Benchmark-Untersuchungen zum Sol-Gel-Prozess mittels ab-initio MD-Simulationen Prof. Dr. Martin Kaupp, Martin Enke, Technische Universität Berlin, Institut für Chemie, Theoretische Chemie, Sekr. C 7, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin, Germany So wurden bereits auch eine Reihe quantenchemischer Untersuchungen zu den ersten Elementarschritten durchgeführt (siehe z.B. [2–4] und darin angegebene Literatur) u.a. auch durch erste ab initio MD Simulationen [4]. Dieser erste Schritt unterteilt sich in die anionische Kondensation eines deproKurzgefasst tonierten und eines neutralen Kieselsäuremoleküls, • Anwendung von Born-Oppenheimer MD in Kom- gefolgt von der Abspaltung eines Wassermoleküls: bination mit der Gaussian-augmented-planewave (GAPW) Methode • Verwendung von Dichtefunktionaltheorie und Dispersionskorrekturen für MD Simulationen Abbildung 1 Unsere ersten statischen Berechnungen (R. Mül• Wässriger Lösungsmitteleinfluß beim Sol-Geller, M. Kaupp, unpubliziert) ergaben eine wesentProzeß lich komplexere Konformationslandschaft, als dies in früheren Untersuchungen angenommen wurde. Im Rahmen des SFB 1109 werden verschiedene Me- Unabhängig wurde ähnliches auch in einer andetalloxide (Silizium, Aluminium und Eisen) in Kontakt ren Studie gefunden.[2] Wir fanden bei unseren mit Wasser untersucht. Hierbei ist sowohl der Aufbau Rechnungen, dass zusätzlich zum großen Einfluss (Aggregation) über Cluster in wässriger Umgebung des Lösungsmittelmodells die Energiehyperfläche als auch die Hydrolyse (Deaggregation) entschei- erheblich von den verwendeten Dichtefunktionalen dend. Letztere kann an Oberflächen bereits gebilde- abhängt. Insbesondere spielten Korrekturen für vanter fester Stoffe oder an kleineren, im Verlaufe des der-Waals-Wechselwirkungen eine wichtige Rolle, Aufbauprozesses gebildeten Clustern ablaufen. Auf- die bislang nicht berücksichtigt worden waren. Letzgabe des Projektes A03 des AK Kaupp im Rahmen teres gilt auch für die einzige bislang durchgeführte des SFB ist die quantenchemische Untersuchung ab initio MD Studie,[4] welche die sogenannte Carderartiger Prozesse an kleineren Clustern in Kon- Parrinello-Methode [5] mit dem BLYP-Funktional und takt mit Wasser, sei es in wässriger Lösung, in der Planewave-Basissätzen verwendet hatte. AusserGasphase oder bei alternativen Routen, die von den dem fanden wir, dass sogenannte Hybridfunktionasynthetischen Gruppen des SFB untersucht werden. le, die exakten Hartree-Fock-Austausch beimischen, Ein erster Schritt hierzu ist die Validierung realistischere Ergebnisse liefern als einfachere Funkvereinfachter Methoden, u.a. für die Modellie- tionale. rung des wässrigen Lösungsmittels. Hierzu wird Wir führen im vorliegenden Projekt verbesserte u.a. das D-COSMO-RS-Modell ("direct conductor- ab initio Born-Oppenheimer (BO) MD-Simulationen like-screening-model for real solvents")[6] verwen- durch, welche verbesserte Elektronenstrukturmedet, im Vergleich mit einfacheren Kontinuum- thoden verwenden sollen. Dabei wird das CP2KSolventmodellen wie COSMO.[7] D-COSMO-RS hat Programmpaket [11] und der GAPW-Ansatzes [10] hierbei den Vorteil, Wasserstoffbrückenbindungen verwendet. Zudem erlaubt CP2K die Berücksichtirealistischer zu simulieren, wie wir bereits in voran- gung von Dispersionskorrekturen mittels Grimme’s gegangen Untersuchungen bestätigen konnten.[8,9] DFT-D3-Korrekturtermen [12,13]. Damit wird eine Um die Vorhersagekraft derartiger einfacher Modelle realistischere Beschreibung der Dynamik der unterbesser abschätzen zu können, sollen realistische, suchten Prozesse ermöglicht, wenngleich der Renotgedrungen aufwändige ab initio Molekulardyna- chenaufwand aufgrund des angestrebten Hybridmik (MD) Simulationen als "benchmark"durchgeführt funktionals (voraussichtlich PBE0) erheblich größer werden. Hierbei steht zunächst der erste Elemen- ausfällt. Diese Hybridfunktionale haben sich in unsetarschritt des sogenannten Sol-Gel-Prozesses [1] ren statischen Berechnungen als überlegen erwieim Blickpunkt. Dieser Prozess ist von erheblicher sen. Daher soll dieses mittels BO-MD-Simulationen industrieller Bedeutung für die Synthese verschiede- überprüft werden. ner Silica-Materialien und wird auch bei der geologiDie statischen Berechnungen lieferten eine komschen Bildung derartiger Materialien angenommen. plexe Mischung lokaler Minima. Diese Struk- bec00140 [3] T. T. Trinh , A. P. J. Jansen , R. A. van Santuren waren die Startpunkte für erste freie BO-MD-Simulationen in diesen Regionen der ten, J. Phys. Chem. B., 110 (2006), 23099 doi: Potenzialenergie-Hyperfläche (PEH). Dabei konnten 10.1021/jp063670l erste grundlegende Erkenntnise für freie Simulationen mit dem PBE-Funktional [15] gewonnen werden. [4] T. T. Trinh , A. P. J. Jansen , R. A. van Santen, E. J. Meijer, J. Phys. Chem. C., 113 Folgend sollen nun zur Evaluation der D-COSMO(2009), 2647 doi:10.1021/jp076372c RS Ergebnisse auch Simulationen mit dem PBE0Hybridfunktional [14] durchgeführt und mit dem ein- [5] R. Car, M. Parrinello, Phys. Rev. Lett. , facheren PBE-Funktional verglichen werden. 55 (1985), 2471 doi:10.1103/PhysRevNachfolgend sollen "constrained dynamics" der Lett.55.2471 eigentlichen chemischen Elementarschritte vom Encounter-Komplex zum Intermediat sowie vom In- [6] A. Klamt, WIREs Comput Mol Sci, 1 (2011), 699 doi:10.1002/wcms.56 termediat zum Produkt durchgeführt werden. Die Wahl der jeweiligen Reaktionskoordinaten in den [7] A. Klamt, G. Schüürmann, J. Chem. "constrained MD" Läufen wird maßgeblich von Soc., Perkin Trans. 2, (1993), 799 doi: den Resultaten der oben genannten freien MD10.1039/P29930000799 Simulationen abhängen. Die Komplexizität des Energieprofils der stati- [8] K. Theilacker, H. B. Schlegel, M. Kaupp, P. Schwerdtfeger, Inorg. Chem., 54 (2015), 9869 schen Rechnungen ist in Abb. 2 angedeutet, wobei doi:10.1021/acs.inorgchem.5b01632 jeweils nur einige stationäre Punkte berücksichtigt wurden (es existieren noch zahlreiche weitere statio- [9] K. Theilacker,D. Buhrke, M. Kaupp, J. näre Punkte). Dieses Profil zeigt deutlich, wie stark Chem. Theor. Comput, 11 (2015), 111 doi: das Lösungsmittel (D-COSMO-RS, Wasser) die Sta10.1021/ct5008857 bilitäten verändert. Letztlich erhoffen wir uns von den BO-MD-Simulationen ein noch deutlich realistische- [10] G. Lippert, J. Hutter, M. Parrinello, Theor. Chem. Acc., 103 (1999), 124 doi: res Bild, welches dynamische Aspekte berücksichtigt 10.1007/s002140050523 und eine verlässliche Grundlage zur Einschätzung von Näherungsmethoden zu Lösungsmittel und Elek- [11] J. Hutter, M. Iannuzzi, F. Schiffmann and tronenstrukturmethode erlaubt. J. VandeVondele, WIREs Computational Molecular Science 4, 15 (2014), 111 doi: 10.1002/wcms.1159 [12] S. Grimme, J. Antony, S. Ehrlich and H. Krieg, J. Chem. Phys, 132 (2010), 154104 doi:10.1063/1.3382344 [13] S. Grimme, S. Ehrlich, L. Goerigk, J. Comput. Chem., 32 (2011), 1456 doi: 10.1002/jcc.21759 Abbildung 2: Energieprofil [14] J. P. Perdew, M. Ernzerhof, K. Burke, J. Chem. Phys., 105 (1996), 9982 doi: 10.1063/1.472933 WWW https://www.quantenchemie.tu-berlin.de/ menue/theoretische_chemie_quantenchemie/ [15] J. P. Perdew, K. Burke, M. Ernzerhof, Phys. Rev. Let., 77 (1996), 3865 doi:10.1103/PhysRevLett.77.3865 Förderung Weitere Informationen DFG SFB 1109 [1] T.W. Swaddle, Coord. Chem. Rev., 219 (2001), 665?686 doi:10.1016/S00108545(01)00362-9 [2] Hui Hu, Hua Hou, Zhen He, Baoshan Wang, Phys. Chem. Chem. Phys., 15 (2013), 15027 doi:10.1039/c3cp52117f bec00140