Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Tumoren vor und nach Nierentransplantation – Wartezeit, Vor- und Nachsorge A. Baldauf-Twelker Klinik und Poliklinik für Urologie Universitätsklinikum Jena Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Hintergrund Inzidenz von Tumorerkrankungen steigt deutlich nach einer Transplantation ■ Tumorerkrankungen sind nach kardiovaskulären Erkrankungen zweithäufigste Ursache für Morbidität und Mortalität nach Nierentransplantation ■ Genese meist multifaktoriell (Langzeit-Immunsuppression, Virusassoziiert…) ■ Klinik und Poliklinik für Urologie Jena 1. Tumorerkrankungen vor Nierentransplantation Screening und Wartezeit nach Empfehlungen aktueller Leitlinien European Best Practice Guidelines for Renal Transplantation European Association of Urology, Guidelines on renal Transplantation Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Untersuchungen vor Aufnahme in die Warteliste zur Nierentransplantation Zunehmendes Alter der Patienten auf der Warteliste -> höheres Tumorrisiko „Candidates for kidney transplantation, particularly > 50 years old, should be screened for the presence of a preexisting cancer …“ (EAU Guidelines on Renal Transplantation 2010; ERA-EDTA European Best Practice Guidelines for Transplantation 2000 ) Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Tumorinzidenz bei Dialysepatienten Tumor Risikofaktor Verhältnis beobachteter/erwarteter Fälle (standardized incidence ratio) Nierenzellkarzinom Erworbene Nierenzysten 3,6-24 Urothelkarzinom Blase/Ureter Balkannephropathie, Analgetikaabusus, Cyclophosphamid 1,5-16 Cervix HPV 1,8-2,1 Prostata Leber 1,8-2,1 Hep B/C 1,4-4,5 Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Analgetikanephropathie Erhöhtes Risiko für Urothelkarzinom des oberen Harntraktes ■ Lokalisation: 40 % Nierenbecken, 10% Ureter, 50% Blase ■ (normalerweise 90% Blase, je 5% NB und Ureter) ■ Invasive Abklärung vor Nierentransplantation mit Urethrozystoskopie, Urinzytologie und retrograder KM-Darstellung des oberen Harntraktes, ggf. Endoskopie ■ seit Phenacetinverbot 1986 zunehmend seltener Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Untersuchungen vor Aufnahme in die Warteliste zur Nierentransplantation ausführliche Anamnese und körperl. Untersuchung einschl. dermatologische Untersuchung ■ Stuhluntersuchung auf okkultes Blut, Koloskopie > 50a ■ Röntgenthorax ■ Abdomensonographie ■ : ■ ■ gynäkologische Untersuchung mit Kolposkopie und Zytologie Mammographie bei Frauen > 40 Jahre oder mit positiver Familienanamnese für Mamma-Ca : > 50 Jahre ■ digital-rektale Untersuchung der Prostata, PSA Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Tumorerkrankung vor Nierentransplantation ■ Aktive Tumorerkrankung = absolute Kontraindikation für NTx ■ mit kurativer Intention therapierte Tumorerkrankung: Wartezeit vor Nierentransplantation abhängig von • Tumortyp (unterschiedliches Rezidivrisiko) • TNM-Stadium und • Grading des Tumors Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Rezidivrisiko nach Transplantation Niedriges Rezidivrisiko (0-10%) ■ Inzidentelles Nierenzellkarzinom, Lymphom, Schilddrüsenkarzinom, Keimzelltumor des Hodens, Cis der Zervix Mittleres Rezidivrisiko (11-25%) ■ Uteruskarzinom, Wilmstumor, Kolon, Prostata, Mamma Hohes Rezidivrisiko (>26%) ■ Urothelkarzinom der Blase, Sarkome, Melanom, Nicht-Melanom, Myelom, symptomat. Nierenzellkarzinom (ERA-EDTA European Best Practice Guidelines for Transplantation 2000 ) Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Empfehlungen zur Wartezeit nach Tumorerkrankung vor Transplantation a) < 2 Jahre Basaliom, in situ-Karzinome (z. B. der Zervix), inzidentelles Nierenzellkarzinom b) 2 Jahre: die meisten Karzinome, Karzinome außer a) und c) c) >2 Jahre malignes Melanom, Mamma-Ca, Kolorektales Ca, invasives Uterus-Ca, Myelom, Sarkom; symptomat. Nierenzellkarzinom, invasives Urothelkarzinom der Blase Aber: häufig individuelle Entscheidung (European Best Practice Guidelines for Transplantation 2000 , European Association of Urology Guidelines on renal Transplantation 2012) Klinik und Poliklinik für Urologie Jena 2. Tumorerkrankungen nach Nierentransplantation Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Tumorerkrankung nach Nierentransplantation mögliche Ursachen ■ Vorangegangene, mit kurativer Intention behandelte Tumorerkrankung- Rezidiv nach NTx ■ Latente Tumorerkrankung bereits vor NTx mit Progress ■ De novo- Tumorerkrankung nach NTx ■ Vom Spender übertragene, nicht bekannte Tumorerkrankung Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Risikofaktoren einer Tumorentstehung nach Transplantation Immunsuppression ( Dauer, hohe Spiegel, Antikörperinduktionstherapie) ■ Nikotinabusus ■ Sonnenlichtexposition ■ Onkogene Viren (EBV; HPV 16, 18; hum. Herpes-Virus 8) ■ Alter, männl. Geschlecht ■ genet. Prädisposition ……… ■ Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Tumorerkrankungen nach Nierentransplantation effektive Immunosuppression -> längeres Transplantatüberleben aber -> erhöhtes Tumorrisiko Besonderheit der Tumoren unter Immunsuppression: ■ schnelle Progression, ■ schlechte Prognose ■ schlechtes Ansprechen auf Therapien Navarro et al. ; Transplant Proc. 2008 Nov;40(9):2936-40 Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Tumorerkrankungen nach Nierentransplantation Kumulatives Risiko, mindestens einen Tumor zu entwickeln (außer nicht-melanom. Hautkrebs) kann 20% nach 10 Jahren und 30% nach 20 Jahren erreichen Malignancy after Transplantation. Buell, Joseph; Gross, Thomas; Woodle, E Transplantation. 80(2S) Supplement:S254-S264, October 15, 2005. Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Tumorerkrankungen nach Nierentransplantation ■ transplantierte Patienten haben ein durchschnittlich mind. 4fach erhöhtes Risiko einer Tumorentwicklung im Vgl. zur Gesamtpopulation ■ Risikoerhöhung nach Tumorlokalisation (außer Haut) Vulva 45.6 Vagina 36.0 Männl. Genitale 17.8 Zervix 6.6 Oesophagus 4.7 Leber 4.8 Blase 5.1 Schilddrüse 4.5 ■ Risiko sonst häufiger Tumorerkrankungen nur moderat erhöht: Mamma-Ca 1.3 Kolonkarzinom 1.9 (analysis of data from over 13,000 renal transplants performed in Australia and New Zealand between 1980 and 2003) Buell; Transplantation Vol. 80(2S) Suppl. 15 October 2005, pp S254-S264 Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Tumorerkrankungen nach Nierentransplantation Häufigste Tumorerkrankungen nach Organtransplantation: 1. 2. 3. Haut (ca. 65-250x häufiger als Normalbevölkerung), 40-60% aller Tumoren nach Tx) PTLD (posttransplant lymphoproliferative disorders) Solide Tumoren Navarro et al. ; Transplant Proc. 2008 Nov;40(9):2936-40 Klinik und Poliklinik für Urologie Jena 1. Hauttumoren nach Nierentransplantation Inzidenz nach Transplantation: 5% nach 5 Jahren, 16% nach 10 Jahren Einschätzung der erhöhten Inzidenz verschiedener maligner Hauttumore bei Organtransplantierten im Vergleich zur Normalbevölkerung Hauttumore Kaposi-Sarkom Plattenepithelkarzinom Haut Plattenepithelkarzinom Lippe Maligne Basaliome Melanome Erhöhung der Inzidenz 84-fach 65-fach bis 250-fach 20-fach 10-fach 3,4-fach Klinik und Poliklinik für Urologie Jena 1. Hauttumoren nach Nierentransplantation Empfehlungen ■ Aufklärung der Patienten: • hohes Hauttumorrisiko, besonders Hellhäutige, in Regionen mit hoher Sonneneinstrahlung, anamnestisch hoher Sonnenlicht-Exposition, Z. n. Hauttumorerkrankung, Compliance wichtig Minimierung der Sonnenexposition ■ Anwendung von UV-Lichtschutzfaktoren, Kleidung! ■ monatliche Selbstuntersuchung Haut/Lippen ■ mind. jährliche Untersuchung durch Dermatologen, bei Hochrisikopatienten 6- monatlich ■ Klinik und Poliklinik für Urologie Jena 2. Posttransplantations-Lymphoproliferative Erkrankung , PTLD häufig bereits im ersten Jahr nach Transplantation ■ bei bis zu 10% der Transplantierten ■ assoziiert mit latenter Epstein-Barr-Virusinfektion ■ hohes Risiko bei Kindern <10a und Erwachsenen >60a ■ Opelz, American Journal of Transplantation, Volume 4, Issue 2, Pages 222-230 Klinik und Poliklinik für Urologie Jena 3. Solide Tumoren nach Nierentransplantation – Ist ein Screening sinnvoll? ■ keine generellen Empfehlungen zum Tumorscreening individualisierter Nachsorgeplan unter Berücksichtigung folgender Aspekte: ■ • • • • • • • Eigenanamnese renale Grunderkrankung Z. n. Tumorerkrankung ? Familienanamnese Nikotinabusus Komorbordität etc. Alter Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Solide Tumoren nach NierentransplantationEmpfehlungen zur Nachsorge des Empfängers ■ Zervixkarzinom • gynäkologische Kontrolle einmal jährlich inklusive PAPAbstrich bei allen Frauen > 18 Jahre und sexuell aktiven Frauen < 18 Jahre ■ Mammakarzinom • Frauen 50 bis 69 Jahre: Mammografie einmal alle 1 bis 2 Jahre, > 69 Jahre jährliches Screening bei Lebenserwartung > 8 Jahre ■ Prostatakarzinom: • > 50 Jahre: digitale Palpation und PSA-Bestimmung einmal jährlich Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Solide Tumoren nach NierentransplantationEmpfehlungen zur Nachsorge des Empfängers ■ Kolorektales Karzinom: • > 50 Jahre: einmal jährlich Stuhltest auf okkultes Blut, Koloskopie alle fünf bis zehn Jahre, bei Hochrisikokonstellation (zum Beispiel positive Familienanamnese) häufiger ■ anogenitale Karzinome: • klinische Untersuchung mind. einmal jährlich ■ hepatozelluläres Karzinom: • bei Leberzirrhose und/oder chronischer Hepatitis B und/oder chronischer Hepatitis C Sonografie alle 6 bis 12 Monate, AFPBestimmung alle 6 bis 12 Monate Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Solide Tumoren nach NierentransplantationEmpfehlungen zur Nachsorge des Empfängers ■ Nierenzellkarzinom • Sonographie der Eigennieren/Transplantat jährlich ■ Urothelkarzinom: • Keine generellen Empfehlungen zum Screening • Individuell nach Risiko wie z. B. Analgetikanephropathie, langjähriger Nikotinabusus, Anamnese Urothelkarzinom etc. • Ggf. Urinzytologie, Zystoskopie ■ Lungentumore • jährlich Röntgenthorax Klinik und Poliklinik für Urologie Jena Vielen Dank