11. Stimmanalyse

Werbung
V
Vorlesung
Ringvorlesung
Forschungs- und Anwendungsfelder
der Klinischen Psychologie
Wintersemester 2016-2017
Stimmanalyse emotionalen Arousals in der
Expositionstherapie bei Panikstörung mit
Agoraphobie
09.01.2017
2
Ihr Dozent für heute
Stimmanalyse emotionalen Arousals in der Psychotherapie
Dipl.-Psych. Gesine Wieder
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie
Falkenbrunnen (Raum 319)
[email protected]
Forschungsgebiete:
09.01.2017
•
Stimme in der Psychotherapie
•
Unspezifische Wirkmechanismen in der Expositionstherapie bei Panikstörung mit Agoraphobie
3
Schwerpunkte und Ziele
für die heutige Veranstaltung
Schwerpunkte
 Überblick über Reizkonfrontation
 Überblick über Entstehung der Stimme und Stimmgrundfrequenz
 Vorstellung erste Untersuchung zur Stimmgrundfrequenz in der
Expositionstherapie bei P&A
Am Ende der Veranstaltung kennen Sie
- Vorgehen der Reizkonfrontation
- Component Process Model und an Stimmentstehung beteiligte
Mechanismen
- Ergebnisse und Diskussionspunkte zur vorgestellten Studie
09.01.2017
4
Erleben einer Panikattacke
„Ich war schon so ein bisschen unruhig, mehr nervös als sonst und dann
innerhalb von Sekunden, das waren also 30 Sekunden, da wurde das ganz
schlimm. Es fing im Kopf an. Ich dachte, der ganze Kopf ist so taub, alles so
kribbelig, und dann fing das Herz ganz fürchterlich an zu schlagen und ... ich war
schweißgebadet. Und dann fingen die Hände an zu zittern, und dann wurde es
so schlimm, dass die Beine so ganz weich wurden, so, so wackelig, so, so ... wie
ständig Stromschläge... und mir wurde kalt und ... ganz schlimm war das. Und
dann war dieses Gefühl, dass man nicht richtig dabei ist und sich irgendwie so
rundum in Watte gehüllt fühlt, so, man ist zwar da, aber man gehört einfach
nicht dazu. Das war so ganz schlimm mit Zittern und Schwitzen und ... dem
Herzklopfen. Ich dachte nur noch, hoffentlich ist es jetzt gleich wieder vorbei,
also das ist..., das kann man so schlimm wie das ist, gar nicht ausdrücken. Man
ist einfach nicht mehr sich selbst... “
09.01.2017
5
Symptome einer Panikattacke
Eine klar abgrenzbare Episode intensiver Angst und Unbehagens, bei der mindestens 4
der nachfolgend genannten Symptome abrupt auftreten und innerhalb von 10
Minuten einen Höhepunkt erreichen:
(1)
Palpitationen, Herzklopfen oder beschleunigter Herzschlag,
(2)
Schwitzen,
(3)
Zittern oder Beben,
(4)
Gefühl der Kurzatmigkeit oder Atemnot
(5)
Erstickungsgefühle,
(6)
Schmerzen oder Beklemmungsgefühle in der Brust,
(7)
Übelkeit oder Magen-Darm-Beschwerden,
(8)
Schwindel, Unsicherheit, Benommenheit oder der Ohnmacht nahe sein,
(9)
Derealisation (Gefühl der Unwirklichkeit) oder Depersonalisation (sich losgelöst
fühlen),
(10) Angst, die Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden,
(11) Angst zu sterben,
(12) Parästhesien (Taubheit oder Kribbelgefühle)
09.01.2017
(13)
Hitzewallungen oder Kälteschauer.
6
Panikstörung (DSM IV 300.01)
A. Sowohl 1) als auch 2)
1) wiederkehrende unerwartete Panikattacken
2) bei mind. 1 Attacke folgte mind. 1 Monat mit:
- Anhaltender Erwartungsangst (Besorgnis) über weitere Attacken,
- Sorgen über Bedeutung und Implikationen der Attacken oder
- Deutliche Verhaltensänderung
B. Es liegt keine Agoraphobie vor
C. Die Panikattacken gehen nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz
oder eines medizinischen Krankheitsfaktors zurück
D. Die Störung wird nicht besser durch eine andere psychische Störung erklärt
09.01.2017
7
Agoraphobie (DSM IV – 300.22)
A. Angst, an Orten zu sein, von denen eine Flucht schwierig (oder peinlich) sein
könnte oder wo im Falle einer unerwarteten oder durch die Situation begünstigten
Panikattacke oder panikartiger Symptome Hilfe nicht erreichbar sein könnte.
Agoraphobische Ängste beziehen sich typischerweise auf charakteristische Muster
von Situationen: z.B. alleine außer Haus zu sein, in einer Menschenmenge zu sein,
in einer Schlange zu stehen, auf einer Brücke zu sein, Reisen im Bus, Zug oder Auto.
Beachte: Alternativ müssen die Diagnosen Spezifische Phobie, wenn das
Vermeidungsverhalten nur auf eine oder wenige spezifische Situationen begrenzt ist, oder
Soziale Phobie, wenn die Vermeidung auf soziale Situationen beschränkt ist, in Betracht
gezogen werden.
B. Die Situationen werden vermieden (z.B. das Reisen wird eingeschränkt), oder sie
werden nur mit deutlichem Unbehagen oder mit Angst vor dem Auftreten einer
Panikattacke oder panikähnlicher Symptome durchgestanden bzw. können nur in
Begleitung aufgesucht werden.
C. Die Angst oder das phobische Vermeidungsverhalten werden nicht durch eine
andere psychische Störung besser erklärt.
09.01.2017
8
Fallbeispiel
Als meine Ängste am schlimmsten waren, konnte ich mich nur noch in einem
Zimmer unserer Wohnung aufhalten. In diesem Zimmer waren alle Dinge, die
ich tagtäglich so brauchte. Ganz wichtig war, dass immer ein Telefon in
meiner Nähe war, damit ich jederzeit meinen Hausarzt anrufen konnte. Wenn
mein Mann tagsüber zur Arbeit ging, kam immer eine Frau zu uns ins Haus,
damit ich nicht alleine war. Sie konnte dann meinen Mann oder meinen Arzt
anrufen, falls ich mal wieder die Panik bekam. Das Zimmer verließ ich nur mit
ihr. Aus der Wohnung bin ich zu dieser Zeit überhaupt nur ganz selten raus.
Und auch das nur mit meinem Mann. Schon der Gedanke, das Haus zu
verlassen, versetzte mich in Panik. Kaufhäuser, Einkaufsstraßen, Restaurants
oder Auto- und Zug fahren machten mir wahnsinnige Angst. Sobald ich das
Haus verließ, bekam ich Panik. Ich hatte dann ständig Angst, ich könnte jeden
Moment umfallen und kein Arzt ist in der Nähe, der mir helfen könnte. Das
ging über mehrere Jahre so. Diese Zeit war schrecklich.
09.01.2017
9
Teufelskreis der Angst
Auslöser (z.B. Gedanken, körperliche Veränderungen)
Wahrnehmung
Körperliche
Symptome
LE I D E N
Körperliche
Veränderungen
Gedanken
(„Gefahr“)
„Angst“
Flucht, Vermeidung, Sicherheitssignale, Ablenkung….
09.01.2017
10
Bedeutung von Vermeidungsverhalten
Initiale klassische
Konditionierung
CS (konditionaler Stimulus-Licht)
UCS (unkonditionaler StimulusSchreckreiz)
UCR (unkond. Angstreaktion)
CR
(konditionierte Reaktion)
09.01.2017
Operante Konditionierung
Die UCR und CR sind unangenehm und
damit negative Konsequenzen (C-) des
CS und UCS  Vermeidung des CS wird
durch Ausbleiben der CR (=C-) belohnt!
Antizipation des CS
RVermeidung
C+ (Ausbleiben der CR-)
Je variabler und unregelmäßiger dies erfolgt,
umso stabiler wird das Vermeiden konditioniert!
11
Typisches Vermeidungsverhalten
Kaffee trinken
laute Musik hören
Alkoholhaltige Getränke trinken
sich kneifen
Medikamente nehmen
ein Gummiband um das Handgelenk
schnipsen lassen
Sport oder körperliche Anstrengung
kalte nasse Handtücher aufs Gesicht
legen
Wütend werden
Sexuelle Beziehungen
Horrorfilme oder traurige Filme anschauen
medizinische Dokumentationen/
Zeitschriften anschauen
einen Freund bitten, über
irgendetwas zu sprechen
beschäftigt bleiben
im Freien bei sehr heißen oder kalten
Temperaturen sein
den Fernseher beim zu Bett gehen
laufen lassen
weit weg von medizinischer Versorgung
sein
sich vorstellen, man wäre woanders
in Eile sein
Zählen oder Wortspiele spielen
Wasser, Handy ect. dabei haben
Begleitung
09.01.2017
12
Überblick zu Sicherheitsverhalten: Helbig-Lang & Petermann, 2010
Teufelskreis der Angst
Auslöser (z.B. Gedanken, körperliche Veränderungen)
Wahrnehmung
Körperliche
Symptome
LE I D E N
Körperliche
Veränderungen
Gedanken
(„Gefahr“)
Konfrontationstherapie
„Angst“
Flucht, Vermeidung, Sicherheitssignale, Ablenkung….
09.01.2017
13
Wirksamkeit der Exposition bei P&A
Treatment
Effect Size (d+)
Relaxation/Breathing (RB)
0.86
Exposure
1.53
Cognitive Therapy (CT)
EMDR
RB + Exposure
RB + CT
0.34
0.61
1.84
0.70
Exposure + CT
1.29
RB + Exposure + CT
Other techniques
0.83
-0.02
d+ and 95% CI
-2.50
Favors
Control
09.01.2017
-1.25
0.00
1.25
2.50
Favors
Treatment
14
Sanchez-Meca et al., 2009
Was ist Reizkonfrontation?
•
•
•
•
eine verhaltenstherapeutische Interventionsmethode
Patienten werden den aversiven Reizen ausgesetzt
„Übungen zur Aufhebung von Vermeidungsverhalten mit Abbau der negativen
kognitiv-emotionalen Reaktionen auf bestimmte Situationen, Objekte, Problemfelder
oder Personen“ (Hand, 2000)
Varianten der Reizkonfrontation
– graduiert vs. massiert
– in sensu vs. in vivo
Ebene
Ziele:
Verhalten
- genau die Situationen aufsuchen, in denen Probleme auftreten
- neue Verhaltensmuster aufbauen / statt Vermeidungsverhalten
- sich aktiv der Problemsituation stellen
Körperlich
- Habituation an die Problemsituation, z.B. Verminderung der
psychophysiologischen Angstreaktion
Emotional
- Rückgang der Emotion (Angst)
Kognitiv
- Veränderung in der Wahrnehmung und Bewertung der Situation und der
Handlungskompetenz
09.01.2017
15
Grundprinzipien des Vorgehens
•
direkte Konfrontation mit den symptomauslösenden Reizen
 so lange in problematischen Situationen verbleiben, bis Problemverhalten deutlich abgenommen hat
•
Langdauernde/ wiederholte Exposition
 durch mehrmalige Erfahrung: allmähliche Änderung der negativen
Gefühle und Aufgeben des Vermeidungsverhaltens
•
Reaktionsverhinderung
 jegliches Vermeidungsverhalten (auch kognitiv)
verhindern
09.01.2017
16
Vorgehen bei der Reizkonfrontation
1.
Diagnostische Phase
2.
Kognitive Vorbereitung
3.
Intensivphase der
Reizkonfrontation
4.
Selbstkontrolle/
Stabilisierungsphase
• Psychoedukation
• Erstellung eines
individuellen
Störunsgmodells
• Gemeinsame
Erstellung eines
Therapierationals
09.01.2017
17
Kognitive Vorbereitung
• Ziel von KV: willentliche und gut informierte Teilnahme an
Expositionsübungen
• Aufbau eines plausiblen Therapiemodells
– Anbieten einer Lösung für Angstproblem
– Höhere Selbstwirksamkeitserwartung für Bewältigung
– Höhere Wahrscheinlichkeit für Teilnahme an Exposition in vivo
09.01.2017
18
Fiegenbaum &Tuschen, 1999; Frank, 1971
Untersuchung von Wirkfaktoren zur
Therapieoptimierung
• Grund für Dropout vor Exposition in vivo u.a. geringe
Behandlungsplausibilität, Unsicherheit gegenüber der theoretischen
Grundlage (Expositionsrational)
• Ängstliche Erwartungen über die Exposition in vivo korrelieren negativ
mit Therapieerfolg
 Sicherstellen, dass Patienten Therapierational verstehen  höhere
Wahrscheinlichkeit für Exposition
09.01.2017
19
Hahlweg et al., 2001; Frank & Fiegenbaum, 2000
Emotionales Arousal in der Rationalableitung
•
Möglicher Einfluss von emotionalem Arousal auf Lernprozesse in
Rationalableitung  Mögliche Gefährdung des Therapieoutcomes
– Bei hohem emotionalen Arousal:
Aufmerksamkeit eingeengt
Dekodieren von Reizen
eingeschränkt
Arbeitsgedächtnis
beeinträchtigt
•
Emotionales Arousal = Erregung beim Auftreten von Emotionen
•
Hintergrund: Component Process Model von Scherer (1986)
09.01.2017
20
Easterbrook, 1959; Schimmack, 2005; Wolf, 2008
Component Process Model
• Assoziation zwischen Emotionen und kognitiven Prozessen
• Kontinuierliches Checken von externen und internen Stimuli auf mögliche
Gefährdung des individuellen Wohlbefindens
– Kontinuierlicher Bewertungsprozess unterteilt in anfängliches Arousal, spätere
Valenz
– Bewertung anhand verschiedener Dimensionen, u.a. Neuheit, Angenehmheit,
Zielrelevanz, Auswirkung, Ursache
– Ziel: adaptive emotionale Reaktion auf Stimulus
• Benötigt viele Informationsverarbeitungsressourcen, weniger Ressourcen
für andere kognitive Prozesse
09.01.2017
21
Scherer, 1986; Scherer, Schorr & Johnstone, 2001
Component Process Model
• Beruht auf Interkonnektivität verschiedener Komponenten von Emotion
und ihrer organismischen Subsysteme
09.01.2017
22
Übersicht aus: Schorr, Scherer & Johnstone, 2001
Component Process Model
04.01.2017
23
aus: Schorr, Scherer & Johnstone, 2001
Emotionales Arousal und Therapieoutcome
• Sehr hohe Angst (Selbstbericht, physiologische Maße) in Exposition
beeinträchtigt Reduktion der Paniksymptomatik
• Hohes emotionales Arousal (Stimmgrundfrequenz) während EPL
(Kommunikationstraining für Paare) assoziiert mit schlechterer
Wiedergabe von Kommunikationsregeln nach 11 Jahren
• Hohes emotionales Arousal (Stimmgrundfrequenz) assoziiert mit
schlechterem Outcome und höheren Scheidungsraten bei Paartherapie
•
Untersuchung des emotionalen Arousals über Stimmgrundfrequenz
(f0) geeignet im Therapiekontext
09.01.2017
Meuret et al., 2012; Baucom, Weusthoff, Atkins & Hahlweg,
242012;
Weusthoff, Baucom & Hahlweg, 2013
Was ist die Stimmgrundfrequenz überhaupt?
• Mündliche Sprache als natürlichste Form der Kommunikation
• Stimme ist individuell  Eigenschaften aus Stimme und Sprechweise
ableitbar (Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, regionale & soziale Herkunft,
gesundheitlicher & emotionaler Zustand)
• Wichtigster Informationslieferant über den
emotionalen Zustand des Gegenübers ist die Stimme
• Systematische Unterschiede in der Stimme bei
Männern und Frauen
09.01.2017
25
Coan & Allen, 2007
Entstehung der Stimme
• Hörbare Sprache besteht aus Schallwellen, die durch Atmung,
Lautbildung (Phonation) und Artikulation gebildet werden
• beteiligte Mechanismen:
– Atmung  Lungen, Luftröhre
– Phonation  Stimmlippenapparat
• Wichtig : Dicke, Länge, Masse, Spannung der Stimmlippen
– Artikulation  Zunge, Lippen, Zähne, Gaumen, Kiefer
09.01.2017
26
Abbildung der Stimme
• Sprachsignal besteht aus
quasi-periodischen und
nicht-periodischen Anteilen
• Quasi-periodische bilden
stimmhafte Laute ab
• Nicht-periodische bilden
nicht-stimmliche Laute ab,
Hintergrundrauschen oder
Stops
09.01.2017
27
Stimmgrundfrequenz
• Meiste Schallwellen sind komplex  Aufsplittung in einfache
sinusförmige Komponenten
• Stimmgrundfrequenz  Periodizität einer komplexen Wellenform
wird bestimmt von der sinusförmigen Komponente mit der
niedrigsten Frequenz (F0)
• Sinusförmige Wellenformen schwingen
in
einer gleichförmigen Art mit vollständigen
Zyklen/ Perioden
 Anzahl der Zyklen pro Sekunde =
Frequenz, gemessen in Hertz (Hz)
= 4 Wiederholungen/Sekunde = 4 Hz
09.01.2017
28
Was passiert mit f0 bei emotionaler Erregung?
• Siehe Component Process Model von Scherer (1986)
• Während Stimulusbewertung variieren die beteiligten Komponenten eines
emotionalen Zustands
• Bewertung des Stimulus hat direkten Effekt auf Somatisches
Nervensystem und auf Muskelspannung im Körper
– Beeinflusst Vibration der Stimmlippen und die Form des Vokaltrakts
• Zusätzlich aktiviert Autonomes Nervensystem Organe (z.B. gesteigerte
Herzrate, tiefere Atmung), die bei Stimmbildung beteiligte Muskelregionen
anregen
 Emotionales Arousal erhöht Schwingfrequenz
der Stimmlippen  gesteigtere f0
09.01.2017
29
Coan & Allen, 2007; Scherer, 1986; Scherer, Schorr & Johnstone, 2001
Erfassung emotionalen Arousals über f0
•
Erfassung emotionalen Arousals über Stimmgrundfrequenz (f0)
− valider Parameter stimmlich enkodierter emotionaler Erregung
− Hohe f0 bildet hohe emotionale Erregung ab  ermöglicht schnelle,
nonverbale Übermittlung von Informationen
− direkt im Interaktionsprozess beteiligt oder verfügbar
− vom Handelnden nicht oder nur schwer willentlich beeinflussbar
− auch auswertbar, wenn im ursprünglichen Versuchsaufbau nicht vorgesehen
09.01.2017
30
Giddens et al., 2013; Juslin & Scherer, 2005; Narayanan & Georgiou, 2013
Doch nun zurück zur Therapieforschung!
Zusammenfassung:
• Hohes emotionales Arousal in der kognitiven Vorbereitung
beeinträchtigt möglicherweise den Therapieerfolg bei der
Expositionstherapie von P&A
• Emotionales Arousal kann gut über die Stimmgrundfrequenz f0
abgebildet werden
• Ist f0 während Rationalableitung mit Therapieerfolg (Therapieabbruch,
Symptomreduktion zu Therapieende) assoziiert?
09.01.2017
31
MAC-Studie
PreScreening
Baseline
Entry
exam
Intermediate
6-months
follow-up
Post
Therapy Sessions
Informed
consent
Diagnostic
assessme
nt
In-and
exclusion
criteria
Group T+
R
A
N
D
O
M
I
Z
A
T
I
O
N
Group T-
WL controls
BAT-Panic Box
PAS/MI/CGI/HAMA
Blood screening genetics
Booster Sessions
BAT-Panic Box
PAS/MI/CGI/HAMA
BAT-Panic Box
PAS/MI/CGI/HAMA
fMRI 1
Week 0
09.01.2017
BAT-Panic Box
PAS/MI/CGI/HAMA
fMRI 2
Week 2
Week 5
Week 10
Week 36
32
Mechanisms of Action for CBT; Gloster et al., 2009
Studiendesign
T+
Sessions 1-3
Psychoedukation, Verhaltensanalyse
T-
Sessions 4-5
Interozeptive Exposition, Expositionsrational
Sessions 6-8
Therapeutenbegleitete Exposition: Bus,
Kaufhaus, Wald
Sessions 6-8
Instruktion/Motivation zur Exposition:
Bus, Kaufhaus, Wald
Session 9:
Erwartungsangst
Sessions 10-11
Therapeutenbegleitete Exposition: zwei
individuelle Expositionen
Sessions 10-11
Instruktion/Motivation zur Exposition:
zwei individuelle Expositionen
Sessions 12, Booster 1&2:
Zusammenfassung, Rückfallprophylaxe
09.01.2017
33
Manual: Lang et al., 2011
Untersuchung Subsample
• Post-hoc-Analyse der Mechanisms of Action for CBT-Studie
(multizentrisches RCT)
– Patienten mit Panikstörung und Agoraphobie nach DSM-IV
– Subsample: n = 33 Completer, n = 31 Dropouts (nach Gedankenexperiment,
Sitzung 5)
– Matching anhand Alter, Geschlecht, MI und HAM-A
• Symptomreduktion: Differenz Symptomstärke vor und nach Therapie
– Einschätzung über: CGI, HAM-A
09.01.2017
34
Male (n = 13)
Methodik
Female (n = 51)
M/n (SD/%)
Range
M/n (SD/%)
Range
Z
p
40 (8.8)
25 - 58
36 (10.6)
21 - 56
1.0
.300
Sociodemographics
Age
Employment
Job training/ university student
5 (38.5)
19 (37.3)
Employed
8 (61.5)
28 (54.9)
Unemployed
0 (0.0)
4 (7.8)
Married
4 (30.8)
15 (29.4)
Divorced/widowed/separated
2 (15.4)
6 (11.8)
Never married
7 (53.8)
30 (58.8)
Completer
4 (30.8)
29 (56.9)
Dropouts
9 (69.2)
22 (43.1)
.866c
Marital status
.909c
Outcome group
.124c
Primary outcomes
HAM-Aa
22.1 (7.1)
11.0 - 38.0
24.4 (6.5)
5.0 - 38.0
-1.4
.175
CGIb
5.2 (0.7)
4.0 - 6.0
5.2 (0.8)
3.0 - 7.0
0.1
.907
09.01.2017
35
Rationalableitung
• Standardisierte Methode zur Rationalableitung
MAC Studie: Gedankenexperiment
in
1. Angsthierarchie aufstellen inkl. Angst fördernder Bedingungen
2. Schlimmst mögliche Situation gedanklich vorstellen ohne Sicherheitsanker
(z.B. gedankliches Ablenken, Mitführen von Wasser oder Tabletten)
3. Aufzeichnen der Gedanken, Körpersymptome und Gefühle über Zeitverlauf
4. Wiederholung Gedankenexperiment
Ziel: Einsicht in Habituations- bzw. Extinktionsprozesse bei Exposition
09.01.2017
36
Methodik
• Stimmgrundfrequenz f0: mean, range
– über Phonetiksoftware Praat aus Therapievideos ermittelt (standardisierter 10Minuten-Abschnitt)
– Männer und Frauen getrennt ausgewertet
09.01.2017
37
Ergebnisse
• Frauen signifikant höhere f0 mean (Z = -5.0, p < .001) und f0 range (Z = 2.6, p = .010)
• F0 nicht mit Wahrscheinlichkeit Therapieabbruch nach
Gedankenexperiment assoziiert
Male (n = 13)
Female (n = 51)
Dropouts
(n = 9)
Completer
(n = 4)
Dropouts Completer
(n = 22)
(n = 29)
f0 mean
M (SD)
135.2
(23.0)
M (SD)
150.5
(25.9)
f0 range
27.6 (9.6) 26.6 (9.4)
09.01.2017
OR
CI 95%
0.88 0.71 - 1.10
M (SD)
198.3
(24.5)
M (SD)
192.2
(19.2)
OR
CI 95%
0.90 0.72 - 1.13
36.2 (8.2) 34.5 (10.3) 1.02 0.95 - 1.08
1.02 0.99 - 1.05
38
Ergebnisse
•
F0 mean mit Symptomreduktion zu Therapieende assoziiert  je
höher f0, desto geringer Symptomreduktion
•
Weibliche Stichprobe
Female completer (n = 29)
β
p
SE
CI 95%
r2
f0 mean
0.37*
.001
0.01
0.01 - 0.05
0.52
f0 range
-0.09
.577
0.03
-0.07 - 0.04
0.40
f0 mean
0.24
.220
0.02
-0.01 - 0.05
0.09
f0 range
0.13
.578
0.04
-0.05 - 0.09
0.05
Δ HAM-Aa
Δ CGIb
Note. a Hamilton Anxiety Scale; b Clinical Global Impression scale; * p<.013 (p-value results from Bonferroni-Holm procedure)
09.01.2017
39
Diskussion
• Gefährdung Therapieerfolg durch:
– Limitierte Informationsverarbeitung
– Missverständnis Instruktion im Gedankenexperiment
Fokussierung auf Kognition (“Wie denken Sie verläuft die Angst”?)

– Frustration im Gedankenexperiment & Reaktanz zur
Informationsaufnahme
• Keine Assoziation f0 und Dropout
− für Dropout auch andere Gründe als zuviel Angst sich dem zu stellen (z.B.
organisatorische Probleme, zu geringer Leidensdruck)
− Therapierational weniger Motivationsstrategie als vielmehr
Handlungsanleitung
09.01.2017
40
Diskussion
• F0 Indikator für verschiedene Emotionen, Valenz der Emotionen
unklar  weitere Untersuchung des emotionalen Zustands in
Rationalableitung nötig
• Monitoring des emotionalen Arousals in Rationalableitung
• Befunde nur auf Therapiebaustein Rationalableitung anwendbar 
Emotionales Arousal muss nicht per se schlecht für Outcome der
Expositionstherapie sein
09.01.2017
41
Limitationen
• Keine f0 Baseline Messung
• Kleine Stichprobengröße, eingeschränkte statistische Validität
• Multizentrische Therapiestudie  unterschiedliche technische
Gegebenheiten
09.01.2017
42
Wiederholungsfragen
Was sind Grundprinzipien der Reizkonfrontation?
Welche Mechanismen sind an der Entstehung der Stimme beteiligt?
Was ist die Stimmgrundfrequenz?
Warum ist die Erfassung emotionalen Arousals über die
Stimmgrundfrequenz im Therapiekontext geeignet?
• Was sind Gründe dafür, dass keine Assoziation zwischen f0 in der
Rationalableitung und dem Dropout im Expositionszeitraum besteht?
•
•
•
•
Vertiefende Lehrbuchkapitel
• Kapitel B.22 - Reizkonfrontationsmethoden
• Kapitel C.38 – Panik und Agoraphobie
09.01.2017
43
Herunterladen