Publikation Credit Suisse Cares for Climate

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Credit Suisse
Cares for Climate
Inhalt
04 CO2-Emissionen nach
Regionen
06 Es ist Zeit zu handeln
Dr. René Buholzer,
Head Public Policy
Dr. John Tobin,
Head Public Policy –
Sustainability Affairs
10 «Fortzufahren wie bisher,
wäre äusserst fahrlässig»
Interview mit Dr. Samuel
Jaccard vom Geologischen
Institut der ETH Zürich
14 Global treibhausgasneutral
Rolf Krummenacher,
Head Corporate Real Estate
and Services Switzerland
22 In die Milderung des
Klimawandels investieren
Dr. Pierre-Yves Bolinger und
Dr. Miroslav Durana,
Thematisches AktienResearch
28 Keine grüne Party,
eine grüne Revolution
Interview mit
Thomas Vellacott,
Leiter Programm
beim WWF Schweiz
31 Impressum
2
FOTO: KEYSTONE/JOHN MCCONNICO / TITELFOTO: ISTOCKPHOTO
18 Eine neue Ära der
Nachhaltigkeit
Eric Güller,
Head Thematics and
Emerging Markets Research
Robert Ruttmann,
Responsible Investment
Strategy
Sehr geehrte Leserin,
sehr geehrter Leser
Der Klimawandel gehört zu den grössten Herausforderungen
der Gegenwart. Basierend auf Beobachtungen der Vergangenheit und Prognosen für die Zukunft sagt die Wissenschaft
global steigende Durchschnittstemperaturen voraus. Was als
wahrscheinliche Folge der globalen Erwärmung prognostiziert
wird – Hitzewellen, schmelzende Gletscher und Polkappen,
Dürren –, ist teilweise bereits heute spürbar.
In dem Mass, wie solche Bedrohungen für viele Menschen
präsent werden, sucht auch die Staatengemeinschaft nach
Massnahmen, um dem Klimawandel zu begegnen. Denn
durch die Zunahme wetterbedingter Naturereignisse beispielsweise werden neben ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen nicht unbedeutende volkswirtschaftliche
Schäden verursacht. Diese treffen auch unsere Kunden,
Investoren, Mitarbeitenden und weitere Anspruchsgruppen.
Neben unserer gesellschaftlichen Verantwortung liegt es
somit auch in unserem wirtschaftlichen Interesse, bereits
heute Massnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen,
statt unkalkulierbare Risiken einzugehen und später möglicherweise immense Schäden beheben zu müssen. Ich bin
daher überzeugt, dass ein global wirksamer Klimaschutz
auch wirtschaftlich von grosser Bedeutung ist.
Um einen aktiven Beitrag zu leisten, engagiert sich die Credit
Suisse bereits seit mehr als einem Jahrzehnt für eine nachhaltige Entwicklung und den Klimaschutz. Seit den Anfängen
unseres Engagements ist es uns beispielsweise trotz steigenden Geschäftsvolumens gelungen, unsere CO2-Emissionen
zu senken. Einen wichtigen Meilenstein erzielten wir 2006,
als die Credit Suisse als erstes Grossunternehmen in der
Schweiz treibhausgasneutral wurde. Um dieses Ziel ab diesem Jahr auch global zu erreichen, haben wir die Initiative
«Credit Suisse Cares for Climate» ins Leben gerufen. Diese
umfasst Klimaschutzmassnahmen bei unseren betrieblichen
Aktivitäten, wobei mir jedoch ebenso wichtig erscheint, das
Engagement für den Klimaschutz auch bei unseren rund
48 000 Mitarbeitenden zu verankern.
Auf den nachfolgenden Seiten finden Sie Informationen dazu,
wie die Credit Suisse Klimaschutz betreibt. Ich würde mich
freuen, wenn wir dadurch den einen oder anderen Denkanstoss liefern können.
Dr. Hans-Ulrich Doerig,
Präsident des Verwaltungsrats der Credit Suisse Group AG
3
Nordamerika:
1717 Mio. Tonnen
Lateinamerika,
Karibik:
413 Mio. Tonnen
CO2-Emissionen
nach Regionen
Auf der Karte ist der Ausstoss von CO2 aus Verbrennung fossiler
Energieträger, der Zementherstellung und der Gasabfackelung im
Jahr 2006 dargestellt. Der grösste Teil der Emissionen verteilt sich
dabei auf die beiden wirtschaftlichen Pole Nordamerika und Asien,
insbesondere China und Indien. Während der Verbrauch in den
meisten entwickelten Ländern hoch blieb oder sogar noch weiter
angestiegen ist, haben viele Schwellenmärkte aufgrund ihres stärkeren Wirtschaftswachstums aufgeholt und in Sachen CO2-Ausstoss
viele entwickelte Länder sogar hinter sich gelassen.
Die zehn Länder mit dem höchsten CO2-Ausstoss (2006)
Im Jahr 2006 überholte China die USA als
grössten Emittenten von CO2 und setzte
sich damit weltweit an die Spitze. Indien
hat einen ähnlichen Weg eingeschlagen
und bezüglich CO2-Emissionen 1988 die
ehemalige Kolonialmacht Grossbritannien,
1995 Exportweltmeister Deutschland und
2003 Japan überrundet. Vergleicht man
jedoch den Pro-Kopf-Ausstoss von CO2,
dann liegen China und Indien weit hinter
den Industrieländern zurück. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn diese
zwei bevölkerungsreichsten Länder ihren
Pro-Kopf-Ausstoss von CO2 an westliche
Verhältnisse anpassen würden.
4
Ausstoss insgesamt in Mio. Tonnen
China
Pro-Kopf-Ausstoss in Tonnen
1665
USA
1569
USA
Kanada
Russland
427
Russland
Indien
412
Japan
Japan
Deutschland
353
220
5.18
4.55
2.99
2.80
Südkorea
2.68
Deutschland
2.67
Grossbritannien
155
Grossbritannien
Kanada
149
Italien
Südkorea
130
China
Italien
129
Indien
2.56
2.19
1.27
0.37
Osteuropa:
842 Mio. Tonnen
China, Vietnam,
Mongolei:
1719 Mio. Tonnen
Westeuropa:
963 Mio. Tonnen
Übriges Asien:
938 Mio. Tonnen
Naher Osten:
478 Mio.
Tonnen
Afrika:
291 Mio.
Tonnen
Ozeanien
inkl. Japan:
466 Mio.
Tonnen
2008: 8671 Mio. Tonnen
(Hochrechnung)
2006: 8230 Mio. Tonnen
1973: 4635 Mio. Tonnen
1980: 5332 Mio. Tonnen
Ölkrisen
CO2-Ausstoss weltweit von 1850–2006
QUELLE: CARBON DIOXIDE INFORMATION ANALYSIS CENTER,
CDIAC, HTTP://CDIAC.ORNL.GOV
Seit 1850 ist der weltweite CO2-Ausstoss von 54 Mio. Tonnen auf 8230 Mio.
Tonnen angestiegen, wobei sich die Emissionen nach 1950 massiv erhöhten.
1932: 847 Mio. Tonnen
Weltwirtschaftskrise
1850
1860
1870
1880
1890
1900
1910
1990: 6144 Mio. Tonnen
Abbau der Industrie
in Osteuropa
1945: 1160 Mio. Tonnen
Ende des Zweiten
Weltkrieges
1920
1930
1940
1950
1960
1970
1980
1990
2000
2009
5
Es ist Zeit zu handeln
Lange nur ein vages Szenario, begegnet uns der Klimawandel in
Medien, Unternehmensverlautbarungen, Gesprächen mit Bekannten.
Gemäss der Wissenschaft macht er sich in Form von häufigeren
Unwettern, Dürren und schmelzenden Gletschern bereits bemerkbar.
Dr. René Buholzer, Head Public Policy
Dr. John Tobin, Head Public Policy – Sustainability Affairs
Häufigere extreme Wetterereignisse sind erste Vorboten des Klimawandels. Erinnert sei nur an die
Orkane Lothar, Kyrill und Xynthia, drei «Jahrhundertstürme» innerhalb von gut zehn Jahren, die
weltweit jeweils Schäden in Milliardenhöhe verursachten, oder die Hitzewelle des Jahres 2003, die
in Südeuropa mehrere zehntausend Todesopfer
forderte. Auch wenn zahlreiche Details über die
Ursachen noch offen sind: Es herrscht Einigkeit
darüber, dass der Klimawandel ein weltweites
Problem darstellt, dessen Auswirkungen sich –
wenn auch in unterschiedlicher Intensität – auf dem
ganzen Globus bemerkbar machen werden.
Der Klimawandel bedroht Millionen Menschen
Es lässt sich bereits heute abschätzen, welche Gebiete besonders stark von der globalen Erwärmung
betroffen sein werden. Dazu gehören insbesondere
die grossen Flussdeltas von Brahmaputra, Ganges,
6
Mekong und Nil, die Küstenregionen im Süden der
USA, die Atolle im Pazifischen und Indischen Ozean
sowie die Wüstenränder am Tschadsee oder die
Peripherie von Peking. Steigende Meeresspiegel,
Bodenerosion und Wasserknappheit werden den
Lebensraum der in diesen Gebieten ansässigen
Menschen beeinträchtigen. Besonders ernst ist die
Situation zum Beispiel in den überbevölkerten Flussdeltas von Bangladesch. Schätzungen zufolge leben
rund zehn Millionen Bengalen in Gebieten, die weniger als einen Meter über dem Meeresspiegel liegen.
Aber auch die Zyklone mit einhergehenden Überschwemmungen machen den Menschen zu schaffen. Zudem fördern höhere Temperaturen die Ausbreitung von Krankheitserregern. Es ist gut möglich,
dass sich im Laufe dieses Jahrhunderts der Begriff
des Klimaflüchtlings in unserem Sprachgebrauch
etablieren wird.
Doch es gibt Wege, um den Herausforderungen
des Klimawandels zu begegnen. Wir müssen sie nur
beschreiten. Positiv kann gewertet werden, dass
das Wissen über die Klimaerwärmung und die damit
verbundenen Konsequenzen in den vergangenen
Jahren erheblich gewachsen ist. Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass der Mensch einen erheblichen Anteil an der globalen Erwärmung hat.
Somit ist es auch der Mensch, der den Verlauf des
Klimawandels mitbeeinflussen kann.
Konkret bedeutet dies einerseits, dass wir Anpassungs- und Schutzmassnahmen für bereits spürbare
und möglicherweise unausweichliche Klimafolgen zu
treffen haben. Dazu zählen zum Beispiel die Ausscheidung von Schutzzonen in von Überschwemmungen bedrohten Regionen, der Bau leistungsfähiger Dämme sowie die Bekämpfung von
Krankheitserregern. Ein weiterer Bereich, bei dem
FOTO: KEYSTONE/UNITED ARCHIVES/111 KPA/AQUILA
Die Welt am Wendepunkt
Bereits heute sind die Auswirkungen der Klimaerwärmung spürbar. Die Weltgemeinschaft hat in den letzten
Jahren viel Wissen um die Gefahren der globalen
Erwärmung gesammelt; nun ist es Zeit zu handeln. So
müssen Anpassungs- und Schutzmassnahmen gegen
die bereits eingetretenen Veränderungen ergriffen
werden. Jedoch muss auch der Treibhausgasausstoss
drastisch reduziert werden. Je früher wir das tun,
desto mehr Handlungsspielraum wird uns bleiben.
bereits heute Anpassungen vollzogen werden, ist
die Landwirtschaft. Hier kommen beispielsweise
effizientere Bewässerungssysteme wie die sogenannte Tröpfchenbewässerung zum Einsatz und es
werden in verschiedenen Regionen Pflanzensorten
kultiviert, die unter den geänderten Klimabedingungen besser gedeihen. Denn selbst wenn es uns
gelingt, den CO2-Ausstoss sofort merklich zu senken, werden die Folgen der Erwärmung noch einige
Jahre oder Jahrzehnte zu spüren sein. Grund dafür
ist, dass das bereits in der Atmosphäre befindliche
CO2 nur mit einer Zeitverzögerung abgebaut wird.
Unser Energieverbrauch ist der Schlüssel
Mindestens genauso wichtig wie Anpassungs- und
Schutzmassnahmen für das Unvermeidbare ist jedoch, dass wir zügig gegensteuern, indem Massnahmen gegen die weitere Erwärmung ergriffen und
irreparable Schäden vermieden werden. Dies ist nur
erreichbar, wenn es gelingt, den dynamisch steigenden Treibhausgasausstoss zu senken. Einer Untersuchung des Global Carbon Projects zufolge ist der
CO2-Ausstoss in den Jahren 2000 bis 2007 viermal
schneller gestiegen als im gesamten Jahrzehnt
zuvor. Der wichtigste Hebel zur Reduktion klimaschädlicher Emissionen ist unser Energieverbrauch.
Einerseits müssen wir die Energie weitaus effizienter
als heute einsetzen und andererseits unseren Ener7
giebedarf verstärkt aus erneuerbaren Ressourcen
wie Wasser- und Windkraft, Biomasse sowie Sonnenenergie decken.
Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel
Doch wer soll diese Aufgaben in Angriff nehmen?
Soll jedes Land seinen Ausstoss um einen bestimmten Prozentsatz reduzieren? Oder müsste eine maximale CO2-Menge pro Kopf und Jahr festgelegt
werden? Die Klimakonferenz vom Dezember 2009
in Kopenhagen hat uns vor Augen geführt, vor welchen komplexen Herausforderungen die Weltgemeinschaft steht und wie zäh solche Verhandlungen
sein können, wenn sich Grossmächte, Schwellenländer und Kleinstaaten über die notwendigen
Massnahmen uneins sind. Ziel dieser Konferenz war
es, ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Klimaprotokoll zu erarbeiten.
Im Vorfeld des Klimagipfels engagierte sich die
Credit Suisse für verbindliche und international abgestimmte Rahmenbedingungen, die ein klimaschonendes Wirtschaften fördern. Für viele enttäuschend
ist der Klimagipfel jedoch mit einem relativ unverbindlichen Abkommen zu Ende gegangen. Das Ziel,
die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen,
wurde lediglich «zur Kenntnis» genommen.
8
Dabei gibt es viele Ansatzpunkte und Strategien für
Klimaschutzmassnahmen. Jetzt geht es darum,
diese zügig auszuwerten und umzusetzen. Ein Beispiel für ein wirkungsvolles Instrument sind CO2Abgaben, also die Einführung des Verursacherprinzips beim Klimaschutz. Wie bei der Entsorgung von
Abfällen oder dem Abwasser wird der Ausstoss von
Treibhausgasen den Verursachern in Rechnung gestellt und über den Preis ein Anreiz zur Vermeidung
klimaschädlicher Emissionen gesetzt. Wichtige Impulse liefern darüber hinaus die Energieforschung
sowie die Entwicklung neuer kohlenstoffarmer Energietechnologien. Der innovationsgetriebene Energiesektor ist dabei für Unternehmen ein interessantes Wachstumssegment und für Volkswirtschaften
ein Gebiet mit beträchtlichen Exportchancen und
Beschäftigungsmöglichkeiten. Im Fokus stehen
dabei die Entwicklung einer zweiten Generation von
Biokraftstoffen und CO2-arme fossile Brennstoffe.
Die Erderwärmung könnte enorme Kosten verursachen, unseren Wohlstand gefährden und die Sicherheit bedrohen. Daher stellt sich nicht die Frage, ob
wir etwas tun wollen oder nicht. Staaten, Organisationen, Unternehmen und jeder Einzelne sind gefordert, dem Klimawandel entgegenzutreten. Je früher
und intelligenter wir das tun, desto mehr Handlungsspielraum wird uns bleiben.
FOTOS: ISTOCKPHOTO/KLAAS LINGBEEK, KEYSTONE CARO CARO/BUERGER/GAETAN BALLY
Die Erderwärmung könnte enorme Kosten
verursachen, unseren Wohlstand gefährden und
die Sicherheit bedrohen. Daher stellt sich
nicht die Frage, ob wir etwas tun wollen oder nicht.
Beschleunigte Dynamik
des Klimawandels
Seit der Entstehung der Erde vor 4,6 Milliarden Jahren unterlag das
Klima heftigen Schwankungen. Heute wissen wir, dass viele Faktoren das Erdklima beeinflussen. Dazu zählen die Aktivität der Sonne,
Russ und Luftfeuchtigkeit in der Atmosphäre, die Lage der Kontinente sowie die Meeresströmungen. Untersuchungen des antarktischen Eises zeigen zudem, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre
und die Temperatur relativ parallel steigen und fallen. Aktuell ist die
CO2-Konzentration der Atmosphäre so hoch wie seit 650 000 Jahren nicht mehr. Pro Jahr verursachen Menschen rund 6,8 Milliarden
Tonnen CO2. Davon wird nur ein Viertel durch die Vegetation ausgeglichen. Parallel zur steigenden CO2-Konzentration ist die globale
Temperatur seit Beginn der Industrialisierung um knapp ein Grad gestiegen – stärker als in den gesamten 1500 Jahren davor.
«Credit Suisse Cares for Climate»
Mit Blick auf die grossen Herausforderungen, vor der die Weltgemeinschaft steht, engagiert sich die Credit Suisse bereits seit
mehr als einem Jahrzehnt aktiv für den Klimaschutz. Aussenstehende mag das überraschen, gelten Banken ja nicht als wesentliche Emittenten klimaschädlicher Gase. Jedoch verursachten auch
wir durch unsere Geschäftstätigkeit 2009 Treibhausgase im
Umfang von 273 000 Tonnen. Im Zentrum stehen dabei sowohl
der Energieverbrauch unserer Bankliegenschaften als auch Geschäftsflüge. Zahlreiche interne Massnahmen, wie zum Beispiel
der Bezug von Elektrizität aus erneuerbaren Quellen, Gebäudesanierungen oder die Motivierung unserer Mitarbeitenden, vom
Flugzeug auf den Zug umzusteigen bzw. auf Videokonferenzen
auszuweichen, haben ermöglicht, dass wir ein Etappenziel bereits
erreicht haben und seit 2006 als erstes Grossunternehmen in der
Schweiz treibhausgasneutral arbeiten. Um dieses Ziel auch global
zu erreichen, haben wir 2007 die Initiative «Credit Suisse Cares
for Climate» ins Leben gerufen. Im Rahmen dieser Initiative setzen wir weiterhin auf Massnahmen zur Verbesserung unserer
eigenen Klimabilanz wie auch auf Bereiche, bei denen wir durch
unsere Schnittstellenfunktion als globaler Finanzdienstleister die
Rolle eines Katalysators für den Klimaschutz einnehmen können.
Ob im Kontakt mit unseren Mitarbeitenden, Kunden, Geschäftspartnern oder im Dialog mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und
Nichtregierungsorganisationen – wir wollen möglichst viele Ansatzpunkte nutzen, um Fortschritte beim Klimaschutz zu erzielen.
Ab Seite 14 finden Sie einige Massnahmen, die wir im Rahmen
unseres Engagements für den Klimaschutz bereits umgesetzt
haben.
Der Klimawandel ist in den vergangenen Jahren
vermehrt in den Mittelpunkt des öffentlichen
Interesses gerückt. Dr. Samuel Jaccard vom
Geologischen Institut der ETH Zürich erläutert
die Grundzüge des Klimawandels und die Rolle,
welche der Mensch in diesem Prozess spielt.
Robert Ruttmann, Responsible Investment Strategy
Credit Suisse: Ist Klimawandel ein
neueres Phänomen?
Samuel Jaccard: Eigentlich nicht. Das
Klima der Erde befindet sich in einem
ständigen Wandel, der auf natürlichen
astronomischen und geologischen Veränderungen beruht und in der Regel
äusserst langsam erfolgt. Allerdings hat
die Menschheit seit der industriellen
Revolution durch Verbrennung fossiler
Energieträger (hauptsächlich Kohle und
Öl), Entwaldung und Zementherstellung
einen starken Anstieg der atmosphärischen Treibhausgaskonzentrationen
verursacht. Heute ist die Konzentration
von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre
um mehr als ein Drittel höher als vor
über 200 Jahren, als die industrielle
Revolution einsetzte. Gemäss allgemeiner Auffassung erklärt diese Entwicklung auch die Tatsache, dass sich die
durchschnittliche Oberflächentemperatur unseres Planeten in den letzten 100
Jahren um rund ein Grad Celsius erhöht hat. Darüber hinaus wurden die
acht wärmsten Jahre seit Beginn der
Erhebungen im Jahr 1850 allesamt
nach 1998 verzeichnet, wobei 2005
das wärmste Jahr war, dicht gefolgt von
2009. Obwohl sich das Erdklima schon
immer verändert hat, legt dies meines
Erachtens den Schluss nahe, dass die
10
Wie lässt sich die Rolle von
Treibhausgasen bei der Erwärmung
der Oberflächentemperatur der
Erde erklären?
Ähnlich dem Glas eines Treibhauses ermöglichen die in der Atmosphäre vorhandenen Gase Leben auf der Erde,
indem sie die Sonnenwärme zurückhalten. Diese Gase sind für die Sonneneinstrahlung durchlässig und erlauben
somit eine Erwärmung der Erdoberfläche, hindern aber gleichzeitig einen Teil
der von der Erde zurückgestrahlten
Wärme daran, wieder in den Weltraum
zu entweichen. Im Prinzip schliessen
die Treibhausgase die von der Erde reflektierte Sonnenwärme in der Atmosphäre ein und tragen damit dazu bei,
dass die untere Atmosphäre und die
Erdoberfläche warm genug bleiben, um
Leben zu erhalten.
Welche Rolle spielen menschliche
Aktivitäten hinsichtlich höherer
Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre?
Die Menge der atmosphärischen Treibhausgase war während Tausenden von
Jahren praktisch im Gleichgewicht, d.h.
natürliche Prozesse absorbierten diese
Gase so schnell, wie sie freigesetzt
wurden. Die menschlichen Aktivitäten
der jüngeren Zeit haben dieses Gleichgewicht indes massiv gestört. Die Wissenschaft ist sich heute darüber einig,
dass infolge menschlicher Aktivitäten
viel mehr Treibhausgase freigesetzt
werden, als natürliche Prozesse absorbieren können, was einen Anstieg ihrer
Konzentration in der Atmosphäre zur
Folge hat.
Welche Bedeutung hat Kohlendioxid in diesem Zusammenhang?
Kohlendioxid ist ein Treibhausgas, das
bei der Verbrennung fossiler Energieträger, der Herstellung von Zement und
der Abholzung von Waldgebieten anfällt.
Kohlendioxid absorbiert Infrarotstrahlung
besonders effizient, d.h. es schliesst die
von der Erde abgestrahlte Wärme in der
Atmosphäre ein, statt sie in den Weltraum entweichen zu lassen. Angesichts
FOTO: DANIEL BRÜHLMANN/TNT-GRAPHICS.CH
«Fortzufahren wie
bisher, wäre
äusserst fahrlässig»
in letzter Zeit zu beobachtende Beschleunigung des Klimaanstiegs tatsächlich ein neueres, eng mit der Industrialisierung zusammenhängendes
Phänomen darstellen könnte.
Der Schweizer Wissenschaftler Samuel Jaccard wurde in Lausanne
geboren und promovierte an der ETH Zürich. Nach einigen Jahren
Forschungstätigkeit in Kanada kehrte er 2007 an die ETHZ zurück, wo
er nun als Senior Scientist (Oberassistent) in der Gruppe Klimageologie
des Departements Erdwissenschaften arbeitet. Dr. Jaccard ist Biogeochemiker und erforscht die Wechselwirkungen von Biomasse und Klima
im Kontext der geologischen Erdgeschichte.
Ist die Wissenschaft in der Lage, die
direkten potenziellen Aufwirkungen
des Kohlenstoffausstosses auf die
Erwärmung zu quantifizieren?
Ja, die Erwärmung aufgrund einer bestimmten Zunahme von Kohlendioxid in
der Luft lässt sich tatsächlich relativ
einfach berechnen. Dies geschieht auf
Basis von Labormessungen, die einen
sehr einfachen Zusammenhang zwischen Kohlendioxidkonzentrationen und
der Absorption von Infrarotstrahlen zeigen. Allerdings wird die Sache komplizierter, wenn diese Erwärmung in der
Atmosphäre erfolgt, weil dann Prozesse
wie die Bildung von Wolken oder Veränderungen der Schneedecke mit ins
Spiel kommen. Die durch einen bestimmten Kohlendioxidanstieg verursachte allgemeine Temperaturveränderung wird als «Klimasensitivität»
bezeichnet und ist Gegenstand der laufenden wissenschaftlichen Forschung.
12
Im Vergleich zu den potenziell
enormen Folgekosten des Klimawandels erscheinen die Kosten
für Gegenmassnahmen bescheiden.
Somit trägt ein Anstieg der Kohlendioxidemissionen wahrscheinlich
zur Erderwärmung bei?
Kurz gesagt: Ja. Die Wissenschaft ist
sich mehrheitlich darüber einig, dass
der beschleunigte Treibhausgasausstoss bereits eine geringe, aber nicht
vernachlässigbare Erwärmung unseres
Planeten bewirkt hat und sich die Erde
im Laufe des nächsten Jahrhunderts
substanziell weiter erwärmen wird,
wenn wir unser Verhalten nicht ändern.
Welche direkten Auswirkungen
könnte die Erderwärmung für die
Menschheit haben?
Eine globale Erwärmung impliziert mehr
als nur einen uniformen Anstieg der Temperaturen. Wissenschaftler beobachten
weltweit, dass bereits zahlreiche direkte,
manchmal unumkehrbare Veränderungen
eingesetzt haben. Ein Beispiel: Höhere
Temperaturen lassen die Gletscher
schmelzen. In der Folge dürften die Meeresspiegel deutlich steigen, sodass küstennahe Städte, Agrarland und bewohnte
Inseln überflutet würden. Zudem können
veränderte Niederschlagsmuster Trans-
porte und das Wassermanagement erschweren, sensible Biosphären bedrohen
oder die landwirtschaftliche Produktivität
in gewissen Weltregionen beeinträchtigen. Solche Veränderungen können
schleichend vor sich gehen, sie können
aber auch unvermittelt auftreten und unumkehrbar sein, sobald gewisse Schwellen überschritten werden.
Wie reagieren die Regierungen
rund um den Erdball und die Wissenschaft auf solche Perspektiven?
1989 richteten die globalen Regierungen den Intergovernmental Panel on
Climate Change (IPCC) ein. Im Rahmen des IPCC sollen die Wissenschaftler erforschen, was mit dem
Klima geschieht, und die Regierungen
sollen die Schlussfolgerungen der
Wissenschaftler evaluieren und dann
zusammen mit den Unternehmen zu
konkreten Massnahmen schreiten.
Die Berichte des IPCC analysieren
sämtliche publizierten klimarelevanten
Forschungsergebnisse. Die auf dieser
Basis prognostizierten Entwicklungen
weisen eine grosse Bandbreite auf,
FOTOS: KEYSTONE/EPA/BARBARA WALTON, DANIEL BRÜHLMANN/TNT-GRAPHICS.CH
laufend zunehmender menschlicher
Aktivitäten steigt auch die Kohlendioxidkonzentration immer schneller. Laut
Messungen war die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre während
rund 10 000 Jahren konstant, begann
dann aber um 1750 zu steigen. Dies
steht in nahezu perfektem Einklang mit
der Menschheitsgeschichte, wurde doch
im 18. Jahrhundert im Rahmen der industriellen Revolution mit der Verbrennung fossiler Energieträger – und folglich mit einer dramatischen Freisetzung
von Treibhausgasen in der Atmosphäre
– begonnen.
was aber nicht ungewöhnlich ist: Die
für den jüngsten (vierten) IPCC-Bericht
herangezogenen Modelle ergaben
bis Ende des laufenden Jahrhunderts
Klimasensitivitäten von 2,1 bis 4,4
Grad Celsius.
Welche Schlussfolgerungen zum
Thema Klimawandel sind Ihres
Erachtens letztlich am fundamentalsten?
Meines Erachtens drängen sich drei
Schlussfolgerungen besonders auf:
Erstens erwärmt sich unser Planet,
weil die Konzentration von Wärme
absorbierenden Gasen in der Atmosphäre steigt. Zweitens ist dieser Anstieg der Treibhausgaskonzentration
in den letzten 100 Jahren überwiegend
auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen, insbesondere auf die Verbrennung fossiler Energieträger, aber auch
auf die Entwaldung. Drittens und
letztens wird sich der Klimawandel
für die Menschheit voraussichtlich als
folgenschwer erweisen. Potenzielle
Auswirkungen reichen von der Bedrohung küstennaher Siedlungsgebiete
über eine unsichere Lebensmittelund Wasserversorgung bis hin zu einer
zunehmenden Versauerung der Ozeane,
die marine Ökosysteme gefährden
würde.
Weshalb sollten wir Ihrer Meinung
nach jetzt Gegenmassnahmen
ergreifen?
Zwar sind die IPCC-Prognosen alles
andere als perfekt, aber sämtliche
wissenschaftlichen Klimasimulationen
zeigen, dass die Durchschnittstemperatur der Erde kontinuierlich steigen
wird, solange die Treibhausgaskonzentrationen weiter zunehmen. Im
Vergleich zu den potenziell enormen
Folgekosten des Klimawandels erscheinen die Kosten für Gegenmassnahmen bescheiden.
Wir können es uns meiner Ansicht
nach nicht leisten, die potenzielle Bedrohung, die für die Menschheit von
der Erderwärmung ausgeht, zu ignorieren. Fortzufahren wie bisher, wäre
äusserst fahrlässig. So, wie sich ein
Autobesitzer mittels einer kleinen
Versicherungsprämie gegen Unfallfolgen schützt, sollte auch die Menschheit Massnahmen einleiten, um sich
gegen die potenziell schwer wiegenden Konsequenzen des Klimawandels
abzusichern.
Was kann jeder Einzelne konkret
tun?
Einfache, alltägliche Gesten können
einen kleinen Beitrag zur Milderung
des Klimawandels leisten – Senkung
des Energieverbrauchs, Bevorzugung
nachhaltiger Ressourcen, Kauf von
saisonalen und lokalen Produkten,
Wahl von Transportmitteln mit geringem
CO2-Ausstoss, wie zum Beispiel
Fahrrädern und öffentlichem Transport.
Das ist aber nur der Anfang: Für
wirkliche Veränderungen sind politische
Weichenstellungen notwendig, welche
die Bemühungen effizient und langfristig koordinieren.
Die Politik kann klimarelevante Gesetze
und Vorschriften anpassen, also z.B.
steuerliche Anreize schaffen und Obergrenzen für Treibhausgasemissionen
einführen oder einen regulatorischen
Rahmen für funktionierende Kohlenstoffmärkte schaffen. Aber auch private
und institutionelle Anleger stehen in der
Pflicht. Indem sie bei ihren Anlageentscheiden soziale und ökologische Gesichtspunkte einbeziehen, fördern Anleger Unternehmen, die Lösungen gegen
die Klimaveränderung anbieten, anstatt
diese noch zu verschärfen. Beispielsweise können Anleger in Unternehmen
investieren, die effiziente Ressourcennutzung und «saubere» Energien wie
Wind-, Wasser- und Solarkraft fördern,
oder in Unternehmen, die neue innovative Technologien wie energiesparende
Lampen oder elektrische Fahrzeuge
herstellen.
13
Die Credit Suisse setzt sich seit mehr
als einem Jahrzehnt aktiv für den Klimaschutz ein und arbeitet in der Schweiz seit
2006 treibhausgasneutral. Um das Ziel
der Treibhausgasneutralität auch global zu
erreichen, haben wir 2007 die Initiative
«Credit Suisse Cares for Climate» ins
Leben gerufen.
Rolf Krummenacher, Head Corporate Real Estate and Services Switzerland
Unsere eigene Klimabilanz verbessern
Die Senkung der durch unsere betriebliche Tätigkeit
verursachten Treibhausgasemissionen bildet die Basis
unserer Massnahmen für den Klimaschutz. Um einen
möglichst grossen Nutzen zu erzielen, setzen wir
Schwerpunkte bei den grössten CO2-Verursachern,
dem Energieverbrauch unserer Gebäude und bei den
Geschäftsflügen. So konnten wir seit Anfang 2007
weltweit die Energieeffizienz steigern und vermehrt
Flüge durch Videokonferenzen ersetzen. Dadurch
Corporate Volunteering der Credit
Suisse
Die Credit Suisse ermutigt ihre Mitarbeitenden, sich auch im Bereich des
Umwelt- und Klimaschutzes ehrenamtlich zu engagieren. Ein Beispiel dafür
ist die Mitarbeit bei der Stiftung Bergwaldprojekt in Trin in der Schweiz, die
sich für die Erhaltung von gesunden
Mischwäldern in Europa einsetzt. 2009
haben sich fast 1000 Mitarbeitende
der Credit Suisse mit annähernd 1700
Arbeitstagen an diesem Projekt beteiligt. Sie übernahmen zahlreiche Aufgaben wie die Suche nach jungen
Bäumchen, die sie mit Drahtkäfigen
vor Verbiss schützten, oder die Wiederherstellung überwucherter Waldwege
und den Schutz von Bäumen vor Borkenkäfern und anderen Schädlingen.
Solaranlage auf dem Dach des Uetlihof-Gebäudes
Für das JugendSolar-Projekt von Greenpeace hat die Credit Suisse das
Dach des Uetlihof-Bürogebäudes zur Verfügung gestellt. Schüler beteiligten sich dort am Bau einer Photovoltaikanlage, die jährlich 65 000 Kilowattstunden Strom erzeugt und direkt in das öffentliche Stromnetz einspeist.
14
FOTO: IMAGEPOINT/DANIEL VONWILLER
Global treibhausgasneutral
Angesichts der Herausforderungen, vor denen die
Weltgemeinschaft steht, wollen wir unser Engagement für den Klimaschutz möglichst effektiv gestalten. «Credit Suisse Cares for Climate» setzt daher
sowohl auf Massnahmen zur Verbesserung der eigenen Klimabilanz als auch auf Bereiche, in denen wir
durch unsere Funktion als globaler Finanzdienstleister
die Rolle eines Katalysators einnehmen können. Ob
im Kontakt zu unseren Mitarbeitenden, Kunden und
Geschäftspartnern oder im Dialog mit Vertretern aus
Wirtschaft, Politik und weiteren Gruppierungen – wir
wollen möglichst viele Ansatzpunkte nutzen, um Fortschritte beim Klimaschutz zu erzielen.
konnten wir den Energieverbrauch stabilisieren und
die resultierenden Gesamtemissionen sogar leicht
senken.
In allen unseren Niederlassungen optimieren wir konsequent den Energieverbrauch und investieren bei
Neu- und Umbauten in energiesparende Technik,
hochisolierende Baustoffe sowie eine energieeffiziente IT-Infrastruktur.
Um Transparenz beim Energieverbrauch zu schaffen
und die Bereiche zu identifizieren, in denen Optimierungen den grössten Nutzen bringen, haben wir eine
spezielle Software für unsere Schweizer Liegenschaften entwickelt. Zudem erarbeiten wir zusammen
mit unseren Liegenschaftsdienstleistern verbindliche
Vorgaben zur Steigerung der Energieeffizienz unserer
Gebäude. Durch die Sensibilisierung und Einbindung
unserer externen Partner wollen wir dem Klimaschutz
auch über unser eigenes Unternehmen hinaus mehr
Dynamik verleihen.
Wir fördern weltweit den Einsatz klimaschonender
Energieträger und ersetzen fossile durch erneuerbare
Energien wie Wasser- und Windkraft sowie Sonnenenergie. In der Schweiz haben wir beispielsweise für
2010 neue Stromverträge abgeschlossen und beziehen weiterhin zu 100% Energie aus zertifizierter
Wasserkraft. Verbleibende Emissionen kompensieren
wir in der Schweiz mit hochwertigen Emissionsreduktionszertifikaten.
Mit einem Anteil von rund einem Viertel an unseren
Gesamtemissionen stellen Geschäftsflüge unverändert eine grosse Herausforderung für unsere Klimabilanz dar. Um möglichst viele Flüge einzusparen,
motivieren wir unsere Mitarbeitenden, für kürzere
Strecken den Zug zu nutzen oder auf Telefon- und
Videokonferenzen auszuweichen.
Unsere Mitarbeitenden zum Klimaschutz
motivieren
Ohne das Mitdenken und Handeln unserer Mitarbeitenden könnten unsere Klimaziele nicht ihre volle
Wirkung entfalten. Um einen möglichst grossen Nutzen für den Klimaschutz zu erzielen, motivieren wir
sie, Treibhausgasemissionen im Unternehmen, aber
auch in ihrem privaten Umfeld zu reduzieren.
Bereits mit wenigen Massnahmen können grosse
Einsparungen beim Energieverbrauch erzielt werden.
Zum Beispiel indem man Energiesparlampen einsetzt, öfter auf das Auto verzichtet oder den alten
Kühlschrank durch ein neues, energieeffizientes
Energieeffiziente Bürogebäude
2008 hat die Credit Suisse mit der Erweiterung ihres Bürokomplexes
Uetlihof in Zürich begonnen (Computersimulation). Diese Erweiterung
wird nach dem Minergie-P-Eco-Standard gebaut, der höchste Anforderungen an eine energieeffiziente, ökologische und gesunde Bauweise
stellt. So muss unter anderem ein Gleichgewicht zwischen Heizen
und Abwärme sowie Sonneneinstrahlung und genügend Tageslicht
geschaffen werden. Der Erweiterungsbau wird nur noch rund ein
Zehntel der Heizenergie verbrauchen, die ein vergleichbarer Bau aus
der Entstehungszeit des Uetlihofs benötigte.
15
Gerät ersetzt. Genau an diesem Punkt setzte die
Credit Suisse mit einer «Energieeffizienzwoche» in
Zürich an. Ziel dieser Aktion war es, die Mitarbeitenden für Klimathemen zu sensibilisieren und zum Energiesparen zu animieren. Im Rahmen der Veranstaltung konnten sich Mitarbeitende von Experten zu
ihrem Energieverbrauch beraten lassen und Tipps
zum Energiesparen erhalten. In der Folge haben wir
mit den sogenannten «Learning Nuggets» ein interaktives Lernprogramm entwickelt, das ein Modul
zum Umwelt- und Klimaschutz enthält. Dieses Programm richtet sich an alle Mitarbeitenden weltweit
und soll Hintergründe und Anreize zu mehr Klimabewusstsein bieten.
Neue Finanzprodukte zum Klimaschutz
Das Thema Klimawandel ist nicht nur für die Gesellschaft und die Umwelt von Bedeutung, sondern gilt
auch als Trend bei der Entwicklung innovativer Bankprodukte und Dienstleistungen. Die Credit Suisse hat
ihre Expertise bei der Entwicklung nachhaltiger Produkte in den letzten Jahren weiter ausgebaut und
bietet heute Produkte und Dienstleistungen mit Klimabezug an, wie zum Beispiel Hypotheken für klima-
freundliche Immobilien und spezielle Leasingangebote
für energieeffiziente Fahrzeuge.
Da immer mehr Investoren nach Anlagemöglichkeiten suchen, welche die Themen Klimaschutz und
erneuerbare Energien aufgreifen, hat die Credit Suisse entsprechende Indizes entwickelt. Daneben bieten wir mit dem Credit Suisse Fund (Lux) Global
Responsible Equities einen Nachhaltigkeitsaktienfonds an, der in Unternehmen investiert, die ökologische und soziale Kriterien erfüllen. Darüber hinaus
übernimmt die Credit Suisse eine Pionierrolle mit der
Lancierung des Credit Suisse Real Estate Fund
Green Property – dem ersten Schweizer Immobilienfonds, der in nachhaltige Immobilien investiert.
Klimaaspekte können bei einigen Transaktionen und
in bestimmten Branchen erhebliche Risiken auch für
uns als Finanzdienstleister mit sich bringen. Daher
schalten wir bei Geschäftsanträgen, die Klimarisiken
erwarten lassen, ein detailliertes Risikoprüfungsverfahren vor. Um Interessenkonflikte zu vermeiden,
wird die Transaktion zur Beurteilung an einen vom
Geschäftsvorgang unabhängigen Verantwortlichen
weitergeleitet, der den Antrag bewilligen, unter Bedingungen annehmen oder ablehnen kann. Daneben
beachten wir internationale Branchenstandards wie
«Bike to Work»
Im Rahmen der Aktion «Bike to Work»
motivieren wir unsere Mitarbeitenden
in der Schweiz, mit dem Fahrrad zur
Arbeit zu fahren. 2008 und 2009
wurden jeweils im Juni insgesamt
rund 280 000 Kilometer zurückgelegt.
Dies entspricht einer siebenfachen
Erdumrundung.
Energieeffizienzwoche der Credit Suisse in Zürich
«Wie warm beheizen Sie Ihr Zuhause? Wie viele Flugkilometer legen Sie pro Jahr
zurück? Wie oft essen Sie Fleisch?» Um Einsicht in die persönliche Energiebilanz
zu gewinnen, gingen die Besucher der 2009 von der Credit Suisse in Zürich
veranstalteten Energieeffizienzwoche auf einen Energieparcours und beantworteten
Fragen zu ihrem persönlichen Lebensstil. Am Ende des Parcours wurde Bilanz
gezogen. Ein Energiespezialist der Stadt Zürich überreichte den Teilnehmern eine
persönliche Energieetikette, die den durchschnittlichen Wattverbrauch der betreffenden Person auf einer siebenstufigen Skala von A bis G anzeigte. Dabei stand A
für einen sehr niedrigen und G für einen sehr hohen Energieverbrauch. «Ich war
überrascht, dass die Produktion von Fleisch durch die Aufzucht der Tiere so viel
Energie verschlingt. Künftig werde ich versuchen, öfters vegetarisch zu kochen»,
meinte eine Besucherin nach dem Blick auf ihre Energieetikette. Ein Experte vor
Ort erklärte: «Wenn Sie in einer gut isolierten Wohnung leben, selten ein Flugzeug
benützen und pro Jahr nur wenige Autokilometer zurücklegen, kommen Sie sicher
auf einen guten Wert. Denn der hohe Treibhausgasausstoss beim Heizen mit
fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas sowie beim Verbrennen von Autotreibstoffen
ist hier der massgebliche Faktor.»
16
die «Equator Principles» und die «Carbon Principles»
und haben interne Richtlinien für exponierte Branchen wie Bergbau, Öl- und Gasindustrie formuliert.
Um auch künftig optimal auf Kundenbedürfnisse
eingehen zu können, haben wir 2009 die Credit
Suisse Green Business Initiative gegründet. Dieses
interne Forum bringt Führungskräfte – unter anderem
aus den Bereichen, Private Equity, Asset Management und Research – zusammen und bündelt Knowhow für die Entwicklung neuer nachhaltiger Produkte
und Dienstleistungen.
Auch im Geschäft mit institutionellen Kunden haben
wir unsere Kompetenz in Bereichen wie erneuerbare
Energien und Klimaschutz weiter ausgebaut. Zum
Tragen kommt diese Expertise unter anderem bei
Kapitalmarkttransaktionen von Unternehmen, die in
diesen Branchen aktiv sind.
Beteiligung am internationalen Dialog
FOTOS: KEYSTONE URS FLUEELER, IMAGEPOINT/HADY KHANDANI/FOTO-BEGSTEIGER.COM
Die Credit Suisse beteiligt sich aktiv an der Klimadiskussion. So unterzeichnete Brady W. Dougan,
CEO der Credit Suisse, anlässlich des G8-Gipfels
zusammen mit weiteren Wirtschaftsführern an die
Regierungschefs der G8-Staaten gerichtete Empfeh-
lungen zur Klimapolitik. Zudem arbeiten wir in zahlreichen Arbeitsgruppen wie der Internationalen
Handelskammer (ICC), der UNEP Finance Initiative
und dem World Economic Forum (WEF) mit.
Im Rahmen von Veranstaltungen, bei bilateralen Gesprächen oder durch die Mitarbeit in Netzwerken und
Initiativen pflegen wir den Kontakt zu Nichtregierungsorganisationen (NGO). Selbst wenn uns einige
dieser Organisationen kritisch gegenüberstehen, ist
der Dialog für uns wichtig. Er fördert den Perspektivenwechsel und trägt zum gegenseitigen Verständnis
und zur Lösung komplexer Fragen bei.
Um die Bedeutung zielführender Massnahmen gegen
den Klimawandel zu bekräftigen, unterstützte die
Credit Suisse 2009 vor der Klimakonferenz von Kopenhagen einen Brief des WWF an den Bundesrat.
Ausserdem nehmen wir an der Vernehmlassung zur
Revision des Schweizer CO2-Gesetzes teil.
Als Partner nehmen wir regelmässig an diversen
Konferenzen und Initiativen teil. Dazu zählen so breit
gefächerte Veranstaltungen wie der «World Future
Energy Summit» in Abu Dhabi, die Minergie-P-Tage,
die Ausstellung zum Thema «Bauen für die 2000Watt-Gesellschaft» und das JugendSolarProjekt von
Greenpeace.
Energieeffizienz auch ausserhalb der Schweiz
Beim 2009 in Singapur eröffneten Rechenzentrum legten wir ebenfalls
grossen Wert auf energetische und bauökologische Aspekte. Dazu
zählen eine Solaranlage mit einer Leistung von bis zu 50 Kilowattstunden
und die Installation reflektierender Lamellen und Fenster mit hoher
Wärmedämmung zur Reduktion des Temperaturanstiegs im Gebäude.
17
Eine neue Ära
der Nachhaltigkeit
Die Welt steht im Zeichen beispielloser Megatrends. Ob Bevölkerungswachstum, Schwellenmärkte oder Klimawandel – globale
Trends treiben uns an die Grenzen der ökologischen Tragfähigkeit.
In Zukunft dürfte die Fähigkeit, ökologische und soziale Fragen
zu behandeln, für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und die
Finanzkraft der Unternehmen immer wichtiger werden.
Eric Güller, Head Thematics and Emerging Markets Research
Robert Ruttmann, Responsible Investment Strategy
Die Windfarm Kentish Flats in der Themsemündung nahe Whitstable, England
18
Das moderne Konzept der Nachhaltigkeit steht seit
1983 weltweit auf der Unternehmensagenda. Damals versuchte die Weltkommission für Umwelt und
Entwicklung der UNO den wachsenden Bedenken
über die «fortschreitende Verschlechterung der
menschlichen Umwelt und der natürlichen Ressourcen sowie die Folgen dieser Verschlechterung für
die wirtschaftliche und soziale Entwicklung» zu begegnen. Vor diesem Hintergrund tauchte auch der
populäre Begriff der «nachhaltigen Entwicklung»
erstmals auf. Im Brundtland-Report wurde er später
als Entwicklung definiert, die «den Bedürfnissen der
heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre
eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen».
Erbe der industriellen Revolution
FOTO: KEYSTONE/CAMERA PRESS/ROTA
Viele unserer Geschäftspraktiken haben ihre Wurzeln
in der industriellen Revolution. Dieser wohl tiefgreifendste Megatrend in der Geschichte der Menschheit
hatte zur Folge, dass sich Produktionsprozesse im
19. Jahrhundert schnell von der Handfertigung in
kleinen Stückzahlen zur Massenproduktion mit Hilfe
von Maschinen entwickelten. Zwar schuf dieser Wandel die Grundlagen für den wirtschaftlichen Wohlstand der Industrieländer; weil aber natürliche Ressourcen als unbegrenzt galten, führte er heute nicht
mehr akzeptable Geschäftspraktiken herbei, so etwa
das Ableiten von Abfällen in Gewässer und von
Rauch in die Luft. Im Zentrum der industriellen Revolution stand die Produktion von Gütern und Dienstleistungen für den Konsum. Diese Fokussierung auf
die Produktion spiegelt sich auch in unserer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die sich auf das
Bruttoinlandprodukt (BIP) stützt und den Wert der in
einem Land produzierten Güter und Dienstleistungen
misst. Während das BIP eine präzise Bewertung von
Kapitalgütern ermöglicht, ist es weniger geeignet,
natürliche und menschliche Ressourcen zu messen,
weil es auf der Annahme beruht, diese seien unbegrenzt und kostenlos. Nach Meinung vieler Umweltschützer schlagen Schäden am Ökosystem wegen
der zusätzlichen Wirtschaftsleistung im BIP sogar
positiv zu Buche und nicht negativ, wie aufgrund von
zerstörten Wäldern, Luft- und Gewässerverschmutzung eigentlich anzunehmen wäre.
Die Tatsache, dass die Unversehrtheit der Umwelt
sowie weitere Faktoren, welche die Lebensqualität
beeinträchtigen können, im BIP nicht umfassend
berücksichtigt werden, erklärt möglicherweise auch,
weshalb unser heutiges Modell der wirtschaftlichen
Entwicklung auf die Externalisierung von Sozialund Umweltkosten an die Gesellschaft ausgerichtet
ist. Externe Effekte sind Kosten, die von der Industrie verursacht, aber von der Gesellschaft getragen
werden. Ein externer Effekt ist zum Beispiel die
Umweltverschmutzung, die mitunter von der Regie19
Die nachhaltige Entwicklung
dürfte künftig zu den
treibenden Kräften des
geschäftlichen Erfolgs
gehören.
Wasserschlepper in Darjeeling, Indien
rung besteuert wird, um die Verursacher der Verschmutzung dazu zu bringen, die Produktionskosten vollständig zu «internalisieren».
Bevor Schweden 1975 das Verursacherprinzip einführte, wurden Unternehmen auf der ganzen Welt
indirekt dafür belohnt, wenn sie im Bestreben, ihre
Kostenbasis zu minimieren, die externen Effekte
maximierten. Heute findet die Zivilgesellschaft jedoch immer bessere und innovativere Wege, um die
Kosten der Emissionen festzulegen und dadurch
die Verschmutzung zu reduzieren. So hat etwa das
Konzept des Emissionshandels – auch «Cap and
Trade» genannt – als weitere innovative Methode
der Emissionsreduktion zunehmend Anklang gefunden. Das System setzt auf ökonomische Anreize
zur Erreichung der Reduktionsziele, indem handelbare Emissionszertifikate ausgegeben werden, die
ein Verschmutzungsrecht für eine bestimmte Menge
Kohlenstoff begründen.
che Sanktionen. Es gibt auch zahlreiche Beispiele
dafür, wie die Meinung der breiten Öffentlichkeit die
Unternehmensstrategie beeinflussen kann. Im Pharmasektor hat die öffentliche Wahrnehmung bezüglich überhöhter Preise für HIV/Aids-Medikamente in
Entwicklungsländern global agierende Pharmaunternehmen veranlasst, diese Medikamente für die
Armen der Welt zugänglicher zu machen. Ähnlich
werden im Nahrungsmittelsektor aufgrund öffentlicher Bedenken zur Fettleibigkeit (32% der Amerikaner leiden darunter) Forderungen nach strengeren
Kontrollen der Vermarktung von ungesunden Nahrungsmitteln laut. Und die Öl- und Tabakindustrie
(möglicherweise auch der Finanzsektor) liefern weitere Beispiele dafür, wie veränderte öffentliche
Wahrnehmungen die Geschäftstätigkeit der Unternehmen beeinflussen können.
Sozialvertrag zwischen Partnern
Tatsächlich ist die «License to operate» heute keine
Selbstverständlichkeit mehr, da Herausforderungen
wie Klimawandel, Wasserknappheit und extreme
Armut ein solches Ausmass erreicht haben, dass
die Gesellschaft von den Unternehmen Antworten
20
Megatrend Nachhaltigkeit
Heutige Geschäftspraktiken wurzeln häufig noch in der
industriellen Revolution, als Ressourcen als unbegrenzt
galten und die Umweltbelastung soweit möglich externalisiert wurde. Mit der Einführung und Ausweitung des
Verursacherprinzips werden Unternehmen vermehrt zu
einer nachhaltigen Geschäftstätigkeit angehalten. Bald
wird Nachhaltigkeit zu einer treibenden Kraft des Geschäftserfolges werden. Dies eröffnet auch für Investoren neue interessante Anlagemöglichkeiten.
FOTOS: KEYSTONE/RETO SINNIGER/SYLVAIN GRANDADAM/WOLGANG HOFFMANN
Obwohl die Gesellschaft auf die bedeutenden Beiträge der Unternehmen – von Produktivitätsgewinnen über Innovationsförderung bis zur Schaffung
von Arbeitsplätzen – angewiesen ist, sind umgekehrt auch die Unternehmen auf die öffentliche
Legitimation der Gesellschaften, in denen sie operieren, angewiesen. Diese Beziehung bildet die
Grundlage des übergeordneten Sozialvertrags zwischen den Unternehmen und der Gesellschaft: Die
Unternehmen erhalten von der Gesellschaft eine
«License to operate» (Legitimation) unter der Bedingung, einen insgesamt positiven Beitrag an die Gesellschaft zu leisten. In diesem Sinne werden Unternehmen, welche die öffentliche Meinung zu
ökologischen und sozialen Themen in eklatanter
Weise ignorieren, zunehmend anfälliger für öffentli-
Veränderter Geschäftskontext
Tanksäule in New Mexico
fordert. Gleichzeitig sind multinationale Unternehmen oft besser als Regierungen in der Lage, auf
globale Herausforderungen zu reagieren. So sind
heute von den 100 grössten Wirtschaftseinheiten
der Welt bereits 63 Konzerne, und nicht Staaten.
Aufgrund des wachsenden Einflusses der Unternehmen in der Gesellschaft erscheint es wichtiger
denn je, dass gewinnorientierte Firmen den Interessen der Gesellschaft nicht zuwiderhandeln. Und die
Gesellschaft setzt immer mehr auf global tätige
Unternehmen als einzige Institutionen, die schlagkräftig genug sind, um den enormen langfristigen
Herausforderungen zu begegnen, denen das Ökosystem ausgesetzt ist.
Darüber hinaus verfügen NGOs und Konsumenten
dank der Verbreitung von Medientechnologien
sowie der wachsenden Bedeutung von webfähigen,
partizipativen Medien wie Twitter und Facebook
über neue Hilfsmittel, um die Unternehmen aufzufordern, das Konzept der Nachhaltigkeit vermehrt in
ihr strategisches Denken zu integrieren. Dadurch
verändert sich der Geschäftskontext, denn Konsumentengruppen und Nichtregierungsorganisationen
können bei der Überprüfung der Integrität des Sozialvertrags zwischen der Gesellschaft und einem
bestimmten Unternehmen schneller und direkter
Einfluss nehmen.
Ein weiterer Faktor, der den Geschäftskontext verändert, besteht darin, dass wirtschaftlicher Mehrwert heute zunehmend durch geistiges Kapital und
andere immaterielle Werte wie Ideen, Marken, Reputation, Kundendienst, Mitarbeitermotivation, Innovationsfähigkeit und Qualität der Beziehungen zu
wichtigen Anspruchsgruppen (Regulierungsbehörden, Regierungen oder Nichtregierungsorganisationen) generiert wird. Wissenschaftlichen Studien zufolge machen diese immateriellen Faktoren heute
80 bis 85% des Marktwerts eines Unternehmens
Ein Wissenschaftler erntet Rutenhirse für die Biokraftstoffforschung
aus. Für die Unternehmen bedeutet dies, dass die
Erzielung von langfristigem Shareholder Value aufgrund des wachsenden Stellenwerts von immateriellen Faktoren – darunter die Reputation einer Firma
oder deren Fähigkeit, Spitzenkräfte anzuziehen –
wesentlich von ihrer Fähigkeit abhängt, auf die
Forderungen der Gesellschaft einzugehen.
Vor einer neuen Ära nachhaltiger Anlagen
Die nachhaltige Entwicklung dürfte künftig zu den
treibenden Kräften des geschäftlichen Erfolgs gehören, während sich die Unternehmen der Tatsache
bewusst werden, dass ihr Überleben davon abhängt, wie kompetent sie mit Umwelt-, Sozial- und
Governance-Themen umgehen. So gesehen wird
ihr Verhalten in Fragen der Nachhaltigkeit für ihre
künftige Wettbewerbsfähigkeit, ihre Profitabilität
und letztlich auch für die Entwicklung ihres Aktienkurses eine immer wichtigere Rolle spielen. Es
überrascht also nicht, dass immer mehr Anleger
versuchen, Kriterien wie Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusstes Unternehmensverhalten in die
Beurteilung des langfristigen Werts eines Unternehmens einzubeziehen.
Bei der Credit Suisse erachten wir den nachhaltigen Anlageprozess als wirksames Hilfsmittel zur
Steigerung der Anlageperformance, denn er ermöglicht die Identifizierung von verborgenen und
potenziellen Risiken und Gelegenheiten in den Unternehmen. Daher sind wir überzeugt, dass den
Interessen der Aktionäre langfristig am besten
durch Unternehmen gedient ist, die ihre finanzielle
Performance durch eine strategische Kontrolle ihrer
wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und ethischen Performance maximieren. Somit müssen
verantwortungsvolles Verhalten und wirtschaftlicher
Erfolg keine Gegensätze sein.
21
In die Milderung des
Klimawandels investieren
Der Klimawandel ist ein Problem, welches das wirtschaftliche
Umfeld revolutionieren könnte. Neue Technologien zur Nutzung
erneuerbarer Energiequellen sind nicht nur gut für unseren
Planeten, sondern bieten auch attraktive Anlagegelegenheiten.
Dr. Miroslav Durana und Dr. Pierre-Yves Bolinger, Thematisches Aktien-Research
22
Mengen an elektrischem Strom. Die steigenden
Bedürfnisse im Bereich Personen- und Gütertransport werden zurzeit hauptsächlich mit Benzin oder
Dieselkraftstoffen befriedigt.
Starker Umsatzanstieg mit
erneuerbaren Energien
Im Kontext des globalen Klimawandels rechnen wir
damit, dass die Regierungen Massnahmen ergreifen werden, um ihre Abhängigkeit von fossilen Energieträgern (Öl und Kohle) zu reduzieren, indem sie
alternative Energien erschliessen oder Systeme zur
Verbesserung der Energieeffizienz und Reduktion
des Stromverbrauchs realisieren. Diese Anpassungen im Energiebereich haben tief greifende Auswirkungen auf die Investmentperspektiven. Die Entwicklung geeigneter Technologien in grossem Stil
FOTOS: KEYSTONE/PAUL LANGROCK/GAETAN BALLY
Zur Abschwächung der globalen Erwärmung müssen die Emissionen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) weltweit und umfassend reduziert
werden. Lösungen für diese Problemstellung setzen Systeme mit ausgeprägter Skalierbarkeit auf
globaler Ebene und hohem CO2-Reduktionspotenzial voraus. Um die Effizienz solcher Lösungen zu
erhöhen und das höchste Potenzial zu realisieren,
muss vorab analysiert werden, welche Sektoren am
meisten CO2 ausstossen. Zu den wichtigsten CO2Verursachern gehören die Sektoren Transport sowie
Strom- und Wärmeerzeugung, die für rund zwei
Drittel der entsprechenden weltweiten Emissionen
verantwortlich zeichnen (vgl. Abb. 1). Eine steigende Zahl elektronischer oder elektrisch betriebener Geräte für den Hausgebrauch oder in Gewerbegebäuden erhöht die Stromnachfrage. Auch
zunehmende Industrieaktivitäten erfordern grosse
Oben: Ein Mitarbeiter bei der Füllstation der Alcosuisse in Delémont
Links: Der weltgrösste Solarturm im spanischen Sevilla produziert 20 Megawatt
elektrische Leistung.
wird äusserst umfassende Investitionen sowohl von
privater Seite als auch durch die öffentliche Hand
erfordern und sollte die Umsätze der Unternehmen
in den betroffenen Sektoren ankurbeln (vgl. Abb. 2).
Konkret erwarten wir, dass Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien von hohen Zuflüssen
an Investitionskapital profitieren werden. Zu solchen Technologien zählen photovoltaische Solarsysteme, thermische Solarkraftwerke, Windturbinen, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie.
Abbildung 3 zeigt, dass das Potenzial von Sonnenlicht als Energiequelle den jährlichen Gesamtenergiebedarf bei weitem (um einen Faktor von mehr als
2300) übertrifft. Effektiv handelt es sich bei Sonnenlicht um die Primärenergiequelle schlechthin, die
Wind und Regen verursacht und den Pflanzen
Wachstum ermöglicht. Entsprechend erwarten wir,
dass (photovoltaische oder thermische) Solarener-
Abbildung 1
Weltweiter Energieverbrauch nach Sektoren
Quelle: IEA, Credit Suisse
10% Andere
(z. B. Landwirtschaft,
öffentliche Dienste)
41% Elektrizität
und Heizung
6% Wohnen
20% Industrie
23% Transport
23
Prognostizierte Jahresumsätze diverser Technologien
bis 2018 (in Mrd. USD)
Quelle: Clean Edge, Credit Suisse
in Mrd. US-Dollar
400
354
350
300
250
200
124
150
84
100
50
0
2003
45
21
18
2004
2005
61
2006
2007
2008
Windkraft
Brennstoffzellen/Batterien
Biomasse/Biokraftstoff
Sonnenenergie
2018
Total
Abbildung 3:
Potenzial erneuerbarer Energien im Vergleich
zur globalen Energienachfrage pro Jahr
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Credit Suisse
Potenzial
erneuerbarer Energien relativ zur weltweiten Energienachfrage
Wasserkraft
2
Geothermie
4
Biomasse
17
Wind
>160
>2300
Sonne
1
Biodiesel
24
10
100
1000
10000
giesysteme auf lange Sicht die höchsten Wachstumsraten aller Technologien im Bereich erneuerbare
Energien aufweisen werden. Das Umsetzungspotenzial ist enorm und reicht von kleinen Privatprojekten
über mittelgrosse gewerbliche Anwendungen bis hin
zu Multi-Megawatt-Grossanlagen
in WüstengebiePotenzial erneuerbarer Energien
relativ zur weltweiten Energie
ten, wie sie z.B. in den USA, Spanien oder möglicherweise Afrika realisiert werden. Der HauptnachWasserkraft
2 der zurzeit noch
teil der Solarenergie
ist ihr Preis,
deutlich über dem Preis für Energie auf Basis fossiler Brennstoffe
liegt. Allerdings wird4ihre Entwicklung
Geothermie
durch zahlreiche gesetzliche Anreize gefördert, die
darauf abzielen, die Skaleneffekte zu verstärken und
Biomasse
17
vor 2020 die Preisniveaus
konventioneller Energiequellen zu erreichen.
Dank erschwinglichen
Preisniveaus und einer
Wind
>160
hohen Skalierbarkeit dürfte auch der Windenergiesektor substanziell expandieren. Die grössten Turbinen haben eineSonne
Erzeugungskapazität von bis zu
sechs Megawatt. Dies reicht aus, um den Verbrauch von rund 50001 europäischen10Haushalten 100
mit einer einzigen Anlage zu befriedigen. Derart
grosse Turbinen können offensichtlich nicht in
Städten installiert werden, aber sie werden in der
Regel in sogenannten Windfarmen oder Windparks
zusammengefasst. Interessant sind insbesondere
grosse Offshore-Windfarmen, weil visuelle und
lärmbedingte Störungen
auf dem Meer weniger ins
Index
Gewicht fallen und
500derartige Anlagen von stärkeren
und konstanteren
450Winden profitieren. Ähnlich wie
die Solarenergie weist Windenergie einen grossen
400
Nachteil auf, erzeugt sie doch nicht konstant
Strom, sondern 350
ist von sich verändernden Windbe300
dingungen abhängig.
Im Gegensatz dazu
250 generieren beispielsweise die
erneuerbaren Energien
Wasserkraft und Biomasse
200
Strom auf konstanter Basis. Bei der Wasserkraft
150
handelt es sich um eine relativ ausgereifte Technologie, die bereits100
stark entwickelt wurde und rund
50
18% zum weltweiten
Stromverbrauch beiträgt. Indessen gibt es Aug.
nach03wieFeb.
vor04günstige,
Feb. 05 noch
Feb. nicht
06
Feb. 07
F
erschlossene Standorte, insbesondere für kleinere
CS Biomasse
Global Alternative
Energy Index
CS Global
Wasserkraftprojekte.
(pflanzliche
Abfälle,
MSCI
World
in der Regel aus der Land- oder Forstwirtschaft)
wird entweder direkt zu Heizzwecken verbrannt
oder für den Betrieb von Dampfturbinen eingesetzt.
Zudem wird aus Biomasse Biogas gewonnen. Die
zunehmend populäreren geothermischen Stromtechnologien liefern ebenfalls Energie auf konstanter Basis, müssen aber technologisch noch weiter
verbessert werden.
Neben erneuerbaren Energien können weitere
Ressourcen einen wertvollen Beitrag zur Milderung
des Klimawandels leisten. Wir denken hier etwa an
die Kernkraft, die zwar hinsichtlich der radioaktiven
Abfälle problematisch ist, aber durch reichlich vorhandene Uranvorkommen (die möglicherweise für
über 150 Jahre genügen) besticht. Darüber hinaus
ermöglichen neue Kernspaltungstechnologien eine
FOTOS: KEYSTONE/JOCHEN ZICK/SERGE SCHANG
Abbildung 2
Kernkraftwerk Cattenom in Frankreich
Technologien zur Milderung des Klimawandels im Vergleich
Solarenergie
Vorteile
Nachteile
Aktueller
Strompreis
(USD/MWh)
Typische
Anlagengrösse (MW)
Umsatzprognose (% p.a.
bis 2018)
Enorme freie Ressourcen verfügbar
Kein Strom während der
Nachtstunden
150 – 500
< 50
ca. 11%
Hohes Umsetzungspotenzial
Teure Technologie
Geringer Unterhalt, keine
beweglichen Teile
Relativ niedriger Wirkungsgrad
80 –100
100 – 2000
ca. 10%
50–90
500 – 5000
40 –150
< 50
40–80
500–1000
Relativ gut prognostizierbare
Stromproduktion
Hohe Stromerzeugung während
Verbrauchsspitzen (Klimaanlagen)
Windenergie
Wasserkraft
Bioenergie
Kernkraft
Hohe freie Ressourcen verfügbar
Schwankende Stromproduktion
Relativ konkurrenzfähiger Preis
Windleistung auf kurze Sicht
relativ schwierig prognostizierbar
Sehr gut skalierbar
Visuelle Beeinträchtigung und
Lärm
Preislich konkurrenzfähig
Beschränkte freie Ressourcen
verfügbar
Stabile und flexible Stromproduktion
Zahlreiche Standorte bereits
erschlossen
Möglichkeit der Energiespeicherung
Potenzielle Auswirkungen auf
die Umwelt
Preislich konkurrenzfähig
Biokraftstoffe auf Basis essbarer
Nutzpflanzen drücken entsprechende Rohstoffpreise nach oben
Stabile und flexible Stromproduktion
Eher geringe Milderung des
Treibhausgasausstosses
Preislich konkurrenzfähig
Höchst gefährlicher Abfall
Stabile und flexible Stromproduktion
Sicherheitsproblem
ca. 10%
Keine erneuerbare Ressource
Quelle: IEA, Clean Edge, Unternehmensangaben, Credit Suisse
25
Zuschauer betrachten die Wasserfontäne aus dem Abflusstunnel des XiaoLangdi-Damms in der Provinz Henan
Abbildung 4:
Performance des Credit Suisse Global Alternative Energy
Index und des Credit Suisse Global Resource Efficiency Index
im Vergleich zum MSCI World Index
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse/IDC
Index
500
450
400
350
300
200
150
100
50
Feb. 06
CS Global Alternative Energy Index
MSCI World
26
Technologien, die dank einem höheren Wirkungsgrad
Energieeinsparungen ermöglichen, können stark zur
Reduktion des CO2-Ausstosses und gleichzeitig zur
Senkung der Energiekosten beitragen. Solche Technologien verfügen über enorme Umsetzungsmöglichkeiten und erfordern vergleichsweise geringe Kapitalinvestitionen. Zu ihnen zählen beispielsweise neue
Licht emittierende Dioden (LED), die eine lange Lebensdauer haben (über 50 000 Stunden, gegenüber
lediglich rund 1000 Stunden für herkömmliche Glühbirnen) und Stromeinsparungen von über 80% erlauben könnten. Mit effizienten Isolationsmaterialien und
Fenstern kann der Energieverbrauch von Gebäuden
– abhängig von der eingesetzten Technologie – um
20–30% oder mehr gesenkt werden. Ein weiteres
Beispiel sind modernste Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke, die bei der Stromerzeugung weniger CO2
freisetzen, weil ihre Abwärme zentralen Heizsystemen zugeführt wird. Im Transportsektor verbessert
der Fortschritt hybrider Antriebe (Kombination von
Elektro- und Verbrennungsmotoren) den Wirkungsgrad von Fahrzeugen (Pkw, Lkw oder Bussen) um
15–30%, was eine entsprechende Reduktion des
CO2-Ausstosses bewirkt.
Wie soll investiert werden?
250
Aug. 03 Feb. 04 Feb. 05
Emissionsreduktion dank höherer Effizienz
Feb. 07
Feb. 08
Feb. 09
Feb. 10
CS Global Resource Efficiency Index
Um eine signifikante Reduktion der Treibhausgasemissionen zu erreichen und den Klimawandel wirksam anzugehen, müssen sämtliche der genannten
Technologien parallel zueinander entwickelt werden.
Folglich muss die Investmentstrategie auf derselben
Überlegung aufbauen und dieser mit einer breiten
Diversifikation Rechnung tragen. Dies ist einer der
Hauptgründe, weshalb die Credit Suisse einen ei-
FOTOS: KEYSTONE/AP CHINATOPIX STR/DESAIR HEINZ LEUENBERGER/LAIF PAUL LANGROCK
Verbesserung des Abfallmanagements und eine
Steigerung des Wirkungsgrads. Auf lange Sicht
könnte die Kernfusion (von leichten Atomen wie
Wasserstoff- oder Lithiumisotopen) höchst attraktiv
werden. Dies aus folgenden zwei Hauptgründen:
Erstens würde die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls
mit katastrophalen Folgen deutlich reduziert, weil
die Fusionsreaktion ausserhalb spezifischer Reaktorbedingungen instabil wird und der Brennvorgang
erlöscht. Zweitens sollte diese Technologie markant
weniger Abfälle mit viel kürzeren Halbwertszeiten
generieren.
Luftaufnahme der Zervreila-Dammkrone und des Reservoirs nahe Vals im Kanton Graubünden
genständigen indexbasierten Ansatz konzipiert hat,
der sowohl sozial- als auch umweltverträgliche Anlagelösungen mit attraktivem langfristigem Performancepotenzial bietet. Diese Indizes sind auf zwei
Technologiebereiche ausgerichtet, nämlich alternative Energien und Systeme zur Verbesserung der
Ressourceneffizienz. Der erste Index, der Credit
Suisse Global Alternative Energy Index, setzt sich
aus Unternehmen zusammen, die eine Stromerzeugung mit geringen Treibhausgasemissionen in den
folgenden fünf Sektoren ermöglichen: Windenergie,
Solarenergie, Bioenergie, Erdgas sowie Wasserkraft/Geothermie/Brennstoffzellen/Batterien. Innerhalb dieser Sektoren werden die führenden Unternehmen ausgewählt. Die Indexzusammensetzung
wird alle sechs Monate neu ausgerichtet. Diese
Methode ermöglicht ein breiteres Exposure bei geringerem Risiko, und der Index entwickelt sich entsprechend der aktuellen Wirtschaftslage und des
tatsächlichen technologischen Fortschritts. Der
zweite Index ist der Credit Suisse Global Resource
Efficiency Index, der auf einer ähnlichen Methode
beruht. Er umfasst ebenfalls fünf Sektoren, Energie-, Abfall-, Wasser- und Rohmaterialeffizienz sowie
Luftreinhaltung/Forstwirtschaft. Das Ziel besteht in
diesen Bereichen darin, die Energienachfrage zu
senken, den Verbrauch von Ressourcen effizienter
und effektiver zu gestalten und damit den Klimawandel zu mildern. Eine Investition in indexbasierte
Produkte oder Equity Tracker, die diese beiden Indizes vollumfänglich nachbilden, bietet unseres Erachtens ein umfassendes und breit abgestütztes
Exposure gegenüber den äusserst vielversprechenden Technologien zur Milderung des Klimawandels,
die wir vorstehend erläutert haben, sowie ein auf
lange Sicht attraktives Risiko-Ertrags-Profil für private und/oder institutionelle Anleger.
In Lösungen investieren
Abschliessend stellen wir fest, dass es für das Problem des
Klimawandels keine Einzellösung gibt. Vielmehr muss eine
Vielzahl sich ergänzender Massnahmen ergriffen werden.
Mit genügend Kapital dürften öffentliche Organisationen und
Privatunternehmen neue ressourceneffiziente und/oder saubere
Technologien entwickeln und verbessern oder sogar gänzlich
neue Ansätze entdecken. Darüber hinaus können sie beispielsweise ihre Produktionskapazitäten weiter ausbauen und in der
Folge dank Skaleneffekten ihre Produktionskosten senken.
Unseres Erachtens sind Investitionen in Lösungen zur Milderung
des Klimawandels für deren Entwicklung unerlässlich. Gleichzeitig bieten entsprechende Lösungsansätze aufgrund ihres
Wachstumspotenzials attraktive Anlagemöglichkeiten in die
langfristigen strukturellen Veränderungen, die zurzeit weltweit
zu beobachten sind.
27
Keine grüne
Party, eine
grüne Revolution
deren Umsetzung als Chance wahrnehmen. Für die Industriestaaten bedeutet
dies bis 2020 eine Reduktion der CO2Emissionen um mindestens 40%, bis
2050 eine weitreichende Dekarbonisierung der Wirtschaft. Damit kommen
fundamentale Veränderungen auf unsere Gesellschaft zu: «Business as
usual» ist keine Option mehr.
Die eigenen CO2-Emissionen zu senken, ist
nur der erste Schritt für eine Bank. Sie muss
jedes Geschäftsfeld darauf prüfen, ob es in
einer «Low Carbon Economy» funktioniert,
sagt Thomas Vellacott, Leiter Programm beim
WWF Schweiz.
40% in zehn Jahren – wie soll das
gehen?
Wenn wir relevante Bereiche wie
Gebäude oder Fahrzeuge anschauen,
sehen wir, dass sich schon mit heute
verfügbarer effizienter Technik solche
Einsparungen sehr gut und insgesamt
sehr wirtschaftlich realisieren lassen.
Das Problem liegt also weniger in der
Technik, sondern darin, dass heute
noch in veraltete Technologie investiert
wird, weil verbindliche Rahmenbedingungen fehlen.
Wo sehen Sie die Rolle der
Wirtschaft?
Die Unternehmen müssen das ZweiGrad-Ziel und die daraus resultierenden
Emissionsreduktionen mittragen und
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Was kann die Finanzbranche dazu
beitragen?
Auch in dieser Branche gilt: Viele
Banken reduzieren die Emissionen
ihres Betriebes erfolgreich oder sie
kompensieren. Das ist lobenswert,
aber nur der erste Schritt auf dem
Weg zur «Low Carbon Economy». Für
den weiteren Weg brauchen wir eine
grundsätzliche Neuausrichtung auf
nachhaltige Geschäftsfelder, eine
«grüne Revolution», um es mit Thomas
Friedman zu sagen. Wie Friedman
anmerkt, hat man heute eher den
Eindruck, wir befänden uns auf einer
grünen Party, bei der alle im Wesentli-
FOTO: DANIEL BRÜHLMANN/TNT-GRAPHICS.CH
Credit Suisse: Die Uno-Klimakonferenz von Kopenhagen war
eine Enttäuschung. Warum bringt
die nächste grosse Konferenz in
Cancun mehr?
Thomas Vellacott: Gerade die Wirtschaft hat signalisiert, dass sie verbindliche Rahmenbedingungen wünscht.
Ich habe den Eindruck, dass die Wirtschaft hier wirklich ihre Position geändert hat. Unternehmen verlangen Klimaschutz mit Zähnen und verstärken
ihre eigenen Klimaschutz-Massnahmen. Kopenhagen war eine Enttäuschung, aber vergessen wir nicht: Zum
ersten Mal haben sich die politischen
Führer der Welt an einen Tisch gesetzt
und den Klimawandel zu einer TopPriorität gemacht. Es ist jetzt allgemein
anerkannt, dass wir die Klimaerwärmung unter zwei Grad halten müssen,
um die schlimmsten – und teuersten –
Folgen des Klimawandels mit angemessener Wahrscheinlichkeit zu verhindern. Darauf muss Cancun aufbauen
und die losen Enden zusammenführen.
Wie weit ist die Wirtschaft mit ihrer
Klimastrategie?
Viele Unternehmen fangen zwar an,
wirkungsvoll Emissionen zu reduzieren.
Aber die allermeisten realisieren noch
nicht, welche umfassenden Veränderungen auf uns zukommen. Das gilt für
die Risiken und noch viel mehr für die
enormen Chancen, die dieser Umbau
für die Wirtschaft bringt. Einerseits
müssen sich Unternehmen bewusst
sein, wo sie CO2-intensive Geschäfte
verfolgen, die gefährdet sind. Gleichzeitig tun sich neue Wachstumschancen auf, denn die Welt braucht
ressourceneffiziente Produkte und
Lösungen und sie braucht erneuerbare
Energie.
Thomas Vellacott, Leiter
Programm, WWF Schweiz
Nach Studien in Durham, Kairo
und Cambridge war Thomas
Vellacott drei Jahre lang als
Private Banker für Citibank
tätig, gefolgt von drei Jahren
als Berater und Projektleiter
bei McKinsey & Co. Seit 2001
ist Thomas Vellacott beim WWF
Schweiz verantwortlich für die
nationale und internationale
Umweltschutzarbeit.
Wie bei der Industrialisierung werden
die Akteure besonders profitieren, die
sich früh genug auf die neue Situation
einstellen. Ein Beispiel: Wenn Banken
heute Hypotheken für schlecht isolierte
Gebäude vergeben, tragen sie das
Risiko, dass das Objekt bei einem
allfälligen Rückkauf deutlich weniger
wert ist, wenn der Ölpreis so stark
steigt, wie es die Prognosen sagen.
chen so weitermachen können wie
bisher und trotzdem alle gewinnen.
Auch die Finanzindustrie wähnt sich
noch eher auf der Party als am Anfang einer Revolution. Vielleicht auch,
weil es bei einer Revolution immer
Gewinner und Verlierer gibt.
Was müssen Banken tun, um zu
den Gewinnern zu gehören?
Banken müssen vorausschauen. So
wie Teile der Informatik- und Telekombranche, deren Produkte lange nur als
Stromfresser wahrgenommen wurden.
Viele dieser Produkte sind dramatisch
energieeffizienter geworden und vor
allem helfen sie, in anderen Bereichen
Energie zu sparen. Videokonferenzen
oder Smart-Grid-Lösungen sind zwei
bekannte Beispiele. Auch die Finanzindustrie könnte sich vermehrt als Lösungsanbieterin positionieren – wenn
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sie bereit ist, ihr gesamtes Geschäft
zu durchleuchten und konsequent auf
eine durch den Klimawandel geprägte
Zukunft auszurichten. Dazu gehört,
dass die Banken deutlicher als heute
ausweisen, was ihre Ziele sind und wo
sie im Vergleich dazu stehen. So können sie eine Führungsrolle auf dem
Weg in eine «Low Carbon Economy»
übernehmen.
Was heisst das konkret fürs
Geschäft?
Es bedingt, weit mehr zu tun, als ein
paar «nachhaltige» Nischenprodukte
anzubieten. Der Übergang zu einer
«Low Carbon Economy» ist vergleichbar
mit der Industrialisierung. Innerhalb
weniger Jahre wird sich die Wirtschaft
massiv verändern. Für so massive Veränderungen braucht es immer Kapital –
das ist ein Geschäft für die Banken.
Wie schätzen Sie die Chance
ein, dass die Finanzindustrie die
Führung auf dem Weg in eine «Low
Carbon Economy» übernimmt?
Noch sind Maschinenbauer oder Detailhändler oft weiter. Die Finanzindustrie bringt aber zweifellos die Möglichkeiten mit, hier aufzuholen und eine
langfristige Perspektive zu entwickeln.
Diese Perspektive entscheidet, wie gut
der Umbau zu einer kohlenstoffarmen
Wirtschaft gelingt. Sicher ist, dass der
Wandel in jedem Fall kommt. Und die
Banken sind dabei weltweit in einer
Schlüsselposition.
FOTO: DANIEL BRÜHLMANN/TNT-GRAPHICS.CH
Es braucht mehr als ein paar
«nachhaltige» Nischenprodukte.
Der Übergang zu einer «Low
Carbon Economy» ist vergleichbar
mit der Industrialisierung.
Aber das Geschäft geht doch
über Hypotheken für Einfamilienhäuser hinaus?
Sicher, diese Überlegung müssen Banken für alle Bereiche anstellen, bei
allen Firmen, die Kredite bekommen
oder in die sie investieren: Wie können
Unternehmen mit steigenden Preisen
für Ressourcen und für CO2 umgehen?
Bricht deren Geschäft weg, oder können sie ein Geschäft daraus machen?
Für Bankkunden wird es wichtig, dass
die Bank entsprechende Risiken und
Chancen früh in ihre Analysen einbezieht. Ein gutes Beispiel dafür sind Investitionen in erneuerbare Energien.
Der Markt wächst zwar immer noch beträchtlich. Aber die grössten Gewinner
dieser Entwicklung sind die, die bereits
vor drei oder vier Jahren den Trend
erkannt und in den Sektor investiert
haben. Ein anderes Beispiel ist China,
wo gerade eine noch nie dagewesene
Urbanisierung stattfindet. In den nächsten 20 bis 30 Jahren werden Städte
wachsen und neue entstehen. Wie
diese Städte gebaut werden, ist mitentscheidend dafür, ob wir die weltweiten
Klimaziele erreichen oder nicht. Der
WWF hat darum in China die «Low
Carbon Cities Initiative» gestartet. Banken spielen dabei eine Schlüsselrolle.
Impressum
Herausgeber
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8070 Zürich
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E-Mail
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Redaktion
Otti Bisang (verantwortlich)
Robert Ruttmann
Mitarbeit an dieser Ausgabe
Bruno Bischoff
Dr. Pierre-Yves Bolinger
Dr. René Buholzer
Patrik Burri
Dr. Miroslav Durana
Eric Güller
Rolf Krummenacher
Robert Ruttmann
Dr. John Tobin
Dr. Anette Walker
Produktionsleitung
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Editorial & Publications
Credit Suisse Global Research
Gestaltung
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