Spezial: Ernährung

Werbung
Spezial: Ernährung
Juni 2009
Eine Extraportion Gesundheit?
Essen soll nicht nur satt, sondern gesund machen.
Nach diesem Grundsatz geben die Hersteller Vitamine,
Mineralstoffe und andere Zusätze in ihre Produkte. Der
Nutzen ist nur in wenigen Fällen nachgewiesen.
S
chon auf dem Frühstückstisch fängt
es an: Die Cornflakes sind mit Vitaminen samt Eisen und Calcium aufgepeppt. Dazu ein Glas Multivitaminsaft und für Zwischendurch ein Energieriegel, ebenfalls mit Vitaminen.
Bereits seit den 60er-Jahren
Bereits Mitte der 90er-Jahre kamen
probiotische Joghurts wie LC1 von
Nestlé und später Actimel von Danone in die deutschen Kühlregale. Doch
die angereicherten Joghurts waren
längst nicht die ersten sogenannten
funktionellen Lebensmittel hierzulande. Seit 1962 liegen die mit Vitaminen
angereicherten Nimm-zwei-Bonbons
in den Verkaufsregalen.
Inzwischen gibt es immer mehr Produkte, von denen die Hersteller behaupten, dass sie über den üblichen
Nähr- und Geschmackswert hinaus
gesundheitliche Vorteile bieten. Zugesetzte Ballaststoffe in Milchprodukten haben angeblich einen günstigen Einfluss auf die Darmflora.
Margarine mit Pflanzensterinen soll
den Cholesterinspiegel senken. Mineralstoffe und Vitamine machen
süße Cornflakes scheinbar gesünder.
Experten schätzen, dass bis zum Jahr
2010 jedes vierte Foodprodukt mit
Bio-Stoffen aller Art angereichert sein
wird. Verbraucherschützer schlagen
Alarm und fordern deutlichere Warnhinweise auf Lebensmitteln.
Kaum bekannte Risiken
Der Grund dafür ist eine repräsentative Befragung, die die deutschen
Verbraucherzentralen mit dem
Bundesinstitut für Risikobewertung
durchführten. Es ging um den Verzehr von Margarine, Käse, Joghurtdrinks und anderen Produkten, die
mit Pflanzensterinen angereichert
waren. Diese tragen zur Senkung des
Cholesterinspiegels bei. Das erschreckende Ergebnis der Studie: Fast die
Hälfte der Leute, die solche Lebensmittel kauften, wussten gar nicht, ob
ihr Cholesterinspiegel wirklich zu
hoch ist – und verzehrten damit ohne
Grund regelmäßig Lebensmittel, die
ihre Blutwerte beeinflussten.
Und auch viele Käufer mit nachgewiesenem hohen Cholesterinspiegel konsumierten die Produkte ohne Rücksprache mit ihrem Arzt, obwohl dies
auf den Packungen angeraten wird.
Denn die Kombination von entsprechenden Medikamenten mit solchen
Lebensmitteln kann des Guten zu viel
sein und unerwünschte gesundheitliche Wirkungen haben. „Die Produkte sollten nicht vorbeugend verzehrt werden, sondern nur, wenn der
Cholesterinspiegel tatsächlich erhöht
ist“, warnt auch der Präsident des
Bundesinstituts für Risikobewertung,
Prof. Dr. Andreas Hensel. Immerhin
gehören die enthaltenen Pflanzensterine zu den wenigen Zusätzen,
deren medizinische Wirkung auch im
Lebensmittel als nachgewiesen gilt.
Das lässt sich noch längst nicht von
jeder frohen Werbebotschaft behaupten. Ob die Semmel mit Omega-3-
Fettsäuren tatsächlich eine herzschützende Wirkung hat oder die zugesetzten Vitamine im Fruchtgummi oder
Bonbon wirklich zu einer gesunden
Ernährung beitragen – Skepsis ist
allemal angebracht. Die Hersteller
ziehen meist nur allgemeine Studien
heran, die dem umworbenen Stoff
einen Gesundheitswert zuschreiben.
Wird also ein mit Omega-3-Fettsäuren angereichertes Brot als „herzschützend“ herausgestellt, leitet sich
dies meist allein aus der allgemeinen
(zurzeit schon wieder umstrittenen)
Erkenntnis ab, dass die Fettsäuren
einen positiven Einfluss auf die Verhinderung von Arteriosklerose und
Herzinfarkt haben. Allerdings ergab
eine Auswertung von 89 Studien im
British Medical Journal, dass sie nicht
die Sterblichkeit und das Krankheitsrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs senken, sondern
teilweise sogar erhöhen.
Functional Food – Essen mit Zusatznutzen?
Säfte & Wellnessdrinks
Was? Vor allem Vitamin A, C und E,
teilweise auch Folsäure und andere BVitamine. Außerdem: Mineralstoffe,
Spurenelemente, sekundäre Pflanzenstoffe, Auszüge aus Pflanzen wie Acerolakirschen, Malve, Grüntee, Mate.
Ballaststoffe, Sauerstoff, vergorenes
Getreide, Koffein, Taurin.
Nutzen? Vitamine sind lebensnot-
wendig. Jedoch gibt es keine Mangelversorgung. Folsäurezusätze sind
unnötig, da das Vitamin in sauren
Flüssigkeiten zerstört wird. Zusätze
von Pflanzenauszügen sind meist zu
gering, um eine Wirkung zu zeigen.
Risiken? Betacarotin in isolierter
Form erhöht das Risiko von Rauchern für Lungenkrebs und schadet
Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen. Koffein und Taurin in Energydrinks machen Kinder hibbelig und
nervös. Aromatisierte Produkte und
süßstoffsüße Drinks verführen zum
übermäßigen Verzehr.
Fruchtgummi, Bonbons,
Kakaopulver, Riegel
Was? Sekundäre Pflanzenstoffe, Vita-
mine, Calcium, Magnesium, Traubenzucker, Carnitin, Echinaceaextrakt.
MUM
Nutzen? Sekundäre Pflanzenstoffe
können freie Radikale abfangen und
bieten somit Schutz vor Krebs. Vermutlich wirken sie aber nicht isoliert.
Vitamine sind lebensnotwendig, einen
Mangel gibt es nicht. Calcium und
Magnesium sind für Knochenaufbau
und Muskelfunktion wichtig, Defizite sind aber selten. Traubenzucker ist
nichts anderes als üblicher Zucker.
Die Wirkstoffmenge von Echinacea
in Bonbons ist viel zu gering. Carnitin
soll den Stoffwechsel anregen und die
Leistungsfähigkeit steigern.
Risiken? Wer eine Tüte Gummibären
verdrückt, kann schnell zu viele Vitamine naschen. Traubenzucker kann
den Blutzuckerspiegel sinken lassen,
Kinder werden hibbelig und unkonzentriert.
Halbfettmargarine,
Käse und Brot
Was? Pflanzensterine, Omega-3-Fett-
säuren wie DHA (Decosahexaensäure) und ALA (Alpha-Linolensäure),
Vitamine, probiotische Bakterien.
Nutzen? Für zugesetzte Pflanzen-
sterine, wie in der Becel-pro-aktivHalbfettmargarine, dem Schnittkäse
ColActif und dem Keimling aktiv
Brot ist eine Wirkung nachgewiesen.
Bei regelmäßigem Verzehr von täglich zwei Gramm wird ein erhöhter
Cholesterinspiegel um ca. zehn Prozent gesenkt. Ob Omega-3-Fettsäuren
eine herzschützende Wirkung haben,
wird derzeit kontrovers diskutiert.
DHA und ALA sind essenzielle Fettsäuren für die geistige Entwicklung.
Risiken? Phytosterine können die
Aufnahme von Carotinoiden (Vitamin A) um zehn bis 20 Prozent reduzieren. Es kann zu Wechselwirkungen
mit Medikamenten (Cholesterinsenkern) kommen.
Joghurt & Milch
Was? Probiotische Bakterien, pre-
biotische Substanzen wie Oligofructose und Inulin, Synbiotika (Mischungen aus Pro- und Prebiotika),
Pflanzensterine.
Nutzen? Probiotische Bakterien re-
gen die Verdauung an. Ob der Verzehr
probiotischer Joghurts diese Wirkung
erzielt, wurde nicht in größeren,
unabhängigen Studien untersucht.
Prebiotika sind Ballaststoffe, die das
Wachstum „guter“ Keime im Darm
fördern, die Wirkung prebiotischer
Joghurts ist aber nicht belegt. Pflanzensterine senken den Cholesterinspiegel. Das gilt aber nur für Joghurt-
drinks (Benecol, Becel pro aktiv),
Margarine und Milch (pro aktiv).
Risiken? Kinder und Schwangere
sowie Menschen, die cholesterinsenkende Medikamente nehmen, müssen
Rücksprache mit dem Arzt halten.
Salz
Was? Je nach Produkt Jod, Fluorid
und Folsäure.
Nutzen? Durch den Verzehr von fünf
Gramm jodiertem Salz am Tag werden etwa 100 Mikrogramm Jod zugeführt und damit etwa die Hälfte des
Bedarfs. Fluoridiertes Salz ist sinnvoll,
wenn das Trinkwasser fluoridarm ist
und keine fluoridhaltige Zahnpasta
verwendet oder fluorhaltiges Mineralwasser getrunken wird.
Risiken? Bestehen nur bei mehr als
2.000 Mikrogramm Jod pro Tag.
gibt es mit Ausnahme von Folsäure
keine Engpässe. Calcium ist für Knochenwachstum und -stabilität wichtig, wird aber am besten durch Milchprodukte bereitgestellt. Ballaststoffe
fördern die Verdauung, prebiotische
Zusätze das Wachstum günstiger
Darmkeime.
Welche Risiken? Eine zu hohe Ei-
senversorgung kann zur Schwächung
des Immunsystems führen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung rät
von Calciumzusätzen ab, da beim
gleichzeitigen Verzehr mehrerer Lieferanten eine Überversorgung droht.
Fertigkost
Was? Diverse Vitamine wie Folsäure,
Vitamin C und E, jodiertes Speisesalz,
Ballaststoffe, Zitronenverbene.
Nutzen? Vitamine können besser
um, Ballaststoffe, Prebiotika.
durch frische Lebensmittel zugeführt werden. Folsäure ist wichtig
für Schwangere. Ballaststoffe regen
die Verdauung an. Zitronenverbene
wirkt antientzündlich bei Gelenksbeschwerden.
Nutzen? Eisen stimuliert die Blut-
Risiken? Es besteht die Gefahr der
Frühstückscerealien
Was? Eisen, diverse Vitamine, Calci-
bildung. Bei Kindern fördert es die
geistige Entwicklung. Bei den in Cerealien eingesetzten (B-)Vitaminen
Überversorgung mit Vitaminen.
Quelle: Ratgeber Essen,
Trinken & Genießen 2008
Herunterladen