Navigierte Knieendoprothese Medizinische Universität Graz in Kooperation mit Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. KAGes-Services / PE-Services Pflege-Bildung Universitätslehrgang Sonderausbildung in der Pflege im Operationsbereich Abschlussarbeit zur Erlangung der Zusatzbezeichnung Akademisch geprüfte Expertin in der Pflege im Operationsbereich vorgelegt von Olha Kaufmann Matrikelnummer:1433233 Betreuerin Mag. Hannelore Steininger Graz, Mai 2015 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ............................................................................................... 1 1.1 1.2 2 Zielsetzung und Fragestellung .............................................................. 2 Literaturrecherche................................................................................... 2 Das Kniegelenk ..................................................................................... 3 2.1 Anatomische Grundlage des Kniegelenks............................................ 3 2.1.1 2.2 Das künstliche Kniegelenk ..................................................................... 7 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 3 Aufklärung des Patienten und Anästhesieverfahren ......................... 11 Präoperative Pflege ............................................................................... 12 3.2.1 3.2.2 3.3 3.4 3.5 Vorbereitung von Software und Instrumente .................................... 13 Lagerung des Patienten .................................................................... 14 Intraoperative Pflege ............................................................................. 16 3.3.1 Operationsablauf .............................................................................. 16 Postoperative Pflege ............................................................................. 20 Komplikationen ..................................................................................... 20 3.5.1 3.5.2 Allgemeine Komplikationen .............................................................. 20 Spezielle Komplikationen .................................................................. 21 Rehabilitation ...................................................................................... 26 4.1 5 6 7 8 Arten, Materialien der Implantate ........................................................ 8 Haltbarkeit der Implantate ................................................................... 9 Operationsverfahren ........................................................................... 9 CT-freies Navigationssystem ............................................................ 10 Indikationen und Kontraindikationen ................................................. 10 Implantation mit Stryker Navigationssystem ................................... 11 3.1 3.2 4 Pathophysiologie. Gonarthrose........................................................... 5 Sport und Berufsleben mit Knieprothese ........................................... 27 Schlussfolgerungen ........................................................................... 29 Zusammenfassung ............................................................................. 30 Literaturverzeichnis ............................................................................ 32 Abbildungsverzeichnis ....................................................................... 33 1 Einleitung 1Durch die steigende Lebenserwartung der Menschen treten häufig krankhafte Veränderungen und schmerzhafte Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk auf (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 3). Gerade das Kniegelenk als größtes Gelenk des menschlichen Körpers erleidet durch große Belastungen im Beruf und Freizeit vielfach Schädigungen. Der häufigste Grund für das Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks ist der Verschleiß des Gelenkknorpels. Bei fortgeschrittener Gonarthrose, wenn die konservativen Therapien erfolglos bleiben, wird ein künstliches Kniegelenk implantiert. Heutzutage gehört der endoprothethische Ersatz von Gelenken zu den erfolgreichsten Operationen im „orthopädisch-unfallchirurgischen Alltag“. Für die Patienten ergeben sich Langzeitperspektiven auf mehr als 15-jährige gesteigerte Lebensqualität (Wirtz, 2011, S. V). Bei der Implantation eines künstlichen Kniegelenks ist es wichtig, dass es richtig positioniert wird. Seit Mitte der 1990 Jahre werden die Computerassistierten Operationen mit dem Ziel eingesetzt, die Gelenkendoprothese genau auf die Anatomie des Patienten anzurichten (Krukenmeyer, Möllenhof, 2013, S. 241). Darüber hinaus ist eine reduzierte Röntgenbelastung für das OP-Personal gegeben. Daraus ergibt sich eine mögliche Verkürzung des Krankenhausaufenthaltes, sowie eine Verbesserung der Gelenkstabilität. Unter anderem erfüllt vor allem das Stryker-Navigationssystem diese Anforderungen (Stryker Navigation, 2007, S. 2). Die Kniegelenkimplantation mit einem CT-freien Navigationssystem kommt häufig in der Privatklinik der Kreuzschwestern in Graz, in der die Autorin tätig ist, zur Anwendung. Es ist mit den zugehörigen Instrumenten für verschiedene Implantatsystemen geeignet (Stryker Navigation, 2007, S. 2). Schlüsselwörter: navigierte Knieendoprothese, Endoprothetik, OP-Pflege. 1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit auf die Verwendung von Doppelformen oder anderer Kennzeichen für weibliche und männliche Personen verzichtet. Alle Passagen im Text sind daher als geschlechtsneutral zu betrachten. 1 1.1 Zielsetzung und Fragestellung Die Zielsetzung der Arbeit ist die Vertiefung der Kenntnisse über die navigierte Knieendoprothese und dadurch eine gute Beherrschung dieser OP-Methode, die zum Vorteil für Patienten und OP-Pflegepersonen ist. Es ergeben sich folgende Fragestellungen: 1. Welche Patienten kommen für die navigierte Knieendoprothese in Frage und welche Vorteile hat der Patient durch die Implantation? 2. Welche Rolle hat die OP-Pflegeperson bei der prä-, intra- und postoperativen Unterstützung? 1.2 Literaturrecherche Die Suche nach relevanter Literatur für diese Arbeit fand zwischen Oktober 2014 und Jänner 2015 statt. Die Literaturrecherche erfolgte in den Datenbanken von Medpilot, Pubmed, Med Uni Graz, Google Scholar sowie in Fachbüchern. Es wurden die Suchbegriffe wie Navigation, Endoprothetik, Knieendoprothese, OPPflege, Anatomie, knee, endoprosthesis, surgical verwendet. Die Grundlagen für die Abschlussarbeit stammen von Unterlagen der Firma Stryker- Navigationssystem. Verwendet wurde Literatur im Zeitraum 2007 bis 2015. 2 2 Das Kniegelenk Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Anatomie des Kniegelenks und der Pathophysiologie der Gonarthrose, um anschließend das künstliche Kniegelenk, die Materialien, Haltbarkeit der Implantate, Operationsverfahren, Indikationen und Kontraindikationen zur Kniegelenkimplantation zu beschreiben. Damit wird die Frage, welche Patienten für eine navigierte Knieendoprothese in Frage kommen und welche Vorteile der Patient durch die Implantation hat, beantwortet. Das menschliche Kniegelenk ist das größte Gelenk des menschlichen Körpers. Funktionell kann sich das Knie sowohl strecken als auch beugen. In der Beugeposition ist noch eine axiale Längsrotation möglich. Damit bleibt beim Tragen des Körpergewichtes hohe Stabilität erhalten (Wirtz, 2011, S. 1). 2.1 Anatomische Grundlage des Kniegelenks Das Kniegelenk (Articulatio genus) ist ein kompliziertes Gelenk. Es setzt sich aus drei Knochen, den Femur, der Patella und der Tibia zusammen, und kann als Drehscharniergelenk (Trochoginglymus) angesehen werden (Anderhuber et al., 2012, S. 320). Die Gelenkskörper bilden sich aus den Femurkondylen und den Tibiakondylen. Am Femur ist der Condylus lataralis vorne breiter als hinten. Der Condylus medialis weist eine gleichmäßige Breite auf. Die Femurkondylen haben eine konvexe Form (nach außen gewölbt). Der Krümmungsradius nimmt nach hinten zu. Der Tibiakopf bildet sich aus dem Condylus lateralis und dem Condylus medialis, die durch die Eminentia intercondylaris voneinander getrennt wird. Sie sind leicht nach innen gekrümmt (Werner, 2014, S. 260). Die Kondylen von Oberschenkelknochen und Schienbein führen Beuge- und Streckbewegungen aus. Im gebeugten Zustand ist eine geringe Innen- und Außenrotation möglich. Durch Bänder (s. Abb. 1) wird das Kniegelenk geführt. Zur Vergrößerung der Gelenkfläche und zum Ausgleich von Knochenunebenheiten liegen medial und lateral zwei knorpelige Strukturen, der Innenmeniskus und der Außenmeniskus. Der innere Meniskus ist halbmondförmig, der äußere Meniskus ist kreisförmig. Sie sind auf den Gelenkflächen des Schienbeins verschieblich und beweglich, obwohl sie an ihren verdickten Außenrand mit der Gelenkkapsel 3 verwachsen sind. Die Menisken besitzen eine gewisse Elastizität, wodurch sie Belastungen ausgleichen können, welche auf das Knie einwirken. Abbildung 1: Kniegelenk (Quelle: www.cyber.com, 2015) Die Kreuzbänder (vorderes und hinteres Kreuzband) sind zwei starke sich überkreuzende Bänder innerhalb des Kniegelenkes. Ihre Funktion ist es, eine Verschiebung der beiden Gelenkanteile nach vorne oder nach hinten zu verhindern. Weiter wird die Kniegelenkskapsel durch das mediale und laterale Seitenband verstärkt. Von der Gelenksschleimhaut wird Gelenksflüssigkeit produziert. Das ermöglicht die reibungsfreie Beweglichkeit des Kniegelenkes (Huch, Jürgens, 2011, S. 123f.). Die Patella ist das größte Sesambein des menschlichen Körpers, die in die Strecksehne des Muskulus quadriceps femoris eingelagert ist. Sie hat eine dreieckige Form. Kranial (zu Kopf hin) befinden sich die Basis patellae und kaudal (zu den Füßen) - der Apex patellae (Wirtz, 2011, S. 4). Die Patella hat keine eigene Bewegungsfunktion. Bei der Extension des Kniegelenks (Streckung) gleitet sie nach kranial, bei Flexion (Beugung) nach kaudal. Die passive Bewegungen der Patella sind bei gestreckten Kniegelenk nach medial und lateral möglich (Eggers, 2012, S. 20). Unterhalb der Patella (Kniescheibe) liegt ein verformbarer Fettkörper. Dieser passt sich der Stellung des Kniegelenks an. Durch die wirkende Muskulatur wird das Kniegelenk physiologisch bewegt und stabilisiert (Huch, Jürgens, 2011, S. 124). Dazu gehört: Musculus quadriceps femoris, ischiocruale Muskulatur (Musculus biceps femoris, 4 Musculus semitendinosus, Musculus semimembranosus), Musculus popliteus (Kniekehlenmuskel) sowie Gelenkkapsel, Seitenbänder, Kreuzbänder, Haltebänder und Meniskus (Krukenmeyer, Möllenhof, 2013, S. 130). Die Blutversorgung des Gelenks erfolgt durch die Arteria poplitea. Sie verzweigt sich auf fünf Ästen: Arteria superior lateralis und medialis genus, Arteria media genus, Arteria inferior lateralis und medialis genus. Diese zarten Gefäße versorgen die Gelenkkapsel des Kniegelenks (Wirtz, 2011, S. 15). Die Versorgung des Kniegelenks ist von allen Nerven die auch Muskeln innervieren, gewährleistet. Folgende Nerven, die zur Gelenkkapsel und zum Bandapparat strömen, sind zu erwähnen: Rami articulares des Nervus femoralis, Rami articulares des Nervus tibialis, Rami articulares aus dem Nervus peroneus communis, Rami articularis aus dem Ramus posterius des Nervus obturatorius und Nervus ischiadicus (Wirtz, 2011, S. 17). 2.1.1 Pathophysiologie. Gonarthrose Am häufigsten tritt Arthrose im Kniegelenk auf. Studien zeigen, dass die weibliche Bevölkerung stärker betroffen ist als die männliche. Wenn das Gelenk seine Gleiteigenschaften verliert kommt es zum Verschleiß des Gelenkknorpels, der altersbedingten Arthrose. Durch eine Schädigung der Knorpelschicht reibt sich Knochen auf Knochen und verursacht starke Schmerzen und führt zu krankhaften Veränderungen am Knochen. Dies kann alle Gelenke des Körpers betreffen und besonders oft das Kniegelenk. Bereits ab dem 30. Lebensjahr leiden die Menschen allmählich an arthritischen Veränderungen des Gelenkknorpels im Knie. Bei 60% der 30-35-jährigen wurden erste Anzeichen einer Degeneration des Knorpels festgestellt, meist sind die Patienten noch symptomlos. In weiterer Folge, im Laufe der Jahrzehnte des Lebens nimmt die Dicke des Knorpels mehr und mehr ab. Damit kommt es zu stärkeren Schmerzen und eingeschränkter Beweglichkeit. Die Arthrose im Kniegelenk heißt Gonarthrose und ist eine chronische fortschreitende Erkrankung, die in Schüben verläuft. In der aktiven Phase der Gonarthrose ist der Schmerz verstärkt. Bei weniger Belastung 5 in der inaktiven Phase, keiner Schwellung sind die Schmerzen reduziert (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 10; Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 131). Bei der Kniearthrose wird zwischen der primärer und sekundärer Arthrose unterschieden. Bei der primären (idiopathisch) Arthrose ist die Ursache unbekannt, sie entwickelt sich aufgrund einer Knorpelschwäche. Die Risikofaktoren, für das Auftreten und Entwicklung der Arthrose sind: zunehmendes Alter, weibliches Geschlecht, Übergewicht, eine erhöhte Knochendichte sowie eine genetische Prädisposition. Die sekundäre Arthrose entsteht in der Folge eines angeborenen oder erworbenen Gelenkschadens. Dazu gehören Verletzungen (intraartikuläre Frakturen, traumatische Läsionen von Knorpel, Meniskus, Kreuzbänder, freie Gelenkkörper, posttraumatische Instabilitäten), Entzündungen (bakterielle Arthritis, rheumatoide Arthritis) oder metabolische Erkrankungen (Hyperurikämie, Chondrokalzinose, Hämochromatose, Ochronose), Achsfehlstellungen (O-Bein, X-Bein), Gerinnungsstörungen (Hämophilie) und auch altersbedingt Arthrose (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 131f.). Die Arthrose entwickelt sich in vier Stadien. Ein gesunder Knorpel ist ohne Schädigungen und mit einer glatten Oberfläche, wie eine Billardkugel, prall elastisch und hat eine gewisse Pufferfunktion. Bei dem ersten Stadium ist der Knorpel noch glatt und intakt, jedoch Elastizitätsverlust und mangelnde Erholungsfähigkeit. Bei dem Stadium zwei ist zusätzlich die Oberfläche aufgeraut und feine Rillen vorhanden. Das dritte Stadium ist gekennzeichnet durch deutlichen Knorpelabrieb und Krater bis fast auf die Knochen. Im letzten Stadium sind ein vollständiger Verlust des Knorpels sowie ein freiliegender Knochen festzustellen (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 21). Die klinischen Symptome bei der Gonarthrose sind: Belastungsabhängige und ermüdungsbedingte Schmerzen, später auch dauerhaft in Ruheposition, Wetterfühligkeit. Bei der Belastung tritt Steifheit und Schwellung auf. Ein weiteres Merkmal ist der Verlust an Flexibilität. In weiter fortgeschrittener Arthrose bilden sich Gelenkknötchen, die verdickten Gelenke sind dann schmerzhaft und derb (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 4). Die Diagnosesicherung einer Gonarthrose erfolgt mittels Röntgenaufnahme des betroffenen Kniegelenks im Stehen: anterior (von vorne), posterior (von hinten) und seitlich. Die Patella wird in 30° Flexion 6 beurteilt. Zur Untersuchung der Beinachse soll eine Röntgenaufnahme des ganzen Beines (anterior/posterior) durchgeführt werden. Es gibt einen deutlichen Unterschied im Röntgenbild zwischen einen gesunden und einen von Arthrose krankhaft veränderten Kniegelenk. Beim gesunden Gelenk sind glatte Konturen des Knochens und ein weiter Gelenksspalt zu sehen. Beim arthrothischdeformierten Kniegelenk ist unregelmäßige Kontur des Knochen und ein fast nicht mehr vorhandener Gelenksspalt sowie Osteophyten (Knochenneubildungen) zu beobachten. Zur weiterführenden Diagnostik und Therapieplanung können folgende bildgebende Verfahren zur Anwendung kommen: MRT, CT, Sonographie und Skelettszintigraphie (Krückenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 135; Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 12). Aufgrund fehlender Erholungsfähigkeit des Gelenkknorpels oder einer Überlastung durch Übergewicht erleidet der Knorpel häufig Schädigungen. Ebenso kniebelastend sind Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko wie Fußball und Skifahren. Verlorene Fähigkeit zur Regeneration der Gelenkknorpel führt leider nicht zu vollständiger Wiederherstellung. Dadurch wird die Implantation des künstlichen Kniegelenks indiziert (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 10f.). 2.2 Das künstliche Kniegelenk Durch den Einsatz eines künstlichen Kniegelenkes kommt es zu einer veränderten Bewegungs- und Belastungsposition. Die unterschiedlichen Freiheitsgrade und Bewegungsachsen erfordern eine sorgfältige Auswahl des für den Patienten optimalen Designs der künstlichen Knieprothese. Intraoperativ sind die Weichteilverhältnisse, propriozeptive und biomechanische Aspekte zu beachten (Wirtz, 2011, S. 73). Zerstörte Gelenkanteile werden durch das Knieimplantat ersetzt. Der zerstörte und entfernte Knorpel und die geglätteten Knochenflächen werden mit dem künstlichen Kniegelenk abgedeckt. Für jeden Patienten wird die Größe, Form und Prothesentyp abhängig von der Zerstörung des Kniegelenks optimal abgestimmt. Es ist das Ziel bei der Operation so viel wie möglich, eigene Knochensubstanz zu erhalten (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 30). 7 2.2.1 Arten, Materialien der Implantate Die Hersteller von Kniegelenkprothesen verwenden unterschiedlichen Materialen. Bevorzugt kommen Titan und Kobalt-Chrom-Molybdän-Legierungen zum Einsatz. Aber auch ultrahochmolekulares Polyethylen mit oder ohne Oberflächenvernetzung („crosslinking“) wird verwendet (Wirtz, 2011, S. 57). Die Knieprothese besteht prinzipiell aus zwei Teilen wobei sie die Ober- und Unterschenkelknochen verbinden. Sie sorgen für die Stabilität und sind aus einer Metalllegierung (Herstellerabhängig). Für die optimalen Gleiteigenschaften wird zwischen den beiden Metallteilen das Inlay aus Polyethylen eingesetzt. Dies ist ein sehr belastbarer Kunststoff. Es muss darauf geachtet werden, dass der Patient verträgliche Materialen implantiert bekommt (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 10). Aufgrund der demographischen Entwicklung der Bevölkerungen werden weltweit mehr als eine Million Knieprothesen pro Jahr implantiert. Je nach Schweregrad und Ausbreitung der Gonarthrose kommen folgende Prothesentypen zur Anwendung: Unikondyläre Knieprothesen, bikondyläre Oberflächenersatzprothesen mit und ohne Patellarückflächenersatz, teilgekoppelte Knieprothesen, gekoppelte Implantatsysteme („rotating“, fixed hinge“). Unterschieden wird zwischen vollzementierten (ca. 80 %), zementfreien (ca. 5 %) und Hybrid-zementierten Prothesen (15%) ( Wirtz, 2011, S. 59). Unikondyläre Schlittenprothese ist ein teilendoprothetischer Ersatz bei medialer oder lateraler Bandapparat Gelenkszerstörungen. und Oberflächenersatz Voraussetzungen physiologische ist eine sind Achsverhältnisse. Totalendoprothese ein intakter Bikondylärer mit und ohne Pattelarückflächenersatz und kommt meistens zum Einsatz bei Patienten mit fortgeschrittener Pangonarthrose. Voraussetzungen sind intakte Seitenbänder und eine Fehlstellung der Beinachse nicht mehr als 25° (in der Frontalebene). Die Achsgeführte Prothese ist ein totalendoprothetischer Ersatz. Es ist eine modifizierte Scharnierprothese mit langstieliger tibialer und femoraler Verankerung. Die Indikationen für diese Art sind: Gonarthrose mit großen Knochenverlust im Kniegelenk, Instabilität von Steitenbänder, Achsfehlstellungen und Kontrakturen. In Sonderfällen kommen Modulare Implantate und individuell angefertigte Prothesen („custom made“) zum Einsatz. Dies betrifft die Revisionsendoprothetik und die onkologische Orthopädie. Das stellt eine große 8 Herausforderung an das Material und den Operateur dar (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 142ff.). 2.2.2 Haltbarkeit der Implantate Für die Patienten sind die Haltbarkeit einer Prothese von großer Bedeutung und eine der wichtigsten Fragen vor einer Operation. Bei der zementierten Knieprothese wird durchschnittlich mit einer Haltbarkeit von 10 bis 15 Jahren gerechnet. Eine zementfreie Implantation erreicht etwa zehn Jahre. Da die Hersteller ihre Produkte ständig optimieren, wird das Risiko des Prothesenversagens (Bruch der Prothese) und Auslockerung der Prothese immer geringer. Verfrühte Lockerung kann auch durch Überlastung, starkes Übergewicht oder Zuckerkrankheit herbeigeführt werden. Laut aktueller Studien sind 95 bis 99% der zementierten Knieprothesen auch nach zehn Jahren Platzhaltigkeit noch voll funktionsfähig und stabil (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 48f.). 2.2.3 Operationsverfahren Bei der konventionellen Operationstechnik für die Implantation einer Kniegelenkstotalendoprothese erfolgt ein Hautschnitt an der Vorderseite des Gelenks. Nach der parapatellaren Arthrotomie, Darstellung des Kniegelenks wird die Resektion des Meniskus und des vorderen Kreuzbandes in Beugung durchgeführt. Danach wird die initiale Präparation femoral oder tibial ausgeführt (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 135). Es gibt grundsätzlich zwei Standardtechniken: Tibia-first-Technik und Femur-first-Technik. Für jede Technik wird ein eigenes Instrumentarium verwendet. Das Femur-first-System ist eine maximal knochensparende Operationstechnik. Dabei erfolgt eine unabhängige Präparation von Femur und Tibia, was die Entfernung der resezierten Tibia erleichtert. Bei der Tibia-first-Methode wird mit der Tibiaresektion begonnen. Die resezierte Tibiascheibe ist schwieriger zu entfernen. Alternativ zu diesen beiden Systemen werden die minimalinvasive Operationsmethoden, die navigierte Operationstechnik und robotergestützte Verfahren eingesetzt (Wirtz, 2011, S. 132). 9 2.2.4 CT-freies Navigationssystem In den letzten Jahren haben sich die angewandten Methoden bei der Implantation eines künstlichen Kniegelenks verbessert und weiterentwickelt. Sowohl die Qualität der Implantate als auch die Variantenvielfalt hat ständig zugenommen und wurde verbessert. In vielen Kliniken wird computerunterstützte Implantation standardmäßig angeboten (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 61). Es haben sich am Markt die sogenannten bildfreien Systeme (s. Abb. 2) durchgesetzt. Das Computersystem verfügt über eine sterioskopischer Kamera. Intraoperativ erlernt das System durch Abtasten die individuelle Anatomie des Kniegelenks und die Resektionsebene wird festgelegt. Hauptsächliches Ziel ist die Optimierung der Implantationsgenauigkeit. Als nachteilig ist eine verlängerte Operationszeit, ein höherer technischer Aufwand und höhere Kosten zu erwähnen (Wirtz, 2011, S. 139). Abbildung 2: Navigation Stryker System (Quelle: Stryker, 2007) 2.2.5 Indikationen und Kontraindikationen Wenn eine fortgeschrittene Gonarthrose mit therapieresistenten Schmerzen trotz vielfältiger Therapiemaßnahmen vorliegt und auch klinisch und radiologisch bestätigt wurde, ist eine Operation unumgänglich. Kontraindikationen: Bei einer akuten oder chronischen Infektion im Kniegelenk, Hautschädigungen im OPBereich, Thrombose und vaskuläre Störungen sowie Ulcus cruris ist von einem 10 endoprothetischen Eingriff abzusehen. Nach Behandlung und Behebung dieser Krankheiten kann eine Kniegelenksoperation erfolgen (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 135f.). 3 Implantation mit Stryker Navigationssystem Hauptziel der Operation ist die Schmerzfreiheit des Kniegelenks und dadurch eine Erhöhung der Lebensqualität. Nahezu alle Patienten mit Hüftendoprothese weisen postoperativ hohe Zufriedenheitswerte auf. Im Vergleich dazu ist die Zufriedenheit bei Patienten mit Kniegelenksprothesen mit ca. 85 % niedriger. Von wesentlicher Bedeutung ist eine umfassende Operationsplanung. Präoperativ wird die Röntgenaufnahme des Kniegelenks in zwei Ebenen durchgeführt. Danach können das Prothesenmodell, die Größe, Kopplungsgrad und Resektionsebene ermittelt werden (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 136f.). Die OP-Pflegeperson übernimmt in Zusammenarbeit mit dem OP-Team spezielle Aufgaben der perioperativen Pflege. Dieses Kapitel soll aufzeigen, welche Rolle die OP-Pflegeperson und bei der prä-, intra- und postoperativen Unterstützung des Patienten hat. 3.1 Aufklärung des Patienten und Anästhesieverfahren Aus rechtlichen Gründen ist bei dem geplanten Eingriff eine Aufklärung als mündliche oder schriftliche Patienteneinwilligung Voraussetzung. Dies erfolgt mindestens 24 Stunden vor der geplanten Operation. Mittels eines standardisierten Aufklärungsbogens wird der Patient auf den Ablauf der Operation, sowie auf andere Therapiemöglichkeiten und Risiken hingewiesen. Ebenso wird der postoperative Verlauf erklärt. Für den Patienten ist es wichtig, ob mit weiteren Schmerzen zu rechnen ist, und welche Möglichkeiten der Reduktion gegeben sind. Das Operationsergebnis ist nach frühestens 6 bis 12 Monaten ersichtlich. Die endoprothetische Versorgung des Kniegelenks kann unter Allgemeinnarkose oder Spinal-/Periduralanästhesie erfolgen. Entscheidende Bedeutung für ein gutes 11 funktionelles Operationsergebnis ist eine ausreichende intra- und postoperative Schmerztherapie (Krukenmeyer, Möllenhoffer, 2013, S. 138). 3.2 Präoperative Pflege Gelenkoperationen gehören zu aseptischen Eingriffen und erfordern ein hohes Maß an Hygiene. „Hygienisch korrektes Verhalten ist die Grundvoraussetzung für die Vermeidung von Infektionen.“ (Luce-Wunderle, 2015, S. 42) „Alle Personen im OP sind dazu verpflichtet, die Hygieneregeln zu beachten und einzuhalten.“ (LuceWunderle, 2015, S. 44) Dazu gehört: Händehygiene, hygienische und chirurgische Händedesinfektion, Dienst- und Bereichskleidung, persönliche Hygiene, steriles Arbeiten, Entsorgung unsteriler Materialien, Flächendesinfektion, Einhaltung von Reinigungs- und Desinfektionspläne, Personalschutz usw. Um das Eindringen von Krankheitserreger zu verhindern, ist der OP-Bereich im Krankenhaus von den übrigen Räumlichkeiten durch Schleusen getrennt. Zur Operationsabteilung gehören die Personalschleusen, Patientenschleusen, Operationssäle mit Waschräumen, Lagerräume für Sterilgut, Geräteräume, Entsorgungsräume, Personalaufenthaltsräume, Aufwachraum, Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP). Vor der bevorstehenden Operation wird der Patient auf der Station prämediziert und durch die Patientenschleuse nüchtern eingeschleust. Jetzt wird die Identität des Patienten festgestellt, sämtliche Unterlagen wie chirurgisches Aufklärungsgespräch, OPEinwilligung, präoperative Durchuntersuchung und Narkoseeinwilligung sowie Röntgenbilder gesichert. Es erfolgt die Nachfrage bezüglich vorhandenen Schmucks, Metallimplantate, Zahnprothesen und der zu operierenden Seite, sowie eine Kontrolle der Markierung wird gemacht. Der Patient wird über bevorstehende Tätigkeiten informiert und aufgeklärt. Unter Wahrung der Intimsphäre wird der Patient mit OP-Kleidung bekleidet und auf den OP-Tisch vorsichtig unter Berücksichtigung möglicher Bewegungseinschränkungen umgelagert, mit warmen Tücher bedeckt, für eigene Sicherheit oberhalb der Knie angegurtet und in den OP-Saal eingefahren. „Besonders in Bezug auf Patientenbegleitung und -lagerung sind alle Berufsgruppen im OP angehalten, eine optimale Betreuung und 12 Umsorgen des Patienten während seiner gesamten Aufenthaltsdauer zu gewährleisten“. (Liehn et al., 2014, S. 29) 3.2.1 Vorbereitung von Software und Instrumente Vorbereitend ist der Implantatenstand und die Haltbarkeit am Tag vor der Operation zu kontrollieren sowie spezielle Instrumente zur Implantation des Kniegelenks aufzubereiten. Unmittelbar vor dem Eingriff wird der OP-Saal vorbereitet, alle dafür benötigten Geräte werden auf Funktionstüchtigkeit überprüft. Steriles Material und Instrumentarium werden vorbereitet: Abdeckwäscheset für Knie TEP, Knochengrundsieb, Akkubohrmaschinen, Zusatzinstrumente von der Firma Stryker mit Navigation, Knieimplantate, Spülflüssigkeit, Einmalartikel: Skalpellklingen, Sauger, Verbandmaterial, Wund- Nahtmaterial, und Blasenspritze, Inzisionsfolie. Sägeblatt Bereitstellen von 1.27, sterilen Vakuumzement und Zementspritze, Jetlavage, falls das Implantat zementiert wird. Bei Auftreten von technischen Problemen sollen Instrumente von der Firma Stryker-Triathlon zur Verfügung stehen, damit kann auf konventionelle Methode umgestellt werden. Nach dem sterilen Anziehen und dem Abdecken des sterilen Instrumentiertisches erfolgt die Inbetriebnahme des Stryker Navigationssystems. Die Operationsassistenz startet die Software und gibt Patientendaten ein. Der Operationspfleger aktiviert die sterile Navigationsinstrumente: zwei Traker und ein Pointer. Für jedes Instrument wird eine sterile Batterie eingesteckt (Stryker Navigation, 2007, S. 4f.). Beim wirtschaftlichen Umgang mit Einmalartikel ist das Ablaufdatum, eventuelle Beschädigungen auf Verpackungen, ausreichende Menge und die Entnahme ohne Re-kontamination zu beachten (Liehn et al., 2014, S. 31). Es ist wichtig unmittelbar vor der Operation alle chirurgischen Instrumente und Zusatzinstrumente (s. Abb. 3, 4) für Implantate sowie Implantate auf Vollständigkeit zu kontrollieren, Tupfer und Instrumente zählen. 13 Abbildung 3: Knie-TEP Instrumentiertisch (Quelle: Eigenes Foto, 2014) Abbildung 4: Instrumente Navigation Stryker (Quelle: Eigenes Foto, 2014) 3.2.2 Lagerung des Patienten Mittels Checkliste wird der Patient vom OP-Personal übernommen: Sicherung der Identität durch das Patientenarmband, die Patientenakten und den OP-Plan, Erfragen des Patienten nach geplanter Operation, Voroperationen, Allergien, und körperliche Einschränkungen im Hinblick auf die Lagerung. Nach der Einleitung in die Narkose ist mit Hilfe von Hilfsmittel für eine schonende und sachgerechte Lagerung zu sorgen. Bei den Frauen wird ein Dauerkatheter durch den 14 Anästhesiepfleger eingesetzt und mit dem Pflaster an der Innenseite des nicht zu operierenden Oberschenkels fixiert, um Druckstellen an der Harnröhre durch Katheterzug zu vermeiden. Navigierte Kniegelenkoperationen wird in Rückenlage (s. Abb. 5) des Patienten durchgeführt. Ein Arm wird ausgelagert mittels Armschiene, der zweite Arm wird am Körper mit Hilfe einer Armhalterung fixiert. Verschiedene Lagerungshilfsmittel schützen vor Körperschädigungen: Gel-matte, Armschienen mit aufliegenden Gelkissen, Kopfring oder Kopfpolster, Abstütztrolle für den Fuß, Seitenstütze, Fersenpolster und Wärmedecke (Liehn et al., 2014, S. 83f.). Abbildung 5: Rückenlagerung, Knie TEP (Quelle: Foto PK Kreuzschwestern, 2013) Unbedingt soll um das OP-Feld im Kniegelenk herumrasiert werden. Die Rasur erfolgt immer in Richtung des Haarwuchses. Besondere Vorsicht über Knochenkanten und Sehnen. Nach der Platzierung einer Neutralelektrode am Oberschenkel der nicht zu operierenden Extremität und Anlegen der Blutsperre am Oberschenkel erfolgt die Hautdesinfektion des Beines von den Zehen bis zur angelegten Blutsperre zirkulär mit gefärbtem Hautdesinfektionsmittel gemäß Hygienerichtlinien. Nach der Einhaltung der Einwirkzeit kann das OP-Feld steril abgedeckt werden Es ist wichtig, dass kein Desinfektionsmittel in die Blutsperre kommt (Liehn et al., 2014, S. 103f.). Intraoperativ ist ein häufiger Lagerwechsel von Streckung und Beugung erforderlich. Deswegen ist bei der Abdeckung auf 15 Beweglichkeit des Beines zu achten. Zur Aufstellung des Beines in 90° werden eine Abstützrolle und eine Seitenstütze verwendet, damit das flexierte Bein nicht nach lateral fallen kann. Zur Abdeckung wird unter das Bein ein Basistuch eingelegt, danach das U-Tuch geklebt und der Fuß mit einer Stockinette bis Mitte des Unterschenkels versorgt und mit Klebestreifen fixiert. Nachdem das Anästhesietuch und die Inzisionsfolie in Position gebracht wurde, werden Kauter, Bipolare und Sauger angeschlossen und auf Funktion überprüft. (Wirtz, 2011, S. 129f.). 3.3 Intraoperative Pflege Vor der Einsetzung des künstlichen Kniegelenks sind die anatomischen Gegebenheiten im Gelenk genau zu erheben. Bei bestehenden Knorpelschäden oder knöchernen Veränderungen müssen gegebenenfalls Menisken entfernt und Knochenflächen begradigt werden um hohe Passgenauigkeit der Prothese gewährleisten zu können (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 61). Aufgabe des OP-Pfleger bei der Intraoperativen Pflege ist es über OP-Ablauf und Navigationsmethode Bescheid zu wissen und sachkundig mitwirken. Besonders ist auf steriles Arbeiten und Hygienevorschriften zu achten. 3.3.1 Operationsablauf Senkrecht direkt über der Kniescheibe wird mit einem 12 bis 18 cm langen Hautschnitt das Kniegelenk geöffnet, Unterfettgewebe durchgetrennt und eventuell Blutstillung durchgeführt. Nach der Öffnung der Gelenkkapsel kann die Kniescheibe beidseits weggeklappt werden. Die entzündlich veränderte Schleimhaut in der Gelenkkapsel wird entfernt. Die Nerven, welche zu der Kniescheibe führen, werden verödet, um nach erfolgter Operation Schmerzen zu vermeiden. Weites wird das nicht mehr erforderliche vordere Kreuzband entfernt. Im Gegensatz dazu verbleibt hinteres Kreuzband im Kniegelenk (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 63). 16 Bei gebeugtem Knie werden zwei Pins (150mm) am Femur nahe am Kniegelenk eingesetzt. Zwei weitere Pins (100mm) werden an der Tibia distal zum Tuberositas tibiae in Position gebracht. Zwei Ortho Lock (Befestigungsvorrichtungen) werden am Pins am Femur und Tibia fixiert. Auf diesen werden zwei aktive Patiententracker einmontiert. Danach erfolgt die digitale Patientenregistrierung mittels aktiven Pointer. Die Positionen anatomischer Landmarken und Achsen werden erfasst. Das gilt als Leitfaden für die Ausrichtung der Instrumente und Knochenschnitte am Bein. Bei der Femurregistrierung (s. Abb. 6) werden folgende Daten erhoben: Hüfte in Beugung, Hüftzentrum, medialer und laterale Epicondylus, Femurzentrum, Femorale AP-Achse, mediale und lateraler distale Kondyle, anteriore Kortikalis. Bei der Tibiaregistrierung wird das Tibiazentrum, tibiale AP-Achse, mediales und laterales Kompartiment, medialer und lateraler Malleolus ermittelt. (Stryker, 2007, S. 8ff.). Diese Koordinaten werden vom Computer berechnet, und dienen zur optimalen Position der Prothese. Unter Kontrolle es Navigationsgerätes werden nun die notwendigen Sägeschnitte am Knochen durchgeführt, überprüft und notfalls korrigiert. Die Präzision der Vermessung und Positionsbestimmung mit Kontrollfunktion ist ein erheblicher Vorteil gegenüber den Verfahren ohne Navigation (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 61). 17 Abbildung 6: Femurregistrierung (Quelle: Stryker, 2007) Am Femur wird der Schnittblock an der gewünschten Position mittels Pins befestigt. Danach werden die Einstellungskomponente und die Fixierungsplatte entfernt. Nun erfolgt die Resektion des distalen Femurs. Der blaue Tibia-Tracker wird an der Resektionsebenen Lehre angebracht und durch Drücken der Wahltaste „Schnitt„ gespeichert (Stryker, 2007, S. 20f.). Am distalen FemurSchnitt nach der femorale AP-Größenbestimmung wird der AP-Schnittblock positioniert und mittels zwei Pins fixiert. Nun können die anteriore, posteriore und die Schrägschnittresektionen durchgeführt werden. Die Überprüfung und Dokumentation des anterioren Schnitts erfolgt durch Drücken der Wahltaste am blauen Traker, der ist an die Resektionsebenen-Lehre befestigt. An Tibia wird der Schnittblock an der gewünschten Position mittel Pins fixiert, 18 Einstellungskomponente und Fixierungsplatte werden entfernt. Danach erfolgt die Resektion der proximalen Tibia. Der grüne Femur Tracker wird an der Resektionsebenen-Lehre befestigt und der proximale Tibia Schnitt wird durch Drücken der Wahltaste am Tracker überprüft und dokumentiert. Für das Kontrollieren der Balancierung der Weichteile wird der Femur und Tibia Tracker an den Befestigungsvorrichtungen angebracht und das Kniegelenk distrahiert. Die passende tibiale Größenmesslehre wird mit Hilfe des Handgriffs mit befestigten Femur-Tracker auf dem resezierten Tibia-Plateau angebracht. Die Position der Größenmesslehre wird gespeichert (Stryker, 2007, S. 22f.). Vor dem Einsetzen der Probenimplantate werden die Meniskusreste und überschüssige Knochenanteile entfernt. Mittels Femurprobeausschläger wird das Femur-Probeimplantat eingebracht und am Knochen zwei Löcher durch das Implantat gebohrt. Das Tibia-Probeimplantat wird mit vier Pins fixiert, darauf wird das Probe-Inlay eingesetzt. In der Streck- und Beugefunktion des Kniegelenkes ist zu prüfen, ob die Seitenbänder und das hintere Kreuzband genügend Stabilität haben. Bei einer Instabilität ist ein Ausgleich durch Bearbeiten der Gelenkskapsel und der Seitenbänder durchzuführen. Wenn die Passgenauigkeit gegeben ist, wird der Tibiakiel gemeißelt, die Probeimplantate abgenommen, das Knochenlager ausgiebig gespült und die passenden Implantate eingesetzt. Bei der Entnahme von Implantaten ist auf erhöhter Sterilität zu achten, und Handschuhwechsel ist erforderlich. An der Patella wird eine Patelladenervierung mit Elektrokauter (Bipolare) durchgeführt. Bei der zementierten Prothese wird der Knochenzement vorbereitet und schnellstmöglich auf Originalimplantate und auf die Knochenflächen aufgebracht. Nach dem Einsetzen der Prothesen wird der überschüssige Zement entfernt, das Kniegelenk mit Jetlavage sorgfältig gespült. Nach zirka 15 Minuten wird der Zement hart. Nach der Eröffnung der Blutsperre, der Blutstillung wird eine BelovacTM Drainage intraartikular (an die Prothese) und zweite subcutan gelegt. Instrumente- und Wäschekontrolle werden durchgeführt. Die Wundverschluss erfolgt schichtweise mit Vicryl 2, nach der Entfernung der Inzisionsfolie und Hautdesinfektion wird die Haut mit Ethilon genäht (Stryker, 2012, S. 36ff.; Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 63). 19 3.4 Postoperative Pflege Nach dem Wundverschluss wird die gesamte Inzisionsfolie vorsichtig abgenommen, das OP Gebiet gesäubert, Drainagen und Wunde mit Cosmopor versorgt. Danach werden aufgelegte Gaze, Wundkissen, Rollwatte und elastische Bandagen angelegt. Die klebende Abdeckung ist vorsichtig zu entfernen, um Hautschädigungen zu vermeiden. Die BelovacTM Wunddrainage wird aufgemacht und mit Uhrzeit, Datum und Unterschrift vermerkt. Das eigene Blut wird aufgefangen und den Patienten innerhalb von sechs Stunden wieder zugeführt. Es erfolgt noch eine Zählkontrolle von Wäsche und Instrumente, fachgerechte Entsorgung der Instrumente und eventuell Versorgung von Präparaten. Der Patient wird von der Narkose ausgeleitet und durch die Ausschleuse in das Aufwachzimmer gebracht. Er bekommt einen Implantatpass, der sorgfältig durch Operationsassistenz und Operationspfleger auszufüllen ist. Abschließend ist eine OP-Dokumentation durchzuführen. Zwischen- oder Abschlussdesinfektion laut Hygieneplan hat zu erfolgen. Danach erfolgt die OP-Nachbereitung. 3.5 Komplikationen Die Mehrzahl der Primärimplantationen können heutzutage viel schonender und sicherer durchgeführt werden als noch vor einigen Jahren. Komplikationen können dennoch unerwartet auftreten. Am Vortag der Operation informieren Ärzte im Aufklärungsgespräch die Patienten darüber. Da die Implantationsanzahl in der Endoprothetik des Kniegelenkes ständig steigt, nimmt auch die Zahl der revisionspflichtigen Komplikationen zu. Häufigste Ursachen sind: Polyethylenabrieb, aseptische Lockerungen, Infektionen und Instabilitäten. Als erhebliche Risikofaktoren zählen: männliches Geschlecht, ein Alter unter 55 Jahren zum Zeitpunkt der Operation, Übergewicht und vorhandene Begleiterkrankungen. Unterteilt wird in allgemeine und spezielle Komplikationen. 3.5.1 Allgemeine Komplikationen Zu den allgemeinen Komplikationen gehören: Thrombose/Embolie, Gefäßverletzungen, Nervenverletzungen, postoperatives Hämatom, Nachblutung, 20 Wundheilstörungen (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 50; Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 155). Thrombose/Embolie Es handelt sich um eine Blutgerinnungsstörung in den Beinvenen, die auch zu einer Verschleppung in die Lunge (Lungenembolie) führen kann, und so eine lebensbedrohliche Situation darstellt. Durch Knochenmarkbestandteile kann es zu einer Embolisation kommen, es ist die häufigste Todesursache, kommt aber relativ selten vor. Die Wahrscheinlichkeit an einer tiefen Beinvenenthrombose ohne Thromboembolie-Prophylaxe nach Knieendoprothese beträgt zwischen 41 und 85 %. Um dies zu verhindern, werden präventive Maßnahmen wie Antithrombosestrümpfe, medikamentöse Prophylaxe mit niedermolekularen Heparin und Frühmobilisation des Patienten nach der Operation mit Krankengymnastik angewandt (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 287f.; Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 50). Gefäßverletzungen Blutgefäße können bei der Operation verletzt werden, was wiederum Blutungen und Blutverlust zu Folge haben kann. In der Regel geht kein Blut verloren, sondern wird aufgefangen, aufbereitet und den Patienten wieder zugeführt (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 50). Nervenverletzungen Die Wahrscheinlichkeit der Verletzung des Nervus peronaeus wird mit 0–9% angegeben. Mögliche Risikofaktoren sind ein Kompressionssyndrom durch Lagerung oder Verband, eine über 120 Minuten bestehende Blutsperre, ein postoperatives Hämatom, Spinalkanalstenose. Um den Nervus peronaeus zu entlasten wird empfohlen, die Extremität nicht zu fest zu verbinden und eine postoperative Lagerung in 40° Flexion durchzuführen (Wirtz, 2011, S. 195, zit. n. Schinsky et al., 2001). Es besteht kein Fettembolierisiko, weil das Knochenmark nicht geöffnet wird. 3.5.2 Spezielle Komplikationen Zu den speziellen Komplikationen zählen: Abrieb und aseptische Lockerungen, vorderer Knieschmerz, Arthrofibrose, Infektionen, Verletzungen des Streckapparates, Ligamentäre Instabilität, Periprothetische Frakturen. Unter Umständen können schwerwiegende Nebenwirkungen eine erneute Operation, 21 Revision, eine Arhtordese des Kniegelenks und/oder eine Amputation erforderlich machen. Im Laufe der Zeit können Metall- und Polyethylenkomponenten Partikelteile abstoßen. Der größte Teil davon verbleibt im Kniegelenk (z.B. von der Synovialis eingeschlossen) oder im umgebenden Narbengewebe. Es ist auch möglich, dass sich kleine Teilchen im Körper verteilen und in den Lymphknoten ansammeln (Stryker, 2012, S. 63). Aseptische Lockerung gilt als häufigster Grund für die Knierevision und laut Schwedenregister ist sie bei knapp 50 % der Fall. Die Bestandteile des Kniegelenksersatzes können sich lockern. Folgende Risikofaktoren sind zu bedenken: Patientenbezogene Faktoren (Patientenaktivität; Begleiterkrankungen – Osteoporose, rheumatoide Arthritis; Übergewicht, Nikotin- und Alkoholabhängigkeit), Implantatabhängige Faktoren (Implantatdesign – bezüglich des Luxationsrisikos, Qualität des Polyethylens, Verankerungstechnik), operativchirurgische Faktoren (Operativer Zugang, Zementiertechnik, Achsausrichtung der Implantate). Gleitpartner, die hauptsächlich aus Polyethylen bestehen sind häufig von Materialverschleiß und Abrieb betroffen, was zu aseptischen Lockerungen und zu Instabilitäten führt. Qualität des Polyethylens und Implantatdesign spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei dem Ausmaß des Abriebes. Es ist auch abhängig von der Aktivität des Patienten. Inlayverschleiß mit oder ohne Partikelbedingter Lockerung wird durch das Verhältnis zwischen Inlay- und Femurkomponentengeometrie beeinflusst. Um der Kinematik des Kniegelenks bestmöglich zu gewährleisten werden bewegliche Inlays (rotierend, anteriorposterior gleitend) auf dem Tibiaplateau eingeführt. Die Fixation der Knieimplantate kann sowohl in zementierter, unzementierter oder in Hybridtechnik (Femur zementfrei und Tibia zementiert) stattfinden. Laut aktueller randomisierter Studien zeigt sich nach 15-jähriger Verwendungsdauer des Kniegelenkes, dass deutliche Vorteile der Zementiertechnik gegenüber den anderen Varianten bestehen (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 155ff.). Relativ selten, aber prothesenkomponenten. dennoch Die möglich Ursachen für ist ein Bruch Implantatbruch der liegen Kniebei 22 Überbelastung, Fehlpositionierung, Materialermüdung und Korrosion (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 301). Der vordere Knieschmerz tritt bei rund 15 % der Patienten nach der endoprothetischen Versorgung auf. Die Ursache ist häufig unklar. Möglich ist ein Rotationsfehler: Fehlpositionierung der Femurkomponente in Innenrotation mit Patellaluxation (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 156). Die postoperative Arthrofibrose wird als schmerzhafte Bewegungseinschränkung in Flexion/Extension <90°/ >5°/0° mit Gelenkssteife wahrgenommen. Grund dafür ist eine starke Vermehrung von Bindegewebe. Therapeutische Möglichkeiten der Behebung der persistierenden Bewegungseinschränkung sind die geschlossene Narkosemobilisation oder die offene Revision und Arthrolyse des Gelenkes mit Physiotherapie (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 156, 315). Bei Infektionen handelt es sich um eine schwerwiegende Komplikation, sie kann auch zu einer Lockerung der Prothese führen. Es wird unterschieden zwischen oberflächliche Wundheilstörung und einer Protheseninfektion. Bei ersteren sind klinisch die anhaltende Wundsekretion, die teilweise oder komplette Hautnekrose und der oberflächliche Infekt zu differenzieren. Bei der frühzeitigen Behandlung ist es oberste Priorität einen tiefen Protheseninfekt zu verhindern (Wirtz, 2011, S. 200). Die Infektionsrate von Endoprothesen beträgt in Europa 0,5 – 2,5 %. Diese steigt auf bis zu 5 % wenn Vorerkrankungen (rheumatoide Arthritis) vorliegt oder Revisionseingriffe durchgeführt werden müssen. Folgende Erreger können nachgewiesen werden: Staphylokokken (Staphylococcus aureus, Staphylococcus.epidermidis, ca. 50 – 60 %), Streptokokken (ca. 10%) und Enterokokken (ca. 10%) (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 306). Bei der Protheseninfektion können nachstehende Infektionszeichen vorliegen: Fieber, Schüttelfrost, Wundsekretion, lokale Rötung, schmerzhafte Schwellung, Überwärmung, Bewegungseinschränkung des bestehende operierten Kniegelenkes. Bei Auftreten dieser Komplikationen bis zur 4. postoperativen Woche ist es ein Frühinfekt. Je nach Schweregrad der Infektion wird zunächst eine operative Revision, ausgiebige Spülung und Inlaywechsel in Verbindung mit einer Antibiotika-Therapie durchgeführt mit dem Ziel, das Implantat zu erhalten. Bei einer Spätinfektion (nach der 4. postoperativen Woche) ist meist eine 23 Explantation der Prothese mit Interposition eines Platzhalters aus Zement mit Antibiotika für zirka 6 - 8 Wochen erforderlich. Nach der Normalisierung der Entzündungsparameter und keimfreiem Punktat kann die Prothese reimplantiert werden (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 156f.). Es lässt sich nicht immer vermeiden dass es beim operierten Bein zu einer geringfügigen Verlängerung oder Verkürzung kommt. Die Stabilität des Kniegelenks steht im Vordergrund. Deswegen wird in seltenen Fällen eine Abweichung von 0,5 – 1 cm akzeptiert. Diese kann mit Schuheinlagen unauffällig korrigiert werden (Luring, Kühlwetter, 2012, S. 51). Ligamentärer Instabilität entsteht möglicherweise durch eine Intraoperative Verletzung der Kollateralbänder (besonders des Innenbandes) und führt zu einer persistierende Aufklappbarkeit des Gelenkes bei der Prüfung der Stabilität nach dem Einsetzen von Probeimplantate. Ursache ist ein unzureichender Gewebeschutz bei der Femur- bzw. Tibiapräparation oder fehlende sorgfältige Meniskusresektion. Operative Therapie mit Bandrekonstruktion ist möglich, andernfalls ist ein anderes Implantatmodell zu wählen (teilgekoppeltes oder achsgeführtes Implantat). Bei der Fehlpositionierung von Prothesenimplantaten (technischer Fehler) aber auch bei Patienten mit osteoporotischen Knochen können Periprothetische Frakturen intra- und postoperativ auftreten. Zusätzliche Risikofaktoren sind Zementfreie Verankerungen, langstielige Implantate und Revisionen zu erwähnen. Die Inzidenz dafür beträgt ca. 1 %. Postoperative periprothetische Frakturen entstehen oft in Kombination von Trauma mit einer Osteoporose oder rheumatoide Arthritis und sind eine seltene Komplikation. Intraoperative Frakturen treten im Kondylen- und Schaftbereich Implantatverankerung durch auf ein und ist durch langstieliges eine primär Revisionsimplantat stabile mit Osteosynthese möglich. Hauptlockalisation der postoperativen Frakturen ist die suprakondyläre Region, selten tibiale und patellare periprothetische Frakturen (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 157ff.). Die Bestandteile der Implantate enthalten Materialien auf welchen manche Patienten allergisch reagieren können. In der Bevölkerung ist eine zunehmende Sensibilisierung gegen Nickel (Prävalenz 12%) und gegen Kobalt bzw. Chrom 24 (Prävalenz 5%) gegeben. Häufig kommt es zu einer Kreuzreaktion zwischen Nickel und Kobalt). Allergien auf Titan sind selten, gegen Keramik und Polyethylen sind keine bekannt. Anzeichen allergischer Reaktionen sind Wundheilstörungen, Hautreaktionen (Ekzem, Rötung, Schwellung), sterile Osteomylitiden und aseptische Implantatlockerungen. Bei bekannter Allergie und geplanter Operation am Kniegelenk, können beispielweise Titan-Nitrit-beschichte Implantate oder Keramik-Kondylen Verwendung finden. Deutet bei Patienten mit Komplikationen alles auf eine allergische Reaktion hin, ist unverzüglich nach ausführlicher Aufklärung des Patienten ein Implantatwechsel mit verträglichen Materialen empfehlenswert (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 308f.). Die navigierte Operationstechnik Achsabweichungen, hat unfallbedingten für Patienten mit ausgeprägten Knochendeformationen oder posttraumatischen Instabilitäten bzw. Kontrakturen der Gelenkkapsel und des Bandapparats wesentliche Vorteile gegenüber der konventionellen Technik. Durch die modernen Navigationssysteme sind eine Optimierung der Implantatenposition, eine exakte Beinachsausrichtung und eine optimale Messung der Bandspannung in Streckung und Beugung möglich. Weichteilbedingte Deformitäten lassen sich im Zusammenhang der gemessenen Achsabweichung durch ein schrittweises Weichteilrelease gut korrigieren (Ochs et al., 2011, S. 157). In der Literatur wurde berichtet, dass das Revisionsrisiko einer KTP im Zeitraum von15 Jahren bei 4,7 % liegt, unter der Voraussetzung, dass die Abweichung der Beinachse +/- 3° von der 0° - Achse postoperativ implantiert wurde. Bei der Abweichung der Beinachse postoperativ erhöht sich das Revisionsrisiko auf 54 %. Langzeitstudien zeigen, dass bei navigationsbedingter exakter Ausrichtung der Prothese mit verminderten Lockerungsraten und somit verbesserter Langzeitfunktion zu rechnen ist (Ochs et al., 2011, S. 156 zit. n. Novak, 2007, o. S.). Die finanzielle Mehrbelastung einer computerassistierten Navigationsoperation ist von der Anzahl der jährlichen Operationen und einer verlängerten Operationszeit von durchschnittlich 14 Minuten abhängig. Bei 100 KTP-Implantationen im Jahr und einer über 10-jährigen Abschreibung betragen die Zusatzkosten 300 – 395 € pro Operation (je nach Navigationssystem). Aus ökonomischer Sicht ist eine 25 Anzahl von 50 navigierte KTP-Implantationen im Jahr erstrebenswert (Ochs et al., 2011, S. 156 zit. n. Cerha et al., 2009, o. S.). In Deutschland werden zirka 29 % der primären KTP-Implantationen und 4 % der Schlittenprothesenimplantationen sowie 7 % der Wechseloperationen durch computerassistierte Navigation durchgeführt (Ochs et al., 2011, S. 157, zit. n. Rath et al., 2011, o. S.). 4 Rehabilitation Um eine optimale postoperative Rehabilitation nach dem endoprothetischen Eingriff am Kniegelenk zu gewährleisten, ist mit der frühen Nachbehandlung im stationären Aufenthalt (abhängig von der Art des Eingriffes und der individuellen Patientensituation) im Ausmaß von 5 – 14 Tagen zu beginnen. Dann folgt eine Frührehabilitation in einer Rehaklinik oder eine ambulante Rehamaßnahme. Diese Anschlussheilbehandlung dauert zwei bis drei Wochen. Eine weitere ambulante Spätrehabilitation soll von einem niedergelassenen Facharzt begleitet werden. So kann der Patient wieder Mobilität für Beruf und Freizeit, Sport und Familie bei möglichst schmerzfreier Kniegelenksfunktion mit verbesserter Lebensqualität erlangen (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 159). In den ersten Tagen nach der Operation sind eine medikamentöse Therapie, Hilfsmittel und Mobilisation erforderlich. Zwei Medikamente sind erforderlich, eines gegen Schmerzen und das zweite um eine Beinvenenthrombose vorzubeugen. Die Schmerztherapie nach Knie-TEP-Implantation hat eine besondere Bedeutung, weil eine geringe Weichteildeckung und eine straffe Kapsel ein schlechteres Bewegungsbild und daraus resultierende Schmerzen zufolge haben. Wichtig ist eine schmerzfreie Lagerung, Vermeidung von dauerhafter Beugehaltung des Kniegelenkes im Bett. Eine unter das Knie gelegte Rolle hilft die Gefahr von Streckdefiziten vorzubeugen (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 341; Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 69). Die Hauptaufgabe besteht darin, das Knie wieder zur Beweglichkeit zurückzubringen. Am Tag nach der Operation ist es wichtig, dass die Behandlung mit der Physiotherapie begonnen wird. In der Frühphase kommt der komplikationsarmen Wundheilung und schnellen Ödemausschwemmung durch 26 Lymphdrainage, apparative intermittierende Kompressionen und Kryotherapien Bedeutung zu. Zunächst ist das Abheilen der Wunde zu kontrollieren und mit kleinen vorsichtigen geführten Bewegungen zu beginnen, mit dem Zweck Verklebungen und Narbenbildung der Gelenkkapsel zu verhindern. Bewegungseinschränkungen werden somit vorgebeugt. Mit der Motorschiene können zusätzlich passive Bewegungen im Beugen und Strecken geübt. In weiterer Folge werden die Übungen durch aktive Bewegungen und gezielte Kraftübungen ergänzt. Einfache Übungen am Knie kann der Patient auch selbst trainieren. Bei den Übungen kann eine leichte Spannung und geringer Schmerz verspürt werden, aber stechende Schmerzen sollten keinesfalls auftreten. Das Ziel ist die vollständige Streckung und eine Beugung von mindestens 90°. Wird dies in der frühen Rehabilitationsphase nicht erreicht, kann der Operateur mit Narkosemobilisation oder arthroskopisch Verwachsungen lösen (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 69; Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 341f.). Wenn die Wundheilung abgeschlossen ist und die Nähte oder Klammern entfernt und die Wunden absolut trocken sind, kann mit der Hydrotherapie begonnen werden. Die im Wasser durchgeführten Bewegungsübungen haben den Vorteil dass weniger, Gewicht auf dem Kniegelenk lastet. Dadurch wird auch die muskuläre Belastung reduziert. Ergänzend durch warmes Wasser (32 – 34°) kommt es zu einer Schmerzlinderung und Muskelentspannung. Es ist wichtig beim Ein- und Austeigen am Wasserbecken sich vorsichtig zu verhalten um einen Sturz durch Ausrutschen auf den Fliesenboden zu vermeiden. Dies kann den Erfolg der Operation mit einem Schlag zunichtemachen. Das Ziel des Trainingsprogrammes ist es den Patient fit für den Alltag zu machen: schmerzfreien Bewegungsumfang des Gelenks wiedererlangen, die Muskulatur aufbauen und Kraft und Ausdauer zu trainieren (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 77f.). 4.1 Sport und Berufsleben mit Knieprothese Die Implantation einer Knieprothese ermöglicht im Alltag Schmerzfreiheit, verbesserte Bewegungs- und Gehfähigkeit ein aktives Leben zu führen. Dadurch steigt die Lebensqualität bei Sport- Beruf- und Freizeitaktivitäten. Es ist zu bedenken, dass ein künstliches Gelenk gut funktioniert, jedoch in der Komplexität 27 ein natürliches, gesundes Kniegelenk nicht ersetzen kann. Bis die Muskulatur aufgebaut und das Kniegelenk stabilisiert ist, dauert es einige Monate. Daher ist mit langsamem Training zu beginnen und Überlastungen sind zu vermeiden. Starke Belastungen können dazu führen, dass sich das künstliche Gelenk vorzeitig lockert. Deswegen sollte auf sportliche Bewegungen nicht vorsichtshalber verzichtet werden. Ebenso ist eine vollständige Entlastung genauso schädlich wie eine Überlastung. Viele Untersuchungen zeigen, dass regelmäßig angemessener betriebener Sport sich positiv auf die Lebensdauer der Prothese auswirkt. Die Risiken und Vorteile einer sportlichen Betätigung sind kritisch zu hinterfragen (Lüring, Kühlwetter, 2012, S. 82). Mit einen künstlichen Kniegelenk können viele Sportarten ausgeübt werden. Die Wahl einer Sportart bei der das Kniegelenk nicht gestaucht und nicht wesentlich verdreht wird ist empfehlenswert. Zum Beispiel: Radfahren, Schwimmen, Wandern und Golf. Wichtig ist Übermotivation zu vermeiden, und sich langsam an die Leistung aus früheren Zeiten herantasten. Beim Schwimmen, um die Belastung des Kniegelenks und Bandstrukturen zu reduzieren, ist zu empfehlen entweder Rückenkraul oder beim Brustschwimmen mit den Beinen paddeln. Auch der kniefreundliche Skilanglauf kann betrieben werden, wenn die Sportart bereits gut beherrscht wurde. Tennis, Tischtennis, Fechten und Tanzsport sind nur bedingt empfehlenswert. Zuviel laufen, schnelle Richtungswechsel und hohe RotationsDrehkräfte führen nicht selten zur Überbelastung des künstlichen Kniegelenks. Badminton, Joggen, Skifahren, Squash und alle Ballsportarten sind abzuraten, da die dabei typischen Stauch-, Stoß- und Drehbelastungen ein hohes Risiko für das künstliche Kniegelenk darstellen. Bei der sportlichen Betätigung sollte es zu keinen Schmerzen durch Überforderung kommen (Luring, Kühlwetter, 2012, S. 82ff.). 28 5 Schlussfolgerungen Wie bereits eingangs erwähnt, nimmt der Bedarf an Knieendoprothetik in der heutigen, immer älter werdenden Gesellschaft, gerade in den Industrieländern ständig zu. Das Eingehen auf die persönliche Situation des Patienten sowohl aus medizinischer aber auch aus wirtschaftlicher, finanzieller Hinsicht ist von großer Bedeutung. Die Vorteile der Nutzung des Navigationssystems liegen in der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse und in der langfristigen Qualität der Operation. Im klinischen Anwendungsbereich ist auch mit einen erhöhten Zeit und finanziellen Aufwand zu rechnen. Ob es Punkto Funktionalität und verbesserter Haltbarkeit wesentliche Vorteile bringt ist Gegenstand von mehreren wissenschaftlichen Untersuchungen und bleibt abzuwarten. Da in der Navigation eine genaue Darstellung des zu operieren Knies möglich ist, können auch die Bedürfnisse und Anforderungen an das künstliche Kniegelenk möglichst genau erhoben und anschließend implantiert werden. Dies stellt einen wesentlichen Vorteil da. Es obliegt den behandelten Ärzten in Absprache mit den Patienten die geeigneten Verfahrenstechniken zu wählen (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 241). Das OP-Pflegepersonal muss bei vorhandenen Navigationseinrichtungen gewissenhaft auf diese eingeschult werden und laufend Weiterbildungsangebote nutzen, um Patienten und Ärzten gleichermaßen Vorteile und Qualitätssicherung zukommen zu lassen. Der Operationspfleger hat die Aufgabe, die Instrumente vorzubereiten, ist für die sachgerechte Patientenlagerung, die Desinfektion und für das Abdecken des OP-Gebietes zuständig. Kenntnisse über Anatomie und Ablauf der Operation ist Voraussetzung. Sorgfältiges verantwortungsvolles Handeln im prä-, intra- und in der postoperativen Pflege ist für alle beteiligen Personen Voraussetzung eines guten OP-Erfolges. 29 6 Zusammenfassung Um Einblick in die Durchführung einer navigierten Knieendoprothese zu geben wurde in dieser Abschlussarbeit versucht, alle relevanten Faktoren die mit den Einsatz dieser Methode im Zusammenhang stehen zu erarbeiten. Ein kurzer Blick über die Anatomie im Kniegelenk wurde ebenfalls gewährt (Huch, Jürgens, 2011, S. 123f.). Ein Teil dieser Ausführungen beschäftigt sich mit dem Zustandekommen und die Auswirkungen der Gonarthrose. Im Weiteren wurden die Voraussetzungen im Knie-OP Gebiet beschrieben und der Aufbau und die Materialen einer künstlichen Knieendoprothese erörtert. Zusätzlich wurden die Vor- und Nachteile des navigierten Verfahrens zur konventionellen herkömmlichen Technik gegenübergestellt. Über Indikationen und Kontraindikationen für das Einsetzen des Implantates im Kniegelenk wurde ausführlich berichtet (Wirtz, 2011, S. 139; Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 135f.). Ein besonderer Schwerpunkt dieser Arbeit lag in der verantwortungsvollen Durchführung der Arbeiten durch den OP-Pfleger in drei Phasen der prä-, intraund postoperativen Pflege. Durch richtige Aufklärung des Patienten, Begleitung bei der Rehabilitation ist es diesen möglich, wieder bald über ein funktionsfähiges belastbares Kniegelenk zu verfügen. Risiken und mögliche Komplikationen stellen immer wieder eine große Herausforderung dar, und wurden hier ausführlich erläutert. Einigen davon stehen mit dem Operationsverlauf im Zusammenhang und können durch umsichtiges Handeln vermieden werden. Beispielsweise Verletzung des Nervus peroneus aufgrund des Kompressionssyndroms kann durch sachgerechte Lagerung oder Verband vermieden werden. Hier kommt dem OP-Pfleger eine wichtige Rolle zu. Sorgfältiger Umgang mit Implantate ist Voraussetzung für ein gemindertes Infektionsrisiko und den Erfolg der Operation (Wirtz, 2011, S.195, zit. n. Schinsky.et.al., 2001, o. S.). Abschließend möchte diese Arbeit auf die Forschung und Weiterentwicklung der Knieendoprothese mit Navigationssystem bei steigendem Bedarf der Operationen in allen Altersgruppen und der Verantwortung der Sozialpolitik in dieser Thematik hinweisen um eine flächendeckende, leistbare Versorgung der Patienten sicherstellen zu können. Somit leistet die Knieendoprothetik einen großen Beitrag 30 zur Erhaltung der Volksgesundheit und kann vielen Menschen den Alltag im täglichen Leben erleichtern (Krukenmeyer, Möllenhoff, 2013, S. 269). 31 7 Literaturverzeichnis Anderhuber F.; Pera F.; Streicher J. (2012): Waldeyer-Anatomie des Menschen. Lehrbuch und Atlas in einem Band. 19., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Berlin/Boston. Verlag. De Gruyter Eggers R. (2012): Gelenke, Muskeln, Nerven. 3., überarbeitete Auflage. München. Urban & Fischer Verlag Huch R.; Jürgens K-D. (2011): Mensch Körper Krankheit. Anatomie, Physiologie, Krankheitsbilder. Lehrbuch und Atlas für die Berufe im Gesundheitswesen. 6. Auflage. München. Urban & Fischer Verlag Krukenmeyer M-G.; Möllenhoff G. (2013): Endoprothetik. Ein Leitfaden für den Praktiker. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Berlin/Boston. Verlag De Gruyter Liehn M.; Richter H.; Kasakov L. (2014): OTA-Lehrbuch. Ausbildung zur Operationstechnischen Assistenz. Berlin Heidelberg. Springer-Verlag Luce-Wunderle G. (2015 ): Klinikleitfaden. OP-Pflege. 6. Auflage. München. Urban & Fischer Verlag Lüring C.; Kühlwetter K. (2012): Künstliche Kniegelenke. Berlin Heidelberg. Verlag. Springer Ochs B-G.; Bahrs C.; Stöckle U.; Marten de Zwart P. (2011): Navigation in der Knieendoprothetik. In: OP-Journal. 2 (27). S. 152-158 Stryker (2007): PrecisionN Knee Navigation. Operationsanleitung. Freibugr. Germany Stryker (2012): Triathllon Kniesystem. MIS Operationsanleitung. Wien. Österreich Werner P. (2014): Taschenatlas Anatomie. Band 1. 11., überarbeitete Auflage. Stuttgart. New York. Verlag. Thieme Wirtz D-C. (2011): AE-Manual der Endoprothetik. Knie. Berlin. Verlag. Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik 32 8 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Kniegelenk (Quelle: www.cyber.com, 2015) ...................................... 4 Abbildung 2: Navigation Stryker System (Quelle: Stryker, 2007) ......................... 10 Abbildung 3: Knie-TEP Instrumentiertisch (Quelle: Eigenes Foto, 2014) ............. 14 Abbildung 4: Instrumente Navigation Stryker (Quelle: Eigenes Foto, 2014)......... 14 Abbildung 5: Rückenlagerung, Knie TEP (Quelle: Foto PK Kreuzschwestern, 2013) .................................................................................................................... 15 Abbildung 6: Femurregistrierung (Quelle: Stryker, 2007) ..................................... 18 33 Eidesstattliche Erklärung Hiermit erkläre ich, dass die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst und nur die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet wurden. Diese Arbeit wurde noch nicht anderweitig einem/r Beurteiler/in in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt. Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und elektronisch) ident sind. Graz, im Mai, 2015 Olha Kaufmann 34