jahr 2080 2100 59. Optionen zur CO2-Vermeidung Business as usual Notwendige Reduktionen Klimaschutz Annahme: fossile Energieträger billig 60. Kernenergie Erneuerbare Energie Biomasse + Abscheidung und Speicherung von CO2 Fossile Energie + Abscheidung und Speicherung von CO2 Effizienz Annahme: fossile Energieträger billig 61. Kernenergie Erneuerbare Energie Biomasse + Abscheidung und Speicherung von CO2 Fossile Energie + Abscheidung und Speicherung von CO2 Effizienz Annahme: fossile Energieträger billig 62. Kernenergie Erneuerbare Energie Biomasse + Abscheidung und Speicherung von CO2 Fossile Energie + Abscheidung und Speicherung von CO2 Effizienz Annahme: fossile Energieträger billig 63. Kernenergie Erneuerbare Energie Biomasse + Abscheidung und Speicherung von CO2 Fossile Energie + Abscheidung und Speicherung von CO2 Effizienz Annahme: fossile Energieträger billig 64. Kernenergie Erneuerbare Energie Biomasse + Abscheidung und Speicherung von CO2 Fossile Energie + Abscheidung und Speicherung von CO2 Effizienz Annahme: fossile Energieträger billig 65. Vermeidungskosten (Konsumverluste durch CO2-Stabilisierung) Alle Optionen Nuklearenergie fixiert auf “Business as usual”-Niveau Solarenergie fixiert auf “Business as usual”-Niveau keine Abscheidung und Speicherung von CO2 (CCS) 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2 1.4 1.6 % Wohlfahrt Annahme: fossile Energieträger billig 66. These 6: Die CO2-Emissionen pro Kopf sind weltweit nur bis zum Jahr 1979 gestiegen, seit dieser Zeit sinken sie. „Ich erachte das als ein gutes Beispiel für die menschliche Anpassungsfähigkeit.“ Klaus, V. (2007): „Blauer Planet in grünen Fesseln“. Carl Gerold’s Sohn Verlagsbuchhandlung KG, Wien, S. 45. 67. Beweis: Entwicklung der weltweiten CO2-Emissionen pro Kopf seit 1950 68. Realität: Das Wachstum der CO2-Konzentration hat sich zwischen 1960 und 2006 von ~1 ppm auf ~2 ppm pro Jahr beschleunigt! 69. Welche Auswirkungen sind zu erwarten? 10 International Energy Agency -1 Fossil Fuel Emission (GtC y ) Carbon Dioxide Information Analysis Center 9 Averages A1B 8 A1FI A1T A2 7 B1 B2 6 Full range of IPCC individual scenarios 5 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Globale CO2-Emissionen in Gt/Jahr Raupach et al. 2007, PNAS, updated; Le Quéré et al. 2009, Nature Geoscience; International Monetary Fund 2009 70. Aktuelle Situation The actual situation 71. Der Konsens 72. Wann besteht wissenschaftlicher Konsens? Eine wissenschaftliche Hypothese gilt dann als anerkannt, wenn sie durch eine überwältigende Mehrheit der Wissenschaftler im Rahmen von Fachartikeln, Tagungen oder Experimenten gestützt wird und nicht durch reproduzierbare Beweise widerlegt werden kann. Der wissenschaftliche Konsens ergibt sich also im wesentlichen aus der Diskussion der Wissenschaftler untereinander. 73. Kein Wunder, dass die Menschen verwirrt sind ... Anzahl der von Experten begutachteten Artikel zum Thema „Klimawandel“, die im Verlauf der letzten zehn Jahre in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden Prozentualer Anteil von Artikeln, deren Autoren Zweifel an den Gründen für die Erderwärmung haben 928 0% Anzahl der Artikel über die Klimaerwärmung, die in den letzten 14 Jahren in der Tagespresse erschienen sind Prozentualer Anteil von Artikeln, deren Autoren Zweifel an den Gründen für die Erderwärmung haben 636 53 % Veröffentlicht von Dr. Naomi Oreskes, Uni. Cal. San Diego, in „Science; zitiert bei Al Gore, 2006, Eine unbequeme Wahrheit. Riemann-Verlag, 327 S. (Auswahl der Artikel nach Zufallsprinzip) 74. Es gibt keine Institution, die einen Konsens per Dekret festlegt! Mit einer Ausnahme! 75. Das IPCC • Es identifiziert und beschreibt anerkannte Theorien. • Es definiert den kleinsten gemeinsamen Nenner vorhandener Kenntnisse. • Es beschreibt Kenntnislücken und offene Fragestellungen. 76. Schlussfolgerungen 1.Die Bedeutung des Klimawandels für gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen führt automatisch zu einer Politisierung der Thematik. 2.Die Aussagen der Wissenschaft sind auf Grund langjähriger Erfahrungen eher als vorsichtig einzustufen. 77. 3.Die „Klimaskeptiker argumentieren sowohl auf wirtschaftlicher, politischer, ideologischer als auch Psychologischer Ebene. 4.Für Laien ist eine Bewertung, ob Argumente wissenschaftlich korrekt korrekt sind oder als Propaganda einzustufen sind, sehr schwer. 5.Medien suggerieren auf Grund ihres Selbstverständnisses häufig ein unrealistisches Bild vermeintlicher Kontroversen. 78. Wo liegen also die eigentlichen Probleme? 79. Einige Zahlen zum Nachdenken Weltweiter Hilfsfond zur Neuverschuldung des Bundes Hungerbekämpfung 2009 Stand März 2010 ============================================================ 9.5 Mrd. Euro 80 Mrd. Euro Kosten für die Rettung der Gesamtentwicklungshilfe HypoRealEstate der 22 Geberländer 2007 ============================================================ ~ 135 Mrd. Dollar 104 Mrd. Dollar Kosten der Exzellenzinitiative für die Kosten der Abwrackprämie für Deutschen Universitäten deutsche Autokonsumenten ============================================================ 1.9 Mrd. Euro 5 Mrd. Euro Jährliche Investitionskosten für Erstes Bankenstützungspaket eine Reduktion des Anstiegs des der US-Notenbank weltweiten Energiebedarfs um 50% November 2008 ============================================================= 130 Mrd. Euro => 17% Rendite 600 Mrd. Euro => 0% Rendite Quelle: H. Welzer, Das Ende der Welt – so wie wir sie kannten 80. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 81.