INHALT DATZ 9/96 Aquarien Terrarien September 49. Jahrgang Verlag Eugen Ulmer Stuttgart Urania Verlag Leipzig Editorial Rainer Stawikowski: Liebe Leser! Aktuelles 548 548 Pflege/Zucht Rudolf Rucks: Nandus nebulosus - ein Nanderbarsch wird vorgestellt Wolfgang Adam: 554 Überwinterung europäischer Landschildkröten im Kühlschrank 583 Alexandra Schmidt: Nachzucht eines chinesischen Flossensaugers geglückt! 558 F. Ingemann Hansen: Erfahrungen mit Caquetaia myersi 564 Ichthyologie Lothar Seegers: Die Kneriiden Ost- und Zentralafrikas 1. Die Gattung Kneria 585 Aquarienpflanzen. Falk Wieland: Krebsscheren in der Mark Brandenburg Das verborgene Leben von Stratiotes aloides 592 Aquarientechnik Beate R. Sellner: Ein Blick in die Welt der Bakterien Strukturelemente des Lebens Arne Nolte: Der Zwergflußkrebs Cambarellus shuffeldtii 596 567 Reisen. Hans-Georg Evers: Die Drachenflosser sind wieder da! 5 7 0 Holanda Moreno M. und Hanns-Joachim Franke: Portrait eines venezolanischen Hans Esterbauer: Flusses Petroscirtes mitratus und Ecsenius gravieri: Zwei Schleimfische aus dem Roten Meer Der Rio Orituco bei Calabozo 599 Verschiedenes 606 Impressum 610 572 Rolf Schönfelder: Erfolgreiche Aufzucht junger Schwarzmeer-Seenadeln 575 Titelbild: Joachim Frische: Acanthurus olivaceus und Acanthurus tennenti: Aggressive Einzelgänger oder sanfte Gruppentiere? Welse, hier ein Knurrender Dornwels, Amblydoras hancockü, sind die zweithäufigsten Fische der Gewässer des tropischen Südamerika (zu unserem Reisebericht auf Seite 599). Foto: A. van den Nieuwenhuizen 577 Miguel Vences, Jörn Köhler, Kathrin Schmidt und Frank Glaw: Mantella betsileo: Haltung, Nachzucht und Farbvarianten 579 547 AKTUELLES Neu importiert: Liebe Leser! Nanderbarsche gehören nicht zu den Fischen, die man regelmäßig im Standardangebot des Zoofachhandels findet. Das liegt zum einen sicher daran, daß diese Barschartigen ein eher bescheidenes Farbkleid besitzen, zum anderen wohl an ihrer Ernährungsweise: Alle Arten sind Fischfresser, die sich entweder gar nicht oder nur schwer an Ersatzfutter gewöhnen lassen. Die Familie Nandidae ist mit fünf Gattungen und sechs Arten über die Tropen der gesamten Erde verbreitet (je zwei Arten in Südostasien, in Westafrika und im nordöstlichen Südamerika). Das Vorkommen der Familie deutet darauf hin, daß ihre Angehörigen schon vor dem Auseinanderbrechen des GondwanaBlockes (zu Anfang des Jura, vor über 200 Millionen Jahren) beinahe weltweit verbreitet waren. Trotz ihres unscheinbaren Aussehens und nicht zuletzt wegen ihres „Raubfisch"-Charakters gehören die Nander mit zu den interessantesten Süßwasserfischen, die man in seinem Aquarium pflegen und - mit etwas Mühe - auch züchten kann. Rudolf Rucks hat bereits vor Jahrzehnten seine Liebe zu diesen Fische entdeckt. Schon mehrmals hat er in der DATZ über seine Zuchterfolge mit Vertretern dieser Fischfamilie berichtet. Auf Seite 554 dieses Heftes schildert er seine Erfahrungen mit Nandus nebubsus. Auch die Schmerlen darf man zu den seltener gepflegten Süßwasserfischen Asiens zählen. Über Flossensauger (Familie Balitoridae) ist in der DATZ nur ganz sporadisch berichtet worden. Um so bemerkenswerter ist der Zuchterfolg, der Alexandra Schmidt mit einer Art gelungen ist, die möglicherweise der Gattung Formosia zuzuordnen ist. Die Autorin hatte das Glück, die Balz und den Laichakt dieser Fische nicht nur zu beobachten, sondern auch in Fotos festzuhalten, so daß sie das interessante Fortpflanzungsverhalten in Wort und Bild dokumentieren konnte. Darüber hinaus berichtet die Autorin akribisch über die Erfolge und Rückschläge, die sie bei der Aufzucht der kleinen Schmerlen erlebt hat, so daß ein ausführliches Zuchtprotokoll entstanden ist. Daß die genaue Artzugehörigkeit des Fisches (bisher) nicht ermittelt werden konnte, ist bedauerlich, mindert jedoch nicht den Wert des Berichtes, der auf Seite 588 beginnt. Wirbellose Tiere gehören zum Besatz jedes Meeresaquariums. In der Süßwasseraquaristik spielen die sogenannten Niederen Tiere dagegen keine bedeutende Rolle. Nur wenige Aquarianer befassen sich etwa mit der Haltung von Krebstieren. Das liegt zum einen sicher daran, daß es - gemessen an der Zahl mariner Formen - nur wenige Gattungen und Arten gibt, die die tropischen und subtropischen Süßgewässer bewohnen, zum anderen aber wohl auch an dem eher schlechten Ruf, den beispielsweise die Zehnfußkrebse genießen. Arne Nolte stellt den in den südlichen USA vorkommenden Zwergflußkrebs Cambarellus shuffeldtii vor und zeigt, daß längst nicht alle Dekapoden zuerst die Aquarieneinrichtung demolieren und dann ihre Artgenossen umbringen, um sie zu verzehren. Sein Bericht beginnt auf Seite 567. Kneriiden, wegen ihres eigentümlichen Organes an den Kopfseiten auch „Ohrenfische" genannt, sind der Wissenschaft bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt. Nur selten werden Vertreter dieser Süßwasserfischfamilie aus ihren afrikanischen Lebensräumen in europäische Aquarien verschlagen. Daher wundert es nicht, daß über das Leben dieser Fische, die mit den Barben, Salmlern, Welsen und Messerfischen nah verwandt sind, nur sehr wenig bekannt ist. Lothar Seegers hat die Systematik und die Taxonomie dieser Fische erst kürzlich entwirrt. Auf Seite 585 beginnt sein zweiteiliger Überblick über die Familie Kneriidae mit einer Darstellung der Gattung Kneria. Teil 2 (über die Gattung Parakneria) wird voraussichtlich im Novemberheft erscheinen. Noch ein Hinweis in eigener Sache: Unsere Amazonien-Leserreise ist ausgebucht; wir können keine Anmeldungen mehr annehmen! Ihr Rainer Stawikowski Apistogramma aus dem Marmore Im vergangenen Jahr wurde durch die Firma Mimbon-Aquarium, Köln, ein bisher unbekannter Vertreter der Gattung Apistogramma erstmals nach Deutschland importiert. Die Fundorte dieses Zwergbuntbarsches liegen nach Auskunft der Fänger im Einzugsgebiet des unteren Rio Mamore, der die Grenze zwischen Brasilien und Bolivien bildet. Die Fische weisen sowohl in ihrem Habitus als auch in ihrem Farbkleid eine große Ähnlichkeit zu Apistogramma trifasciata (Eigenmann & Kennedy, 1903) auf und gehören zweifellos auch in die nähere Verwandtschaft dieser Art. Andererseits gibt es aber auch eine Reihe von wichtigen Unterschieden: Typische farbliche Merkmale, in denen sich die Männchen dieses Cichliden von A. trifasciata unterscheiden, bilden ein Muster winziger Pünktchen in der Schwanzflosse und der kräftig rot, seltener schwach gelblich gefärbte Grund dieser Flosse. Ein weit wichtigeres 548 Unterscheidungsmerkmal besteht jedoch darin, daß lebende Fische dieser Form niemals den arttypischen schwarzen Streifen zeigen, der sich bei A. trifasciata vom oberen Ansatz der Brustflosse schräg nach unten bis zu den ersten Strahlen der Afterflosse erstreckt. Apistogramma trifasciata ist eine aquaristisch gut bekannte Art, die ein ungewöhnlich ausgedehntes Verbreitungsgebiet besiedelt, das sich über die Flußsysteme des Rio Paraguay und des Rio Paranä, aber auch über den Rio Guapore erstreckt, der zum Amazonas-Einzug gehört (Linke & Staeck 1995). Von A. trifasciata wurden zwei Unterarten beschrieben, nämlich Heterogramma trifasciatum maciliense Haseman, 1911 und Apistogramma trifasciatum haraldschultzi 1 Ein spezifisches Merkmal von A. trifasciata ist der schräge Streifen zwischen Brust- und Afterflosse,... 2 . . . der den neu importierten Zwergbuntbarschen fehlt. PFLEGE/ZUCHT Mantella betsileo: Haltung, Nachzucht und Farbvarianten Mantella betsileo ist die am weitesten verbreitete Art ihrer Gattung. Zwar sind die einzelnen Populationen nicht gerade plakativ gefärbt, doch unterscheiden sie sich teilweise sehr deutlich voneinander, wie die hier veröffentlichten Farbfotos zeigen. Mittlerweile ist auch die Zucht dieses madagassischen Fröschchens gelungen, so daß sein Fortpflanzungsverhalten ausführlich beschrieben werden kann. Von Miguel Vences, Jörn Köhler, Kathrin Schmidt und Frank Glaw sten verbreitete Mantella-Art überhaupt - sicher jedoch die am wenigsten spezialisierte. Wir wollen Mantella betsileo im folgenden Die nur in Madagaskar vorkommende kurz portraitieren, Lebensraum, LebensFroschgattung Mantella enthält mindestens weise und Verbreitung umreißen und die 13 Arten (Glaw & Vences 1994), von denen mit ihr am nächsten verwandten Mantellaeinige aufgrund ihrer attraktiven Färbung Arten vorstellen. Daneben berichten wir und tagaktiven Lebensweise häufig in über die geographische Variation der Art, Terrarien gehalten werden. Bekannt sind insbesondere das Goldfröschchen, Mantella aurantiaca, das seit 1995 unter die CITESBestimmungen fällt, und die schwarz-gelbe 1 Mantella cf. betsileo aus Ankarana, bis schwarz-grüne Mantella madagascarien- ein besonders rotrückiges Exemplar. sis. 2 Mantella betsileo von der Ostküste Weniger prominent, dafür aber in Mada- Madagaskars (Nosy Boraha). gaskar weit einfacher zu finden, ist die eher unscheinbare Art Mantella betsileo. Wahr- 3 Mantella betsileo von Nosy Be scheinlich ist sie die häufigste und am weite- (Nordwest-Madagaskar). 579 ihre Haltung und über die erstmals geglückte Nachzucht. Mantella betsileo gehört zu einer Artengruppe, die durch eine Reihe charakteristischer Merkmale gekennzeichnet ist. Typisch für die Arten dieser Gruppe (Mantella betsileo, M. viridis, M. expectata und eine unbeschriebene Art aus dem Marojezy-Gebirge) sind der helle, meist weiße Frenalstreifen, der entlang der Oberlippe verläuft, die bläuliche Hufeisenzeichnung auf der Kehle der Männchen, die bei rufenden Tieren markant hervortritt, das Fehlen von orangefarbener oder roter Tönung auf der Unterseite der Hinterbeine und der Ruf (bekannt nur von M. betsileo und M. viridis), der aus einer langen Folge von Doppelklicktönen besteht. PFLEGE/ZUCHT Mantella uiridis ist bislang nur aus dem äußersten Norden Madagaskars bekannt geworden, und die (relativ unsicheren) Angaben zu M. expectata beziehen sich auf den trockenen Südwesten des Landes. Bei dem angeblichen Fund nahe Mandena in Südost-Madagaskar (zitiert in Glaw & Vences 1994) dürfte es sich um eine Fehlangabe handeln, so daß diese Lokalität als Fundort von M. expectata gestrichen werden muß. Mantella betsileo bewohnt ein sehr großes Verbreitungsgebiet... Im Gegensatz zu den anscheinend recht begrenzten Verbreitungsgebieten dieser beiden Arten umfaßt das Areal von M. betsileo weite Teile von Ost-, Nordwest- und WestMadagaskar. Diese weite Verbreitung ist überraschend, denn die entsprechenden Fundpunkte liegen in ganz unterschiedlichen klimatischen und biogeographischen Regionen; im Gegensatz zu dem extrem niederschlagsreichen, tropisch-warmen Osten ist der madagassische Westen sehr trocken und stark saisonal geprägt; fast die gesam- ten Niederschläge beschränken sich auf wenige Wochen im Jahr. Gemeinsam ist den gesicherten M-betsi/eo-Fundorten jedoch, daß sie nicht höher als 500 Meter über dem Meeresspiegel liegen. Die Färbung von M. betsileo variiert innerhalb des Verbreitungsgebietes in gewissem Umfang. Bei Tieren von der Ostküste (Nosy Boraha) und Nosy Be ist der rotbraune bis ockergelbe Rücken klar von den schwarzen Flanken abgegrenzt. Fast immer ist ein dunkleres, dorsales Rautenmuster vorhanden. Die Flanken können einen 4 Mantella betsileo, Kaulquappe, Nachzucht von Tieren aus Nosy Be. 5 Kaulquappe kurz vor der Verwandlung. 6 Jungfrosch, Nachzuchttier, etwa eine Woche nach der Metamorphose fotografiert. 7 Unterseite von Mantella viridis. 8 Mantella viridis. 9 Mantella cf. betsileo aus Ankarana. 580 braunen Fleck aufweisen, der sich jedoch nie bis zum Rücken erstreckt. Die Beine sind in der Regel hell, gräulich bis bräunlich. Auf den Hinterbeinen sind dunkle (schwarze) Querbänder vorhanden. Frösche aus Westmadagaskar (Kirindy) sind an den Extremitäten heller gefärbt, und der braune Flankenfleck kann wesentlich größer ausfallen, wobei aber eine schwarze Trennlinie zur Rückenfarbe bestehen bleibt. Die Bänder auf den Hinterbeinen sind bei den Kirindy-Tieren rotbraun. Von diesem grundsätzlichen Färbungsmuster weichen Exemplare aus dem Ankarana-Massiv (Nord-Madagaskar), die wir vorläufig als M. cf. betsileo bezeichnen, stärker ab. Der Rücken ist bei den meisten Tieren dieser Population von sehr heller, gelber Grundfarbe, die im hinteren Bereich von einem Rot überlagert ist, so daß sich eine Art „Flammenzeichnung" ergeben kann. Dieses intensive Dunkelrot ist weder mit dem „normalen" Rotbraun von M. betsileo noch mit dem leuchtenden Orange von M. aurantiaca oder dem Rot von M. cowani vergleichbar. Die rote Farbe setzt sich meist stark über die Flanken und Hinterschenkel fort. Bei vielen Individuen verschwindet dadurch die farbliche Abgrenzung zwischen Rücken und Flanken; auch die dunkle Bänderzeichnung auf den Schenkeln ist oft von Rot überdeckt und nicht mehr erkennbar. Eine ausgeprägte Flankenfärbung, die der des Rückens entspricht, zeigen auch die Arten M. crocea und M. viridis, wobei besonders die zuletzt genannte weitere Ähnlichkeiten zu M. betsileo aus dem AnkaranaMassiv zeigt. Bemerkenswert ist auch, daß in der Ankarana-Population Tiere mit vollkommen schwarzer Iris zu finden sind, wie sie zum Beispiel für M. cowani und M. madagascariensis typisch ist, für M. betsileo bis- her jedoch nicht bekannt war. Die Bauchfärbung von M. betsileo besteht aus leuchtend blauen Flecken auf schwarzem Grund, die sich bis zur Kehle erstrecken. Die Kehle selbst zeigt ein unregelmäßig gerandetes Hufeisen, das bei den PFLEGE/ZUCHT Männchen meist eine geschlossene Fläche einnimmt, bei den Weibchen in der Regel unterbrochen ist. Ein weiterer Geschlechtsunterschied betrifft die Größe: Die Männchen sind meist kleiner (Kopf-Rumpf-Länge, KRL, 18 bis 21 Millimeter) als die Weibchen (19 bis 24 Millimeter). Die AnkaranaPopulation weicht von diesen Werten deutlich ab: Die Männchen erreichen hier 25, die Weibchen fast 30 Millimeter KRL; sie erinnern damit an die ähnlich große Art M. uiridis. ... und eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Habitate I Den klimatischen Unterschieden innerhalb des Verbreitungsgebietes entsprechend, ist M. betsüeo in einer Vielzahl von verschiedenen Lebensräumen zu finden, in degradiertem Wald oder in Sekundärvegetation ebenso wie im tiefen Regenwald oder in unmittelbarer Strandnähe. In den Trockenwäldern West-Madagaskars bevorzugt die Art die Umgebung von Bächen oder ausgetrockneten Bachbetten, die von Bäumen umstanden sind. Oft sind rufende Männchen auch an stehenden Gewässern anzutreffen, im Ostteil der Insel in Sümpfen und in überfluteten Flächen, im Westen in den Restpfützen austrocknender Bachbetten. Zu größeren Ansammlungen kann es unter Bäumen kommen, deren heruntergefallene Früchte viele Fruchtfliegen anlokken. Während der Regenzeit lassen sich rufende und einander imponierende Männchen besonders morgens beobachten. Oft sitzen sie dabei an exponierten Stellen, etwa auf großen Steinen. Während des Rufs wird die helle Zeichnung auf der Kehle sichtbar und fungiert offensichtlich als optisches Signal. Nachmittags geht die Rufaktivität zurück, und die Tiere widmen sich verstärkt der Nahrungssuche. Starke Regenschauer können die Rufaktivität aber wieder aufleben lassen. Bei Kirindy in West-Madagaskar riefen die Frösche kurz vor und während der ersten Regenfälle in einem bis auf wenige Restwas- sertümpel ausgetrockneten Flußbett sogar noch um Mitternacht! Bis um Mitternacht ertönen die Rufe der Fröschchen Die farblich abweichenden Frösche aus Ankarana konnten, trotz intensiver Suche am Tag, ausschließlich nachts aktiv und in großen Zahlen vor einem Höhleneingang gefunden werden, jedoch ohne bei der trockenen Witterung zu rufen (November 1995). Neben Fruchtfliegen (unter Obstbäumen) besteht die Nahrung im Freiland aus anderen kleinen Insekten, zum Beispiel Ameisen. Bei Benavony, auf dem madagassischen Festland gegenüber der Insel Nosy Be, beobachteten wir ein Tier nahe einer Ameisenstraße, das binnen einer halben Stunde (von 17 bis 17.30 Uhr) 53 Ameisen fraß. Der Magen eines anderen Exemplares enthielt neben einigen Ameisen über 80 (!) schwarze Käfer von 1,5 Millimeter Länge (ZFMK 52745 aus Nosy Be). Kuchling (1993) entdeckte in West-Madagaskar (Amborompotsy) Mitte Dezember ein Gelege mit sich entwickelnden Embryonen unter einem Stein nahe einem ausgetrockneten Bachbett. Wir fanden im Freiland (Nosy Be) im Februar Kaulquappen verschiedener Entwicklungsstadien in Pfützen und Tümpeln am Rande von Bächen im Regenwald ebenso wie in stehendem 10 Mantella cf. betsileo aus Ankarana; dieses Exemplar erinnert an Mantella betsileo. 11 Mantella expeetata. 12 Unterseite von Mantella betsileo; das Tier stammt von Nosy Be. Fotos: Verfasser 581 10 oder langsam fließendem Wasser außerhalb des Primärwaldes. In den Gosner-Stadien 39 bis 41 betrug ihre Gesamtlänge 28 bis 31 Millimeter; ihre Zahnformel lautete 1:4+4/3 oder 1:5+5/3. Metamorphosierende Jungtiere (Kopf-Rumpf-Länge zehn bis elf Millimeter) waren ebenfalls im Februar zu finden. Im Terrarium ist M. betsileo, wie uns berichtet wurde, bereits nachgezüchtet worden; jedoch liegen uns keine Daten oder Veröffentlichungen darüber vor. Im Zoologischen Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig (Bonn) halten wir verschiedene Mante//a-Arten (nach einer Eingewöhnungsphase in 50 X 50 X 50 Zentimeter großen Standardterrarien) in 100 Zentimeter langen, 60 Zentimeter breiten und 35 Zentimeter hohen Becken. Eine Belüftung der Terrarien erfolgt durch Gaze im gesamten hinteren und oberen Bereich, um Staunässe und Fäulnis zu verhindern; der Belüftungsgrad kann zur Simulation einer Regenzeit beliebig durch Schiebescheiben verringert werden. Der Bodengrund wurde, nach Anregungen von Helmut Zimmermann (Stuttgart), mit großen Preßkorkplatten ausgelegt; ausgeschnittene PFLEGE/ZUCHT Bereiche in den Platten bilden kleine Wasserstellen. Die Terrarien sind mit verschiedenen Pflanzen ausgestattet. Aufeinandergeschichtete kleine Preßkorkplatten bilden Versteckmöglichkeiten in unterschiedlichen Feuchtigkeitsstufen; solche Verstecke mit engen Zwischenräumen nehmen die Frösche gern an; sie pressen sich regelrecht hinein. Gefüttert werden unsere Tiere dreimal wöchentlich mit Drosophila oder (seltener) Mikro-Heimchen. Die Futterinsekten werden immer mit einer Vitamin-MineralstoffMischung bestäubt, die Fruchtfliegen vor der Verfütterung zusätzlich mit Futterbrei aufgewertet. Die Beleuchtung erfolgt durch BioluxRöhren (zwölf Stunden täglich). Zur lokalen Erwärmung werden 60-Watt-Punktstrahler eingesetzt. Während des (europäischen) Sommers liegen die Temperaturen zwischen 18 und 24 °C; höhere Werte werden - wenn nötig - durch zeitweiliges Ausschalten der Beleuchtung vermieden. Im Winter betragen die Temperaturen ungefähr 22 °C am Tag; in der Nacht sinken sie bis auf 14 °C. Nach unseren Erfahrungen liegen günstige Haltungstemperaturen für alle Man£e//a-Arten zwischen 18 und 24 °C. Mantella betsileo ist in der Natur relativ hohen Temperaturen (zeitweise über 30 °C!) ausgesetzt, so daß eine Haltung im oberen Bereich dieser Temperaturspanne angebracht sein dürfte. Jedoch muß bedacht werden, daß die Tiere in der Natur immer in schattigen Bereichen mit relativ kühlem Mikroklima leben. Schon nach kurzer Eingewöhnung zeigen die Frösche Balzverhalten Die relativ robusten M. betsileo gewöhnen sich im Terrarium schnell ein. Besteht die Gruppe aus mehreren Männchen und Weibchen, so ist in der Regel bald das interessante Sozialverhalten zu beobachten. Hierzu gehören beispielsweise die Auseinandersetzungen unter den Männchen, die 13 Mantella sp. aus dem Marojezy-Gebirge. 14 Mantella betsileo, Exemplar aus Kirindy (West-Madagaskar). gelegentlich zu einer Klammerung in der Lendenregion, einem sogenannten Inguinalamplexus, führt. Diese Form der Umklammerung hat jedoch bei den Arten der Gattung Mantella wahrscheinlich eine aggressive Bedeutung. Eine intensive Klammerung zwischen den Geschlechtern, wie sie bei den meisten Froscharten während der Paarung üblich ist, wurde bisher nicht beobachtet und scheint bei den Gattungen Mantella und Mantidactylus vollständig zu fehlen. Exemplare von M. betsileo aus Nosy Be, die von Kathrin Schmidt bereits seit vier Jahren gehalten werden, legten Ende August 1995 drei befruchtete Gelege auf den Korkboden, und zwar unter eine halbe Kokosnußschale. Die weißlichen Eier entwickelten sich gut, obwohl sie zum Teil direkt dem Licht ausgesetzt waren. Nach etwa einer Woche waren in ihnen bereits Embryonen mit gut entwickelten Schwänzen erkennbar; nach einigen weiteren Tagen waren die Kaulquappen voll entwickelt, und wir spülten sie ins Wasser. Die drei Gelege enthielten 95, 75 und 65 Eier, von denen sich jeweils 45, 35 und 40 bis zum fortgeschrittenen Embryonalstadium entwickelten. Der Rest der Eier war möglicherweise unbefruchtet. Der Eidurchmesser betrug 1,8 Millimeter; die Gesamtlänge der Embryonen lag nach etwa einer Woche bei 4,5 Millimetern, die der beinahe schlupfbereiten Quappen bei 5,5 Millimetern. Bei 21 bis 24 °C und Fütterung mit zerstäubtem TabiMin entwickelten sich die geselligen Kaulquappen gut. Einzelne verrottete Laubblätter auf dem Boden wurden von den Larven als Versteckmöglichkeit angenommen. 582 Sechs Wochen dauert es, bis sich die Quappen umwandeln Gut sechs Wochen nach dem Schlupf verwandelten sich die ersten Quappen. Die Jungfrösche ähnelten in ihrer Färbung bereits den Erwachsenen. Ihre Aufzucht war nicht sonderlich heikel. Etwa fünf Monate nach der Metamorphose maßen die Jungfrösche bereits 15 bis 16 Millimeter KRL. Die Zucht von M. betsileo entspricht somit im wesentlichen der von M. aurantiaca, M. crocea (Mudrack 1965; Zimmermann 1992) und M. „loppei" (Wolpert & Müller 1980; Ziegenhagen 1981). Summary A report on intraspecific colour variability, keeping and breeding of the mantelline frog M. betsileo. Individuais from the Ankarana reserve differ from those of other populations by larger size and the presence of reddish colour on hindlegs and posterior back. Nosy Be specimens kept in captivity deposited between 65 and 95 eggs (diameter 1.8 millimeters). Metamorphosis of tadpoles occured after six weeks; colouration of froglets was similar to adult colouration. Literatur Glaw, F., & M. Vences (1994): A fieldguide to the amphibians and reptiles of Madagascar. Second edition. Köln. Kuchling, G. (1993): Zur Verbreitung und Fortpflanzung von Mantella betsileo in Westmadagaskar. Salamandra 29 (3/4): 273-276. Mudrack, W. (1965): Pflege und Zucht des Goldfröschchens, Mantella aurantiaca. D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 18 (10): 312-313. Wolpert, K., & H. Müller (1980): Frösche der Gattung Mantella (Amphibia, Ranidae). Herpetofauna 7: 15-16; 8: 21-23. Ziegenhagen, J. (1981): Durch Nachzucht erhalten: Mantella cowani. Aquar. Mag. 15: 566-569. Zimmermann, H. (1992): Nachzucht und Schutz von Mantella crocea, Mantella viridis und vom madagassischen Goldfröschchen Mantella aurantiaca. Zeitschrift des Kölner Zoo 35 (4): 165-171.