Credit Suisse Cares for Climate Inhalt 04 CO2-Emissionen nach Regionen 06 Es ist Zeit zu handeln Dr. René Buholzer, Head Public Policy Dr. John Tobin, Head Public Policy – Sustainability Affairs 10 «Fortzufahren wie bisher, wäre äusserst fahrlässig» Interview mit Dr. Samuel Jaccard vom Geologischen Institut der ETH Zürich 14 Global treibhausgasneutral Rolf Krummenacher, Head Corporate Real Estate and Services Switzerland 22 In die Milderung des Klimawandels investieren Dr. Pierre-Yves Bolinger und Dr. Miroslav Durana, Thematisches AktienResearch 28 Keine grüne Party, eine grüne Revolution Interview mit Thomas Vellacott, Leiter Programm beim WWF Schweiz 31 Impressum 2 FOTO: KEYSTONE/JOHN MCCONNICO / TITELFOTO: ISTOCKPHOTO 18 Eine neue Ära der Nachhaltigkeit Eric Güller, Head Thematics and Emerging Markets Research Robert Ruttmann, Responsible Investment Strategy Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser Der Klimawandel gehört zu den grössten Herausforderungen der Gegenwart. Basierend auf Beobachtungen der Vergangenheit und Prognosen für die Zukunft sagt die Wissenschaft global steigende Durchschnittstemperaturen voraus. Was als wahrscheinliche Folge der globalen Erwärmung prognostiziert wird – Hitzewellen, schmelzende Gletscher und Polkappen, Dürren –, ist teilweise bereits heute spürbar. In dem Mass, wie solche Bedrohungen für viele Menschen präsent werden, sucht auch die Staatengemeinschaft nach Massnahmen, um dem Klimawandel zu begegnen. Denn durch die Zunahme wetterbedingter Naturereignisse beispielsweise werden neben ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen nicht unbedeutende volkswirtschaftliche Schäden verursacht. Diese treffen auch unsere Kunden, Investoren, Mitarbeitenden und weitere Anspruchsgruppen. Neben unserer gesellschaftlichen Verantwortung liegt es somit auch in unserem wirtschaftlichen Interesse, bereits heute Massnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen, statt unkalkulierbare Risiken einzugehen und später möglicherweise immense Schäden beheben zu müssen. Ich bin daher überzeugt, dass ein global wirksamer Klimaschutz auch wirtschaftlich von grosser Bedeutung ist. Um einen aktiven Beitrag zu leisten, engagiert sich die Credit Suisse bereits seit mehr als einem Jahrzehnt für eine nachhaltige Entwicklung und den Klimaschutz. Seit den Anfängen unseres Engagements ist es uns beispielsweise trotz steigenden Geschäftsvolumens gelungen, unsere CO2-Emissionen zu senken. Einen wichtigen Meilenstein erzielten wir 2006, als die Credit Suisse als erstes Grossunternehmen in der Schweiz treibhausgasneutral wurde. Um dieses Ziel ab diesem Jahr auch global zu erreichen, haben wir die Initiative «Credit Suisse Cares for Climate» ins Leben gerufen. Diese umfasst Klimaschutzmassnahmen bei unseren betrieblichen Aktivitäten, wobei mir jedoch ebenso wichtig erscheint, das Engagement für den Klimaschutz auch bei unseren rund 48 000 Mitarbeitenden zu verankern. Auf den nachfolgenden Seiten finden Sie Informationen dazu, wie die Credit Suisse Klimaschutz betreibt. Ich würde mich freuen, wenn wir dadurch den einen oder anderen Denkanstoss liefern können. Dr. Hans-Ulrich Doerig, Präsident des Verwaltungsrats der Credit Suisse Group AG 3 Nordamerika: 1717 Mio. Tonnen Lateinamerika, Karibik: 413 Mio. Tonnen CO2-Emissionen nach Regionen Auf der Karte ist der Ausstoss von CO2 aus Verbrennung fossiler Energieträger, der Zementherstellung und der Gasabfackelung im Jahr 2006 dargestellt. Der grösste Teil der Emissionen verteilt sich dabei auf die beiden wirtschaftlichen Pole Nordamerika und Asien, insbesondere China und Indien. Während der Verbrauch in den meisten entwickelten Ländern hoch blieb oder sogar noch weiter angestiegen ist, haben viele Schwellenmärkte aufgrund ihres stärkeren Wirtschaftswachstums aufgeholt und in Sachen CO2-Ausstoss viele entwickelte Länder sogar hinter sich gelassen. Die zehn Länder mit dem höchsten CO2-Ausstoss (2006) Im Jahr 2006 überholte China die USA als grössten Emittenten von CO2 und setzte sich damit weltweit an die Spitze. Indien hat einen ähnlichen Weg eingeschlagen und bezüglich CO2-Emissionen 1988 die ehemalige Kolonialmacht Grossbritannien, 1995 Exportweltmeister Deutschland und 2003 Japan überrundet. Vergleicht man jedoch den Pro-Kopf-Ausstoss von CO2, dann liegen China und Indien weit hinter den Industrieländern zurück. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn diese zwei bevölkerungsreichsten Länder ihren Pro-Kopf-Ausstoss von CO2 an westliche Verhältnisse anpassen würden. 4 Ausstoss insgesamt in Mio. Tonnen China Pro-Kopf-Ausstoss in Tonnen 1665 USA 1569 USA Kanada Russland 427 Russland Indien 412 Japan Japan Deutschland 353 220 5.18 4.55 2.99 2.80 Südkorea 2.68 Deutschland 2.67 Grossbritannien 155 Grossbritannien Kanada 149 Italien Südkorea 130 China Italien 129 Indien 2.56 2.19 1.27 0.37 Osteuropa: 842 Mio. Tonnen China, Vietnam, Mongolei: 1719 Mio. Tonnen Westeuropa: 963 Mio. Tonnen Übriges Asien: 938 Mio. Tonnen Naher Osten: 478 Mio. Tonnen Afrika: 291 Mio. Tonnen Ozeanien inkl. Japan: 466 Mio. Tonnen 2008: 8671 Mio. Tonnen (Hochrechnung) 2006: 8230 Mio. Tonnen 1973: 4635 Mio. Tonnen 1980: 5332 Mio. Tonnen Ölkrisen CO2-Ausstoss weltweit von 1850–2006 QUELLE: CARBON DIOXIDE INFORMATION ANALYSIS CENTER, CDIAC, HTTP://CDIAC.ORNL.GOV Seit 1850 ist der weltweite CO2-Ausstoss von 54 Mio. Tonnen auf 8230 Mio. Tonnen angestiegen, wobei sich die Emissionen nach 1950 massiv erhöhten. 1932: 847 Mio. Tonnen Weltwirtschaftskrise 1850 1860 1870 1880 1890 1900 1910 1990: 6144 Mio. Tonnen Abbau der Industrie in Osteuropa 1945: 1160 Mio. Tonnen Ende des Zweiten Weltkrieges 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2009 5 Es ist Zeit zu handeln Lange nur ein vages Szenario, begegnet uns der Klimawandel in Medien, Unternehmensverlautbarungen, Gesprächen mit Bekannten. Gemäss der Wissenschaft macht er sich in Form von häufigeren Unwettern, Dürren und schmelzenden Gletschern bereits bemerkbar. Dr. René Buholzer, Head Public Policy Dr. John Tobin, Head Public Policy – Sustainability Affairs Häufigere extreme Wetterereignisse sind erste Vorboten des Klimawandels. Erinnert sei nur an die Orkane Lothar, Kyrill und Xynthia, drei «Jahrhundertstürme» innerhalb von gut zehn Jahren, die weltweit jeweils Schäden in Milliardenhöhe verursachten, oder die Hitzewelle des Jahres 2003, die in Südeuropa mehrere zehntausend Todesopfer forderte. Auch wenn zahlreiche Details über die Ursachen noch offen sind: Es herrscht Einigkeit darüber, dass der Klimawandel ein weltweites Problem darstellt, dessen Auswirkungen sich – wenn auch in unterschiedlicher Intensität – auf dem ganzen Globus bemerkbar machen werden. Der Klimawandel bedroht Millionen Menschen Es lässt sich bereits heute abschätzen, welche Gebiete besonders stark von der globalen Erwärmung betroffen sein werden. Dazu gehören insbesondere die grossen Flussdeltas von Brahmaputra, Ganges, 6 Mekong und Nil, die Küstenregionen im Süden der USA, die Atolle im Pazifischen und Indischen Ozean sowie die Wüstenränder am Tschadsee oder die Peripherie von Peking. Steigende Meeresspiegel, Bodenerosion und Wasserknappheit werden den Lebensraum der in diesen Gebieten ansässigen Menschen beeinträchtigen. Besonders ernst ist die Situation zum Beispiel in den überbevölkerten Flussdeltas von Bangladesch. Schätzungen zufolge leben rund zehn Millionen Bengalen in Gebieten, die weniger als einen Meter über dem Meeresspiegel liegen. Aber auch die Zyklone mit einhergehenden Überschwemmungen machen den Menschen zu schaffen. Zudem fördern höhere Temperaturen die Ausbreitung von Krankheitserregern. Es ist gut möglich, dass sich im Laufe dieses Jahrhunderts der Begriff des Klimaflüchtlings in unserem Sprachgebrauch etablieren wird. Doch es gibt Wege, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Wir müssen sie nur beschreiten. Positiv kann gewertet werden, dass das Wissen über die Klimaerwärmung und die damit verbundenen Konsequenzen in den vergangenen Jahren erheblich gewachsen ist. Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass der Mensch einen erheblichen Anteil an der globalen Erwärmung hat. Somit ist es auch der Mensch, der den Verlauf des Klimawandels mitbeeinflussen kann. Konkret bedeutet dies einerseits, dass wir Anpassungs- und Schutzmassnahmen für bereits spürbare und möglicherweise unausweichliche Klimafolgen zu treffen haben. Dazu zählen zum Beispiel die Ausscheidung von Schutzzonen in von Überschwemmungen bedrohten Regionen, der Bau leistungsfähiger Dämme sowie die Bekämpfung von Krankheitserregern. Ein weiterer Bereich, bei dem FOTO: KEYSTONE/UNITED ARCHIVES/111 KPA/AQUILA Die Welt am Wendepunkt Bereits heute sind die Auswirkungen der Klimaerwärmung spürbar. Die Weltgemeinschaft hat in den letzten Jahren viel Wissen um die Gefahren der globalen Erwärmung gesammelt; nun ist es Zeit zu handeln. So müssen Anpassungs- und Schutzmassnahmen gegen die bereits eingetretenen Veränderungen ergriffen werden. Jedoch muss auch der Treibhausgasausstoss drastisch reduziert werden. Je früher wir das tun, desto mehr Handlungsspielraum wird uns bleiben. bereits heute Anpassungen vollzogen werden, ist die Landwirtschaft. Hier kommen beispielsweise effizientere Bewässerungssysteme wie die sogenannte Tröpfchenbewässerung zum Einsatz und es werden in verschiedenen Regionen Pflanzensorten kultiviert, die unter den geänderten Klimabedingungen besser gedeihen. Denn selbst wenn es uns gelingt, den CO2-Ausstoss sofort merklich zu senken, werden die Folgen der Erwärmung noch einige Jahre oder Jahrzehnte zu spüren sein. Grund dafür ist, dass das bereits in der Atmosphäre befindliche CO2 nur mit einer Zeitverzögerung abgebaut wird. Unser Energieverbrauch ist der Schlüssel Mindestens genauso wichtig wie Anpassungs- und Schutzmassnahmen für das Unvermeidbare ist jedoch, dass wir zügig gegensteuern, indem Massnahmen gegen die weitere Erwärmung ergriffen und irreparable Schäden vermieden werden. Dies ist nur erreichbar, wenn es gelingt, den dynamisch steigenden Treibhausgasausstoss zu senken. Einer Untersuchung des Global Carbon Projects zufolge ist der CO2-Ausstoss in den Jahren 2000 bis 2007 viermal schneller gestiegen als im gesamten Jahrzehnt zuvor. Der wichtigste Hebel zur Reduktion klimaschädlicher Emissionen ist unser Energieverbrauch. Einerseits müssen wir die Energie weitaus effizienter als heute einsetzen und andererseits unseren Ener7 giebedarf verstärkt aus erneuerbaren Ressourcen wie Wasser- und Windkraft, Biomasse sowie Sonnenenergie decken. Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel Doch wer soll diese Aufgaben in Angriff nehmen? Soll jedes Land seinen Ausstoss um einen bestimmten Prozentsatz reduzieren? Oder müsste eine maximale CO2-Menge pro Kopf und Jahr festgelegt werden? Die Klimakonferenz vom Dezember 2009 in Kopenhagen hat uns vor Augen geführt, vor welchen komplexen Herausforderungen die Weltgemeinschaft steht und wie zäh solche Verhandlungen sein können, wenn sich Grossmächte, Schwellenländer und Kleinstaaten über die notwendigen Massnahmen uneins sind. Ziel dieser Konferenz war es, ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Klimaprotokoll zu erarbeiten. Im Vorfeld des Klimagipfels engagierte sich die Credit Suisse für verbindliche und international abgestimmte Rahmenbedingungen, die ein klimaschonendes Wirtschaften fördern. Für viele enttäuschend ist der Klimagipfel jedoch mit einem relativ unverbindlichen Abkommen zu Ende gegangen. Das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, wurde lediglich «zur Kenntnis» genommen. 8 Dabei gibt es viele Ansatzpunkte und Strategien für Klimaschutzmassnahmen. Jetzt geht es darum, diese zügig auszuwerten und umzusetzen. Ein Beispiel für ein wirkungsvolles Instrument sind CO2Abgaben, also die Einführung des Verursacherprinzips beim Klimaschutz. Wie bei der Entsorgung von Abfällen oder dem Abwasser wird der Ausstoss von Treibhausgasen den Verursachern in Rechnung gestellt und über den Preis ein Anreiz zur Vermeidung klimaschädlicher Emissionen gesetzt. Wichtige Impulse liefern darüber hinaus die Energieforschung sowie die Entwicklung neuer kohlenstoffarmer Energietechnologien. Der innovationsgetriebene Energiesektor ist dabei für Unternehmen ein interessantes Wachstumssegment und für Volkswirtschaften ein Gebiet mit beträchtlichen Exportchancen und Beschäftigungsmöglichkeiten. Im Fokus stehen dabei die Entwicklung einer zweiten Generation von Biokraftstoffen und CO2-arme fossile Brennstoffe. Die Erderwärmung könnte enorme Kosten verursachen, unseren Wohlstand gefährden und die Sicherheit bedrohen. Daher stellt sich nicht die Frage, ob wir etwas tun wollen oder nicht. Staaten, Organisationen, Unternehmen und jeder Einzelne sind gefordert, dem Klimawandel entgegenzutreten. Je früher und intelligenter wir das tun, desto mehr Handlungsspielraum wird uns bleiben. FOTOS: ISTOCKPHOTO/KLAAS LINGBEEK, KEYSTONE CARO CARO/BUERGER/GAETAN BALLY Die Erderwärmung könnte enorme Kosten verursachen, unseren Wohlstand gefährden und die Sicherheit bedrohen. Daher stellt sich nicht die Frage, ob wir etwas tun wollen oder nicht. Beschleunigte Dynamik des Klimawandels Seit der Entstehung der Erde vor 4,6 Milliarden Jahren unterlag das Klima heftigen Schwankungen. Heute wissen wir, dass viele Faktoren das Erdklima beeinflussen. Dazu zählen die Aktivität der Sonne, Russ und Luftfeuchtigkeit in der Atmosphäre, die Lage der Kontinente sowie die Meeresströmungen. Untersuchungen des antarktischen Eises zeigen zudem, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre und die Temperatur relativ parallel steigen und fallen. Aktuell ist die CO2-Konzentration der Atmosphäre so hoch wie seit 650 000 Jahren nicht mehr. Pro Jahr verursachen Menschen rund 6,8 Milliarden Tonnen CO2. Davon wird nur ein Viertel durch die Vegetation ausgeglichen. Parallel zur steigenden CO2-Konzentration ist die globale Temperatur seit Beginn der Industrialisierung um knapp ein Grad gestiegen – stärker als in den gesamten 1500 Jahren davor. «Credit Suisse Cares for Climate» Mit Blick auf die grossen Herausforderungen, vor der die Weltgemeinschaft steht, engagiert sich die Credit Suisse bereits seit mehr als einem Jahrzehnt aktiv für den Klimaschutz. Aussenstehende mag das überraschen, gelten Banken ja nicht als wesentliche Emittenten klimaschädlicher Gase. Jedoch verursachten auch wir durch unsere Geschäftstätigkeit 2009 Treibhausgase im Umfang von 273 000 Tonnen. Im Zentrum stehen dabei sowohl der Energieverbrauch unserer Bankliegenschaften als auch Geschäftsflüge. Zahlreiche interne Massnahmen, wie zum Beispiel der Bezug von Elektrizität aus erneuerbaren Quellen, Gebäudesanierungen oder die Motivierung unserer Mitarbeitenden, vom Flugzeug auf den Zug umzusteigen bzw. auf Videokonferenzen auszuweichen, haben ermöglicht, dass wir ein Etappenziel bereits erreicht haben und seit 2006 als erstes Grossunternehmen in der Schweiz treibhausgasneutral arbeiten. Um dieses Ziel auch global zu erreichen, haben wir 2007 die Initiative «Credit Suisse Cares for Climate» ins Leben gerufen. Im Rahmen dieser Initiative setzen wir weiterhin auf Massnahmen zur Verbesserung unserer eigenen Klimabilanz wie auch auf Bereiche, bei denen wir durch unsere Schnittstellenfunktion als globaler Finanzdienstleister die Rolle eines Katalysators für den Klimaschutz einnehmen können. Ob im Kontakt mit unseren Mitarbeitenden, Kunden, Geschäftspartnern oder im Dialog mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen – wir wollen möglichst viele Ansatzpunkte nutzen, um Fortschritte beim Klimaschutz zu erzielen. Ab Seite 14 finden Sie einige Massnahmen, die wir im Rahmen unseres Engagements für den Klimaschutz bereits umgesetzt haben. Der Klimawandel ist in den vergangenen Jahren vermehrt in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Dr. Samuel Jaccard vom Geologischen Institut der ETH Zürich erläutert die Grundzüge des Klimawandels und die Rolle, welche der Mensch in diesem Prozess spielt. Robert Ruttmann, Responsible Investment Strategy Credit Suisse: Ist Klimawandel ein neueres Phänomen? Samuel Jaccard: Eigentlich nicht. Das Klima der Erde befindet sich in einem ständigen Wandel, der auf natürlichen astronomischen und geologischen Veränderungen beruht und in der Regel äusserst langsam erfolgt. Allerdings hat die Menschheit seit der industriellen Revolution durch Verbrennung fossiler Energieträger (hauptsächlich Kohle und Öl), Entwaldung und Zementherstellung einen starken Anstieg der atmosphärischen Treibhausgaskonzentrationen verursacht. Heute ist die Konzentration von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre um mehr als ein Drittel höher als vor über 200 Jahren, als die industrielle Revolution einsetzte. Gemäss allgemeiner Auffassung erklärt diese Entwicklung auch die Tatsache, dass sich die durchschnittliche Oberflächentemperatur unseres Planeten in den letzten 100 Jahren um rund ein Grad Celsius erhöht hat. Darüber hinaus wurden die acht wärmsten Jahre seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1850 allesamt nach 1998 verzeichnet, wobei 2005 das wärmste Jahr war, dicht gefolgt von 2009. Obwohl sich das Erdklima schon immer verändert hat, legt dies meines Erachtens den Schluss nahe, dass die 10 Wie lässt sich die Rolle von Treibhausgasen bei der Erwärmung der Oberflächentemperatur der Erde erklären? Ähnlich dem Glas eines Treibhauses ermöglichen die in der Atmosphäre vorhandenen Gase Leben auf der Erde, indem sie die Sonnenwärme zurückhalten. Diese Gase sind für die Sonneneinstrahlung durchlässig und erlauben somit eine Erwärmung der Erdoberfläche, hindern aber gleichzeitig einen Teil der von der Erde zurückgestrahlten Wärme daran, wieder in den Weltraum zu entweichen. Im Prinzip schliessen die Treibhausgase die von der Erde reflektierte Sonnenwärme in der Atmosphäre ein und tragen damit dazu bei, dass die untere Atmosphäre und die Erdoberfläche warm genug bleiben, um Leben zu erhalten. Welche Rolle spielen menschliche Aktivitäten hinsichtlich höherer Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre? Die Menge der atmosphärischen Treibhausgase war während Tausenden von Jahren praktisch im Gleichgewicht, d.h. natürliche Prozesse absorbierten diese Gase so schnell, wie sie freigesetzt wurden. Die menschlichen Aktivitäten der jüngeren Zeit haben dieses Gleichgewicht indes massiv gestört. Die Wissenschaft ist sich heute darüber einig, dass infolge menschlicher Aktivitäten viel mehr Treibhausgase freigesetzt werden, als natürliche Prozesse absorbieren können, was einen Anstieg ihrer Konzentration in der Atmosphäre zur Folge hat. Welche Bedeutung hat Kohlendioxid in diesem Zusammenhang? Kohlendioxid ist ein Treibhausgas, das bei der Verbrennung fossiler Energieträger, der Herstellung von Zement und der Abholzung von Waldgebieten anfällt. Kohlendioxid absorbiert Infrarotstrahlung besonders effizient, d.h. es schliesst die von der Erde abgestrahlte Wärme in der Atmosphäre ein, statt sie in den Weltraum entweichen zu lassen. Angesichts FOTO: DANIEL BRÜHLMANN/TNT-GRAPHICS.CH «Fortzufahren wie bisher, wäre äusserst fahrlässig» in letzter Zeit zu beobachtende Beschleunigung des Klimaanstiegs tatsächlich ein neueres, eng mit der Industrialisierung zusammenhängendes Phänomen darstellen könnte. Der Schweizer Wissenschaftler Samuel Jaccard wurde in Lausanne geboren und promovierte an der ETH Zürich. Nach einigen Jahren Forschungstätigkeit in Kanada kehrte er 2007 an die ETHZ zurück, wo er nun als Senior Scientist (Oberassistent) in der Gruppe Klimageologie des Departements Erdwissenschaften arbeitet. Dr. Jaccard ist Biogeochemiker und erforscht die Wechselwirkungen von Biomasse und Klima im Kontext der geologischen Erdgeschichte. Ist die Wissenschaft in der Lage, die direkten potenziellen Aufwirkungen des Kohlenstoffausstosses auf die Erwärmung zu quantifizieren? Ja, die Erwärmung aufgrund einer bestimmten Zunahme von Kohlendioxid in der Luft lässt sich tatsächlich relativ einfach berechnen. Dies geschieht auf Basis von Labormessungen, die einen sehr einfachen Zusammenhang zwischen Kohlendioxidkonzentrationen und der Absorption von Infrarotstrahlen zeigen. Allerdings wird die Sache komplizierter, wenn diese Erwärmung in der Atmosphäre erfolgt, weil dann Prozesse wie die Bildung von Wolken oder Veränderungen der Schneedecke mit ins Spiel kommen. Die durch einen bestimmten Kohlendioxidanstieg verursachte allgemeine Temperaturveränderung wird als «Klimasensitivität» bezeichnet und ist Gegenstand der laufenden wissenschaftlichen Forschung. 12 Im Vergleich zu den potenziell enormen Folgekosten des Klimawandels erscheinen die Kosten für Gegenmassnahmen bescheiden. Somit trägt ein Anstieg der Kohlendioxidemissionen wahrscheinlich zur Erderwärmung bei? Kurz gesagt: Ja. Die Wissenschaft ist sich mehrheitlich darüber einig, dass der beschleunigte Treibhausgasausstoss bereits eine geringe, aber nicht vernachlässigbare Erwärmung unseres Planeten bewirkt hat und sich die Erde im Laufe des nächsten Jahrhunderts substanziell weiter erwärmen wird, wenn wir unser Verhalten nicht ändern. Welche direkten Auswirkungen könnte die Erderwärmung für die Menschheit haben? Eine globale Erwärmung impliziert mehr als nur einen uniformen Anstieg der Temperaturen. Wissenschaftler beobachten weltweit, dass bereits zahlreiche direkte, manchmal unumkehrbare Veränderungen eingesetzt haben. Ein Beispiel: Höhere Temperaturen lassen die Gletscher schmelzen. In der Folge dürften die Meeresspiegel deutlich steigen, sodass küstennahe Städte, Agrarland und bewohnte Inseln überflutet würden. Zudem können veränderte Niederschlagsmuster Trans- porte und das Wassermanagement erschweren, sensible Biosphären bedrohen oder die landwirtschaftliche Produktivität in gewissen Weltregionen beeinträchtigen. Solche Veränderungen können schleichend vor sich gehen, sie können aber auch unvermittelt auftreten und unumkehrbar sein, sobald gewisse Schwellen überschritten werden. Wie reagieren die Regierungen rund um den Erdball und die Wissenschaft auf solche Perspektiven? 1989 richteten die globalen Regierungen den Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ein. Im Rahmen des IPCC sollen die Wissenschaftler erforschen, was mit dem Klima geschieht, und die Regierungen sollen die Schlussfolgerungen der Wissenschaftler evaluieren und dann zusammen mit den Unternehmen zu konkreten Massnahmen schreiten. Die Berichte des IPCC analysieren sämtliche publizierten klimarelevanten Forschungsergebnisse. Die auf dieser Basis prognostizierten Entwicklungen weisen eine grosse Bandbreite auf, FOTOS: KEYSTONE/EPA/BARBARA WALTON, DANIEL BRÜHLMANN/TNT-GRAPHICS.CH laufend zunehmender menschlicher Aktivitäten steigt auch die Kohlendioxidkonzentration immer schneller. Laut Messungen war die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre während rund 10 000 Jahren konstant, begann dann aber um 1750 zu steigen. Dies steht in nahezu perfektem Einklang mit der Menschheitsgeschichte, wurde doch im 18. Jahrhundert im Rahmen der industriellen Revolution mit der Verbrennung fossiler Energieträger – und folglich mit einer dramatischen Freisetzung von Treibhausgasen in der Atmosphäre – begonnen. was aber nicht ungewöhnlich ist: Die für den jüngsten (vierten) IPCC-Bericht herangezogenen Modelle ergaben bis Ende des laufenden Jahrhunderts Klimasensitivitäten von 2,1 bis 4,4 Grad Celsius. Welche Schlussfolgerungen zum Thema Klimawandel sind Ihres Erachtens letztlich am fundamentalsten? Meines Erachtens drängen sich drei Schlussfolgerungen besonders auf: Erstens erwärmt sich unser Planet, weil die Konzentration von Wärme absorbierenden Gasen in der Atmosphäre steigt. Zweitens ist dieser Anstieg der Treibhausgaskonzentration in den letzten 100 Jahren überwiegend auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen, insbesondere auf die Verbrennung fossiler Energieträger, aber auch auf die Entwaldung. Drittens und letztens wird sich der Klimawandel für die Menschheit voraussichtlich als folgenschwer erweisen. Potenzielle Auswirkungen reichen von der Bedrohung küstennaher Siedlungsgebiete über eine unsichere Lebensmittelund Wasserversorgung bis hin zu einer zunehmenden Versauerung der Ozeane, die marine Ökosysteme gefährden würde. Weshalb sollten wir Ihrer Meinung nach jetzt Gegenmassnahmen ergreifen? Zwar sind die IPCC-Prognosen alles andere als perfekt, aber sämtliche wissenschaftlichen Klimasimulationen zeigen, dass die Durchschnittstemperatur der Erde kontinuierlich steigen wird, solange die Treibhausgaskonzentrationen weiter zunehmen. Im Vergleich zu den potenziell enormen Folgekosten des Klimawandels erscheinen die Kosten für Gegenmassnahmen bescheiden. Wir können es uns meiner Ansicht nach nicht leisten, die potenzielle Bedrohung, die für die Menschheit von der Erderwärmung ausgeht, zu ignorieren. Fortzufahren wie bisher, wäre äusserst fahrlässig. So, wie sich ein Autobesitzer mittels einer kleinen Versicherungsprämie gegen Unfallfolgen schützt, sollte auch die Menschheit Massnahmen einleiten, um sich gegen die potenziell schwer wiegenden Konsequenzen des Klimawandels abzusichern. Was kann jeder Einzelne konkret tun? Einfache, alltägliche Gesten können einen kleinen Beitrag zur Milderung des Klimawandels leisten – Senkung des Energieverbrauchs, Bevorzugung nachhaltiger Ressourcen, Kauf von saisonalen und lokalen Produkten, Wahl von Transportmitteln mit geringem CO2-Ausstoss, wie zum Beispiel Fahrrädern und öffentlichem Transport. Das ist aber nur der Anfang: Für wirkliche Veränderungen sind politische Weichenstellungen notwendig, welche die Bemühungen effizient und langfristig koordinieren. Die Politik kann klimarelevante Gesetze und Vorschriften anpassen, also z.B. steuerliche Anreize schaffen und Obergrenzen für Treibhausgasemissionen einführen oder einen regulatorischen Rahmen für funktionierende Kohlenstoffmärkte schaffen. Aber auch private und institutionelle Anleger stehen in der Pflicht. Indem sie bei ihren Anlageentscheiden soziale und ökologische Gesichtspunkte einbeziehen, fördern Anleger Unternehmen, die Lösungen gegen die Klimaveränderung anbieten, anstatt diese noch zu verschärfen. Beispielsweise können Anleger in Unternehmen investieren, die effiziente Ressourcennutzung und «saubere» Energien wie Wind-, Wasser- und Solarkraft fördern, oder in Unternehmen, die neue innovative Technologien wie energiesparende Lampen oder elektrische Fahrzeuge herstellen. 13 Die Credit Suisse setzt sich seit mehr als einem Jahrzehnt aktiv für den Klimaschutz ein und arbeitet in der Schweiz seit 2006 treibhausgasneutral. Um das Ziel der Treibhausgasneutralität auch global zu erreichen, haben wir 2007 die Initiative «Credit Suisse Cares for Climate» ins Leben gerufen. Rolf Krummenacher, Head Corporate Real Estate and Services Switzerland Unsere eigene Klimabilanz verbessern Die Senkung der durch unsere betriebliche Tätigkeit verursachten Treibhausgasemissionen bildet die Basis unserer Massnahmen für den Klimaschutz. Um einen möglichst grossen Nutzen zu erzielen, setzen wir Schwerpunkte bei den grössten CO2-Verursachern, dem Energieverbrauch unserer Gebäude und bei den Geschäftsflügen. So konnten wir seit Anfang 2007 weltweit die Energieeffizienz steigern und vermehrt Flüge durch Videokonferenzen ersetzen. Dadurch Corporate Volunteering der Credit Suisse Die Credit Suisse ermutigt ihre Mitarbeitenden, sich auch im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes ehrenamtlich zu engagieren. Ein Beispiel dafür ist die Mitarbeit bei der Stiftung Bergwaldprojekt in Trin in der Schweiz, die sich für die Erhaltung von gesunden Mischwäldern in Europa einsetzt. 2009 haben sich fast 1000 Mitarbeitende der Credit Suisse mit annähernd 1700 Arbeitstagen an diesem Projekt beteiligt. Sie übernahmen zahlreiche Aufgaben wie die Suche nach jungen Bäumchen, die sie mit Drahtkäfigen vor Verbiss schützten, oder die Wiederherstellung überwucherter Waldwege und den Schutz von Bäumen vor Borkenkäfern und anderen Schädlingen. Solaranlage auf dem Dach des Uetlihof-Gebäudes Für das JugendSolar-Projekt von Greenpeace hat die Credit Suisse das Dach des Uetlihof-Bürogebäudes zur Verfügung gestellt. Schüler beteiligten sich dort am Bau einer Photovoltaikanlage, die jährlich 65 000 Kilowattstunden Strom erzeugt und direkt in das öffentliche Stromnetz einspeist. 14 FOTO: IMAGEPOINT/DANIEL VONWILLER Global treibhausgasneutral Angesichts der Herausforderungen, vor denen die Weltgemeinschaft steht, wollen wir unser Engagement für den Klimaschutz möglichst effektiv gestalten. «Credit Suisse Cares for Climate» setzt daher sowohl auf Massnahmen zur Verbesserung der eigenen Klimabilanz als auch auf Bereiche, in denen wir durch unsere Funktion als globaler Finanzdienstleister die Rolle eines Katalysators einnehmen können. Ob im Kontakt zu unseren Mitarbeitenden, Kunden und Geschäftspartnern oder im Dialog mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und weiteren Gruppierungen – wir wollen möglichst viele Ansatzpunkte nutzen, um Fortschritte beim Klimaschutz zu erzielen. konnten wir den Energieverbrauch stabilisieren und die resultierenden Gesamtemissionen sogar leicht senken. In allen unseren Niederlassungen optimieren wir konsequent den Energieverbrauch und investieren bei Neu- und Umbauten in energiesparende Technik, hochisolierende Baustoffe sowie eine energieeffiziente IT-Infrastruktur. Um Transparenz beim Energieverbrauch zu schaffen und die Bereiche zu identifizieren, in denen Optimierungen den grössten Nutzen bringen, haben wir eine spezielle Software für unsere Schweizer Liegenschaften entwickelt. Zudem erarbeiten wir zusammen mit unseren Liegenschaftsdienstleistern verbindliche Vorgaben zur Steigerung der Energieeffizienz unserer Gebäude. Durch die Sensibilisierung und Einbindung unserer externen Partner wollen wir dem Klimaschutz auch über unser eigenes Unternehmen hinaus mehr Dynamik verleihen. Wir fördern weltweit den Einsatz klimaschonender Energieträger und ersetzen fossile durch erneuerbare Energien wie Wasser- und Windkraft sowie Sonnenenergie. In der Schweiz haben wir beispielsweise für 2010 neue Stromverträge abgeschlossen und beziehen weiterhin zu 100% Energie aus zertifizierter Wasserkraft. Verbleibende Emissionen kompensieren wir in der Schweiz mit hochwertigen Emissionsreduktionszertifikaten. Mit einem Anteil von rund einem Viertel an unseren Gesamtemissionen stellen Geschäftsflüge unverändert eine grosse Herausforderung für unsere Klimabilanz dar. Um möglichst viele Flüge einzusparen, motivieren wir unsere Mitarbeitenden, für kürzere Strecken den Zug zu nutzen oder auf Telefon- und Videokonferenzen auszuweichen. Unsere Mitarbeitenden zum Klimaschutz motivieren Ohne das Mitdenken und Handeln unserer Mitarbeitenden könnten unsere Klimaziele nicht ihre volle Wirkung entfalten. Um einen möglichst grossen Nutzen für den Klimaschutz zu erzielen, motivieren wir sie, Treibhausgasemissionen im Unternehmen, aber auch in ihrem privaten Umfeld zu reduzieren. Bereits mit wenigen Massnahmen können grosse Einsparungen beim Energieverbrauch erzielt werden. Zum Beispiel indem man Energiesparlampen einsetzt, öfter auf das Auto verzichtet oder den alten Kühlschrank durch ein neues, energieeffizientes Energieeffiziente Bürogebäude 2008 hat die Credit Suisse mit der Erweiterung ihres Bürokomplexes Uetlihof in Zürich begonnen (Computersimulation). Diese Erweiterung wird nach dem Minergie-P-Eco-Standard gebaut, der höchste Anforderungen an eine energieeffiziente, ökologische und gesunde Bauweise stellt. So muss unter anderem ein Gleichgewicht zwischen Heizen und Abwärme sowie Sonneneinstrahlung und genügend Tageslicht geschaffen werden. Der Erweiterungsbau wird nur noch rund ein Zehntel der Heizenergie verbrauchen, die ein vergleichbarer Bau aus der Entstehungszeit des Uetlihofs benötigte. 15 Gerät ersetzt. Genau an diesem Punkt setzte die Credit Suisse mit einer «Energieeffizienzwoche» in Zürich an. Ziel dieser Aktion war es, die Mitarbeitenden für Klimathemen zu sensibilisieren und zum Energiesparen zu animieren. Im Rahmen der Veranstaltung konnten sich Mitarbeitende von Experten zu ihrem Energieverbrauch beraten lassen und Tipps zum Energiesparen erhalten. In der Folge haben wir mit den sogenannten «Learning Nuggets» ein interaktives Lernprogramm entwickelt, das ein Modul zum Umwelt- und Klimaschutz enthält. Dieses Programm richtet sich an alle Mitarbeitenden weltweit und soll Hintergründe und Anreize zu mehr Klimabewusstsein bieten. Neue Finanzprodukte zum Klimaschutz Das Thema Klimawandel ist nicht nur für die Gesellschaft und die Umwelt von Bedeutung, sondern gilt auch als Trend bei der Entwicklung innovativer Bankprodukte und Dienstleistungen. Die Credit Suisse hat ihre Expertise bei der Entwicklung nachhaltiger Produkte in den letzten Jahren weiter ausgebaut und bietet heute Produkte und Dienstleistungen mit Klimabezug an, wie zum Beispiel Hypotheken für klima- freundliche Immobilien und spezielle Leasingangebote für energieeffiziente Fahrzeuge. Da immer mehr Investoren nach Anlagemöglichkeiten suchen, welche die Themen Klimaschutz und erneuerbare Energien aufgreifen, hat die Credit Suisse entsprechende Indizes entwickelt. Daneben bieten wir mit dem Credit Suisse Fund (Lux) Global Responsible Equities einen Nachhaltigkeitsaktienfonds an, der in Unternehmen investiert, die ökologische und soziale Kriterien erfüllen. Darüber hinaus übernimmt die Credit Suisse eine Pionierrolle mit der Lancierung des Credit Suisse Real Estate Fund Green Property – dem ersten Schweizer Immobilienfonds, der in nachhaltige Immobilien investiert. Klimaaspekte können bei einigen Transaktionen und in bestimmten Branchen erhebliche Risiken auch für uns als Finanzdienstleister mit sich bringen. Daher schalten wir bei Geschäftsanträgen, die Klimarisiken erwarten lassen, ein detailliertes Risikoprüfungsverfahren vor. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, wird die Transaktion zur Beurteilung an einen vom Geschäftsvorgang unabhängigen Verantwortlichen weitergeleitet, der den Antrag bewilligen, unter Bedingungen annehmen oder ablehnen kann. Daneben beachten wir internationale Branchenstandards wie «Bike to Work» Im Rahmen der Aktion «Bike to Work» motivieren wir unsere Mitarbeitenden in der Schweiz, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. 2008 und 2009 wurden jeweils im Juni insgesamt rund 280 000 Kilometer zurückgelegt. Dies entspricht einer siebenfachen Erdumrundung. Energieeffizienzwoche der Credit Suisse in Zürich «Wie warm beheizen Sie Ihr Zuhause? Wie viele Flugkilometer legen Sie pro Jahr zurück? Wie oft essen Sie Fleisch?» Um Einsicht in die persönliche Energiebilanz zu gewinnen, gingen die Besucher der 2009 von der Credit Suisse in Zürich veranstalteten Energieeffizienzwoche auf einen Energieparcours und beantworteten Fragen zu ihrem persönlichen Lebensstil. Am Ende des Parcours wurde Bilanz gezogen. Ein Energiespezialist der Stadt Zürich überreichte den Teilnehmern eine persönliche Energieetikette, die den durchschnittlichen Wattverbrauch der betreffenden Person auf einer siebenstufigen Skala von A bis G anzeigte. Dabei stand A für einen sehr niedrigen und G für einen sehr hohen Energieverbrauch. «Ich war überrascht, dass die Produktion von Fleisch durch die Aufzucht der Tiere so viel Energie verschlingt. Künftig werde ich versuchen, öfters vegetarisch zu kochen», meinte eine Besucherin nach dem Blick auf ihre Energieetikette. Ein Experte vor Ort erklärte: «Wenn Sie in einer gut isolierten Wohnung leben, selten ein Flugzeug benützen und pro Jahr nur wenige Autokilometer zurücklegen, kommen Sie sicher auf einen guten Wert. Denn der hohe Treibhausgasausstoss beim Heizen mit fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas sowie beim Verbrennen von Autotreibstoffen ist hier der massgebliche Faktor.» 16 die «Equator Principles» und die «Carbon Principles» und haben interne Richtlinien für exponierte Branchen wie Bergbau, Öl- und Gasindustrie formuliert. Um auch künftig optimal auf Kundenbedürfnisse eingehen zu können, haben wir 2009 die Credit Suisse Green Business Initiative gegründet. Dieses interne Forum bringt Führungskräfte – unter anderem aus den Bereichen, Private Equity, Asset Management und Research – zusammen und bündelt Knowhow für die Entwicklung neuer nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen. Auch im Geschäft mit institutionellen Kunden haben wir unsere Kompetenz in Bereichen wie erneuerbare Energien und Klimaschutz weiter ausgebaut. Zum Tragen kommt diese Expertise unter anderem bei Kapitalmarkttransaktionen von Unternehmen, die in diesen Branchen aktiv sind. Beteiligung am internationalen Dialog FOTOS: KEYSTONE URS FLUEELER, IMAGEPOINT/HADY KHANDANI/FOTO-BEGSTEIGER.COM Die Credit Suisse beteiligt sich aktiv an der Klimadiskussion. So unterzeichnete Brady W. Dougan, CEO der Credit Suisse, anlässlich des G8-Gipfels zusammen mit weiteren Wirtschaftsführern an die Regierungschefs der G8-Staaten gerichtete Empfeh- lungen zur Klimapolitik. Zudem arbeiten wir in zahlreichen Arbeitsgruppen wie der Internationalen Handelskammer (ICC), der UNEP Finance Initiative und dem World Economic Forum (WEF) mit. Im Rahmen von Veranstaltungen, bei bilateralen Gesprächen oder durch die Mitarbeit in Netzwerken und Initiativen pflegen wir den Kontakt zu Nichtregierungsorganisationen (NGO). Selbst wenn uns einige dieser Organisationen kritisch gegenüberstehen, ist der Dialog für uns wichtig. Er fördert den Perspektivenwechsel und trägt zum gegenseitigen Verständnis und zur Lösung komplexer Fragen bei. Um die Bedeutung zielführender Massnahmen gegen den Klimawandel zu bekräftigen, unterstützte die Credit Suisse 2009 vor der Klimakonferenz von Kopenhagen einen Brief des WWF an den Bundesrat. Ausserdem nehmen wir an der Vernehmlassung zur Revision des Schweizer CO2-Gesetzes teil. Als Partner nehmen wir regelmässig an diversen Konferenzen und Initiativen teil. Dazu zählen so breit gefächerte Veranstaltungen wie der «World Future Energy Summit» in Abu Dhabi, die Minergie-P-Tage, die Ausstellung zum Thema «Bauen für die 2000Watt-Gesellschaft» und das JugendSolarProjekt von Greenpeace. Energieeffizienz auch ausserhalb der Schweiz Beim 2009 in Singapur eröffneten Rechenzentrum legten wir ebenfalls grossen Wert auf energetische und bauökologische Aspekte. Dazu zählen eine Solaranlage mit einer Leistung von bis zu 50 Kilowattstunden und die Installation reflektierender Lamellen und Fenster mit hoher Wärmedämmung zur Reduktion des Temperaturanstiegs im Gebäude. 17 Eine neue Ära der Nachhaltigkeit Die Welt steht im Zeichen beispielloser Megatrends. Ob Bevölkerungswachstum, Schwellenmärkte oder Klimawandel – globale Trends treiben uns an die Grenzen der ökologischen Tragfähigkeit. In Zukunft dürfte die Fähigkeit, ökologische und soziale Fragen zu behandeln, für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und die Finanzkraft der Unternehmen immer wichtiger werden. Eric Güller, Head Thematics and Emerging Markets Research Robert Ruttmann, Responsible Investment Strategy Die Windfarm Kentish Flats in der Themsemündung nahe Whitstable, England 18 Das moderne Konzept der Nachhaltigkeit steht seit 1983 weltweit auf der Unternehmensagenda. Damals versuchte die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der UNO den wachsenden Bedenken über die «fortschreitende Verschlechterung der menschlichen Umwelt und der natürlichen Ressourcen sowie die Folgen dieser Verschlechterung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung» zu begegnen. Vor diesem Hintergrund tauchte auch der populäre Begriff der «nachhaltigen Entwicklung» erstmals auf. Im Brundtland-Report wurde er später als Entwicklung definiert, die «den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen». Erbe der industriellen Revolution FOTO: KEYSTONE/CAMERA PRESS/ROTA Viele unserer Geschäftspraktiken haben ihre Wurzeln in der industriellen Revolution. Dieser wohl tiefgreifendste Megatrend in der Geschichte der Menschheit hatte zur Folge, dass sich Produktionsprozesse im 19. Jahrhundert schnell von der Handfertigung in kleinen Stückzahlen zur Massenproduktion mit Hilfe von Maschinen entwickelten. Zwar schuf dieser Wandel die Grundlagen für den wirtschaftlichen Wohlstand der Industrieländer; weil aber natürliche Ressourcen als unbegrenzt galten, führte er heute nicht mehr akzeptable Geschäftspraktiken herbei, so etwa das Ableiten von Abfällen in Gewässer und von Rauch in die Luft. Im Zentrum der industriellen Revolution stand die Produktion von Gütern und Dienstleistungen für den Konsum. Diese Fokussierung auf die Produktion spiegelt sich auch in unserer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die sich auf das Bruttoinlandprodukt (BIP) stützt und den Wert der in einem Land produzierten Güter und Dienstleistungen misst. Während das BIP eine präzise Bewertung von Kapitalgütern ermöglicht, ist es weniger geeignet, natürliche und menschliche Ressourcen zu messen, weil es auf der Annahme beruht, diese seien unbegrenzt und kostenlos. Nach Meinung vieler Umweltschützer schlagen Schäden am Ökosystem wegen der zusätzlichen Wirtschaftsleistung im BIP sogar positiv zu Buche und nicht negativ, wie aufgrund von zerstörten Wäldern, Luft- und Gewässerverschmutzung eigentlich anzunehmen wäre. Die Tatsache, dass die Unversehrtheit der Umwelt sowie weitere Faktoren, welche die Lebensqualität beeinträchtigen können, im BIP nicht umfassend berücksichtigt werden, erklärt möglicherweise auch, weshalb unser heutiges Modell der wirtschaftlichen Entwicklung auf die Externalisierung von Sozialund Umweltkosten an die Gesellschaft ausgerichtet ist. Externe Effekte sind Kosten, die von der Industrie verursacht, aber von der Gesellschaft getragen werden. Ein externer Effekt ist zum Beispiel die Umweltverschmutzung, die mitunter von der Regie19 Die nachhaltige Entwicklung dürfte künftig zu den treibenden Kräften des geschäftlichen Erfolgs gehören. Wasserschlepper in Darjeeling, Indien rung besteuert wird, um die Verursacher der Verschmutzung dazu zu bringen, die Produktionskosten vollständig zu «internalisieren». Bevor Schweden 1975 das Verursacherprinzip einführte, wurden Unternehmen auf der ganzen Welt indirekt dafür belohnt, wenn sie im Bestreben, ihre Kostenbasis zu minimieren, die externen Effekte maximierten. Heute findet die Zivilgesellschaft jedoch immer bessere und innovativere Wege, um die Kosten der Emissionen festzulegen und dadurch die Verschmutzung zu reduzieren. So hat etwa das Konzept des Emissionshandels – auch «Cap and Trade» genannt – als weitere innovative Methode der Emissionsreduktion zunehmend Anklang gefunden. Das System setzt auf ökonomische Anreize zur Erreichung der Reduktionsziele, indem handelbare Emissionszertifikate ausgegeben werden, die ein Verschmutzungsrecht für eine bestimmte Menge Kohlenstoff begründen. che Sanktionen. Es gibt auch zahlreiche Beispiele dafür, wie die Meinung der breiten Öffentlichkeit die Unternehmensstrategie beeinflussen kann. Im Pharmasektor hat die öffentliche Wahrnehmung bezüglich überhöhter Preise für HIV/Aids-Medikamente in Entwicklungsländern global agierende Pharmaunternehmen veranlasst, diese Medikamente für die Armen der Welt zugänglicher zu machen. Ähnlich werden im Nahrungsmittelsektor aufgrund öffentlicher Bedenken zur Fettleibigkeit (32% der Amerikaner leiden darunter) Forderungen nach strengeren Kontrollen der Vermarktung von ungesunden Nahrungsmitteln laut. Und die Öl- und Tabakindustrie (möglicherweise auch der Finanzsektor) liefern weitere Beispiele dafür, wie veränderte öffentliche Wahrnehmungen die Geschäftstätigkeit der Unternehmen beeinflussen können. Sozialvertrag zwischen Partnern Tatsächlich ist die «License to operate» heute keine Selbstverständlichkeit mehr, da Herausforderungen wie Klimawandel, Wasserknappheit und extreme Armut ein solches Ausmass erreicht haben, dass die Gesellschaft von den Unternehmen Antworten 20 Megatrend Nachhaltigkeit Heutige Geschäftspraktiken wurzeln häufig noch in der industriellen Revolution, als Ressourcen als unbegrenzt galten und die Umweltbelastung soweit möglich externalisiert wurde. Mit der Einführung und Ausweitung des Verursacherprinzips werden Unternehmen vermehrt zu einer nachhaltigen Geschäftstätigkeit angehalten. Bald wird Nachhaltigkeit zu einer treibenden Kraft des Geschäftserfolges werden. Dies eröffnet auch für Investoren neue interessante Anlagemöglichkeiten. FOTOS: KEYSTONE/RETO SINNIGER/SYLVAIN GRANDADAM/WOLGANG HOFFMANN Obwohl die Gesellschaft auf die bedeutenden Beiträge der Unternehmen – von Produktivitätsgewinnen über Innovationsförderung bis zur Schaffung von Arbeitsplätzen – angewiesen ist, sind umgekehrt auch die Unternehmen auf die öffentliche Legitimation der Gesellschaften, in denen sie operieren, angewiesen. Diese Beziehung bildet die Grundlage des übergeordneten Sozialvertrags zwischen den Unternehmen und der Gesellschaft: Die Unternehmen erhalten von der Gesellschaft eine «License to operate» (Legitimation) unter der Bedingung, einen insgesamt positiven Beitrag an die Gesellschaft zu leisten. In diesem Sinne werden Unternehmen, welche die öffentliche Meinung zu ökologischen und sozialen Themen in eklatanter Weise ignorieren, zunehmend anfälliger für öffentli- Veränderter Geschäftskontext Tanksäule in New Mexico fordert. Gleichzeitig sind multinationale Unternehmen oft besser als Regierungen in der Lage, auf globale Herausforderungen zu reagieren. So sind heute von den 100 grössten Wirtschaftseinheiten der Welt bereits 63 Konzerne, und nicht Staaten. Aufgrund des wachsenden Einflusses der Unternehmen in der Gesellschaft erscheint es wichtiger denn je, dass gewinnorientierte Firmen den Interessen der Gesellschaft nicht zuwiderhandeln. Und die Gesellschaft setzt immer mehr auf global tätige Unternehmen als einzige Institutionen, die schlagkräftig genug sind, um den enormen langfristigen Herausforderungen zu begegnen, denen das Ökosystem ausgesetzt ist. Darüber hinaus verfügen NGOs und Konsumenten dank der Verbreitung von Medientechnologien sowie der wachsenden Bedeutung von webfähigen, partizipativen Medien wie Twitter und Facebook über neue Hilfsmittel, um die Unternehmen aufzufordern, das Konzept der Nachhaltigkeit vermehrt in ihr strategisches Denken zu integrieren. Dadurch verändert sich der Geschäftskontext, denn Konsumentengruppen und Nichtregierungsorganisationen können bei der Überprüfung der Integrität des Sozialvertrags zwischen der Gesellschaft und einem bestimmten Unternehmen schneller und direkter Einfluss nehmen. Ein weiterer Faktor, der den Geschäftskontext verändert, besteht darin, dass wirtschaftlicher Mehrwert heute zunehmend durch geistiges Kapital und andere immaterielle Werte wie Ideen, Marken, Reputation, Kundendienst, Mitarbeitermotivation, Innovationsfähigkeit und Qualität der Beziehungen zu wichtigen Anspruchsgruppen (Regulierungsbehörden, Regierungen oder Nichtregierungsorganisationen) generiert wird. Wissenschaftlichen Studien zufolge machen diese immateriellen Faktoren heute 80 bis 85% des Marktwerts eines Unternehmens Ein Wissenschaftler erntet Rutenhirse für die Biokraftstoffforschung aus. Für die Unternehmen bedeutet dies, dass die Erzielung von langfristigem Shareholder Value aufgrund des wachsenden Stellenwerts von immateriellen Faktoren – darunter die Reputation einer Firma oder deren Fähigkeit, Spitzenkräfte anzuziehen – wesentlich von ihrer Fähigkeit abhängt, auf die Forderungen der Gesellschaft einzugehen. Vor einer neuen Ära nachhaltiger Anlagen Die nachhaltige Entwicklung dürfte künftig zu den treibenden Kräften des geschäftlichen Erfolgs gehören, während sich die Unternehmen der Tatsache bewusst werden, dass ihr Überleben davon abhängt, wie kompetent sie mit Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen umgehen. So gesehen wird ihr Verhalten in Fragen der Nachhaltigkeit für ihre künftige Wettbewerbsfähigkeit, ihre Profitabilität und letztlich auch für die Entwicklung ihres Aktienkurses eine immer wichtigere Rolle spielen. Es überrascht also nicht, dass immer mehr Anleger versuchen, Kriterien wie Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusstes Unternehmensverhalten in die Beurteilung des langfristigen Werts eines Unternehmens einzubeziehen. Bei der Credit Suisse erachten wir den nachhaltigen Anlageprozess als wirksames Hilfsmittel zur Steigerung der Anlageperformance, denn er ermöglicht die Identifizierung von verborgenen und potenziellen Risiken und Gelegenheiten in den Unternehmen. Daher sind wir überzeugt, dass den Interessen der Aktionäre langfristig am besten durch Unternehmen gedient ist, die ihre finanzielle Performance durch eine strategische Kontrolle ihrer wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und ethischen Performance maximieren. Somit müssen verantwortungsvolles Verhalten und wirtschaftlicher Erfolg keine Gegensätze sein. 21 In die Milderung des Klimawandels investieren Der Klimawandel ist ein Problem, welches das wirtschaftliche Umfeld revolutionieren könnte. Neue Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen sind nicht nur gut für unseren Planeten, sondern bieten auch attraktive Anlagegelegenheiten. Dr. Miroslav Durana und Dr. Pierre-Yves Bolinger, Thematisches Aktien-Research 22 Mengen an elektrischem Strom. Die steigenden Bedürfnisse im Bereich Personen- und Gütertransport werden zurzeit hauptsächlich mit Benzin oder Dieselkraftstoffen befriedigt. Starker Umsatzanstieg mit erneuerbaren Energien Im Kontext des globalen Klimawandels rechnen wir damit, dass die Regierungen Massnahmen ergreifen werden, um ihre Abhängigkeit von fossilen Energieträgern (Öl und Kohle) zu reduzieren, indem sie alternative Energien erschliessen oder Systeme zur Verbesserung der Energieeffizienz und Reduktion des Stromverbrauchs realisieren. Diese Anpassungen im Energiebereich haben tief greifende Auswirkungen auf die Investmentperspektiven. Die Entwicklung geeigneter Technologien in grossem Stil FOTOS: KEYSTONE/PAUL LANGROCK/GAETAN BALLY Zur Abschwächung der globalen Erwärmung müssen die Emissionen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) weltweit und umfassend reduziert werden. Lösungen für diese Problemstellung setzen Systeme mit ausgeprägter Skalierbarkeit auf globaler Ebene und hohem CO2-Reduktionspotenzial voraus. Um die Effizienz solcher Lösungen zu erhöhen und das höchste Potenzial zu realisieren, muss vorab analysiert werden, welche Sektoren am meisten CO2 ausstossen. Zu den wichtigsten CO2Verursachern gehören die Sektoren Transport sowie Strom- und Wärmeerzeugung, die für rund zwei Drittel der entsprechenden weltweiten Emissionen verantwortlich zeichnen (vgl. Abb. 1). Eine steigende Zahl elektronischer oder elektrisch betriebener Geräte für den Hausgebrauch oder in Gewerbegebäuden erhöht die Stromnachfrage. Auch zunehmende Industrieaktivitäten erfordern grosse Oben: Ein Mitarbeiter bei der Füllstation der Alcosuisse in Delémont Links: Der weltgrösste Solarturm im spanischen Sevilla produziert 20 Megawatt elektrische Leistung. wird äusserst umfassende Investitionen sowohl von privater Seite als auch durch die öffentliche Hand erfordern und sollte die Umsätze der Unternehmen in den betroffenen Sektoren ankurbeln (vgl. Abb. 2). Konkret erwarten wir, dass Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien von hohen Zuflüssen an Investitionskapital profitieren werden. Zu solchen Technologien zählen photovoltaische Solarsysteme, thermische Solarkraftwerke, Windturbinen, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie. Abbildung 3 zeigt, dass das Potenzial von Sonnenlicht als Energiequelle den jährlichen Gesamtenergiebedarf bei weitem (um einen Faktor von mehr als 2300) übertrifft. Effektiv handelt es sich bei Sonnenlicht um die Primärenergiequelle schlechthin, die Wind und Regen verursacht und den Pflanzen Wachstum ermöglicht. Entsprechend erwarten wir, dass (photovoltaische oder thermische) Solarener- Abbildung 1 Weltweiter Energieverbrauch nach Sektoren Quelle: IEA, Credit Suisse 10% Andere (z. B. Landwirtschaft, öffentliche Dienste) 41% Elektrizität und Heizung 6% Wohnen 20% Industrie 23% Transport 23 Prognostizierte Jahresumsätze diverser Technologien bis 2018 (in Mrd. USD) Quelle: Clean Edge, Credit Suisse in Mrd. US-Dollar 400 354 350 300 250 200 124 150 84 100 50 0 2003 45 21 18 2004 2005 61 2006 2007 2008 Windkraft Brennstoffzellen/Batterien Biomasse/Biokraftstoff Sonnenenergie 2018 Total Abbildung 3: Potenzial erneuerbarer Energien im Vergleich zur globalen Energienachfrage pro Jahr Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Credit Suisse Potenzial erneuerbarer Energien relativ zur weltweiten Energienachfrage Wasserkraft 2 Geothermie 4 Biomasse 17 Wind >160 >2300 Sonne 1 Biodiesel 24 10 100 1000 10000 giesysteme auf lange Sicht die höchsten Wachstumsraten aller Technologien im Bereich erneuerbare Energien aufweisen werden. Das Umsetzungspotenzial ist enorm und reicht von kleinen Privatprojekten über mittelgrosse gewerbliche Anwendungen bis hin zu Multi-Megawatt-Grossanlagen in WüstengebiePotenzial erneuerbarer Energien relativ zur weltweiten Energie ten, wie sie z.B. in den USA, Spanien oder möglicherweise Afrika realisiert werden. Der HauptnachWasserkraft 2 der zurzeit noch teil der Solarenergie ist ihr Preis, deutlich über dem Preis für Energie auf Basis fossiler Brennstoffe liegt. Allerdings wird4ihre Entwicklung Geothermie durch zahlreiche gesetzliche Anreize gefördert, die darauf abzielen, die Skaleneffekte zu verstärken und Biomasse 17 vor 2020 die Preisniveaus konventioneller Energiequellen zu erreichen. Dank erschwinglichen Preisniveaus und einer Wind >160 hohen Skalierbarkeit dürfte auch der Windenergiesektor substanziell expandieren. Die grössten Turbinen haben eineSonne Erzeugungskapazität von bis zu sechs Megawatt. Dies reicht aus, um den Verbrauch von rund 50001 europäischen10Haushalten 100 mit einer einzigen Anlage zu befriedigen. Derart grosse Turbinen können offensichtlich nicht in Städten installiert werden, aber sie werden in der Regel in sogenannten Windfarmen oder Windparks zusammengefasst. Interessant sind insbesondere grosse Offshore-Windfarmen, weil visuelle und lärmbedingte Störungen auf dem Meer weniger ins Index Gewicht fallen und 500derartige Anlagen von stärkeren und konstanteren 450Winden profitieren. Ähnlich wie die Solarenergie weist Windenergie einen grossen 400 Nachteil auf, erzeugt sie doch nicht konstant Strom, sondern 350 ist von sich verändernden Windbe300 dingungen abhängig. Im Gegensatz dazu 250 generieren beispielsweise die erneuerbaren Energien Wasserkraft und Biomasse 200 Strom auf konstanter Basis. Bei der Wasserkraft 150 handelt es sich um eine relativ ausgereifte Technologie, die bereits100 stark entwickelt wurde und rund 50 18% zum weltweiten Stromverbrauch beiträgt. Indessen gibt es Aug. nach03wieFeb. vor04günstige, Feb. 05 noch Feb. nicht 06 Feb. 07 F erschlossene Standorte, insbesondere für kleinere CS Biomasse Global Alternative Energy Index CS Global Wasserkraftprojekte. (pflanzliche Abfälle, MSCI World in der Regel aus der Land- oder Forstwirtschaft) wird entweder direkt zu Heizzwecken verbrannt oder für den Betrieb von Dampfturbinen eingesetzt. Zudem wird aus Biomasse Biogas gewonnen. Die zunehmend populäreren geothermischen Stromtechnologien liefern ebenfalls Energie auf konstanter Basis, müssen aber technologisch noch weiter verbessert werden. Neben erneuerbaren Energien können weitere Ressourcen einen wertvollen Beitrag zur Milderung des Klimawandels leisten. Wir denken hier etwa an die Kernkraft, die zwar hinsichtlich der radioaktiven Abfälle problematisch ist, aber durch reichlich vorhandene Uranvorkommen (die möglicherweise für über 150 Jahre genügen) besticht. Darüber hinaus ermöglichen neue Kernspaltungstechnologien eine FOTOS: KEYSTONE/JOCHEN ZICK/SERGE SCHANG Abbildung 2 Kernkraftwerk Cattenom in Frankreich Technologien zur Milderung des Klimawandels im Vergleich Solarenergie Vorteile Nachteile Aktueller Strompreis (USD/MWh) Typische Anlagengrösse (MW) Umsatzprognose (% p.a. bis 2018) Enorme freie Ressourcen verfügbar Kein Strom während der Nachtstunden 150 – 500 < 50 ca. 11% Hohes Umsetzungspotenzial Teure Technologie Geringer Unterhalt, keine beweglichen Teile Relativ niedriger Wirkungsgrad 80 –100 100 – 2000 ca. 10% 50–90 500 – 5000 40 –150 < 50 40–80 500–1000 Relativ gut prognostizierbare Stromproduktion Hohe Stromerzeugung während Verbrauchsspitzen (Klimaanlagen) Windenergie Wasserkraft Bioenergie Kernkraft Hohe freie Ressourcen verfügbar Schwankende Stromproduktion Relativ konkurrenzfähiger Preis Windleistung auf kurze Sicht relativ schwierig prognostizierbar Sehr gut skalierbar Visuelle Beeinträchtigung und Lärm Preislich konkurrenzfähig Beschränkte freie Ressourcen verfügbar Stabile und flexible Stromproduktion Zahlreiche Standorte bereits erschlossen Möglichkeit der Energiespeicherung Potenzielle Auswirkungen auf die Umwelt Preislich konkurrenzfähig Biokraftstoffe auf Basis essbarer Nutzpflanzen drücken entsprechende Rohstoffpreise nach oben Stabile und flexible Stromproduktion Eher geringe Milderung des Treibhausgasausstosses Preislich konkurrenzfähig Höchst gefährlicher Abfall Stabile und flexible Stromproduktion Sicherheitsproblem ca. 10% Keine erneuerbare Ressource Quelle: IEA, Clean Edge, Unternehmensangaben, Credit Suisse 25 Zuschauer betrachten die Wasserfontäne aus dem Abflusstunnel des XiaoLangdi-Damms in der Provinz Henan Abbildung 4: Performance des Credit Suisse Global Alternative Energy Index und des Credit Suisse Global Resource Efficiency Index im Vergleich zum MSCI World Index Quelle: Bloomberg, Credit Suisse/IDC Index 500 450 400 350 300 200 150 100 50 Feb. 06 CS Global Alternative Energy Index MSCI World 26 Technologien, die dank einem höheren Wirkungsgrad Energieeinsparungen ermöglichen, können stark zur Reduktion des CO2-Ausstosses und gleichzeitig zur Senkung der Energiekosten beitragen. Solche Technologien verfügen über enorme Umsetzungsmöglichkeiten und erfordern vergleichsweise geringe Kapitalinvestitionen. Zu ihnen zählen beispielsweise neue Licht emittierende Dioden (LED), die eine lange Lebensdauer haben (über 50 000 Stunden, gegenüber lediglich rund 1000 Stunden für herkömmliche Glühbirnen) und Stromeinsparungen von über 80% erlauben könnten. Mit effizienten Isolationsmaterialien und Fenstern kann der Energieverbrauch von Gebäuden – abhängig von der eingesetzten Technologie – um 20–30% oder mehr gesenkt werden. Ein weiteres Beispiel sind modernste Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke, die bei der Stromerzeugung weniger CO2 freisetzen, weil ihre Abwärme zentralen Heizsystemen zugeführt wird. Im Transportsektor verbessert der Fortschritt hybrider Antriebe (Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotoren) den Wirkungsgrad von Fahrzeugen (Pkw, Lkw oder Bussen) um 15–30%, was eine entsprechende Reduktion des CO2-Ausstosses bewirkt. Wie soll investiert werden? 250 Aug. 03 Feb. 04 Feb. 05 Emissionsreduktion dank höherer Effizienz Feb. 07 Feb. 08 Feb. 09 Feb. 10 CS Global Resource Efficiency Index Um eine signifikante Reduktion der Treibhausgasemissionen zu erreichen und den Klimawandel wirksam anzugehen, müssen sämtliche der genannten Technologien parallel zueinander entwickelt werden. Folglich muss die Investmentstrategie auf derselben Überlegung aufbauen und dieser mit einer breiten Diversifikation Rechnung tragen. Dies ist einer der Hauptgründe, weshalb die Credit Suisse einen ei- FOTOS: KEYSTONE/AP CHINATOPIX STR/DESAIR HEINZ LEUENBERGER/LAIF PAUL LANGROCK Verbesserung des Abfallmanagements und eine Steigerung des Wirkungsgrads. Auf lange Sicht könnte die Kernfusion (von leichten Atomen wie Wasserstoff- oder Lithiumisotopen) höchst attraktiv werden. Dies aus folgenden zwei Hauptgründen: Erstens würde die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls mit katastrophalen Folgen deutlich reduziert, weil die Fusionsreaktion ausserhalb spezifischer Reaktorbedingungen instabil wird und der Brennvorgang erlöscht. Zweitens sollte diese Technologie markant weniger Abfälle mit viel kürzeren Halbwertszeiten generieren. Luftaufnahme der Zervreila-Dammkrone und des Reservoirs nahe Vals im Kanton Graubünden genständigen indexbasierten Ansatz konzipiert hat, der sowohl sozial- als auch umweltverträgliche Anlagelösungen mit attraktivem langfristigem Performancepotenzial bietet. Diese Indizes sind auf zwei Technologiebereiche ausgerichtet, nämlich alternative Energien und Systeme zur Verbesserung der Ressourceneffizienz. Der erste Index, der Credit Suisse Global Alternative Energy Index, setzt sich aus Unternehmen zusammen, die eine Stromerzeugung mit geringen Treibhausgasemissionen in den folgenden fünf Sektoren ermöglichen: Windenergie, Solarenergie, Bioenergie, Erdgas sowie Wasserkraft/Geothermie/Brennstoffzellen/Batterien. Innerhalb dieser Sektoren werden die führenden Unternehmen ausgewählt. Die Indexzusammensetzung wird alle sechs Monate neu ausgerichtet. Diese Methode ermöglicht ein breiteres Exposure bei geringerem Risiko, und der Index entwickelt sich entsprechend der aktuellen Wirtschaftslage und des tatsächlichen technologischen Fortschritts. Der zweite Index ist der Credit Suisse Global Resource Efficiency Index, der auf einer ähnlichen Methode beruht. Er umfasst ebenfalls fünf Sektoren, Energie-, Abfall-, Wasser- und Rohmaterialeffizienz sowie Luftreinhaltung/Forstwirtschaft. Das Ziel besteht in diesen Bereichen darin, die Energienachfrage zu senken, den Verbrauch von Ressourcen effizienter und effektiver zu gestalten und damit den Klimawandel zu mildern. Eine Investition in indexbasierte Produkte oder Equity Tracker, die diese beiden Indizes vollumfänglich nachbilden, bietet unseres Erachtens ein umfassendes und breit abgestütztes Exposure gegenüber den äusserst vielversprechenden Technologien zur Milderung des Klimawandels, die wir vorstehend erläutert haben, sowie ein auf lange Sicht attraktives Risiko-Ertrags-Profil für private und/oder institutionelle Anleger. In Lösungen investieren Abschliessend stellen wir fest, dass es für das Problem des Klimawandels keine Einzellösung gibt. Vielmehr muss eine Vielzahl sich ergänzender Massnahmen ergriffen werden. Mit genügend Kapital dürften öffentliche Organisationen und Privatunternehmen neue ressourceneffiziente und/oder saubere Technologien entwickeln und verbessern oder sogar gänzlich neue Ansätze entdecken. Darüber hinaus können sie beispielsweise ihre Produktionskapazitäten weiter ausbauen und in der Folge dank Skaleneffekten ihre Produktionskosten senken. Unseres Erachtens sind Investitionen in Lösungen zur Milderung des Klimawandels für deren Entwicklung unerlässlich. Gleichzeitig bieten entsprechende Lösungsansätze aufgrund ihres Wachstumspotenzials attraktive Anlagemöglichkeiten in die langfristigen strukturellen Veränderungen, die zurzeit weltweit zu beobachten sind. 27 Keine grüne Party, eine grüne Revolution deren Umsetzung als Chance wahrnehmen. Für die Industriestaaten bedeutet dies bis 2020 eine Reduktion der CO2Emissionen um mindestens 40%, bis 2050 eine weitreichende Dekarbonisierung der Wirtschaft. Damit kommen fundamentale Veränderungen auf unsere Gesellschaft zu: «Business as usual» ist keine Option mehr. Die eigenen CO2-Emissionen zu senken, ist nur der erste Schritt für eine Bank. Sie muss jedes Geschäftsfeld darauf prüfen, ob es in einer «Low Carbon Economy» funktioniert, sagt Thomas Vellacott, Leiter Programm beim WWF Schweiz. 40% in zehn Jahren – wie soll das gehen? Wenn wir relevante Bereiche wie Gebäude oder Fahrzeuge anschauen, sehen wir, dass sich schon mit heute verfügbarer effizienter Technik solche Einsparungen sehr gut und insgesamt sehr wirtschaftlich realisieren lassen. Das Problem liegt also weniger in der Technik, sondern darin, dass heute noch in veraltete Technologie investiert wird, weil verbindliche Rahmenbedingungen fehlen. Wo sehen Sie die Rolle der Wirtschaft? Die Unternehmen müssen das ZweiGrad-Ziel und die daraus resultierenden Emissionsreduktionen mittragen und 28 Was kann die Finanzbranche dazu beitragen? Auch in dieser Branche gilt: Viele Banken reduzieren die Emissionen ihres Betriebes erfolgreich oder sie kompensieren. Das ist lobenswert, aber nur der erste Schritt auf dem Weg zur «Low Carbon Economy». Für den weiteren Weg brauchen wir eine grundsätzliche Neuausrichtung auf nachhaltige Geschäftsfelder, eine «grüne Revolution», um es mit Thomas Friedman zu sagen. Wie Friedman anmerkt, hat man heute eher den Eindruck, wir befänden uns auf einer grünen Party, bei der alle im Wesentli- FOTO: DANIEL BRÜHLMANN/TNT-GRAPHICS.CH Credit Suisse: Die Uno-Klimakonferenz von Kopenhagen war eine Enttäuschung. Warum bringt die nächste grosse Konferenz in Cancun mehr? Thomas Vellacott: Gerade die Wirtschaft hat signalisiert, dass sie verbindliche Rahmenbedingungen wünscht. Ich habe den Eindruck, dass die Wirtschaft hier wirklich ihre Position geändert hat. Unternehmen verlangen Klimaschutz mit Zähnen und verstärken ihre eigenen Klimaschutz-Massnahmen. Kopenhagen war eine Enttäuschung, aber vergessen wir nicht: Zum ersten Mal haben sich die politischen Führer der Welt an einen Tisch gesetzt und den Klimawandel zu einer TopPriorität gemacht. Es ist jetzt allgemein anerkannt, dass wir die Klimaerwärmung unter zwei Grad halten müssen, um die schlimmsten – und teuersten – Folgen des Klimawandels mit angemessener Wahrscheinlichkeit zu verhindern. Darauf muss Cancun aufbauen und die losen Enden zusammenführen. Wie weit ist die Wirtschaft mit ihrer Klimastrategie? Viele Unternehmen fangen zwar an, wirkungsvoll Emissionen zu reduzieren. Aber die allermeisten realisieren noch nicht, welche umfassenden Veränderungen auf uns zukommen. Das gilt für die Risiken und noch viel mehr für die enormen Chancen, die dieser Umbau für die Wirtschaft bringt. Einerseits müssen sich Unternehmen bewusst sein, wo sie CO2-intensive Geschäfte verfolgen, die gefährdet sind. Gleichzeitig tun sich neue Wachstumschancen auf, denn die Welt braucht ressourceneffiziente Produkte und Lösungen und sie braucht erneuerbare Energie. Thomas Vellacott, Leiter Programm, WWF Schweiz Nach Studien in Durham, Kairo und Cambridge war Thomas Vellacott drei Jahre lang als Private Banker für Citibank tätig, gefolgt von drei Jahren als Berater und Projektleiter bei McKinsey & Co. Seit 2001 ist Thomas Vellacott beim WWF Schweiz verantwortlich für die nationale und internationale Umweltschutzarbeit. Wie bei der Industrialisierung werden die Akteure besonders profitieren, die sich früh genug auf die neue Situation einstellen. Ein Beispiel: Wenn Banken heute Hypotheken für schlecht isolierte Gebäude vergeben, tragen sie das Risiko, dass das Objekt bei einem allfälligen Rückkauf deutlich weniger wert ist, wenn der Ölpreis so stark steigt, wie es die Prognosen sagen. chen so weitermachen können wie bisher und trotzdem alle gewinnen. Auch die Finanzindustrie wähnt sich noch eher auf der Party als am Anfang einer Revolution. Vielleicht auch, weil es bei einer Revolution immer Gewinner und Verlierer gibt. Was müssen Banken tun, um zu den Gewinnern zu gehören? Banken müssen vorausschauen. So wie Teile der Informatik- und Telekombranche, deren Produkte lange nur als Stromfresser wahrgenommen wurden. Viele dieser Produkte sind dramatisch energieeffizienter geworden und vor allem helfen sie, in anderen Bereichen Energie zu sparen. Videokonferenzen oder Smart-Grid-Lösungen sind zwei bekannte Beispiele. Auch die Finanzindustrie könnte sich vermehrt als Lösungsanbieterin positionieren – wenn 30 sie bereit ist, ihr gesamtes Geschäft zu durchleuchten und konsequent auf eine durch den Klimawandel geprägte Zukunft auszurichten. Dazu gehört, dass die Banken deutlicher als heute ausweisen, was ihre Ziele sind und wo sie im Vergleich dazu stehen. So können sie eine Führungsrolle auf dem Weg in eine «Low Carbon Economy» übernehmen. Was heisst das konkret fürs Geschäft? Es bedingt, weit mehr zu tun, als ein paar «nachhaltige» Nischenprodukte anzubieten. Der Übergang zu einer «Low Carbon Economy» ist vergleichbar mit der Industrialisierung. Innerhalb weniger Jahre wird sich die Wirtschaft massiv verändern. Für so massive Veränderungen braucht es immer Kapital – das ist ein Geschäft für die Banken. Wie schätzen Sie die Chance ein, dass die Finanzindustrie die Führung auf dem Weg in eine «Low Carbon Economy» übernimmt? Noch sind Maschinenbauer oder Detailhändler oft weiter. Die Finanzindustrie bringt aber zweifellos die Möglichkeiten mit, hier aufzuholen und eine langfristige Perspektive zu entwickeln. Diese Perspektive entscheidet, wie gut der Umbau zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft gelingt. Sicher ist, dass der Wandel in jedem Fall kommt. Und die Banken sind dabei weltweit in einer Schlüsselposition. FOTO: DANIEL BRÜHLMANN/TNT-GRAPHICS.CH Es braucht mehr als ein paar «nachhaltige» Nischenprodukte. Der Übergang zu einer «Low Carbon Economy» ist vergleichbar mit der Industrialisierung. Aber das Geschäft geht doch über Hypotheken für Einfamilienhäuser hinaus? Sicher, diese Überlegung müssen Banken für alle Bereiche anstellen, bei allen Firmen, die Kredite bekommen oder in die sie investieren: Wie können Unternehmen mit steigenden Preisen für Ressourcen und für CO2 umgehen? Bricht deren Geschäft weg, oder können sie ein Geschäft daraus machen? Für Bankkunden wird es wichtig, dass die Bank entsprechende Risiken und Chancen früh in ihre Analysen einbezieht. Ein gutes Beispiel dafür sind Investitionen in erneuerbare Energien. Der Markt wächst zwar immer noch beträchtlich. Aber die grössten Gewinner dieser Entwicklung sind die, die bereits vor drei oder vier Jahren den Trend erkannt und in den Sektor investiert haben. Ein anderes Beispiel ist China, wo gerade eine noch nie dagewesene Urbanisierung stattfindet. In den nächsten 20 bis 30 Jahren werden Städte wachsen und neue entstehen. Wie diese Städte gebaut werden, ist mitentscheidend dafür, ob wir die weltweiten Klimaziele erreichen oder nicht. Der WWF hat darum in China die «Low Carbon Cities Initiative» gestartet. Banken spielen dabei eine Schlüsselrolle. Impressum Herausgeber CREDIT SUISSE AG Public Policy – Sustainability Affairs Bleicherweg 33 8070 Zürich CREDIT SUISSE AG Global Research Uetlibergstrasse 231 8070 Zürich E-Mail [email protected] Redaktion Otti Bisang (verantwortlich) Robert Ruttmann Mitarbeit an dieser Ausgabe Bruno Bischoff Dr. Pierre-Yves Bolinger Dr. René Buholzer Patrik Burri Dr. Miroslav Durana Eric Güller Rolf Krummenacher Robert Ruttmann Dr. John Tobin Dr. Anette Walker Produktionsleitung Katharina Schlatter Editorial & Publications Credit Suisse Global Research Gestaltung www.tnt-graphics.ch Dieses Dokument wurde einzig zu Informationszwecken und zur Verwendung durch den Empfänger erstellt. Die darin enthaltenen Angaben sind indikativ und können jederzeit ändern. Hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Vollständigkeit dieses Dokuments wird keine Gewähr gegeben, und es wird jede Haftung für Verluste abgelehnt, die sich aus dessen Verwendung ergeben können. Dieses Dokument stellt weder ein Angebot noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Erwerb oder Verkauf von Anlageinstrumenten oder zur Vornahme sonstiger Transaktionen dar. Anleger sollten sich bewusst sein, dass Kurse sowohl steigen als auch fallen können. Aus diesem Grunde ist eine positive Performance in der Vergangenheit keine Garantie für eine positive Performance in der Zukunft. Die Performance-Angaben berücksichtigen die bei der Ausgabe und der Rücknahme erhobenen Kommissionen und Kosten nicht. Ausserdem unterliegen Anlagen in Fremdwährungen Devisenkursschwankungen. Das vorliegende Dokument darf nicht in den Vereinigten Staaten verteilt oder an US-Personen abgegeben werden. Dies gilt ebenso für andere Jurisdiktionen, ausgenommen wo in Einklang mit den anwendbaren Gesetzen. Für die Leitung der kollektiven Kapitalanlagen schweizerischen Rechts sowie als Vertreter der zum öffentlichen Vertrieb in der Schweiz zugelassenen ausländischen kollektiven Kapitalanlagen zeichnet die Credit Suisse Asset Management Funds AG, Zürich, verantwortlich. Depotbank der kollektiven Kapitalanlagen schweizerischen Rechts sowie Zahlstelle der in der Schweiz zum öffentlichen Vertrieb zugelassenen ausländischen kollektiven Kapitalanlagen ist die Credit Suisse AG, Zürich. Zeichnungen sind nur auf Basis des aktuellen Verkaufsprospekts und des letzten Jahresberichtes (bzw. Halbjahresberichtes, falls dieser aktueller ist) gültig. Der Prospekt, der vereinfachte Prospekt, die Statuten bzw. die Vertragsbedingungen sowie die Jahres- und Halbjahresberichte können bei der Credit Suisse Asset Management Funds AG, Zürich, und bei allen Banken der Credit Suisse AG in der Schweiz kostenlos bezogen werden. 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