4. Structured Query Language (SQL) Rückblick § Konzeptuelles Modell (ERM) können wir nun in (wenige) Relationen übersetzen § Relationale Algebra gibt uns eine Sprache an die Hand, mit der wir Anfragen auf Relationen formulieren können § Jetzt: Structured Query Language (SQL) als der Industriestandard zur Schemadefinition, Datenmanipulation und Anfrageformulierung Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 2 SQL vs. Relationales Modell & Relationenalgebra § Relationales Modell und relationale Algebra bilden das theoretische Fundament von SQL § Wichtige Unterschiede: § Relationales Modell sieht Relationen als Mengen von Tupeln, und es gibt somit keine Duplikate; per SQL definierte Tabellen in RDBMS können jedoch Duplikate enthalten § Relationale Algebra gibt (implizit) einen Auswertungsplan für die Anfrage vor; SQL ist rein deklarativ, d.h. das RDBMS darf selbst entscheiden wie die Anfrage ausgewertet wird Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 3 Structured Query Language (SQL) § Structured Query Language (SQL) § geht zurück auf den in IBM Almaden (San Jose) entwickelten Prototypen System R § ursprünglich: Structured English Query Language (SEQUEL) § auf Englisch wird SQL noch immer sequel gesprochen Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 4 SQL als Standard § SQL standardisiert durch American National Standards Institute (ANSI) und International Organization for Standardization (ISO) § SQL-86 / SQL-89 § SQL-92 (z.B. Datentypen für Daten, Mengenoperationen) § SQL-99 (z.B. rekursive Anfragen) § SQL-2003 (z.B. Unterstützung von XML) § SQL-2008 / SQL-2011 § Oracle, IBM DB2 und Microsoft SQL Server unterstützen SQL-92 weitgehend und bieten darüber hinaus proprietäre Funktionalität (z.B. XML-Unterstützung) Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 5 SQL Sprachbestandteile § Data Definition Language (DDL) zur Schemadefinition (z.B. Anlegen von Tabellen) § Data Query Language (DQL) zum Anfragen (z.B. Auswahl bestimmer Zeilen) § Data Manipulation Language (DML) zur Datenmanipulation (z.B. Einfügen von Daten in Tabellen) § Data Control Language (DCL) zur Rechteverwaltung (z.B. Sperren des Zugriffs auf Tabelle) § Transaction Control Language (TCL) zur Transaktionsverwaltung (z.B. rückgängig machen) Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 6 4.1 Schemadefinition und -veränderung § Data Definition Language (DQL) stellt Befehle zur Schemadefinition und –veränderung bereit, z.B. § Anlegen, Ändern und Löschen von Tabellen § Anlegen, Ändern und Löschen von Sichten (Kapitel 10) § Wie können wir zu Relationen unseres Schema, z.B. Ó Ô Studenten : [ MatrNr : integer, Vorname : string, Name : string, Semester : integer ] Ó Ô Professoren : [ PersNr : integer, Vorname : string, Name : string, Fach : string ] entsprechende Tabelle anlegen? Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 7 Datentypen § SQL kennt eine Vielzahl von Datentypen, u.a. § int, smallint, bigint für ganze Zahlen § float für Gleitkommazahlen § char(n) für Zeichenketten mit fixer Länge n § varchar(n) für Zeichenkette der maximalen Länge n § date, time, datetime für Datums- und Zeitangaben § money für Währungsangaben § blob / clob für große Binär- bzw. Textdaten § … § Verfügbarkeit und Benennung der Datentypen unterscheidet sich (leider) zwischen RDBMSs Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 8 Datentypen in SQLite und MS SQL Server § MS SQL Server und SQLite als die für unsere Vorlesung relevanten RDBMSs kennen u.a. folgende Datentypen § int / smallint / integer für ganze Zahlen § float / real für Gleitkommazahlen § char / varchar(n) / text für Zeichenketten § varbinary(n) / blob für sehr große Binärdaten (bis 2 GB) § datetime / smalldatetime für Datumsangaben § money für Währungsangaben Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 9 NULL-Werte § Weiterer Unterschied zum relationalen Modell: RDBMSs unterstützen NULL-Werte für alle Datentypen § NULL-Wert zeigt an, dass der Wert des Attributs nicht bekannt ist oder dass das Attribut nicht anwendbar ist § NULL-Werte können bei der Schemadefinition (d.h. dem Anlegen von Tabellen) erlaubt oder untersagt werden § Beispiel: Lieferdatum (nicht bekannt) und Bemerkung (nicht anwendbar) von Bestellungen dürfen NULL sein Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 10 Anlegen von Tabellen § Tabellen lassen sich mittels CREATE TABLE anlegen 1 2 3 4 5 CREATE TABLE < Name der Tabelle > ( < Name von Attribut 1 > datentyp ( NOT ) NULL , < Name von Attribut 2 > datentyp ( NOT ) NULL , ... ) § Beispiel: Tabelle Professoren 1 2 3 4 5 6 CREATE TABLE Professoren ( PersNr int NOT NULL , Vorname varchar (30) NOT NULL , Name varchar (30) NOT NULL , Fach varchar (60) NULL ) Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 11 Anlegen von Tabellen § NULL-Werte können erlaubt oder untersagt werden § NOT NULL lässt keine NULL-Werte zu § NULL (oder keine Angabe) lässt NULL-Werte zu § Diese Angaben sind Integritätsbedingen, d.h. das RDBMS stellt sicher, dass sie eingehalten werden Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 12 Primärschlüssel § Bisher kein Schlüssel definiert, d.h. die Tabelle Professoren könnte mehrere identische Tupel enthalten § Primärschlüssel (mehr dazu in Kapitel 5) ist die Menge von Attributen, die als Schlüssel für Tabelle gewählt wurde § Primärschlüssel wird mittels PRIMARY KEY angegeben und kann ein oder mehrere Attribute umfassen Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 13 Primärschlüssel § Beispiel: Tabelle Professoren 1 2 3 4 5 6 7 CREATE TABLE Professoren ( PersNr int , Vorname varchar (30) , Name varchar (30) , Fach varchar (60) , PRIMARY KEY ( PersNr ) ) § Erinnerung: Primärschlüssel stellen eine Integritätsbedingung dar (mehr dazu in Kapitel 6), um deren Einhaltung sich das RDBMS nun kümmert, d.h. wir können nicht mehrere Tupel mit identischer PersNr in die Tabelle einfügen Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 14 Fremdschlüssel § Fremdschlüssel sind Gruppen von Attributen, die dem Primärschlüssel einer anderen Tabelle entsprechen und damit auf ein Tupel in der anderen Tabelle verweisen § Beispiel: Relation Vorlesung, nach Eliminierung des 1:nBeziehungstyps lesen, enthält Attribut PersNr, welches auf einen Professor verweist 1 2 3 4 5 6 7 CREATE TABLE Vorlesungen ( VorlNr int NOT NULL , Bezeichnung varchar (60) NOT NULL , SWS varchar (30) NOT NULL , PersNr int NULL , PRIMARY KEY ( VorlNr ) ) Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 15 Fremdschlüssel § Fremdschlüssel werden mittels FOREIGN KEY ... REFERENCES angegeben und können jeweils mehrere Attribute enthalten § Eine Tabelle kann höchstens einen Primärschlüssel, aber mehrere Fremdschlüssel besitzen 1 2 3 4 5 6 7 8 CREATE TABLE Vorlesungen ( VorlNr int NOT NULL , Bezeichnung varchar (60) NOT NULL , SWS varchar (30) NOT NULL , PersNr int NULL , FOREIGN KEY ( PersNr ) REFERENCES Professoren ( PersNr ) , PRIMARY KEY ( VorlNr ) ) Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 16 Referentielle Integrität § Fremdschlüssel stellen eine Integritätsbedingung dar § RDBMS stellt referentielle Integrität der Daten sicher, d.h. wenn die Attribute A1 ,…, An als Fremdschlüssel auf eine andere Tabelle T markiert sind, dann § müssen alle Ai den Wert NULL haben (sofern erlaubt), oder § es muss ein entsprechendes Tupel mit den Werten der Attribute Ai als Primärschlüssel in der Tabelle T existieren § Mehr zur referentiellen Integrität in Kapitel 6 Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 17 Ändern von Tabellen § Tabellen (d.h. ihr Schema, nicht ihr Inhalt) lassen sich mittels ALTER TABLE verändern § Hinzufügen eines Attributs 1 2 ALTER TABLE < Name der Tabelle > ADD COLUMN < Name des Attributs > datentyp § Ändern eines Attributs 1 2 ALTER TABLE < Name der Tabelle > ALTER COLUMN < Name des Attributs > datentyp Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 18 Löschen von Tabellen § Tabellen lassen sich mittels DROP TABLE löschen 1 DROP TABLE < Name der Tabelle > § Beispiel: Tabelle Professoren 1 DROP TABLE Professoren Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 19 SQL-Syntaxdiagramme § Dokumentation zu RDBMS veranschaulicht die Syntax eines SQL Kommandos evtl. mittels Syntaxdiagramm Quelle: https://www.sqlite.org Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 20 SQL-Grammatiken § Grammatiken sind eine alternative, zu Syntaxdiagrammen äquivalente, Darstellung der Syntax von SQL Kommandos CREATE [TEMPORARY] TABLE [IF NOT EXISTS] tbl_name (create_definition,...) [partition_options] create_definition: col_name column_definition | [CONSTRAINT [symbol]] PRIMARY KEY [index_type] (index_col_name,...) [index_option] ... | [CONSTRAINT [symbol]] FOREIGN KEY [index_name] (index_col_name,...) reference_definition | CHECK (expr) column_definition: data_type [NOT NULL | NULL] [DEFAULT default_value] [AUTO_INCREMENT] [UNIQUE [KEY] | [PRIMARY] KEY] [COMMENT 'string'] [COLUMN_FORMAT {FIXED|DYNAMIC|DEFAULT}] [STORAGE {DISK|MEMORY|DEFAULT}] [reference_definition] Quelle: http://docs.oracle.com Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 21 Data Dictionary § RDBMSs verwenden meist selbst eine Datenbank, das sogenannte Data Dictionary, um Schemainformationen (z.B. welche Tabellen es gibt) zu verwalten § Namen der Tabellen, in denen das Data Dictionary selbst angelegt ist, sind (leider) systemabhängig § RDBMSs bieten teilweise eigene Kommandos, um auf das Data Dictionary zuzugreifen Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 22 Data Dictionary § Zugriff auf Data Dictionary in SQLite: § .tables zeigt verfügbare Tabellen an § .schema zeigt Schema einer Tabelle an § Zugrif auf Data Dictionary in MS SQL Server: § sp_tables enthält verfügbare Tabellen § sp_columns <T> enthält Schema der Tabelle T Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 23 4.2 Anfragen auf einer Tabelle § Anfragen lassen sich mittels des SELECT Kommandos formulieren; dieses hat folgende Form 1 2 3 4 SELECT FROM WHERE ORDER BY < Attribute > < Tabellen > < Bedingungen > < Attribute > § Beispiel: Vorname und Name von Professoren in Informatik 1 2 3 SELECT Vorname , Name FROM Professoren WHERE Fach = ’ Informatik ’ dies entspricht folgendem Ausdruck der Relationenalgebra fi [ Vorname, Name ] ( ‡ [ Fach = “Informatik” ] ( Professoren ) ) Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 24 Duplikateneliminierung § Anfrageergebnisse können, im Gegensatz zu Ergebnisrelationen der Relationanalgebra, Duplikate enthalten Professoren PersNr Vorname Name Fach 101101 231011 300128 478122 600321 Donald Albert Alfred Donald Carl Knuth Einstein Nobel Kossmann Gauss Informatik Physik Chemie Informatik Mathematik Vorname 1 2 SELECT Vorname FROM Professoren Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) Donald Albert Alfred Donald Carl 25 Duplikateneliminierung § Duplikate im Anfrageergebnis können durch Angabe von DISTINCT unterdrückt werden Professoren PersNr Vorname Name Fach 101101 231011 300128 478122 600321 Donald Albert Alfred Donald Carl Knuth Einstein Nobel Kossmann Gauss Informatik Physik Chemie Informatik Mathematik Vorname 1 2 SELECT DISTINCT Vorname FROM Professoren Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) Donald Albert Alfred Carl 26 Sortierung § Anfrageergebnisse können, im Gegensatz zu Ergebnisrelationen der Relationanalgebra, eine Ordnung haben § Sortierung des Anfrageergebnis nach ein oder mehreren Attributen durch Angabe durch ORDER BY § Natürliche Ordnung der Attribute wird gemäß ihres Datentyps verwendet, d.h. numerische Attribute (z.B. int und float) werden nach numerischem Wert, textuelle Attribute (z.B. char und varchar) lexikografisch sortiert Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 27 Sortierung § Angabe von ASC bzw. DESC bestimmt, ob nach einem Attribut aufsteigend oder absteigend sortiert wird § ASC ist hier Vorgabewert (default) und kann entfallen § Beispiel: Vorname, Name und Fach von Professoren, aufsteigend sortiert nach Nachname und Vorname 1 2 3 4 SELECT FROM WHERE ORDER BY Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) Vorname , Name , Fach Professoren Fach = ’ Mathematik ’ Name , Vorname 28 Sortierung § Beispiel: Vorname und Name von Studenten, absteigend sortiert nach ihrer Anzahl von Semestern 1 2 3 SELECT Vorname , Name FROM Studenten ORDER BY Semester DESC Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 29 Formatierung und Namenskonventionen § Ähnlich zu Programmiersprachen, gibt es auch für SQL verschiedene Konvetionen zur Bennenung von Bezeichnern und Formatierung von Kommandos § Schlüsselwörter (CREATE vs. create) § Attributnamen (Bestell_Nr vs. BestellNr) § Tabellennamen (Kunden vs. Kunde) § Formatierung von Kommandos (Klammern und Umbrüche) § Letztlich Geschmacksache, Konsistenz innerhalb eines Projekts ist jedoch wichtig Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 30 Anfrageübung Versandhandel Ó Ô Bestellungen : [ BestellNr : integer, Bestelldatum : string, . . . , KundenNr : integer, ] Ó Ô Kunden : [ KundenNr : integer, Vorname : string, Name : string, . . . ] Ó Ô Artikel : [ ArtikelNr : integer, Beschreibung : string, . . . , ME : string ] Ó Ô Mengeneinheiten : [ ME : string, Beschreibung : string, . . . ] Ó Ô Bestellpositionen : [ BestellNr : integer, ArtikelNr : integer , Anzahl : integer ] § Kunden aus Mannheim sortiert nach Name und Vorname § Bestellungen des Kunden mit der KundenNr 66111019 sortiert nach ihrem Bestelldatum § Vornamen von Kunden (ohne Duplikate) Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 31 Anfrageübung Versandhandel § Kunden aus Mannheim sortiert nach Name und Vorname SELECT * FROM Kunden WHERE Wohnort = ’ Mannheim ’ ORDER BY Name , Vorname 1 2 3 4 § Bestellungen des Kunden mit der Kunden_Nr 66111019 sortiert nach ihrem Bestelldatum 1 2 3 4 SELECT FROM WHERE ORDER BY * Bestellungen Kunden_Nr = 66111019 Bestelldatum § Vornamen von Kunden (ohne Duplikate) 1 2 SELECT DISTINCT Vorname FROM Kunden Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 32 Zusammenfassung § Structured Query Language (SQL) als standardisierte Anfragesprache für relationale Datenbanken § Data Definition Language zur Schemadefinition (z.B. CREATE TABLE zum Anlegen von Tabellen) § Data Query Language zum Formulieren von Anfragen (SELECT ... FROM ... WHERE ... ORDER BY ...) Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 33 Literatur [1] A. Kemper und A. Eickler: Datenbanksysteme – Eine Einführung, De Gruyter Oldenbourg, 2013 (Kapitel 4) [2] G. Saake, K.-U. Sattler und A. Heuer: Datenbanken - Konzepte und Sprachen, mitp Professional, 2013 (Kapitel 7) Datenbanken / Kapitel 4: Structured Query Language (SQL) 34