Folien der 13. Vorlesungswoche Determinantenformel für die inverse Matrix Definition. Für eine n × n-Matrix A heißt Aad = (αik ) mit αik = (−1)i+k |Aki| die zu A adjungierte Matrix . Satz. Für jede n × n-Matrix A gilt A · Aad = |A|.En = Aad · A. Folgerung. Für jede invertierbare Matrix A gilt 1 −1 A = .Aad. |A| 1 Beweis von Aad · A = |A|.En Wir berechnen den (i, l)-Eintrag bil des Produkts A · Aad . Fall i = l: Nach Definition von Aad erhalten wir n X bii = aik αki = k=1 n X (−1)i+k aik |Aik | = |A| k=1 unter Verwendung der Entwicklung von |A| nach der i-ten Zeile. Fall i 6= l: Analog ist für i 6= l bil = = n X k=1 n X aik αkl (−1)l+k aik |Alk | = |A0 | k=1 die Zeilenentwicklung derjenigen Matrix A0 nach der l-ten Zeile, die aus A durch Ersetzen der l-ten Zeile durch die i-te Zeile entsteht. Da A0 zwei gleiche Zeilen hat (die i-te und die l-te), ist |A0 | = 0 und die Behauptung bewiesen. 2 Eine nützliche Formel Satz. Für Matrizen in Blockdreiecksform (mit quadratischen Matrizen A, B, C) gilt A B 0 C = |A| · |C|. Beweis. Sei C eine m × m-Matrix. Wir fixieren Abbildung A B d : Mm (R) → R, X 7→ 0 X A und B und betrachten die − |A| · |X|. Es ist klar, dass die Abbildung d in den Zeilen von X linear ist und im Fall linear abhängiger Zeilen von X verschwindet. Ferner sehen wir durch Entwicklung nach den letzten m Zeilen ein, dass d(Em ) = |A| − |A| = 0 gilt. Eine Variante des Eindeutigkeitsbeweises für Determinanten zeigt, dass d = 0 gilt. 3 Die Leibnizsche Formel Satz. Sei A = (aik ) eine n × n-Matrix. Dann gilt |A| = X sgn(σ)a1σ(1) · a2σ(2) · · · anσ(n). σ∈Sn Die Summe wird gebildet über alle Permutationen von {1, 2, . . . , n}. Dabei bezeichnet sgn(σ) das Vorzeichen der Permutation σ, auch als Signatur von σ bezeichnet. Dieselbe wird wie folgt berechnet: Wir ermitteln die Anzahl a(σ) = |{(i, k)| i < k und σ(i) > σ(k)}| aller durch σ bewirkten Umstellungen und setzen sgn(σ) = (−1)a(σ) . Wir benötigen die Formel nicht weiter und verzichten auf den — andererseits nicht schweren — Beweis. 4 Historische Anmerkungen Der Determinantenbegriff wurde in etwa zeitgleich um 1683 von Leibniz und dem japanischen Mathematiker Seki entwickelt. An ihrer Ausgestaltung zur jetzigen Form waren noch viele Mathematiker beteiligt. Der Matrizenbegriff ist dagegen sehr viel älter. Schon 200 v.Chr. haben chinesische Mathematiker die Koeffizienten linearer Gleichungssysteme in Form von Rechtecktabellen notiert und elementare Transformationen zur Lösung verwendet. Eine ausgefeilte Matrizenrechnung (Addition, Multiplikation, Inversenbildung) gibt es andererseits erst seit Mitte des 19-ten Jahrhunderts. Hier ist besonders Cayley hervorzuheben. 5 Gottfried Wilhelm von Leibniz (1646–1716) Leibniz wirkte als Universalgelehrter in vielen Diziplinen. Neben Sir Isaac Newton (1643–1727) ist Leibniz der Begründer der Differential- und Integralrechnung. Leibniz begründete die europäische Determinantentheorie zwischen 1678 und 1713. 6 Takakazu Seki (1642–1708) Zeitgleich mit Leibniz hat Seki seine Theorie der Determinanten entwickelt, allerdings 1683 deutlich vor Leibniz veröffentlicht. 7 Arthur Cayley (1821–1895) Zu den bedeutendsten Leistungen Cayleys zählt die Entwicklung einer umfassenden Matrizentheorie. 8 Vorschau: Elementare Zahlentheorie Als nächstes werden wir Eigenschaften der natürlichen und der ganzen Zahlen vertieft studieren. Einige dieser Eigenschaften hatten wir im Zusammenhang mit der vollständigen Induktion schon angetroffen. Im Zentrum werden jetzt Faktorisierungseigenschaften (z.B. die Primfaktorzerlegung) der ganzen Zahlen, die Division mit Rest, der Euklidische Algorithmus und das Rechnen mit Kongruenzen stehen. Diese Verfahren sind grundlegend z.B. für die Verschlüsselung nach dem RSA-Verfahren. 9 Division mit Rest Satz. Seien n und d ganze Zahlen, d > 0. Dann besitzt n eine eindeutige Darstellung n = d · q + r mit q, r ∈ Z und 0 ≤ r < d. Beweis. Die Menge M aller natürlichen Zahlen der Form n−d·m mit m ∈ Z ist nicht leer (wähle m = −g für eine große natürliche Zahl g), hat also ein kleinstes Mitglied r = n − d · q, q ∈ Z. Nach Konstruktion ist 0 ≤ r. Sollte r ≥ d sein, so wäre 0 ≤ r − d = n − (q + 1) · d ein Mitglied von M , welches kleiner als r ist, Widerspruch. Dies zeigt die Existenz. Zur Eindeutigkeit: Ist d · q + r = d · q 0 + r0 mit 0 ≤ r ≤ r 0 < d, so ist r 0 − r = d · (q − q 0) ein ganzzahliges Vielfaches von d, welches im Bereich 0 ≤ r0 − r < d liegt. Es folgt r 0 − r = 0 und dann auch q = q 0. 10 Eine zentrale Eigenschaft: der Untergruppensatz Die Menge Z der ganzen Zahlen bildet bezüglich der Addition eine kommutative Gruppe; d.h. es gelten die früher angeführten Eigenschaften (A1)–(A4) der Addition. Unter einer Untergruppe von (Z, +) verstehen wir eine Teilmenge U mit den Eigenschaften (U1) 0 ∈ U , (U2) U + U ⊆ U und (U3) −U ⊆ U . Satz. Sei U eine Untergruppe von (Z, +). Dann gibt es eine eindeutig bestimmte natürliche Zahl d, so dass U = {k · d| k ∈ Z} die Menge aller ganzzahligen Vielfachen von d ist. (Wir schreiben abkürzend U = Z · d.) 11 Beweis des Untergruppensatzes Beweis. Existenz von d: Falls U = {0} setzen wir d = 0 und sind fertig. Falls U 6= {0} gibt es wegen −U ⊆ U positive Elemente in U ; sei d dann das kleinste strikt positive Mitglied von U . Wegen der Untergruppeneigenschaft ist Z · d ⊆ U . Wir zeigen jetzt, dass umgekehrt U ⊆ Z · d gilt: Wir schreiben dazu u ∈ U in der Form u = d · q + r mit 0 ≤ r < d. Es folgt, dass r = u − d · q in U gelegen ist und wegen 0 ≤ r < d dann Null ist. Es folgt u = d · q ∈ Z · q, womit auch U ⊆ Z · q bewiesen ist. Eindeutigkeit von d: Falls Z · d = Z · d0 mit ganzen Zahlen gilt, so folgt die Existenz von ganzen Zahlen a, b mit d0 und d = b · d0. Einsetzen und Kürzen liefert a · b = 1 und a = ±1 = b. Wegen der vorausgesetzten Positivität ist in Situation nur a = 1 = b möglich. Es folgt d = d0. d, d0 > 0 = a·d folglich unserer 12 Folgerung I des Untergruppensatzes Der Untergruppensatz “Jede Untergruppe besteht aus allen durch eine feste Zahl teilbaren Zahlen” sieht recht harmlos aus, hat aber eine Reihe von ganz und gar nicht offensichtlichen Folgerungen. Folgerung 1. Seien m1, m2, . . . , mn ganze Zahlen. Dann gibt es eine eindeutig bestimmte Zahl d ≥ 0, so dass die Menge ai mi a1, a2, . . . , an ∈ L := i=1 n X Z aller ganzzahligen Linearkombinationen von m1, m2, . . . , mn mit der Menge Z · d übereinstimmt. 13 Beweis von Folgerung I Beweis. Wir müssen nur zeigen, dass L eine Untergruppe der Gruppe (Z, +) ist. Zu (U1): Mit ai = 0 für i = 1, . . . , n erhalten wir 0 ∈ L. Pn Pn Zu (U2): Sind x = i=1 xi mi und y = i=1 yi mi Mitglieder aus L, Pn so ist x + y = i=1(xi + yi) mi ebenfalls in L gelegen. Zu (U3): Für x = Mitglied von L. Pn Pn x m in L ist auch −x = i=1 i i i=1 (−xi) mi 14 Folgerung II Wir verwenden die Bezeichnungen von Folgerung 1. Folgerung 2. Die Zahl d ≥ 0 aus Folgerung 1 ist durch folgende beiden Eigenschaften charakterisiert: (1) d teilt jede der Zahlen m1, m2, . . . , mn. (2) Jeder gemeinsame Teiler d0 von m1, m2, . . . , mn teilt d. Insbesondere ist m1, m2, . . . , mn. d eine ganzzahlige Linearkombination von Beweis. Zu (1): Jede der Zahlen mi ist in der Menge L der Linearkombinationen von m1 , m2 , . . . , mn gelegen und wird daher durch d geteilt. Zu (2): Ist d0 ein gemeinsamer Teiler von m1 , m2 , . . . , mn, so liegen alle m1 , m2 , . . . , mn und dann auch ihre Linearkombinationen in Z ·d0 . Insbesondere ist d in Z ·d0 gelegen, wird also durch d0 geteilt. 15 Der größte gemeinsame Teiler Wir verwenden erneut die Bezeichnungen von Folgerung 1. Definition. Die Zahl d ≥ 0 aus Folgerung 1 heißt größter gemeinsamer Teiler von m1, m2, . . . , mn. Bezeichnung: d = g.g.T.(m1, m2, . . . , mn). Es gelten damit: (1) d|mi für alle i = 1, . . . , n. (2) Falls d0|mi für alle i = 1, . . . , n, so folgt d0|d. (3) d hat die Form Pn i=1 ai mi mit ai ∈ Z. Bezeichnung. Wir schreiben a|b (a teilt b) für b ∈ Z · a. 16 Teilerfremdheit: Definition und Kennzeichnung Definition. Ganze Zahlen m1, m2, . . . , mn heißen wechselseitig teilerfremd, wenn ihr größter gemeinsamer Teiler g.g.T.(m1, m2, . . . , mn) gleich 1 ist. Eine Kennzeichnung der Teilerfremdheit liefert der folgende Satz. Satz. Die ganzen Zahlen m1, m2, . . . , mn sind genau dann teilerPn fremd, wenn sich 1 als ganzzahlige Linearkombination 1 = i=1 ai mi schreiben lässt. Beweis. Falls g.g.T.(m1 , m2 , . . . , mn) = 1, so ist 1 als ganzzahlige Linearkombination dieser Zahlen darstellbar. Pn Sei umgekehrt 1 = i=1 ai mi mit ganzen Zahlen ai . Jeder gemeinsame Teiler d ≥ 0 von m1 , m2 , . . . , mn teilt dann diese Linearkombination somit die Zahl 1, und es folgt d = 1. 17 Teilerfremdheit: Weitere Eigenschaften Folgerung 1. Sei d > 0 der größte gemeinsame Teiler von a1, a2, . . . , an. Dann sind die ganzen Zahlen ad1 , ad2 , . . . , adn wechselseitig teilerfremd. Beweis. Wir brauchen nur zu verwenden, dass sich d als ganzzahlige Linearkom- bination der ai schreiben lässt. Satz. Seien a, b, c ganze Zahlen. Falls a|b · c und a, b teilerfremd sind, so ist a ein Teiler von c. Beweis. Wegen g.g.T.(a, b) = 1 gibt es ganze Zahlen α, β mit 1 = α a + β b und daher c = α(a · c) + β(b · c). Die rechte Seite der letzten Gleichung wird durch a geteilt, es folgt a|c. 18 Teilerfremdheit: Folgerungen Folgerung 1. Seien a, b, c ganze Zahlen. Falls a zu b und zu c teilerfremd ist, so auch zu b · c. Beweis. Es sei d ≥ 0 ein gemeinsamer Teiler von a und b · c. Als Teiler von a ist d teilerfremd zu b und folglich (Satz) ein Teiler von c. Da auch a und c teilerfremd ist, folgt d = 1. Folgerung 2. Ist eine ganze Zahl a teilerfremd zu jedem einzelnen bi (i = 1, . . . , n), so ist a teilerfremd zum Produkt b1 b2 · bn. Beweis. Dies ergibt sich per Induktion aus Folgerung 1. 19 Der Euklidische Algorithmus Seien a, b ∈ Z. Der (erweiterte) euklidische Algorithmus ermittelt g.g.T.(a, b) und zugleich eine Darstellung d = α · a + β · b. Der Algorithmus beruht auf der Division mit Rest. Wir beschreiben ihn in einem Beispiel: a = 40, b = 14. Wir starten mit der linken Spalte, setzen dabei Division mit Rest solange fort, bis der Wert 0 erreicht ist. Der vorangehende Rest — hier gelb markiert — ist der gesuchte g.g.T.(40, 14). Danach übertragen wir in die rechte Spalte (die beiden Startzeilen sind offensichtlich) und erhalten schließlich die gewünschte Linearkombination: 40 14 40 = 2 · 14 + 12 12 14 = 1 · 12 + 2 2 12 = 6·2 + 0 = = = = 1 · 40 + 0 · 14 0 · 40 + 1 · 14 1 · 40 − 2 · 14 -1 · 40 + 3 · 14 20 Primzahlen Definition. Eine ganze Zahl p ≥ 2 heißt Primzahl, wenn sie außer 1 und p keinen weiteren positiven Teiler hat. Jede ganze Zahl n ≥ 2 hat einen Primteiler (eine Primzahl, die n teilt): Unter allen Teilern ≥ 2 von d wählen wir — Prinzip der kleinsten natürlichen Zahl — einen kleinsten p. Satz. Falls eine Primzahl p ein Produkt a1 · a2 · · · an ganzer Zahlen teilt, so teilt p mindestens einen der Faktoren. Beweis. Andernfalls ist p zu jedem ai teilerfremd und dann auch teilerfremd zu ihrem Produkt a1 · a2 · · · an. Widerspruch 21 Hauptsatz der Zahlentheorie Satz. Jede natürliche Zahl n ≥ 1 ist ein Produkt von Primzahlen, n = p1 · p2 · · · ps. Bis auf die Reihenfolge der Faktoren ist eine solche Darstellung eindeutig. Existenz: Für n = 1 verwenden wir die Konvention, dass ein Produkt aus Null Faktoren gleich 1 ist. Falls n > 1 besitzt n nach Vorbemerkung einen Primteiler p1 ; ferner können wir per Induktion annehmen, dass n/p1 ein Produkt von Primzahlen p2 · · · ps ist. Somit n = p1 · · · ps . Eindeutigkeit: Wir nehmen an, dass p1 p2 · · · ps = q1 q2 · · · qt für Primzahlen pi und qj gilt. Da ps das Produkt q1 q2 · · · qt teilt, muss ps einen der Faktoren teilen, nach Umnummerieren können wir annehmen, dass dies qt ist. Es folgt dann ps = qt und somit p1 · · · ps−1 = q1 · · · qt−1 . Durch Induktion nach s schließen wir, dass p1 , p2 , . . . , ps−1 und q1 , q2 , . . . , qt−1 bis auf die Reihenfolge übereinstimmen. 22 Der Satz des Euklid Satz. Es gibt unendlich viele Primzahlen. Beweis. Wir nehmen an, dass es nur endlich viele Primzahlen gibt, sagen wir p1, p2, . . . , pn. Die Zahl N = p1 · p2 · · · pn + 1 ist > 1, besitzt daher einen Primteiler. Nach unserer Annahme muss damit ein pi (i = 1, . . . , n) ein Teiler von N sein. Dann ist jedoch pi ein Teiler von N − p1 · p2 · · · pn = 1, Widerspruch Bemerkung. Noch heute hält Euklid’s Beweis einen Spitzenplatz unter den zugleich aussagekräftigen, eleganten, einfachen und argumentativ überraschenden Beweisen. 23 Euklid (-325 – -265) Euklid ist der prominenteste Mathematiker der Antike, vor allem durch seine Grundlegung der Geometrie, die Elemente. 24 Begriff der kommutativen Gruppe Eine Menge G versehen mit einer Verknüfung + : G × G → G, genannt Addition, heißt kommutative Gruppe∗, falls + die folgenden Eigenschaften erfüllt: (A1) Assoziativität: (x + y) + z = x + (y + z) (A2) Kommutativität: x + y = y + x (A3) Existenz der Null: Es gibt 0 ∈ R mit x + 0 = x für alle x ∈ R (A4) Existenz eines additiv Inversen: Zu jedem x ∈ R gibt es y ∈ R mit x + y = 0 . ∗ Auch die Bezeichnung abelsche Gruppe ist gebräuchlich nach dem norwegischen Mathematiker Niels Hendrik Abel (1802-1829). 25 Kommentar: kommutative Gruppe Wir haben schon gesehen, dass die ganzen, die rationalen, die reellen und die komplexen Zahlen jeweils bezüglich der Addition eine Gruppe bilden. Alle diese Gruppen sind unendlich. Wir werden ohne weiteren Kommentar die früher hergeleiteten Konsequenzen der Anforderungen A1–A4 verwenden: Eindeutigkeit von Nullelement und additiv Inversem, Bezeichnungen wie −x, Rechenregeln wie −(−x) = x usw.. Im jetzigen Kontext ist von besonderem Interesse die Gruppe (Z, +). Wir zeigen anschließend, wie sich aus Z bei Festlegung einer natürlichen Zahl m > 0 eine endliche Gruppe Zm mit genau m Elementen konstruieren lässt. 26 Kongruenzen modulo m Wir fixieren eine natürliche Zahl m > 0. Definition. Zwei ganze Zahlen x, y heißen kongruent modulo m, falls x − y durch m teilbar ist. Schreibweise: x ≡ y(m). Die Kongruenz modulo m genügt den folgenden Eigenschaften (K1) x ≡ x(m) (Reflexivität) (K2) x ≡ y(m) impliziert y ≡ x(m) (Symmetrie) (K3) x ≡ y(m) und y ≡ z(m) impliziert x ≡ z(m) (Transitivität) Generell nennen wir eine Relation mit den Eigenschaften (K1)–(K3) Äquivalenzrelation. 27 Restklassen modulo m Die Menge der zu einer festgehaltenen ganzen Zahl x modulo m kongruenten ganzen Zahlen bezeichnen wir [x]m. Es gilt also [x]m = {y ∈ Z| m teilt y − x} Wir nennen [x]m die Restklasse (oder auch Kongruenzklasse) von x modulo m. Mit Zm bezeichnen wir die Menge aller Restklassen modulo m . Beispiel. (a) Für m = 2 gibt es genau zwei Restklassen: die Menge [0]2 aller geraden und die Menge [1]2 aller ungeraden Zahlen. (b) Für m = 3 haben wir genau drei Restklassen: die Menge [0]3 der durch 3 teilbaren Zahlen, und die Mengen [1]3 bzw. [2]3 , bestehend aus allen ganzen Zahlen, die bei Division durch 3 den Rest 1 bzw. 2 lassen. 28 Anzahl der Restklassen modulo m Sei m > 0 eine natürliche Zahl. Satz. Die Restklassen [0]m, [1]m, . . . , [m − 1]m sind paarweise verschieden. Jede Restklasse modulo m ist eine von diesen. Insbesondere gilt |Zm| = m. Beweis. Zunächst ist klar, dass keine der Zahlen 0, 1, 2, . . . , m − 1 modulo m kongruent sind. Ihre Restklassen sind daher paarweise verschieden. Sei nun x eine ganze Zahl, dann ist x = m · q + r mit 0 ≤ r < m (Division mit Rest). Folglich sind x und r kongruent modulo m und [x]m = [r]m ist eine der m oben aufgeführten Restklassen. 29 Verträglichkeit der Kongruenz mit Addition und Multiplikation Zusätzlich zu den Eigenschaften (K1)–(K3) einer Äquivalenzrelation genügt die Kongruenz modulo m folgenden Eigenschaften: (K4) x ≡ x0 (m) und y ≡ y 0 (m) ⇒ x ± y ≡ x0 ± y 0 (m). (K5) x ≡ x0 (m) und y ≡ y 0 (m) ⇒ x · y ≡ x0 · y 0 (m). (K6) Ist d > 0 ein Teiler von m, x und y, so gilt x y x ≡ y (m) ⇔ ≡ d d m . d Beweis. (K4) und (K6) sind offensichtlich. Zum Nachweis von (K5) berücksichtigen wir die Identität x0 · y 0 − x · y = (x0 − x) · y + y · (y − y 0). 30 Die Addition von Restklassen Wie bisher fixieren wir eine natürlich Zahl m > 0. Wir definieren eine Addition von Restklassen modulo m durch (∗) [x]m + [y]m := [x + y]m. Diese Erklärung macht tatsächlich Sinn : Aus (K4) folgt nämlich, dass die rechte Seite von (∗) nur von den beiden Klassen [x]m und [y]m, nicht aber von der speziellen Wahl der Repräsentanten x und y abhängt. 31 Die kommutative Gruppe Zm Satz. Die Menge Zm der Restklassen modulo m bildet bezüglich der Addition [x]m + [y]m = [x + y]m eine kommutative Gruppe von m Elementen. Beweis. Wir haben schon gesehen, dass |Zm | = m gilt. Es bleiben daher die Eigenschaften (A1)–(A4) für die Addition von Restklassen nachzuweisen. Dieser Nachweis ist einfach: Zu (A1): ([x]m + [y]m ) + [z]m = [x + y]m + [z]m = [(x + y) + z]m = [x + (y + z)] = · · · = [x]m + ([y]m + [z]m ). Zu (A2): [x]m + [ym ] = [x + y]m = [y + x]m = [x]m + [y]m . Zu (A3): [x]m + [0]m = [x + 0]m = [x]m , entsprechend [0]m + [x]m = [x]m . Zu (A4): [x]m + [−x]m = [x + (−x)]m = [0]m , entsprechend [−x]m + [x]m = [0]. 32 Die Multiplikation von Restklassen Wie bisher fixieren wir eine natürlich Zahl m > 0. Wir definieren eine Multiplikation von Restklassen modulo m durch (∗∗) [x]m · [y]m := [x · y]m. Diese Erklärung macht tatsächlich Sinn : Aus (K5) folgt nämlich, dass die rechte Seite von (∗∗) nur von den beiden Klassen [x]m und [y]m, nicht aber von der speziellen Wahl der Repräsentanten x und y abhängt. 33 Erinnerung: Definition eines Ringes Definition. Unter einem Ring mit Einselement verstehen wir eine Menge R, versehen mit zwei Verknüpfungen +, · : R × R → R (genannt Addition und Multiplikation), so dass die Eigenschaften (A1)–(A4), (M1)–(M3) und das Distributivgesetz (D) gelten. Wegen der Kommutativität der Multiplikation sprechen wir manchmal genauer von einem kommutativen Ring. Bezüglich der üblichen Addition und Multiplikation bilden die ganzen, rationalen bzw. reellen Zahlen jeweils einen Ring Z, Q bzw. R. Für die beiden letztgenannten Beispiele wissen wir — wegen der zusätzlichen Gültigkeit von (M4) — dass es sich um Körper handelt. 34 Der Ring Zm Sei m > 0 eine natürliche Zahl. Satz. Die Menge Zm der Restklassen modulo m bildet bezüglich [x]m + [y]m = [x + y]m und [x]m · [y]m = [x · y]m einen m-elementigen Ring mit Einselement [1]m. Beweis. Von der Gültigkeit von (A1)–(A4) haben wir uns schon überzeugt. (M1)– (M3) weist man entsprechend nach. Z.B. gilt (M2) wegen [x]m · [y]m = [x · y]m = [y · x]m = [y]m · [x]m . Wegen [x]m · [1]m = [x · 1]m = [x]m ist ferner [1]m neutral bezüglich Multiplikation, daher (M3) erfüllt. (M1) und (D) weist man entsprechend nach. 35