Astronomischer Arbeitskreis Pforzheim 1982 e.V. Astro-News Ausgabe 1/2006 Schnellster Neutronenstern Schwerpunkt: Der Mond Partielle Sonnenfinsternis am 29. März 2 EDITORIAL Inhaltsverzeichnis Editorial 2 Vorwort des Vorstands 3 Aus dem AAP AAP-Nachwuchs in Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . AAP bedankt sich bei Lothar Späth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . AAP-Beamer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 3 4 Wissenschaft und Forschung Weltrekord — Radioastronomen entdeckten schnellsten Neutronenstern Monstersturm wirbelt über den Saturn . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renaissance–Maler als Astrophysiker . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sirius B: Ende eines zwergenhaften Schattendaseins . . . . . . . . . . . Begleiteter Asteroid — Silvia reist mit zwei Leibwächtern . . . . . . . Riesenteleskop versetzt Forscher in Euphorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 5 6 6 8 8 Sternwarte Bieselsberg Öffentliche Führungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonnenfinsternis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 9 9 Das Astrorätsel Das neue Rätsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auflösung des letzten Rätsels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 10 10 Schwerpunktthema Mond Der Mond . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mondphasen im Kopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 11 13 Beobachtungsobjekte 14 Termine Veranstaltungen und Treffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Astronomische Vorschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 15 16 Splitter Sesselastronomie — Per Mausklick in den Mondkrater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 16 Impressum 16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Editorial Liebe Leser, das Titelbild steht ganz im Motto dieser Ausgabe. Wir starten eine kleine Artikelserie zu unserem Erdtrabanten und einige weitere Beiträge stehen dieses Mal ganz in seinem Zeichen. Vielleicht ist das ja mal wieder ein Ansporn, die faszinierenden Schat- tenspiele der Krater und Gebirge auf seiner Oberfläche zu beobachten, was schon mit einfachen Mitteln möglich ist. Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe Martin Tischhäuser AUS DEM AAP 3 Vorwort des Vorstands Liebe Vereinsmitglieder, nach einem lebhaften und veranstaltungsreichen Jahr 2005 mit vielen Impulsen auch von außen wird in diesem Jahr unser Verein selbst im Zentrum unserer Bemühungen liegen. Die beiden Schwerpunkte sind hier im weiteren Ausbau des Sternwartenbetriebs in Bieselsberg und Bereich Mitgliederwerbung zu sehen. Einige Ansätze und wichtige Grundlagen konnte hierfür unsere Mitgliederversammlung im Januar bereits legen. So konnte erfreulicherweise auch das seit Jahren schwelende Thema rund um die Schlüsselvergabe für die Sternwarte geregelt werden. Schlüsselberechtigt sind künftig die Führungsteams, die die Mittwochsund Sonntagsführungen gestalten sowie die Funktionsträger der Sternwarte Kai Niemzig (Leiter Führungsbetrieb) und Adolf Frank (Technik und Ausbau). Zudem können 3 Schlüssel befristet an Mitglieder ausgeliehen werden, die in die Sternwartentechnik eingewiesen wurden und eigene Beobachtungen anstellen möchten. Doch auf der Sternwarte ist noch viel zu tun. Im Moment hat die Fertigstellung der Kuppel oberste Priorität, danach folgt die Fertigstellung unseres Halbmeter-Spiegels und dessen Montierung. Auch in diesem Jahr erhalten alle Mitglieder drei Ausfertigungen unseres Jahresprogramms. Hiervon geben Sie bitte zwei an astronomieinteressierte in Ihrem Umfeld weiter und weisen Sie diese auf den AAP und dessen Leistungen hin. Die effektivste Möglichkeit neue Mitglieder zu werben, liegt in der persönlichen Ansprache und Empfehlung. Unterstützen Sie uns hierbei bitte aktiv. Wie Sie im Programmheft sehen können, haben wir auch dieses Jahr ein breites Angebot an Veranstaltungen zusammenstellen können. Nutzen Sie dieses intensiv, machen Sie dafür Werbung. Wir freuen uns auf jeden Besucher! Ihr Bernd Weisheit Aus dem AAP AAP-Nachwuchs in Amerika Was als zweijähriger Testaufenthalt begonnen hatte, ist für Dr. Fred Finkbeiner längst ein wesentlicher Lebensabschnitt geworden. In den vergangenen Jahren hat er dort nicht nur einen spannende berufliche Herausforderung gefunden. Inzwischen glücklich verheiratet, besteht mit der Geburt von Caitlin Hung-Wai Finkbeiner die US-Dependance des AAP aus nunmehr drei Mitgliedern! Der AAP Vorstand gratuliert Fred Finkbeiner und seiner Familie von ganzem Herzen und freut sich auf deren nächsten Besuch in Good Old Germany! (bw) Vielen alten Hasen des AAP ist er noch im Gedächnis: Gründungsmitglied Fred Finkbeiner, dem AAP noch immer als Mitglied verbunden, weilt nach seiner Promotion in der Physik seit rund 7 Jahren in den USA um dort für die NASA an Detektoren für kosmische Strahlungsempfänger zu forschen. AAP bedankt sich bei Lothar Späth Am 22. Januar hatte die Pforzheimer Kreis-CDU zum Frühjahrsempfang eingeladen, Gastredner war der bekannte frühere Ministerpräsident Prof. Dr. Lothar Späth, der einmal mehr mit einer humorvollen 4 WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG und treffsicheren Rede rund 350 Gäste begeistern Frau Frank hatte dazu eine tolle Präsentationsmappe konnte. zusammengestellt, die der AAP-Vorstand am Rande der Veranstaltung in einem kurzen Gespräch Herrn Späth übergeben konnte. Dieser zeigte sich sehr erfreut und so interessiert, dass er sogleich die ganze Mappe durchgeblättert hat und unser Projekt als so vorbildlich“ eingeschätzt hat, dass er es durchaus in ” eine seiner nächsten Reden einbauen möchte. (bw) AAP-Beamer Mit Lothar Späth verbindet den AAP dessen Unterstützung des Bieselsberg-Sternwartenprojekts. Damals noch Jenoptik-Chef, hatte sich der Politiker und Wirtschaftsboss Späth bereit erklärt, seinen Namen als Befürworter einzusetzen und zudem noch eine beachtliche private Spende hinzugelegt. Und so lag es nahe, dessen jüngsten Besuch in Pforzheim zu nutzen, um ihm nochmals zu danken und ihm zu berichten, dass dieses Projekt gut vorangekommen ist. Der AAP besitzt seit kurzem einen eigenen Beamer, der seine Feuertaufe auch schon beim letztem Vortrag bestanden hat. Diese Anschaffung wurde notwendig weil es zunehmend schwieriger wurde, für unsere Vorträge einen Beamer privat zu organisieren und auch das Ausleihen im Kulturhaus wäre recht schnell dem Neukauf gleich gekommen. Der Vorstand hat ausserdem beschlossen, dass es möglich ist, den Beamer auch ab und zu an Vereinsmitglieder auszuleihen, wenn er nicht für Vereinszwecke gebraucht wird. Die Kosten dafür betragen 20 epro Woche und die Rückgabe muss mindestens einen Tag vor einem Vortrag stattfinden — ansonsten gilt Rübe ab“ (Zitat Vorstand). Abgeholt wer” den kann er bei Adolf Frank gegen Unterschrift. (mt) Wissenschaft und Forschung Weltrekord — Radioastronomen ent- ”Weißer Zwerg“ zu enden. Ohne den nötigen Kernbrennstoff, den sie für die Umwandlung von Wasdeckten schnellsten Neutronenstern Das Universum steckt immer wieder voller Überraschungen. Astronomen lokalisierten den schnellsten Millisecond–Pulsar. Während norma” le“ Pulsare sich nur einige Male in der Sekunde um ihre eigene Achse drehen, rotieren Millisecond– Pulsare binnen weniger Millisekunden einmal. Die Erde benötigt für die Eigenrotation (einen Tag) bekanntlich 24 Stunden. Der neu entdeckte Pulsar wirbelt dagegen 716 Mal innerhalb einer Sekunde um sich herum. Der Tod ist ein in der Evolution verankertes universelles Gesetz, der Exitus auch von Sternen unausweichlich. Sind deren Energievorräte aufgebraucht, entscheidet ihre Masse über die jeweilige stellare Todesart. Unsere relativ massearme Sonne etwa wird sich erst in ferner Zukunft (4 bis 5 Milliarden Jahren) zu einem Roten Riesen“ aufblähen, um dann als ” serstoff in Helium benötigt, kann sie den drohenden Gravitationskollaps nicht länger in Schach halten. Die Schwerkraft gewinnt die Oberhand. Aus dem einstigen Licht- und Wärmespender wird eine sich langsam abkühlende Sternenleiche von einigen tausend Kilometern Durchmesser, in der die Atomkerne dicht an dicht gedrängt werden. Sterne mit einer noch größeren Masse verdichten sich dagegen nach einer gewaltigen Supernovaexplosion praktisch zu einem einzigen riesigen Atomkern: einem Neutronenstern. Rotiert und emittiert ein solcher viel Strahlung, sprechen Astronomen von einem Pulsar. Derlei Objekte leuchten von der Erde aus gesehen wie ein kosmisches Leuchtfeuer, emittieren ihre starke Röntgen- und Radiostrahlung in regelmäßigen Intervallen. Dabei vereinen sie Masse und Energie nicht nur auf engstem Raum, sondern WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG warten in der Regel mit einem Drehimpuls auf, der im wahrsten Sinne des Wortes schwindelerregend“ ” ist. Wie ein amerikanisch–kanadisches Radioastronomenteam auf der 207. Tagung der American Astronomical Society in Washington, D.C. berichtete und in der Online–Ausgabe der Fachzeitschrift Science (12. Januar 2006) nunmehr zu Lesen ist, entdeckten sie im letzten Jahr einen extrem schnell rotierenden Neutronenstern. In punkto Eigenbewegung ist er der schnellste seiner Zunft. Sage und schreibe 716 Mal pro Sekunde dreht sich das Gebilde einmal um sich selbst, was am Äquator des zirka 16 Kilometer im Durchmesser grossen Neutronensterns umgerechnet 12 Prozent der Lichtgeschwindigkeit entspricht. Ter5ad bzw. PSR J1748-2446ad, so die kryptischen Namen für den neuen Millisecond–Pulsar, bricht damit einen knapp 24 Jahre alten universellen Weltrekord“. Der ” alte Rekordhalter B1937+21 war zugleich der erste aufgespürte Millisecond–Pulsar überhaupt drehte sich immerhin 624 Mal pro Sekunde um die eigene Achse. Alle danach detektierten Pulsare dieser Klasse erreichten diesen Wert bei weitem nicht. Als das Team um Jason W. T. Hessels von der McGill–University in Montréal (Kanada) die 100m Durchmesser großen Parabolantenne in Green Bank (US–Bundesstaat West Virginia) auf eine Region in der Nähe des Milchstraßenzentrums richteten und den dort ansässigen Kugelsternhaufen Terzan 5 observierten, gab sich PSR J1748-2446ad im Röntgenund Radiobereich in aller Deutlichkeit zu erkennen. 5 beschleunigt die zuströmende Materie die Umdrehung auf den gemessenen Wert von 716 Umdrehungen pro Sekunde. Der Sternhaufen Terzan 5 ist zirka 28.000 Lichtjahre von der Erde entfernt und 10 Milliarden Jahre alt. 33 bislang aufgespürte Millisecond–Pulsare treiben in dem Sternhaufen. Nirgendwo sonst haben Astronomen bis dato eine solche Vielzahl von schnell rotierenden Neutronensternen ausgemacht. (ms) Monstersturm wirbelt über den Saturn Auf dem Saturn tobt derzeit ein ungeheurer Sturm. Das Monstrum setzt Blitze frei, die mehr als tausend Mal so stark sind wie gewöhnliche Blitze auf der Erde. Wissenschaftler sprechen vom stärksten Gewitter, das je ein Mensch beobachtet hat. Seit die Raumsonde Cassini im Juli 2004 am Saturn angekommen ist, haben Forscher kein solches Unwetter auf dem Gasplaneten gesehen. Die Blit” ze kommen sogar in noch kürzeren Abständen als es die Voyager–Sonde 1980 beobachtet hat, und sie sind mindestens genauso stark, wenn nicht stärker“, sagte Don Gurnett von der University of Iowa. Der US–Forscher ist verantwortlich für das Ra” dio and Plasma Wave Science“–Instrument (RPWS) an Bord von Cassini, das Radio- und Plasmawellen auf dem Weg zum Saturn und in seiner Umlaufbahn misst und vergleicht. Das Instrument erlaubt es auch, vom Saturn empfangene Radiowellen in Töne umzuwandeln - was gespenstische Klänge ergibt. Ter5ad ist einem Binärsystem eingebettet. Sein Sturm über Saturn Begleiter, dessen Ende selbst bald naht, bringt es zwar nur auf 0,14 Sonnenmassen, liefert dafür aber Da die amerikanisch–europäische Raumsonde immerhin den Materienachschub in Form von aus- zunächst nicht in der richtigen Position war, um den strömenden Gas, den der Pulsar im Zuge seiner ge- Sturm zu fotografieren, baten die Experten Amateur– waltigen Gravitation förmlich an sich reißt. Dabei Astronomen um Hilfe. Die bestätigten, dass auf dem 6 WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG südlichen Teil des Planeten ein Sturm tobt — und was für einer. Auf Bildern, die Cassini später schoss, ist ein Sturmsystem zu erkennen, das entfernt an eine Spiralgalaxie erinnert. Von Norden nach Süden misst das Monstrum nach Angaben der NASA rund 3500 Kilometer. Das Foto ist entstanden, als sich der Sturm auf der Nachtseite des Saturns befand. Die Ringe des Planeten haben ihn in ein gespenstisches Licht getaucht. Das Phänomen wird von Forschern auch Ringshine“ genannt: Sonnenlicht, das auf der Tag” seite des Saturns auf die Ringe fällt, wird auf die Nachtseite geleitet. Seit seiner Entdeckung am 23. Januar hat der Sturm 25 aufeinander folgende Blitzschlag– Episoden gezeigt. Wie die Blitze entstehen, ist nicht bekannt. Die Forscher vermuten, dass die Ursache mit dem warmen Inneren des Planeten zu tun haben könnte. (ms) Renaissance–Maler als Astrophysiker Elsheimers Bild, das erste Renaissance–Gemälde mit einer naturnahen Darstellung des Nachthimmels, steht im Zentrum einer sehenswerten Ausstellung der Alten Pinakothek München (bis zum 26. Februar). Sie wurde gemeinsam von Kunsthistorikern und Naturwissenschaftlern konzipiert. Gerhard Hartl, Astronomie–Experte des Deutschen Museums, hat das nur 31 mal 41 Zentimeter große Kunstwerk analysiert und dabei eruiert, wann Meister Elsheimer seine Präzisionsbeobachtung des Himmels gemacht haben dürfte. Aus dem Neigungswinkel der Milchstraße und aus dem untergehenden Vollmond ließe sich der 17. Juni 1609 rekonstruieren, sagt er. Die stärksten Indizien für die Annahme, dass Elsheimer schon vor Galilei durch ein Teleskop blickte, seien die über 1200 gemalten Sterne mehr als das bloße Auge sieht mit realistischen Sterndichten und -intensitäten sowie die fein miniaturisierte Darstellung der Milchstraße. Am verblüffendsten sei die Präzision der Mondzeichnung mit mindestens drei Kraterstrukturen, von der Seite beleuchtet, sagt Hartl. Ähnlich habe sie Monate später auch Galilei, allerdings als Halbmondsituation, gezeigt. Zur Jahresmitte 1609 waren bereits in mehreren europäischen Städten Teleskope erhältlich gewesen, etwa in Paris, Frankfurt oder Rom, wo sich Elsheimer damals aufhielt. Das erste Fernrohr hatte der Holländer Hans Lippershey bereits 1608 gebaut. Die einfache Konstruktion des aufsehenerregenden Geräts war leicht nachzuahmen, mit zwei Linsen und einem Rohr. So baute auch Galileo sein Fernrohr selbst und begann im Herbst 1609 die Himmelsbeobachtung. Da hatte Elsheimer die himmlische Pracht schon gemalt. (ms) Mit verblüffender Detailgenauigkeit hat Adam Elsheimer im Jahr 1609 den nächtlichen Himmel gemalt. Gelang ihm dies nur, weil er bereits einige Monate vor Galileo Galilei den Himmel mit einem Fernrohr beobachtete? Der italienische Sternenforscher war im März 1610 berühmt geworden, als seine Schrift Sidereus nuntius erschien. Mit einem selbst gebauten Teleskop hatte Galilei unter anderem im Schleier der Milchstraße mehr als tausend Einzelsterne entdeckt und Krater auf dem Mond. Doch just solche Details hat Adam Elsheimer in seinem Meisterwerk Flucht der heiligen Familie nach Ägypten“ ” bereits ein halbes Jahr zuvor festgehalten. Nun rätselt die Zunft, wie dies zuging. Sirius B: Ende eines zwergenhaften Schattendaseins Flucht der heiligen Familie nach Ägypten Wissenschaftler berichten in der aktuellen Ausgabe der englischen Fachpublikation Monthly Notices of the Royal Astronomical Society von der erstmaligen genauen Messung eines Weißen Zwergs. Bei dem Kandidaten namens Sirius B handelt es sich um den erdnächsten und hellsten seiner Klasse. Während Sirius A als hellster Fixstern des Nordsternhimmels funkelt und 10.000-mal heller strahlt als sein kleinerer Bruder, fristet der Zwergstern in dem Binärsystem ein im wahrsten Sinne des Wortes astrales Schattendasein. Überstrahlt von Sirius WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG A, entzog er sich bislang einer astronomischen Beobachtung. Doch dank Hubble ist jetzt Licht in das Dunkle von Sirius B gekommen. Unser Heimatgestirn, unsere Sonne, die uns seit jeher mit Licht und Wärme beglückt, hadert wie alle mittelgroßen stellaren Gebilde in diesem Universum mit einem märchenhaften“ Schicksal. Ist ihr nuklea” res Feuer einmal aufgebraucht, bläht sie sich zu einem Roten Riesen auf, um dann als Weißer Zwerg zu enden. Sirius A: 10.000-mal heller als sein Partner Sirius B Bei solch einem Vorgang stößt der Stern seine Außenhülle einfach ab, die sich später zu einem Planetarischen Nebel formt. Was von dem einstigen Licht- und Wärmespender zurück bleibt, ist eine sich langsam abkühlende Sternenleiche von einigen tausend Kilometern Durchmesser, in der die Atomkerne dicht an dicht gedrängt werden. Sirius B, einst ein mittelgroßer aktiver Stern, ist ein solch kompaktes Überbleibsel. Als klassischer Weißer Zwerg vegetiert das von der Erde zirka 8,6 Lichtjahre entfernte ausgebrannte stellare Relikt vor sich hin. Nicht allein, sondern in trauter Zweisamkeit. Schließlich kann sich Sirius B damit brüsten, just mit jenem Stern in einem Doppelsternsystem eine Koexistenz eingegangen zu sein, der sich als hellstes Gestirn am Nordsternhimmel einen Namen gemacht hat: Sirius A. Versehen mit der zweifachen Größe der Sonne und einem Durchmesser von 2,4 Millionen Kilometern, überstrahlt Sirius A in dem Binärsystem, in dem auch Planeten vermutet werden, den Zwergstern, dessen ausgesandtes Licht 10.000-mal schwächer ist. Dennoch ist Sirius B der bislang bekannteste hellste Weiße Zwerg. Dass der im Sternbild Canis Major (Großer Hund) eingebettete Hauptstern Sirius A einen dunkleren Begleiter hat, wies der US-Astronom Alvan 7 Graham Clark (1832-1897) bereits im Jahr 1862 nach, bevor 1915 Wissenschaftler vom Mount Wilson Observatorium Sirius B offiziell als den ersten bekannten Weißen Zwerg bestätigten. Seitdem sind Sternforscher weltweit darum bemüht, Licht in das Dunkle von Sirius B zu bringen respektive dessen spärliches Licht einzufangen, bislang jedoch ohne Erfolg. Jetzt aber ist es einem internationalen Astronomenteam gelungen, das schwache Licht von Sirius B mit dem NASA-Weltraumobservatorium Hubble zu lokalisieren und gezielt herauszufiltern. Dies derart exakt, dass sie sogar die Masse und Größe von Sirius B bestimmen und somit ein altes Astronomenrätsel lösen konnten. Sirius B sei für Astronomen seit mehr als 140 Jahren eine Herausforderung, sagt der Leiter der Hubble-Observation Martin Barstow von der Universität in Leicester (England). Mithilfe der empfindlichen Sensoren des STISSpektographen ( Space Telescope Imaging Spectrograph des Hubble-Weltraumteleskops konnten die Astronomen um Martin Barstow das ins Rote des elektromagnetischen Spektrums verschobene Licht von Sirius B genau analysieren. Mit den gesammelten Daten bestimmten die Wissenschaftler über die Rotverschiebung der Wellenlängen die Masse und Gravitation des Weißen Zwerges. Hierbei zeigte sich, dass der Zwergstern mit 12.000 Kilometern fast den Durchmesser der Erde hat (Erddurchmesser am Äquator: 12756,2 km), dafür aber sage und schreibe 98 Prozent der Masse der Sonne aufweist. Dabei sind die Temperaturen, die auf seiner Oberfläche herrschen, alles andere als erdähnlich. Sie bewegen sich um die 25.000 Grad Celsius, was immerhin eineinhalbmal höher ist als auf Sirius A. Im Vergleich zur Erde ist die Gravitation auf Sirius B etwa 350.000-mal stärker. Ein 68 Kilogramm schwerer Erdbewohner würde auf der Oberfläche von Sirius B glattweg 25 Millionen Kilogramm auf die Waage bringen. Selbst Licht, das durch das materiearme Universum mit einer Geschwindigkeit von knapp 300.000 Kilometer in der Sekunde flitzt, müsste, wollte es der Oberfläche eines solches Objektes entkommen, der dortigen enormen Schwerkraft Tribut zollen. Schließlich werden in solch einem starken Schwerefeld die ausgesandten Lichtstrahlen gnadenlos in die Länge gezogen. Die Wellenlänge nimmt zu und wird in Richtung des ro- 8 WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG ten Lichts verschoben, einem von der Einstein’schen Man wäre schon so lange auf der Suche nach Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagten Ef- solchen Asteroiden-Systemen. Nun könne er kaum fekt. (ms) glauben, dass sie eins gefunden hätten, schreibt Marchis im Fachblatt Nature“. Die beiden Mon” de umkreisen den kartoffelförmigen Asteroiden in Begleiteter Asteroid — Silvia reist mit ähnlichen Bahnen wie der Mond die Erde. Doch Silvia rotiert extrem schnell: Alle fünf Stunden und elf zwei Leibwächtern Minuten dreht sich der Asteroid um die eigene AchAsteroiden sind in der Regel kosmische Schutthau- se. fen, die einsam ihre Bahnen um die Sonne ziehen. Die kleinen Trabanten umkreisen ihren MutterSilvia ist jedoch eine Ausnahme: Der 1866 entdeck- schutthaufen dabei in respektvollem Abstand: Der te Asteroid Nr. 87 hat zwei Monde um sich geschart, kleinere Begleiter mit einem Durchmesser von nur die den Brocken aus Eis und Staub umkreisen — ei- sieben Kilometern umrundet Silvia im Abstand von ne astronomische Sensation. 710 Kilometern, der größere Trabant mit 18 KiloAm Anfang stand ein großer Knall. Bei der metern Durchmesser, bleibt 1360 Kilometer entfernt Kollision zweier Asteroiden, die zwischen Mars — für eine Umrundung braucht er gerade mal 87.6 und Jupiter um die Sonne rasten, waren die kos- Stunden. mischen Brocken regelrecht explodiert. Aus den Die Forscher konnten in zweimonatiger BeobTrümmerstücken dieses Auffahrunfalls sollen so- achtung auch die Zusammensetzung des Asteroiden wohl der Asteroid 87 Silvia als auch seine zwei Be- analysieren. Offenbar besteht er aus Wasser, Eis und gleiter entstanden sein, vermutet Franck Marchis von Schutt - ein Beleg für die Kollisions-These, da die der University of California in Berkeley. Trümmer gut von einem der Ursprungs-Asteroiden Marchis und seine Kollegen hatten Silvia mit stammen könnten. dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Bei der Namensgebung hielten sich die USSüdsternwarte (ESO) beobachtet. Der Asteroid, der Forscher übrigens an die römische Mythologie. 87 mit einem Durchmesser von etwa 280 Kilometern zu Silvia war im 19. Jahrhundert nach Rhea Silvia den größten bekannten Planetoiden zählt, war schon benannt worden, die der Überlieferung nach die 1866 entdeckt worden. Im Jahr 2001 hatten Astro- Gründungsmutter Roms gewesen sein soll. Für die nomen bereits den ersten Begleiter beobachtet. Doch beiden Mini-Trabanten schlugen die Astronomen erst auf den aktuellen Aufnahmen konnten die US- nun folgerichtig die Namen Romulus und Remus vor Forscher sogar zwei Objekte erkennen, die 87 Silvia - so hießen die ersten Römer, die Söhne, die Rhea umkreisen. Silva mit Kriegsgott Mars gezeugt haben soll. (ms) Riesenteleskop versetzt Forscher in Euphorie Silvia mit ihren Begleitern Das Large Binocular Telescope (LBT) soll nicht nur alle optischen Teleskope auf der Erde, sondern selbst das Weltraumteleskop Hubble übertreffen. Jetzt hat das Instrument, das auf dem 3190 Meter hohen Mount Graham in Arizona steht, die ersten Bilder geliefert — und die Wissenschaftler in Verzückung versetzt. Das von deutschen Forschern mitentwickelte größte Einzelteleskop der Welt hat bei seinem ersten Einsatz die 24 Millionen Lichtjahre entfernte Spiralgalaxie NGC 891 im Sternbild Andromeda ins Visier genommen. Das Teleskop soll so stark sein, dass sich selbst in 2,5 Millionen Kilometern Entfernung STERNWARTE BIESELSBERG noch das Licht einer brennenden Kerze nachweisen ließe. Das jetzt aufgenommene erste Bild der Galaxie NGC 891 ist nach Angaben des Max–Planck– Instituts für Radioastronomie wissenschaftlich sehr interessant, weil es in ihr viele Regionen mit heftiger Sternentstehung und Röntgenstrahlung gibt. Erstes Bild des Large Binocular Telescope: Gestochen scharfe Aufnahme der Galaxie NGC 891 Das LBT wird nach seiner Fertigstellung zwei rund 16 Tonnen schwere Spiegel mit jeweils 8,4 Metern Durchmesser haben. Sie besitzen gemeinsam die Fläche eines einzelnen 11,8–Meter–Spiegels. Allerdings ist es durch die sogenannte Interferometrie möglich, die beiden Spiegel so zu kombinieren, dass die Auflösung eines Teleskops mit einem 22,8 Meter großen Einzelspiegel erreicht wird. Bisher ist lediglich der erste der beiden Spiegel montiert, der zweite soll bis zum Herbst 2006 9 folgen. Dann soll das LBT bis zu zehnmal schärfe Bilder liefern als das Weltraumteleskop Hubble. Die Astronomen hoffen, bis zum Beginn von Raum und Zeit zurückblicken zu können — indem sie Himmelskörper beobachten, deren Licht fast 14 Milliarden Jahre lang zur Erde unterwegs war und damit aus der Zeit kurz nach der Entstehung des Alls stammt. Large Binocular Telescope: Bisher nur einer der beiden 8,4–Meter–Spiegel eingebaut Außer Amerikanern und Italienern sind fünf deutsche Institute aus Heidelberg, Bonn, Potsdam und Garching mit insgesamt 25 Prozent an dem Projekt beteiligt. Damit steht den deutschen Wissenschaftlern ein Viertel der Beobachtungszeit zu. Vor einem Jahr wurde das rund 100 Millionen Euro teure Observatorium nach achtjähriger Bauzeit offiziell eröffnet. Die deutschen Forscher haben die Messgeräte des Teleskops entwickelt. (ms) Sternwarte Bieselsberg Öffentliche Führungen Sonnenfinsternis Falls das Wetter mitspielt werden wir bei den nächsten Führungen vor allem den Planeten Saturn zeigen, der sich im Moment noch in seiner Oppositionsschleife befindet. Dazu kommen dann im März noch Objekte in den Wintersternbildern Fuhrmann und Zwillinge (vor allem die dort befindlichen Kugelsternhaufen). Danach wird dann das Sternbild Löwe mit dem Galaxientrio einen Schwerpunkt bilden. Am 29.3. findet wieder eine Sonnenfinsternis statt. Die totale Phase führt quer durch Afrika und die Touristengebiete in der Türkei. Bei uns ist sie immer noch als partielle Sonnenfinsternis mit dem Höhepunkt etwa um 12.45 Uhr zu beobachten. Ob die Sternwarte geöffnet ist wird auf unserer Internetseite noch veröffentlicht. 10 DAS ASTRORÄTSEL Das Astrorätsel 1. Wie lautet der Name des großen Kraters nahe der Bildmitte? 2. Am Rand welchen Mondmaares liegt dieser? 3. Wie lautet der Name des hohen Einzelberges senkrecht über dem Krater? 4. Welche Höhe hat dieser Mondberg? Die Lösungen bitte entweder per Post an mich oder per E–Mail an [email protected]. Einsendeschluss ist der 30. April 2006 (Datum des Poststempels), der Gewinner wird aus allen richtigen Einsendungen zur Preisfrage gelost und in der nächsten Astro–News veröffentlicht. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Der Gewinner erhält eine Drehbare Sternkarte“ ” aus dem Angebot des AstroMedia-Verlags. (bw) Das neue Rätsel Auflösung des letzten Rätsels Nach dem zugegebenermaßen kniffligen Astrorätsel in der letzten Ausgabe, wollen wir es dieses mal etwas leichter gestalten. Werfen wir hierzu einen Blick auf unseren nächsten kosmischen Nachbarn, den Mond. Er zeigt uns eine wild zerklüftete, kraterübersäte Landschaft, die vor Jahrmilliarden von einem kosmischen Bombardement aus Meteoren und Kometen gestaltet wurde. Dazwischen liegen dunkle Mare – erstarrte Lavaseen und -meere. Für dieses Rätsel haben wir einen markanten Krater am Rande eines Maares herausgesucht. Dieser Krater liegt in einer überaus interessanten Mondlandschaft. Oberhalb der Kraters erkennen wir auf dem Bild eine Reihe von Gebirgszügen und direkt oberhalb des Kraters einen einzelnen hohen Berg. Links von Ihm deutet sich ein bogenförmiger Linienzug als Aufwerfung in der nahezu glatten Lavafläche an. Die ist der Rest eines uralten Kraters, der vor 3,9 Milliarden Jahren von austretenden Lavamassen begraben wurde. Als diese erstarrte und dabei zusammenschrumpfte, kam die Struktur des im Untergrund befindlichen alten Kraters wieder schwach zum Vorschein. Doch wo liegt diese Mondregion? Unsere Rätselfüchse sollten folgendes herausfinden: In der vergangenen AstroNews hatten wir ein Rätsel präsentiert, dass viele Köpfe rauchen ließ. Zugegebenermaßen war die Auflösung mit einer kniffeligen Hürde gespickt. Unser Mitglied Wolfgang Schatz hat sich dabei als der glücklichste Rätselfuchs entpuppt und konnte zwischenzeitlich seinen Gewinn in Empfang nehmen. Wir hatten vier Amateurbilder sehr bekannter Galaxien zusammengetragen und nebeneinander gestellt. Zum Gewinn des Hauptpreises war es notwendig, von allen vier Galaxien eine gebräuchliche Bezeichnung anzugeben, egal ob Eigenname, MessierNummer oder NGC-Katalognummer. Als Tipp war zudem angegeben, dass die vier Galaxien am Himmel durchaus unterschiedlich groß zu sehen seien, und dass für diesen Vergleich alle Bilder grob einander angeglichen wurden. Drei der Galaxien wurden gleich von mehreren Ratern richtig entziffert: • rechts oben: NGC3628 als Teil des Tripletts mit M65 und M66 im Löwen • links unten: NGC891 in der Andromeda • rechts unten: NGC1055 im Walfisch • Als besonders kniffelig erwies sich die Galaxie links oben: Es war die Milchstraße SCHWERPUNKTTHEMA MOND Die Milchstraße war allerdings stark verkleinert und durch die hineingezauberten Vordergrundsterne auch etwas irreführend. Durch den Vergleich der bei unserer Milchstraße sehr markanten Dunkelwolkenstrukturen ließ sich das Rätsel aber dann doch lösen. Zum Nachweis hier nochmals das Bild und ein unkomprimiertes Milchstraßenpanorama. Markante Dunkelwolkenstrukturen wurden hierbei durch Kreise gekennzeichnet. 11 Unsere Milchstraße ist eine Galaxie wie Milliarden andere, die unseren Kosmos bevölkern. Wir kennen von Ihr nur das schwachleuchtende Milchstraßenband, das in unterschiedlichen Abschnitten nachts unseren Sternhimmel umspannt. Nur wenige Menschen sehen in ihrem Leben je das gesamte Milchstraßenband. Und hier in Deutschland bleiben gerade die besonders prächtigen, südlichen Abschnitte für immer verborgen. Und erst, wenn man alle Bereiche abfotografiert und diese zu einem großen Mosaik zusammenstellt, entsteht der Eindruck einer von der Seite gesehenen Galaxie. Wenn wir, wie in unserem Rätsel geschehen, dieses gewaltige Band noch auf ein Maß zusammenquetschen, das dem Eindruck entspricht, mit dem wir weit entfernte Milchstraßen wahrnehmen, ist unsere kosmische Heimat doch nur noch eine von vielen, kosmischen Welteninseln. Ganz so, als blickten wir aus einer Entfernung von Millionen von Lichtjahren auf sie herab. Und wer weiß, vielleicht mag sie so in einem Teleskop einer weit entfernten Zivilisation erscheinen. (bw) Schwerpunktthema Mond Der Mond Der Mond ist für einen Beobachter auf der Erde trotz all der wunderbaren Entdeckungen in der Tiefe des Weltalls immer noch ein faszinierendes Objekt. Denn bei keinem anderen Himmelsköper kann man mit so geringem Aufwand so viele Details erkennen und auch die Gesetzte der Himmelsmechanik kann man nirgends so direkt erleben. In dieser und einigen der folgenden Ausgaben der Astro-News wollen wir uns deshalb etwas mit dem Mond, d.h. mit seiner Bewegung am Himmel, seinem Einfluss auf die Erde sowie mit seiner Geologie und Entstehungsgeschichte befassen. Die Bewegung des Mondes um die Erde Wer gelegentlich oder vielleicht sogar regelmäßig nachts den Blick zum Mond richtet, der hat sicher schon festgestellt, dass sich die Position des Mondes gegenüber dem Sternenhintergrund von Nacht zu Nacht ändert. Wir wollen uns in dieser Ausgabe der Astro-News zunächst einmal mit der Bewegung des Mondes und den wichtigsten Einflüssen auf diese Bewegung beschäftigen. Lassen wir dafür zunächst einmal den Einfluss weiterer Körper unseres Sonnensystems außer Acht und betrachten zunächst nur die Erde und den Mond. Wir haben dann ein System zweier Körper, deren Bewegungen sich mittels der von Newton und Keppler definieren Gesetzte beschreiben lassen. Dabei ist es nicht etwa so, dass sich der Mond tatsächlich um die Erde dreht. Genauer betrachtet kreisen in einem solchen Fall die beiden Körper um den gemeinsamen Schwerpunkt, das sog. Baryzentrum, des Systems. Wo sich dieser Schwerpunkt befindet, hängt von den Massen der beiden Körper ab. Wenn wir uns die Masse der Erde von ca. 5974 und die des Mondes von ca. 73 Trillionen Tonnen betrachten dann stellen wir fest, dass die Masse des Mondes ungefähr 1/81-tel der Erdmasse beträgt. Verglichen mit dem Massenverhältnis zwischen der Sonne und dem größten Planeten der sie umkreist, dem Jupiter, von 1050:1 ist das doch ein sehr großer Wert und es ist einsichtig, dass wir wohl nicht einfach von der Bewegung des Mondes um die Erde re- 12 den dürfen. Entsprechend dem von Newton im Jahre 1687 formulierten Gesetz für die Bewegung zweier Körper gilt, dass das Verhältnis der Abstände beider Körper zum Schwerpunkt umgekehrt proportional zum Verhältnis ihrer Massen ist. Da die Erde ca. 81-mal schwerer ist als der Mond beträgt das Verhältnis der Abstände also 81:1. Das bedeutet, dass der gemeinsame Schwerpunkt von der Erde aus gesehen auf 1/82-tel der Strecke zwischen Erd- und Mondmittelpunkt liegt. Bei einer mittleren Entfernung von Erde und Mond von 384408 km liegt der Schwerpunkt also 4688 km vom Erdmittelpunkt entfernt. Damit liegt er aber noch innerhalb der Erdkugel, die ja einen Radius von 6370 km hat. Grob betrachtet kann man damit dann doch von einer ellipsenförmigen Bewegung des Mondes um die Erde reden, während letztere nur etwas um den Schwerpunkt des Systems eiert“. ” Wenn man die Umlaufzeit des Mondes um die Erde angeben will, dann benötigt man dazu einen Bezugspunkt. Für einen Beobachter bietet sich dazu der unveränderliche“ Fixsternenhimmel an. Der ” Mond benötigt für eine volle Umdrehung um die Erde, d.h. bis er wieder die gleiche Stellung bzgl. des Sternenhintergrundes hat, 27,3217 Tage. Dies ist sog. siderische Umlaufzeit oder der siderische Monat. Wie jeder mit bloßem Auge selbst beobachten kann hat der Mond nach einem vollen Umlauf, d.h. 27,3 Tagen, nicht wieder dieselbe Phase (z.B. Vollmond). Der Grund hierfür ist die Erdbewegung um die Sonne. Da sich die Erde im Laufe der 27 Tage selbst auf ihrem Weg um die Sonne weiterbewegt hat, muss der Mond noch ein Stück zusätzlich laufen, um dieselbe Stellung in Bezug auf die Sonne und damit dieselbe Mondphase zu erreichen. Dazu benötigt er im Schnitt 29,530 Tage, die sogenannte synodische Umlaufzeit oder der synodische Monat. Daneben gibt es noch einige weitere Definitionen von Umlaufzeiten: der tropische Monat, der drakonitische Monat und der anomalistische Monat. SCHWERPUNKTTHEMA MOND Letzterer, der uns auch später noch einmal begegnen wird, definiert das Zeitintervall zwischen zwei Durchgängen des Mondes durch den erdnächsten Punkt seiner Bahn. Aufgrund der ellipsenförmigen Bahn, mit einer mittleren Exzentrizität von e=0,0549, ändert sich unter anderem der Abstand des Mondes von der Erde mit einer Entfernung von 356375 km am erdnächsten Punkt bis zum erdfernsten Punkt mit 406720 km. Ob wohl die Abweichung von einer Kreisbahn damit eigentlich sehr gering ist, bewirkt dies doch eine Änderung des scheinbaren Monddurchmessers zwischen 29’,4 und 33’,6. D.h. für einen Beobachter auf der Erde schwankt der Durchmesser des Mondes um ca. 10%, was sich im Falle einer Sonnenfinsternis besonders interessant auswirken kann. Wir werden später noch einmal darauf zurückkommen. Dass der Mond beim Auf- oder Untergang größer erscheint als bei einer Stellung im Zenit ist übrigens nur eine optische Täuschung, die im menschlichen Gehirn entsteht (Zweifler können dies selbst durch eine Messung überprüfen). Wie bei allen Körpern die sich ellipsenförmig um einen Schwerpunkt bewegen ist auch die Geschwindigkeit des Mondes auf seiner Bahn nicht konstant. Er hat seine größte Geschwindigkeit wenn er sich in Erdnähe, dem Perigäum, und seine geringste Geschwindigkeit wenn er sich am entferntesten Punkt der Bahn, dem Apogäum, befindet. Auch die unterschiedliche Umlaufgeschwindigkeit wird uns später beim Thema Libration auch einmal begegnen. Um einen fixen Bezugspunkt“ für verschiedene ” Angaben zu Eigenschaften der Mondbewegung zu haben, definieren die Astronomen einen sog. mitt” leren Mond“, der auf einer Kreisbahn umläuft. Dieser ist Grundlagen für Angaben über mittlere Entfernung oder mittlere Bahngeschwindigkeit wie man sie oft in Tabellen findet. Bezogen auf diesen mittleren Mond hat der Mond auf seiner Bahn eine durchschnittliche Umlaufgeschwindigkeit von 3684 km/h SCHWERPUNKTTHEMA MOND oder ca. 1 km/s und die Bewegung vor dem Sternenhintergrund beträgt ca. 33’ pro Stunde. Das entspricht in etwa einem Monddurchmesser und kann im Laufe eines Abends durchaus ohne besondere Instrumente von jedem beobachtet werden, indem man sich die Position des Mondes in Bezug zu einem nahe liegenden Fixstern merkt und die Änderung beobachtet - versuchen Sie es doch einmal selbst. Die Abweichung zwischen mittlerem Mond und dem tatsächlichen wird Große Ungleichheit oder auch Mittelpunktgleichung genannt. Eine weitere wichtige Eigenschaft der Mondbahn ist ihre Neigung von ca. 5◦ ,1 gegen die Ekliptik. (Die Ekliptik ist die Bahnebene der Erde bei ihrer Wanderung um die Sonne.) In zwei Punkten schneidet die Mondbahn die Ekliptik. Diese Punkte nennt man Knoten. Es gibt den aufsteigenden Knoten, in dem der Mond von unten nach oben durch die Ekliptikebene wandert und den gegenüber liegenden absteigenden Knoten, in dem er wieder nach unten wandert. Auch die Neigung der Mondbahn wird uns später noch einmal begegnen und zwar ebenfalls bei der Libration und auch bei der Betrachtung von Finsternissen. 13 beschriebenen Ellipsenbahn. Mit diesen Einflüssen, auch Störungen der Mondbahn genannt, werden wir uns in einer der nächsten Ausgaben der Astro-News beschäftigen. (wl) Mondphasen im Kopf Die Mondphasen sind oft ein wichtiger Faktor bei der Planung einer Beobachtungsnacht - entweder ist es wünschenswert, dass der Mond da ist, weil man ihn beobachten will, oder er soll gerade nicht am Himmel sein, weil schwache Deep-Sky Objekte auf der Liste stehen. Also greift man nach dem Mondphasenkalender, das Himmelsjahr oder wirft den Rechner an, um das bevorzugte Astropogramm zu laden. Doch das muss nicht sein - die Mondphase eines beliebigen Datums lässt sich auch leicht im Kopf berechnen! Voraussetzung ist, dass man sich die folgende verblüffend einfache Regel merken kann. Abschätzung der Mondphase zu einem bestimmten Datum im Zeitraum zwischen 2000 und 2009: • bilde die Quersumme des Jahres • multipliziere das Ergebnis mit 11 • addiere die Ziffer des Monats und Tags dazu • ziehe das größtmögliche Vielfache von 30 ab Das Ergebnis ist das entsprechende Alter des Monds in Tagen, wobei 0 für Neumond steht, 7 für zunehmender Halbmond, 15 Vollmond, 22 für abnehmenden Halbmond! Das ist verblüffend einfach. Folgendes Beispiel kann als Demonstration der Methode dienen: wir alle wissen, dass am 29. März die totale Sonnenfinsternis Übrigens, wenn man die Mondbahn in Bezug auf ist - also Neumond. Die beschriebene Regel sollte die Sonne betrachtet, dann ist diese nicht etwa eine also als Ergebnis 0 liefern: Wellenlinie, wie man das intuitiv vermutet, sondern • Quersumme von 2006 ist 2 + 0 + 0 + 6 = 8 die Bahn ist nur mal mehr und mal weniger stark • 8 ∗ 11 = 88 konkav zur Sonne hin gekrümmt. Der Grund dafür liegt darin, dass das Gesamtsystem Erde-Mond auf • 88 + 3 (März) +29 (Tag) = 120 seinem Weg um die Sonne einer sehr viel stärker • 120 − 4 ∗ 30 = 0 gekrümmten Bahn folgt als es der Mond auf seiner Bahn um die Erde tut. Das Ergebnis stimmt also genau! Die Bahn des Mondes unterliegt allerdings nicht Doch was passiert nach dem 31. 12. 2009? Keine nur dem Einfluss der Erde sondern auch dem der Sorge, für das nächste Jahrzehnt lässt sich die Reanderen Körper im Sonnensystem und hier vor al- gel leicht erweitern: im ersten Schritt wird nicht die lem dem Einfluss der Sonne. Dadurch kommt es Quersumme gebildet, sondern die letzten beiden Zifzu nicht unerheblichen Abweichungen von der oben fern als eine Zahl gezählt. Für 2011 gilt demnach: 2 14 BEOBACHTUNGSOBJEKTE + 0 + 11 = 13. Danach können die übrigen Schritte unverändert angewendet werden. Allerdings muss man dann schon fast im großen Einmaleins bewandert sein, um 13 * 11 auszurechnen. Aber mit ein bisschen Konzentration geht auch dies! Und für die Spezialisten unter den Kopfrechnern lässt sich die Methode sogar innerhalb eines Zeitraums von einigen Jahrhunderten verallgemeinern, wenn man berücksichtigt, dass sich die Mondphasen in einem 19-jährigen Rhythmus nahezu exakt wiederholen - der Metonische Zyklus. Einer beliebige Jahreszahl addiert oder subtrahiert man also so oft mit 19, dass die Jahreszahl in den Zeitraum zwischen 2000 und 2019 fällt. Dann wendet man die oben beschriebene Rechenregel an – et voilà! Die beschriebene Methode ist natürlich nur eine gute Schätzregel. In der praktischen Anwendung kann das Ergebnis schon mal einen oder sogar zwei Tage daneben liegen. Für den 11. August 1999 (die totale Sonnenfinsternis über Süddeutschland) kommt übrigens 29 heraus. Die Ungenauigkeit beträgt also einen Tag. Aber angesichts der verblüffend einfachen Regel seien solche kleinen Unzulänglichkeiten durchaus verziehen! Ausgedacht hat sich die Methode angeblich der US-Amerikaner Sean Barton, der auf der Webseite www.moonstick.com auch noch ein passendes Werkzeug - den Moonstick, einen Mond” Rechenschieber“ - anbietet. Sky&Telescope stellte die Methode in der Ausgabe November 2004 vor. (tk) Beobachtungsobjekte Der Himmelsanblick nach Süden am 1. April 21 Uhr MESZ TERMINE 15 Früh am Abend kann man jetzt noch den Orion beobachten, aber schon bald verschwindet er im Westen. Der Beobachter hat also die letzte Gelegenheit seine schönen Objekte zu beobachten oder zu fotografieren. Etwas nördlich von M42 liegt NGC1937, ein bläulicher Reflexionsnebel und bei ζ Ori findet man den Flammennebel (NGC2024) und den berühmten Pferdekopfnebel. Für beide sollte die Öffnung aber nicht zu klein sein und der Himmel wirklich dunkel! Ein kleiner Schwenk nach Norden oder Süden und man befindet sich beim Fuhrmann und den Zwillingen. Beide bieten eine ganze Reihe von schönen offenen Sternhaufen wie M35–M38. Wer etwas un- bekanntere Objekte sucht, sollte sich einen Katalog zur Hand nehmen und sich durch den großen Hund und das Achterschiff kämpfen — er wird nicht enttäuscht sein! Wer Doppel- und Mehrfachsterne mag, der sollte einen Blick auf das farblich schöne Paar µ CMa ganz in der Nähe von Sirius werfen und ein kleiner Schwenk bringt den Beobachter zum Dreifachsystem β Mon, dessen Komponenten 7,3 bzw. 2,8 Bogensekunden entfernt sind. Für Beobachtungen über mehrere Jahre bietet sich nun wieder ζ Cnc an, der mit 1” wieder in den Bereich kleinerer Teleskope gekommen ist und schnell den Positionswinkel ändert. (mt) Termine Veranstaltungen und Treffen 1. März 3. März 8. März 15. März 22. März 5. April 7. April 12. April 19. April 26. April 5. Mai 10. Mai 17. Mai 24. Mai 3. Juni 14. Juni 18. Juni 21. Juni 28. Juni Öffentliche Führung des Pforzheimer Volkssternwarte Keplergymnasium (Beginn 20 Uhr) Monatstreffen des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld (Beginn 20 Uhr) Schwerpunktvortrag Sonnenfinsternis“ ” Öffentliche Führung auf der Volkssternwarte Nordschwarzwald (Beginn 20 Uhr) Beobachterstammtisch im Gasthaus Adler, Pforzheim-Huchenfeld (Beginn 20 Uhr) Öffentliche Führung auf der Volkssternwarte Nordschwarzwald (Beginn 20 Uhr) Öffentliche Führung des Pforzheimer Volkssternwarte Keplergymnasium (Beginn 20 Uhr) Monatstreffen des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld (Beginn 20 Uhr) Schwerpunktvortrag Das Leben der Sterne“ ” Öffentliche Führung auf der Volkssternwarte Nordschwarzwald (Beginn 21 Uhr) Beobachterstammtisch im Gasthaus Adler, Pforzheim-Huchenfeld (Beginn 20 Uhr) Öffentliche Führung auf der Volkssternwarte Nordschwarzwald (Beginn 21 Uhr) Monatstreffen des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld (Beginn 20 Uhr) Schwerpunktvortrag Das war die Sonnenfinsternis 2006“ ” Öffentliche Führung auf der Volkssternwarte Nordschwarzwald (Beginn 21 Uhr) Beobachterstammtisch im Gasthaus Adler, Pforzheim-Huchenfeld (Beginn 20 Uhr) Öffentliche Führung auf der Volkssternwarte Nordschwarzwald (Beginn 21 Uhr) Monatstreffen des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld (Beginn 20 Uhr) — kein Vortragsprogramm keine öffentliche Führung auf der Volkssternwarte Nordschwarzwald (Sommerpause) Kindertag auf der Volkssternwarte Nordschwarzwald Schömberg-Bieselsberg (14–17 Uhr) Beobachterstammtisch im Gasthaus Adler, Pforzheim-Huchenfeld (Beginn 20 Uhr) keine öffentliche Führung auf der Volkssternwarte Nordschwarzwald (Sommerpause) 16 IMPRESSUM Astronomische Vorschau 20. März 29. März 4. Mai 13. Mai 21. Juni 19.26 Uhr: Sonne im Frühlingspunkt; Tagundnachtgleiche Totale Sonnenfinsternis (Nordafrika, Türkei), bei uns partiell; Beginn 11.42 Uhr, Ende 13.40 Uhr Jupiter in Opposition zur Sonne — optimale Sichtbarkeit Vollmond bei maximaler Ostlibration (Mare Smytii sichtbar) Sommersonnenwende um 14.26 Uhr Splitter Sesselastronomie — Per Mausklick in los aus dem Internet heruntergeladen werden kann (http://worldwind.arc.nasa.gov). Wir haben die beden Mondkrater ” Zwei Monate lang umkreiste die NASA-Sonde Clementine 1984 den Mond und schoss dabei 1,8 Millionen Fotos. Dass diese nicht nur der Wissenschaft, sondern der Allgemeinheit zugute kommen, ist den Forschern des Ames Research Center und ihrer Software World Wind zu verdanken. Damit kann man vom heimischen Computer aus zur Mondexpedition aufbrechen und sich mit Maus und Keyboard an den Erdtrabanten heranzoomen. Auch virtuelle Flüge über die Krater der Mondoberfläche sind mit der neuen Programmversion möglich, die kosten- sten Fotos von Clementine ausgewählt und können damit den Mond auf 20 Meter genau zeigen“, sagt Patrick Hogan, der das Projekt World Wind leitet. Die NASA bietet übrigens auch eine Version für die Erde an, die ähnlich wie das Programm Google Earth auf Satellitenbilder zurückgreift und diese mit moderner Bildbearbeitung zu einem dreidimensionalen Gesamteindruck zusammensetzt. Dabei kann man sogar Detailinformationen wie etwa die Höhe von Bergen abrufen und einzelne Städte mit einer Auflösung von bis zu 30 Zentimetern erkunden. (ms) Impressum Die Astro–News erscheinen quartalsweise in einer Auflage von 150 Exemplaren und dienen zur Information von Mitgliedern, Freunden und Förderern des Astronomischen Arbeitskreises Pforzheim 1982 e. V. (AAP) Vereinsanschrift: Astronomischer Arbeitskreis Pforzheim 1982 e. V. z.Hd. Beate Freudenberger Jahnstraße 3 75365 Calw-Stammheim Redakteure: Auflage: Redaktion: Martin Tischhäuser Silcherstraße 7 72218 Wildberg Martin Tischhäuser (mt), Bernd Weisheit (bw), Martin Stuhlinger (ms), Thilo Kranz (tk), Werner Löffler (wl) 150 Exemplare Der AAP im Internet: http://www.aap-pforzheim.de http://www.sternwarte-bieselsberg.de http://www.sternwarte-nordschwarzwald.de c 2006 Astronomischer Arbeitskreis Pforzheim 1982 e. V.