DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 1 die PUNKTE I H R A K T U E L L E S U N D I N N O VAT I V E S DIPL OMFORTBILDUNGSMAGAZIN L I T E R AT U R Rheumatoide Arthritis – von der Diagnose bis zur Therapie ● Die rheumatoide Arthritis (RA) zählt mit einer weltweiten Prävalenz von etwa 0,7% zu den häufigsten entzündlichen Gelenkerkrankungen. ● Die regelmäßige, standardisierte Erfassung der Krankheitsaktivität der RA ist zu einem wichtigen Bestandteil der Patientenbetreuung und Therapiesteuerung geworden. ● Ziel der modernen RA-Therapie ist die Remission der Erkrankung, z.B. dokumentiert über einen DAS28 < 2,6. Dem Konsensusstatement der ÖGR und den Leitlinien der DGRh zufolge sollte eine effektive Basistherapie möglichst frühzeitig nach Diagnosestellung eingeleitet werden. Autoren: Dr. Christina Granitz, Dr. Christian Dejaco, PhD Klinische Abteilung für Rheumatologie und Immunologie (Leiter: Univ.-Prof. Dr. Winfried Graninger), Medizinische Universität Graz 2 PUNKTE R H E U M A T O L O G I E 1/10 DFP-Beitrag publiziert im Juli 2010, gültig bis Juli 2012 DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 2 2 die PUNKTE rheumatologie 1/2010 DIPLOMFORTBILDUNG EDITORIAL Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Die Rheumatologie hat in den letzten Jahren eine eindrucksvolle positive Entwicklung genommen. Unter anderem wird diese im Management Prim. Dr. Burkhard der rheumatoiden F. Leeb Arthritis (RA) am augenscheinlichsten. Die RA – die häufigste entzündliche rheumatische Erkrankung – verläuft individuell zwar unterschiedlich, mündet aber häufig in funktioneller Behinderung und ausgeprägter Gelenkzerstörung. Daraus ergibt sich einerseits eine teilweise massive Beeinträchtigung der Lebensqualität und andererseits selbstverständlich auch eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit mit entsprechenden sozioökonomischen Konsequenzen. Vor allem eine frühe und angepasste aggressive Therapie beeinflusst die Langzeitprognose der Patienten deutlich positiv. Dafür stehen konventionelle krankheitsmodifizierende Medikamente (DMARDs), wie z.B. Methotrexat, und biologische DMARDs zur Verfügung. Diese haben das Management der RA entscheidend verändert. Dabei sollte im Auge behalten werden, dass sich auch die Therapieziele mit der Einführung der Biologika geändert haben und bei früher RA heute Remission als Behandlungsziel definiert wird. Nach drei Monaten sollte zumindest eine Reduktion der Krankheitsaktivität feststellbar, nach sechs Monaten als Response-Kriterium zumindest geringe Krankheitsaktivität (LDA) oder am besten Remission gegeben sein. Andernfalls sollte ein Wechsel des therapeutischen Regimes vorgenommen werden. Gerade diese Strategie erfordert auch eine gezielte individuelle Risikostratifizierung und eine entsprechende Dokumentation des Krankheitsverlaufes, um eine wirklich individualisierte Therapie zu ermöglichen. Unter Berücksichtigung aller therapeutischen Optionen hat sich die Prognose für an RA erkrankte Patienten gegenüber etwa vor 20 Jahren dramatisch verbessert. Diese Themenausgabe von „die PUNKTE“ fasst die gegenwärtigen Empfehlungen hinsichtlich Diagnosestellung und Therapieführung zusammen und liefert damit einen Beitrag zur Vertiefung der Kenntnisse und zur Reflexion darüber, denn nur ständiges Hinterfragen und laufende Diskussion sind Garanten für weitere positive Entwicklungen. Prim. Dr. Burkhard Leeb, Präsident der ÖGR DER EINFACHE WEG, DFP-PUNKTE ZU SAMMELN Das Diplom-Fortbildungs-Programm (DFP) der Österreichischen Ärztekammer ist seit 1995 ein Garant für hochwertige Ärztefortbildung. Mediziner, die innerhalb von drei Jahren 150 Fortbildungspunkte sammeln, können diese einreichen und erhalten das anerkannte Fortbildungsdiplom. Das DFP-Literaturstudium ist Teil des DFP und ermöglicht qualitätsgesicherte Fortbildung durch das Studium von Fachartikeln nach den Richtlinien des DFP. Jedem Fachartikel sind Fragen nachgeordnet. Online Punkte sammeln auf www.meindfp.at Einfach: Erst wird ein Fachartikel in „die PUNKTE“ gelesen, dann werden die richtigen Antworten angekreuzt und die Fragebögen per Post oder Fax an MedMedia geschickt. Der Teilnehmer erhält die Teilnahmebestätigung per Post. Nach Erhalt besteht die Möglichkeit, sich die DFP-Punkte selbst auf dem OnlineFortbildungskonto gutzuschreiben (Details dazu unter: Wie kommt der Arzt zum Fortbildungskonto?). Noch einfacher: DFP-Punkte können durch Beantwortung der Testfragen auf der Homepage der österreichischen akademie der ärzte (www.meindfp.at) erlangt werden, da die Veröffentlichung der Beiträge in „die PUNKTE“ parallel auf www.meindfp.at erfolgt. Die Fragebögen werden auf der Homepage online ausgefüllt und bei richtiger Beantwortung die Fachpunkte automatisch auf das Fortbildungskonto gutgeschrieben. Die Voraussetzung dafür ist die Eröffnung eines Fortbildungskontos. Der Vorteil des Kontos: aktueller Überblick über den persönlichen DFP-Punktestand, vereinfachte Punkteabfrage und automatische Aktualisierung des Punktestandes. Wie kommt der Arzt zu seinem Fortbildungskonto? Der Einstieg in das Fortbildungskonto erfolgt durch einmalige Registrierung in drei Schritten auf www.meindfp.at: 1) Anforderung der Registrierungsdaten (ÖÄK-Arztnummer, Eröffnungskennung) und Registrierung 2) Erstanmeldung mittels Stammdaten (Name, Geburtsdatum) und Wahl des persönlichen Passwortes 3) Soforteinstieg mittels zuvor gewählten Passwortes Bei Verlust der Daten können diese jederzeit wieder angefordert werden: Tel.: 01/512 63 83-33 E-Mail: [email protected] DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 3 rheumatologie 1/2010 DIPLOMFORTBILDUNG die PUNKTE 3 Rheumatoide Arthritis – von der Diagnose bis zur Therapie Lehrziel: Erlernen aktueller Standards in der Frühdiagnose und Therapie der rheumatoiden Arthritis Schmerzen in den Fingern, Zehen und anderen Gelenken, die über mehrere Tage bis Wochen immer wiederkehren, und schließlich Schwellungen dieser Gelenke ohne ersichtlichen (mechanischen) Grund – so beginnt die rheumatoide Arthritis (RA). Die systemische Autoimmunerkrankung ist definiert durch eine entzündliche Gelenkinnenhautwucherung (synovitischer Pannus), die zur Zerstörung benachbarter Strukturen wie Sehnenscheiden, Knorpel und Knochen führt und so die Betroffenen mit Funktionseinschränkungen bis zur Invalidität bedroht. Mit einer weltweiten Prävalenz von etwa 0,7% zählt sie zu den häufigsten entzündlichen Gelenkerkrankungen. Die 2,5- bis 3-fach erhöhte Mortalität ist unter anderem durch kardiovaskuläre Erkrankungen und Infektionen bedingt. Früharthritis Die frühzeitige Diagnose ermöglicht einen früheren Therapiebeginn und dadurch eine wesentlich verbesserte Prognose. Neben dem akuten polyartikulären Beginn mit deutlicher systemischer Entzündungsreaktion gibt es auch einen schleichenden, zunächst oligoartikulären Verlauf. Bei etwa 50% der Patienten mit undifferenzierter Arthritis kommt es im Verlauf der Erkrankung zu einer Regression der Arthritis, während bei etwa einem Drittel dieser Patienten nach ein bis zwei Jahren eine RA diagnostiziert wird. Schon im ersten Jahr der Erkrankung können allerdings destruktive Gelenkveränderungen entstehen. Die alten Klassifikationskriterien des American College of Rheumatology (ACR) waren für die Definition in klinischen Prüfungen nützlich, nicht aber für die heute geforderte Frühdiagnose der RA. Neue Kriterien zur Klassifikation einer RA wurden kürzlich von ALETAHA und Mitarbeitern entwickelt (Tab. 1), die Arbeit wurde bisher allerdings erst in Form eines Abstracts veröffentlicht. Dr. Christina Granitz Dr. Christian Dejaco, PhD status bei Erstdiagnose, ein bilateraler Kompressionsschmerz der MTP-Gelenke sowie der Nachweis von anti-citrulli- } Gelenkbefallmuster (0–5 Punkte) 1 mittleres bis großes Gelenk 2–10 mittlere bis große Gelenke 1–3 kleine Gelenke 4–10 kleine Gelenke > 10 Gelenke (zumindest 1 kleines Gelenk) ACR-Klassifikationskriterien der RA (gefordert waren 4 von 7 Kriterien über mehr als sechs Wochen): • Morgensteifigkeit von mindestens einer Stunde • Gelenkschwellung in mindestens drei Gelenkregionen (PIP-, MCP-, Hand-, Ellbogen-, Knie-, Sprung-, MTPGelenke) • Beteiligung einer der folgenden Regionen: Karpus, PIP-, MCPGelenke • Symmetrie der Gelenkschwellungen • Rheumaknoten • Positiver Rheumafaktor (RF) • Radiologische Veränderungen (Erosionen, gelenksnahe Demineralisierung) Serologie (0–3 Punkte ) weder Rheumafaktor noch ACPA positiv zumindest ein Test niedrig positiv zumindest ein Test hoch positiv Für die Prognose und die Indikation einer frühen intensiven Behandlung ist das Vorhandensein von Risikofaktoren für einen aggressiven Verlauf von Bedeutung. Vor allem die Symptomdauer (mehr als 6 Wochen), der Funktions- Mittlere bis große Gelenke: Schultern, Ellbogen, Hüftgelenk, Knie, Sprunggelenk 0 1 2 3 5 0 2 3 Dauer der Synovitis (0–1 Punkte) < 6 Wochen 0 1 ⱖ 6 Wochen Akutphase-Labor (0–1 Punkte) weder CRP noch BSG abnormal CRP oder ESR erhöht Definitive RA: 0 1 Summe ⱖ 6 Kleine Gelenke: MCPs, PIPs, MTP 2–5, IP 1 Nicht zu zählen sind: DIPs, MCP 1, MTP 1 Tab. 1: Neue Kriterien zur Klassifikation einer RA1 DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 4 4 die PUNKTE rheumatologie 1/2010 DIPLOMFORTBILDUNG Entzündungen. Sie sind bei der Beurteilung des Aktivitätsgrades der RA nützlich, für die Differentialdiagnose aber weitgehend unspezifisch. Bildgebende Verfahren Abb. 1: Erosion (Pfeil) am Metacarpophalangeal-(MCP-)Gelenk 2 links nierten Peptid-Antikörpern (ACPA, CCP-Ak) und Rheumafaktor (RF) erhöhen das Risiko für einen persistierenden und erosiven Verlauf deutlich. Ist es wirklich eine RA? In frühen Stadien mit unspezifischer Klinik oder mono- bzw. oligoartikulärem Verlauf kommen neben einer atypischen Gicht auch systemische Autoimmunerkrankungen (systemischer Lupus erythematodes), die Psoriasis-Arthritis oder Spondylarthritiden mit peripherer Gelenkbeteiligung in Frage. Unter den viralen Arthritiden gehen vor allem die Parvovirus-B19- und die Hepatitis-CInfektion mit einer im Allgemeinen selbstlimitierenden, symmetrischen Arthritis der kleinen Fingergelenke, Letztere nicht selten in Verbindung mit erhöhtem Rheumafaktor, einher. In späten Stadien ist das Vorhandensein von Usuren im Nativröntgen zu beachten. So gibt es etwa eine JaccoudArthropathie beim systemischen Lupus erythematodes, eine neuropathische Arthropathie beim Diabetes mellitus oder die Hämochromatose, bei der es zu einem symmetrischen Gelenkbefall mit Einbeziehung der MCP-Gelenke des Zeige- und Mittelfingers kommen kann. Labordiagnostik Rheumafaktoren: RF sind gegen konstante Abschnitte von Immunglobulinen gerichtete Autoantikörper und kommen in allen Immunglobulinklassen vor. Die IgM- und (die allerdings selten bestimmten) IgA-Isotypen des RF können bei der undifferenzierten Arthritis zur Abgrenzung der RA von anderen Entitäten hilfreich sein. Die Sensitivität des IgM-RFNachweises beträgt ca. 70%, die Spezifität wird je nach untersuchter Kohorte mit 80–90% angegeben; sie sinkt mit steigendem Lebensalter. RF können auch bei malignen (z.B. Lymphome) und infektiösen Erkrankungen (z.B. Tuberkulose, Endocarditis lenta und Hepatitis C) nachgewiesen werden. Antikörper gegen citrullinierte Proteine: Die Labordiagnostik der RA wird durch den Nachweis von Antikörpern gegen citrullinierte Proteine (ACPA) wesentlich bereichert. Die Citrullinierung von Proteinen (Umwandlung der Aminosäure Arginin in Citrullin durch das Enzym Peptidyl-Arginin-Deiminase) ist ein bei Inflammationsreaktionen physiologisch vorkommender Prozess; bei RA entstehen Antikörper gegen diese citrullinierten Proteine. Entsprechende ELISA-Testsysteme werden mit den Bezeichnungen zyklische citrullinierte Peptide (CCP) oder Anti-MCV (Antikörper gegen mutiertes citrulliniertes Vimentin) angeboten. Diese haben eine bessere Spezifität (bis zu 98%) als der RF, bei früher RA kann der Einsatz beider Parameter aufgrund ihrer Spezifität weiterhelfen. Akutphase-Parameter: CRP oder BSG bilden nach wie vor einen Grundstein der Labordiagnostik bei der Frage nach In der Frühdiagnostik ist die Sensitivität des konventionellen Röntgenbildes in der Erfassung erosiver Veränderungen relativ gering und die Beurteilung von Weichteilveränderungen ist unzureichend. Daher haben die Magnetresonanztomographie (MRT) und die Arthrosonographie vor allem in der Frühdiagnostik der RA zunehmende Bedeutung erlangt. Zu den Vorzügen der MRT gehört die sensitive Detektion von Knochenmarködemen, Synovitis und Erosionen, von Nachteil sind der Aufwand und die Kosten der Untersuchung. Die Arthrosonographie besitzt eine der MRT ähnliche Sensitivität, ist kosteneffizient und bei entsprechender Untersuchererfahrung reproduzierbar durchzuführen, jedoch relativ zeitaufwändig. Die Entwicklung von Scoring-Systemen für beide Untersuchungsverfahren könnte die Reproduzierbarkeit und die Bedeutung in der Einschätzung von Prognose und Therapieintensität in Zukunft weiter erhöhen (Abb. 1 + 2). Die konventionelle Röntgendiagnostik stellt unter Berücksichtigung von Standardisierung, Reproduzierbarkeit und Kosten nach wie vor das wichtigste bildgebende Verfahren in der beweisführenden Diagnostik der RA dar. Destruktive Veränderungen können vor allem an Händen und Füßen beurteilt werden. Das Ausmaß erosiver Veränderungen kann für den wissenschaftlichen Followup z.B. anhand des Sharp/Van-derHeijde-Scores quantifiziert werden. Messung der Krankheitsaktivität Die regelmäßige, standardisierte Erfassung der Krankheitsaktivität der RA ist zu einem wichtigen Bestandteil der Patientenbetreuung und Therapiesteuerung geworden. Die Summenwerte aus verschiedenen Symptomen (Scores der Krankheitsaktivität) setzen sich aus klinischen Größen (Zahl der geschwollenen und druckschmerzhaften Gelenke, globale Beurteilung durch Patient und Untersucher) und technischen Parametern (z.B. BSG, CRP) zusammen. Die DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 5 rheumatologie 1/2010 DIPLOMFORTBILDUNG die PUNKTE Therapie und Management Remission ist das Ziel in der Therapie der RA: Ziel der modernen Therapie der RA ist die Remission der Erkrankung, z.B. dokumentiert über einen DAS28 < 2,6. Dem Konsensusstatement der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR) und den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) zufolge sollte eine effektive Basistherapie möglichst frühzeitig nach Diagnosestellung eingeleitet werden (Grad-A-Empfehlung der DGRh2). Etwa zwei Drittel der Patienten mit früher RA entwickeln ohne adäquate Therapie im Laufe von fünf Jahren eine deutliche Funktionseinschränkung der Gelenke, bei frühzeitigem Einsatz der Basistherapie kann das Auftreten einer solchen Funktionseinschränkung um die Hälfte reduziert werden. Am häufigsten wird heute Methotrexat (MTX) als erstes Basistherapeutikum zur Behandlung der RA eingesetzt, da dieses Medikament neben einem raschen Wirkungsbeginn auch eine gute Langzeit-Compliance, einen gesicherten Nachweis von Destruktionsbremsung und eine Mortalitätsverringerung bei günstigen Kosten aufweist. Darüber hinaus sind die meisten Studien zur Kombination verschiedener konventioneller Basistherapeutika und Biologika mit MTX durchgeführt worden. Die Toxizität der bei RA eingesetzten konventionellen Basistherapeutika ist insgesamt als gering einzustufen, die großen Zulassungsstudien zu Leflunomid ergaben für Sulfasalazin (Salazopyrin®) und Leflunomid (Arava®) eine analoge Wirksamkeit und unerwünschte Wirkungen wie für MTX (Ebetrexat®). Die klinische Praxis hat gezeigt, dass die Basistherapie vor allem in den ersten zwei Jahren öfter wegen Nebenwirkungen und/oder Ineffektivität gewechselt werden muss. Über einen Zeitraum von sechs Jahren wurden in einer Beobachtungsstudie durchschnittlich 3,3 verschiedene Basistherapeutika pro Patient eingesetzt, etwa je zur Hälfte erfolgte eine Therapieänderung wegen unerwünschter Wirkungen oder Ineffektivität. Entscheidend für die Prognose ist die engmaschige Kontrolle der Krankheitsaktivität: Ein nicht ausreichendes Ansprechen der Basistherapie sollte umgehend zu einer Therapieintensivierung führen. Bei unzureichendem Erfolg der primären Monotherapie mit einem konventionellen Basistherapeutikum } } } } } } gebräuchlichsten Scores sind der CDAI, der SDAI und der DAS28 (Tab. 2). Rein anamnestische Fragebögen ohne objektive Gelenkuntersuchung wie der RADAI-5 oder die Erfassung der Funktion durch einen HAQ (Health Assessment Questionnaire) können schon im Wartezimmer ausgefüllt werden und so bei der Voreinschätzung nützlich sein. Bei den zumeist in dreimonatlichen Abständen empfohlenen Kontrollen ist eine Therapie mit dem Ziel einer Remission anzustreben. } Abb. 2: Synoviale Proliferation (Pfeilspitzen) mit Hypervaskularisierung (Pfeil) am Metacarpophalangeal-(MCP-)Gelenk 2 rechts 5 sollte entweder das Basistherapeutikum gewechselt oder eine Kombinationstherapie eingeleitet werden. Der routinemäßige Einsatz einer Kombinationstherapie zur initialen Behandlung der RA wird derzeit nicht empfohlen. Die wohl bekannteste Studie, die sich mit der Frage der optimalen Therapiesequenz beschäftigt hat, ist die BeSTStudie. Dabei wurden vier Therapiestrategien zur Behandlung der frühen RA miteinander verglichen: 1. Sequenzielle Monotherapie, 2. Step-up-Therapie (= Beginn mit MTX, bei Therapieversagen Kombinationstherapie), 3. Initiale Kombinationstherapie aus konventionellen Basistherapeutika und Prednisolon sowie 4. Initiale Kombinationstherapie aus Methotrexat und Infliximab. Therapieänderungen wurden nach einem bestehenden Protokoll anhand des aktuellen DAS44 vorgenommen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Behandlungsstrategien der Gruppen 3 und 4 gegenüber den Gruppen 1 und 2 in den ersten zwei Therapiejahren überlegen waren, in weiterer Folge kam es dann aber zu einer Annäherung der klinischen und radiologischen Zielparameter. Nach sechs Jahren waren durchschnittlich 51% der Patienten in Remission, dabei fand sich zwischen den vier Behandlungsstrategien kein Unterschied mehr. Eine Biologikatherapie kommt derzeit erst bei unzureichendem Erfolg der konventionellen Basistherapeutika zum Einsatz: Bei RA-Patienten, die nur unzureichend auf eine Basistherapie einschließlich MTX angesprochen haben, ist der Einsatz eines TNF-␣-Blockers oder von Tocilizumab sinnvoll. Die Indikation zur Biologikatherapie muss dabei von einem internistischen Additivfacharzt für Rheumatologie gestellt werden. Neben den fünf TNF-␣-Blockern InfliEtanercept ximab (Remicade®), ® (Enbrel ), Adalimumab (Humira®), Golimumab (Simponi®) und Certolizumab Pegol (Cimzia®) sind derzeit in Österreich folgende weitere Biologika zugelassen: der B-Zell-depletierende Antikörper Rituximab (RTX, MabThera®), der Inhibitor der T-ZellKostimulation Abatacept (Orencia®), der Interleukin-6-Rezeptor-Antikörper Tocilizumab (RoActemra®) und der } DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 6 6 die PUNKTE rheumatologie 1/2010 DIPLOMFORTBILDUNG Index Formel Krankheitsaktivität DAS28/BSG 0.56x冪TJC28+0.28x冪(SJC28)+0.70xlognat(BSG)+0.014GG Remission: < 2,6; niedrig ⱖ 2,6 und < 3,2; moderat ⱖ 3,2 und < 5,1; hoch ⱖ 5,1 SDAI SJC28+TJC28+GAP+GAU+CRP Remission: < 3,3; niedrig ⱖ 3,3 und < 11; moderat ⱖ 11 und < 26; hoch ⱖ 26 CDAI SJC28+TJC28+GAP+GAU Remission: < 2,8; niedrig ⱖ 2,8 und < 10; moderat ⱖ 10 und < 22; hoch ⱖ 22 DAS28: SDAI: CDAI: TJC28: SJC28: BSG: GG: GAP: GAU: CRP: Disease Activity Score, basierend auf 28 Gelenken Simplified Disease Activity Score Clinical Disease Activity Score Tender Joint Count, 28 Gelenke Swollen Joint Count, 28 Gelenke Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit Globaler Gesundheitsscore (0–100 auf visueller Analogskala) Globale Beurteilung der Krankheitsaktivität durch den Patienten Globale Beurteilung der Krankheitsaktivität durch den Untersucher C-reaktives Protein Die subjektive Einschätzung der Krankheitsaktivität, der Funktion und der Lebensqualität kann mittels Fragebogen erhoben werden (z.B. RADAI-5, RAPID-3, HAQ etc.). Tab. 2: Objektive Scores der Krankheitsaktivität IL-1-Rezeptor-Antagonist Anakinra (Kineret®). RTX und Abatacept dürfen derzeit nur nach Versagen einer TNF-␣Blocker-Therapie eingesetzt werden, Tocilizumab ist auch in der Monotherapie zugelassen. Für alle gängigen Biologika wurde zur Therapie der RA eine gute Wirksamkeit nachgewiesen, wobei die Kombination mit MTX bezüglich klinischem Ansprechen und radiologischer Progression wirksamer ist als die Monotherapie. Kürzlich wurde in einem Cochrane Review von Metaanalysen zu Adalimumab, Etanercept, RTX, Abatacept und Infliximab eine Number Needed to Treat (NNT) zur Erreichung einer 50%igen Verbesserung der Krankheitsaktivität (ACR 50) zwischen 3 und 5 für diese Biologika errechnet. Bei Durchführung einer Basistherapie sollten regelmäßige Kontrolluntersuchungen in definierten Abständen stattfinden: Bei RA-Patienten sollten regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden. Dabei soll der Therapieerfolg durch die Erfassung klinischer Scores (z.B. DAS28) überprüft werden. Es wird empfohlen, bei jeder Visite den gleichen klinischen Score zu verwenden, damit die Ergebnisse ver- gleichbar sind. Zudem dienen regelmäßige Visiten der Früherkennung von Nebenwirkungen. Bei jeder Kontrollvisite sollen den Leitlinien der ÖGR zufolge neben der klinischen Untersuchung und der ausführlichen Anamnese im Hinblick auf infektiöse oder allergische Episoden folgende Laborparameter erhoben werden: komplettes Blutbild (rotes Blutbild, Thrombozyten, Leukozyten, Differentialzählung), Leberfunktionsproben (GOT, GPT, Gamma-GT, alkalische Phosphatase, Serumbilirubin), Kreatinin, BUN und Harnbefund. Zur Dokumentation eventueller Strukturschäden durch die RA ist in regel- DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 7 rheumatologie 1/2010 DIPLOMFORTBILDUNG mäßigen Abständen (zu Beginn jährlich) eine konventionelle Röntgenuntersuchung der betroffenen Gelenke, zumeist der Hände und Vorfüße, durchzuführen. Funktionseinschränkungen sollten durch jährlich erfasste Fragebögen (z.B. durch den HAQ) dokumentiert werden. Vor Einleitung einer Biologikatherapie empfiehlt die ÖGR die Durchführung einer ausführlichen Laboruntersuchung auch mit Bestimmung der ANA- und dsDNA-Antikörper. Maligne Tumoren, eine Herzinsuffizienz NYHA III/IV, demyelinisierende Erkrankungen und Infekte müssen ausgeschlossen werden, wobei besonderes Augenmerk auf die Abklärung einer aktiven oder latenten Tuberkulose gelegt werden sollte. Diese Abklärung umfasst eine detaillierte Anamnese im Hinblick auf eine Tuberkulose-Vorerkrankung und/oder Kontakte mit Tbc-Patienten, eine Thoraxröntgenaufnahme sowie einen Mendel-MantouxTest. Eine aktive Tbc ist eine Kontraindikation für eine TNF-␣-Blocker-Therapie, bei einer latenten Tbc sollte eine Prophylaxe mit Isoniazid (5 mg/kg Körpergewicht, max. 300 mg pro Tag) über neun Monate erfolgen. Die TNF-␣-BlockerTherapie sollte dabei frühestens ein bis zwei Monate nach Einleitung der Isoniazid-Chemoprävention begonnen werden. Die DGRh empfiehlt anstelle des TbcHauttests die Durchführung eines Interferon-␥-Tests (IGRA; z.B. QuantiferonTest). Beim IGRA wird die Zytokinproduktion von T-Lymphozyten nach Stimulation mit Tuberkulose-Antigenen gemessen, wodurch eine spezifischere Aussage als durch den Mendel-Mantoux-Test möglich ist. Beim Mendel-Mantoux-Test kann bei Infektion mit atypischen Mykobakterien und bei früherer BacillusCalmette-Guérin (BCG)-Impfung und wiederholtem Anlegen des MendelMantoux-Tests ein (falsch) positives Ergebnis erzielt werden. Wenig Erfahrung gibt es zum Einsatz von TNF-␣-Blockern bei chronischviralen Infektionen wie Hepatitis B und C. In mehreren Fallserien traten bei Patienten mit chronischer Hepatitis C keine Veränderungen des Virusloads und/oder der Transaminasen durch eine TNF-␣-Blocker-Therapie auf. Bei Patienten, die an einer chronischen Hepatitis B leiden, kam es in Einzelfäl- die PUNKTE len nach wenigen Applikationen zu einer Reaktivierung der Hepatitis. Aus diesem Grund wird der Einsatz von TNF-␣-Blockern bei chronischer Hepatitis B nicht empfohlen. Für die Anwendung von RTX ist ein systematisches Tbc-Screening nicht erforderlich, eine chronische Hepatitis und ein Immunglobulinmangel sollten aber ausgeschlossen werden. Bei RAPatienten mit Anamnese eines B-ZellLymphoms scheint RTX deutlich sicherer zu sein als ein TNF-␣-Blocker. Unter RTX wurden jedoch einzelne Fälle einer progressiven multifokalen Leukoenzephalopathie (PML) aufgrund einer Reaktivierung des JC-Polyomavirus beobachtet, weshalb Patienten über diese seltene Komplikation informiert werden sollten. Weitere Details zu den Empfehlungen der ÖGR über die konventionellen Basistherapeutika und Biologika sind auf www.rheumatologie.at/aerzteinformation/publikationen/konsensus.php zu finden. Kortikosteroide und NSAR können begleitend zur Basistherapie eingesetzt werden: Die zusätzliche Gabe einer niedrig dosierten Kortikosteroidtherapie ist geeignet, die Krankheitsaktivität bis zum Erreichen der Wirkung der Basistherapie zu unterdrücken, und trägt zudem zur Verzögerung der radiologisch nachweisbaren Gelenkzerstörung bei (Grad-A-Empfehlung der DGRh). Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) können zur symptomatischen Therapie der RA eingesetzt werden. Dabei sollte die niedrigste noch wirksame NSARDosis gewählt werden. NSAR sollten reduziert oder ganz abgesetzt werden, wenn ein gutes Ansprechen auf die Basistherapie vorliegt. Eine NSAR-Monotherapie ist heute aufgrund der fehlenden krankheitsmodifizierenden Wirkung der RA obsolet. Koordinierte, problemorientierte, multidisziplinäre Behandlung von RA-Patienten: Die Versorgung von RA-Patienten sollte möglichst von Beginn an in Form einer koordinierten, problemorientierten, multidisziplinären Behandlung erfolgen (Grad-B-Empfehlung der DGRh). Regelmäßige aktive und passive physiotherapeutische Maßnahmen sollen die Beweglichkeit betroffener Gelenke ver- 7 bessern, durch ergotherapeutische Beratung können Hilfsmittel für nicht mehr mögliche Tätigkeiten im Alltag besprochen werden. Eine spezielle „Rheumadiät“ wurde bisher nicht etabliert. Umfassende Informationen über die Erkrankung sowie Rat und Hilfe zur Selbsthilfe, z.B. im Rahmen von Patientenschulungen oder Selbsthilfegruppen, können betroffene Patienten dabei unterstützen, ein möglichst normales Leben zu führen. Bei bereits vorhandenen Gelenkdestruktionen sollten im Konsil mit der Rheumaorthopädie operative Maßnah■ men in Betracht gezogen werden. Ausgewählte Literatur: 1 Aletaha D, Neogi T, Silman AJ, Funovits J, Felson DT, Bingham CO 3rd et al.: The 2010 American College of Rheumatology/European League Against Rheumatism Classification Criteria for Rheumatoid Arthritis. ACR Meeting 2009, Philadelphia 2 Grades of Recommendation – Härtegrad der Empfehlung (nach Scottish Intercollegiate Guidelines Network), siehe http://dgrh.de/fileadmin/media/Qualitaetssicherung/Leitlinien/10_ANH1-7.PDF Lecture Board: Ao. Univ.-Prof. Dr. Hans-Peter Brezinschek Prim. Dr. Burkhard Leeb Ao. Univ.-Prof. Dr. Michael Schirmer Korrespondenzadresse: Dr. Christian Dejaco, PhD Klinische Abteilung für Rheumatologie und Immunologie, Universitätsklinik für Innere Medizin, Medizinische Universität Graz Auenbruggerplatz 15 8036 Graz Tel.: +43/316/385-80595 Fax: +43/316/385-7813 E-Mail: [email protected] Akkreditierter Herausgeber: Klinische Abteilung für Rheumatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin Graz DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 8 8 die PUNKTE 1/2010 PROMOTION Tocilizumab (RoActemra®) Neue Wege der Therapie in der rheumatoiden Arthritis Mit dem IL-6-Rezeptor-Antagonisten Tocilizumab steht ein Präparat zur Verfügung, das die Symptome der rheumatoiden Arthritis, physische Behinderung und das Fortschreiten der Gelenkzerstörung ebenso vermindert wie die systemischen Manifestationen der Erkrankung. Klinische Studien und deren Redaktion: Mag. Harald Leitner Langzeitextensionen belegen die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Substanz. Das Zytokin Interleukin-6 (IL-6) spielt in der Pathogenese der rheumatoiden Arthritis (RA) eine Schlüsselrolle. Es wird von B- und T-Zellen sowie von Makrophagen, Fibroblasten und Endothelzellen gebildet und wirkt über verschiedene Mechanismen proinflammatorisch. In den Gelenken führt IL-6 bei aktiver RA zu einer Zerstörung der knöchernen Strukturen, indem es die Bildung und Reifung der Osteoklasten stimuliert. Darüber hinaus fördert das Zytokin am Ort der Entzündung die Rekrutierung und das Überleben von Neutrophilen, was zu einer Prolongierung des inflammatorischen Prozesses führt. IL-6 ist auch an der Bildung des Pannus – das Kennzeichen einer aktiven RA – beteiligt. Neben den Gelenkschädigungen sind auch viele systemische Auswirkungen der RA durch IL-6 vermittelt. So stimuliert IL-6 etwa die Produktion von Akut- Phase-Proteinen wie CRP und Fibrinogen und es reguliert den Eisenmetabolismus, Grund für den häufigen Eisenmangel von RA-Patienten. Die Effekte von IL-6 auf die HPA-Achse („hypothalamic-pituitary-adrenocortical axis“) sind wiederum für affektive Störungen und Fatigue der Patienten verantwortlich. Der monoklonale IgG1-Antikörper Tocilizumab wirkt als IL-6-RezeptorAntagonist, der sowohl an lösliche IL-6-Rezeptoren als auch an IL-6Rezeptoren, die an die Zellmembran gebunden sind, bindet und damit den IL-6-Signalweg unterbricht und so die Entzündungsreaktionen hemmt. „Die IL-6-Inhibition mittels Tocilizumab bekämpft die Gelenkentzündung und die systemischen Manifestationen der rheumatoiden Arthritis“, sagt Prof. Ernest Choy, King’s College Hospital, London (UK). 50 – 40 – 30 – 20 – 10 – 0 – p < 0,0001 47 p < 0,0001 33 8 4 n= 211 316 24 Wochen 151 269 52 Wochen 241 – – – 60 Open Label 65 – 70 – – Patienten (%) Placebo + MTX (n = 393) Tocilizumab + MTX (n = 398) 104 Wochen Abb. 1: LITHE – Steigerung der DAS28-Remissionsraten in den Wochen 24, 52 und 104 Rasche und anhaltende Wirkung Wirksamkeit und Sicherheit von Tocilizumab wurden in einem umfangreichen Studienprogramm mit fünf randomisierten, kontrollierten Phase-III-Studie in den unterschiedlichsten Settings evaluiert. Vier Studien – AMBITION1, OPTION2, TOWARD3 und RADIATE4 – dauerten sechs Monate, wobei die Verbesserungen der Symptomatik im Zentrum des Interesses standen. In der LITHE-Studie5 wurde die Wirkung von Tocilizumab auf die Progression der Gelenkzerstörung sowie die physische Funktion und den Verlauf von Behinderungen evaluiert. Derzeit laufen die auf weitere drei Jahre ausgelegte, offene Verlängerungsstudie im Anschluss an LITHE sowie die beiden offenen Verlängerungsstudien GROWTH 956 und GROWTH 966, in denen die Langzeitergebnisse der Patienten, die an den 6-Monats-Studien teilgenommen hatten, erhoben werden. „Alle Studien haben gezeigt, dass Tocilizumab rasche und anhaltende Verbesserungen der Symptome der rheumatoiden Arthritis bewirkt“, fasst Prof. Arthur Kavanaugh, University of California, San Diego (USA), die Hauptaussage zusammen. So konnten durchgehend DAS28Remissionsraten (Disease Activity Score) zwischen 30 und 34% nach 24 Wochen erzielt werden; dies sowohl in der Monotherapie von Methotrexat(MTX-)naiven Patienten bzw. Patienten, die mindestens sechs Monate MTX-frei waren1, als auch in Kombination mit einem anderen krankheitsmodifizierenden Therapeutikum (DMARD – Disease Modifying Antirheumatic Drug)7. Dabei DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 9 1/2010 die PUNKTE PROMOTION 2,0 – 1,5 – 1,0 – 0,5 – Placebo + MTX (n = 393) Tocilizumab 8 mg/kg + MTX (n = 398) 1,96 p < 0,001 81 % p < 0,001 0,72 0,37 294 353 294 Gesamt-SharpGenant-Score 0,15 353 294 353 – n= 0,22 – – 1,24 – 0 Inhibition Erosionen – – Gelenkspaltverengung Lineare Extrapolation, Daten nach Rescue-Medikation oder Studienabbruch nicht inkludiert. Angaben in Klammern entsprechen der Gesamtzahl an PatientInnen, die die Studienzeitpunkte erreichten und eine gültige Datenerfassung hatten. Abb. 2: LITHE – Signifikante Inhibition der radiophrafischen Progression (Woche 104)5 erreicht wurde, für ein weiteres Jahr Tocilizumab 8 mg/kg. Nach zwei Jahren zeigte die Datenauswertung, dass in beiden Tocilizumab-Armen der SharpScore signifikant geringer war als unter Placebo (Abb. 2). Darüber hinaus wies ein signifikant höherer Anteil der Patienten aus der Gruppe mit Tocilizumab 8 mg/kg keine radiographische Progression auf als im Placeboarm (82% vs. 60%, p < 0,0001). Bei jenen Patienten im Placeboarm, die aufgrund fortschreitender Gelenkzerstörung nach einem Jahr auf Tocilizumab eingestellt worden waren, konnte die Progression ebenfalls verzögert bzw. gestoppt werden. Die Behandlung mit Tocilizumab resultierte weiters in einer anhaltenden Erhöhung der Knochenformationsmarker und einer Senkung der Marker für den Knorpelumbau.8 „Diese Veränderungen waren mit signifikanten und anhaltenden Verbesserungen der Gelenkstrukturen assoziiert“, berichtet Landewé. Kardiovaskuläre Sicherheit „IL-6 ist ein wichtiger Regulator der Neutrophilen-Funktion und es ist nicht überraschend, dass es unter Tocilizumab zu einer Neutropenie kommen kann“, sagt Prof. Andrea Rubbert-Roth, Klinik I für Innere Medizin der Univ.-Klinik Köln (D). Deshalb wird in der Produktcharakteristik auch ein NeutrophilenMonitoring vier bis acht Wochen nach Therapiebeginn sowie bei Patienten mit niedrigen absoluten Neutrophilen-Zahlen erhöhte Aufmerksamkeit empfohlen. Hinsichtlich der Sicherheit von Tocilizumab liegt die Auswertung der Daten von 10.000 Patientenjahren aus klinischen Studien und deren Verlängerungen vor. Dabei zeigte sich, dass je 100 Patientenjahre 4,5 schwer wiegende Infektionen auftraten. Diese inkludierten Pneumonie, Herpes zoster, Gastroenteritis und Sepsis. „Die schwer wiegenden Infektionen waren jedoch nur selten fatal und es bestand kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Tocilizumab-induzierter Neutropenie und dem Auftreten dieser Infektionen“, so Rubbert-Roth. Patienten mit aktiver RA haben, wie auch Patienten mit anderen entzündlichen Erkrankungen, ein verändertes Lipidprofil mit reduziertem HDL und LDL sowie reduziertem Gesamtcholesterin. „Wie zu erwarten, werden die Lipidspiegel durch die antiinflammatorische Therapie mit einem IL-6-Inhibitor gehoben“, erklärt Prof. Naveed Sattar, Universität Glasgow (UK). Während ein Ansteigen der Lipide in der Regel eine Erhöhung des kardiovaskulären Risikos bedeutet, scheint die antiinflammatorische Wirkung der RATherapie das kardiovaskuläre Risiko zu senken. Studien, die diesen Effekt für Tocilizumab wissenschaftlich belegen, sind allerdings noch ausständig. In den jüngst publizierten EULAR-Guidelines wird daher eine jährliche Überprüfung des kardiovaskulären Risikos von RA■ Patienten empfohlen.9 Quelle: „The New Era in RA Management: From Plans to Construction“, Satelliten-Symposium von Roche im Rahmen des EULAR 2010, 17. 6. 2010, Rom 1 Jones et al.: Ann Rheum Dis 2010; 69: 88-96 2 Smolen et al.: Lancet 2008; 371: 987-97 3 Genovese et al.: Arthitis Rheum 2008; 58: 2968-80 4 Emery et al.: Ann Rheum Dis 2008; 67: 1516-23 5 Fleischmann et al.: ACR 2009; Abst. 637 6 Smolen et al.: ACR 2009; Poster 413 7 gepoolte Daten von LITHE, OPTION und TOWARD, Data on file Hoffmann-La Roche 8 Garnero et al.: Arthritis Rheum 2010; 62(1): 33-4 9 Peters et al.: Ann Rheum Dis 2010; 69: 325-31 Fachkurzinformation siehe Seite 10 „Gelenkschädigungen sind die wesentliche Ursache für Behinderungen aufgrund von RA. Die radiographische Progression ist daher ein wichtiger OutcomeParameter in klinischen und Beobachtungsstudien“, erläutert Prof. Robert Landewé, Univ.-Klinik Maastricht (NL). So stellte die radiographische Progression nach zwei Jahren Therapie, gemessen mittels des Sharp-Scores, einen primären Endpunkt der LITHE-Studie dar. Insgesamt wurden 1.196 Patienten mit RA, die auf eine Therapie mit MTX nicht adäquat angesprochen hatten, in die LITHE-Studie inkludiert. Die Studienmedikation bestand aus Tocilizumab 4 mg/kg, 8 mg/kg oder Placebo jeweils plus MTX alle vier Wochen. Nach einem Jahr erhielten alle Studienteilnehmer, bei denen weniger als 70% Verbesserung hinsichtlich geschwollener Gelenke oder verengter Gelenkspalte 2,5 Entgeltliche Einschaltung Struktur und Funktion der Gelenke erhalten p < 0,001 Mittlere Veränderung vs. Baseline war ein rascher Wirkungseintritt zu beobachten. Bereits nach zwei Wochen konnte eine ACR20-Response erzielt werden und bei den meisten Patienten hatten sich in diesem Zeitraum auch die CRP- und Hämoglobin-Spiegel normalisiert und die Fatigue-Symptomatik signifikant verbessert. In Woche 24 waren in allen Studienpopulationen, die mit Tocilizumab behandelt worden waren, hohe DAS28Remissionsraten zu verzeichnen, die im Verlauf der Verlängerungsstudien noch weiter anstiegen (Abb. 1). Ebenso verhielt es sich hinsichtlich der ACR50und ACR70-Responder-Raten, die laut Kavanaugh im Laufe der Verlängerungsstudie ebenfalls anstiegen, sodass bei einem großen Teil der Patienten die ACR70-Therapieantwort über weitere 24 Wochen erhalten blieb. Die Behandlung mit Tocilizumab führte darüber hinaus zu einer signifikanten Schmerzreduktion, einer Reduktion von geschwollenen und druckempfindlichen Gelenken sowie Verbesserungen der physischen Funktion und Minderung des Behinderungsgrades. „Die Ergebnisse der offenen Verlängerungsstudie bestätigen die Wirksamkeit von Tocilizumab, so wie sie in klinischen Studien gezeigt wurde, allerdings in einem Setting, das dem klinischen Alltag näher kommt“, so Kavanaugh. 9 DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 10 10 die PUNKTE rheumatologie 1/2010 DIPLOMFORTBILDUNG Geschätzte Leserinnen und Leser! Das DFP-Medium „die PUNKTE“ bietet qualitätsgesicherte Fortbildung in vielen Fachbereichen, wie Gastroenterologie, Diabetologie, Osteologie und Hypertensiologie. Nutzen Sie die Fortbildungsmöglichkeit auf www.meindfp.at (Literaturstudium – alle Fachartikel – Magazin – die PUNKTE). Sie haben darüber hinaus die Möglichkeit, „die PUNKTE“ über die Homepage von MedMedia unter www.medmedia.at/leserservice zu abonnieren. die PUNKTE GASTROENTEROLOGIE 1/10 Divertikulose und Divertikulitis Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Fokus Morbus Crohn die PUNKTE OSTEOLOGIE 1/10 Osteoporose-Guidelines 2010 die PUNKTE DIABETOLOGIE 1/10 Diabetische Spätkomplikationen Disease Management Strukturierte Betreuung bei Diabetes mellitus Typ 2 die PUNKTE HYPERTENSIOLOGIE 1/10 Die antihypertensive Kombinationstherapie unter Berücksichtigung internationaler Guidelines FACHKURZINFORMATION RoActemra® 20 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Zusammensetzung: Jeder ml des Konzentrats enthält 20 mg Tocilizumab*. Jede Durchstechflasche enthält 80 mg Tocilizumab* in 4 ml (20 mg/ml). Jede Durchstechflasche enthält 200 mg Tocilizumab* in 10 ml (20 mg/ml). Jede Durchstechflasche enthält 400 mg Tocilizumab* in 20 ml (20 mg/ml). *humanisierter monoklonaler IgG1-Antikörper gegen den humanen Interleukin-6(IL-6)-Rezeptor produziert mit rekombinanter DNA-Technologie in Ovarialzellen des chinesischen Hamsters. Sonstige Bestandteile: Jede 80 mg Durchstechflasche enthält 0,10 mmol (2,21 mg) Natrium. Jede 200 mg Durchstechflasche enthält 0,20 mmol (4,43 mg) Natrium. Jede 400 mg Durchstechflasche enthält 0,39 mmol (8,85 mg) Natrium. Anwendungsgebiete: RoActemra ist, in Kombination mit Methotrexat (MTX), für die Behandlung erwachsener Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA) angezeigt, die unzureichend auf eine vorangegangene Behandlung mit einem oder mehreren krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) oder Tumornekrosefaktor-(TNF)-Inhibitoren angesprochen oder diese nicht vertragen haben. RoActemra kann bei diesen Patienten als Monotherapie verabreicht werden, falls eine Methotrexat-Unverträglichkeit vorliegt oder eine Fortsetzung der Therapie mit Methotrexat unangemessen erscheint. RoActemra vermindert in Kombination mit Methotrexat das Fortschreiten der radiologisch nachweisbaren strukturellen Gelenkschädigungen und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. Gegenanzeigen: - Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. - Aktive, schwere Infektionen (siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 4.4 „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“). Liste der sonstigen Bestandteile: Sucrose, Polysorbat 80, Dinatriumhydrogenphosphat 12 H2O, Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat, Wasser für Injektionszwecke. Inhaber der Zulassung: Roche Registration Limited, 6 Falcon Way, Shire Park, Welwyn Garden City, AL7 1TW, Vereinigtes Königreich. Abgabe: rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. Pharmakotherapeutische Gruppe: Immunsuppressiva, Interleukin-Inhibitoren; ATC-Code: L04AC07. Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen sowie Informationen zu Schwangerschaft und Stillzeit und zu Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. Impressum Herausgeber: MedMedia Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H., Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien. Verlagsleitung: Mag. Gabriele Jerlich. Projektleitung: Karin Duderstadt. Produktion: Mag. (FH) Nicole Kaeßmayer. Redaktion: Mag. Sandra Standhartinger. Lektorat: Mag. Andrea Crevato. Layout/DTP: Gerald Mollay. Foto: Fotolia. Print: Donau Forum Druck Ges.m.b.H., 1230 Wien. Druckauflage: 9.400. Allgemeine Hinweise: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des jeweiligen Autors wieder und fallen somit in den persönlichen Verantwortungsbereich des Verfassers. Entgeltliche Einschaltungen gem. § 26 Mediengesetz fallen in den Verantwortungsbereich des jeweiligen Auftraggebers; sie müssen nicht die Meinung von Herausgeber, Reviewer oder Redaktion wiedergeben. Angaben über Dosierungen, Applikationsformen und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten müssen vom jeweiligen Anwender auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Trotz sorgfältiger Prüfung übernehmen Medieninhaber und Herausgeber keinerlei Haftung für drucktechnische und inhaltliche Fehler. Der besseren Lesbarkeit halber werden Personen- und Berufsbezeichnungen nur in einer Form verwendet. Sie sind selbstverständlich gleichwertig auf beide Geschlechter bezogen. DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 11 rheumatologie 1/2010 DIPLOMFORTBILDUNG die PUNKTE DIE FRAGEN 11 Fax an: +43/1/522 52 70 oder Web: www.meindfp.at Im Rahmen des Diplom-Fortbildungs-Programms ist es möglich, durch das Literaturstudium Punkte für das DFP zu erwerben. 1. Nach der Lektüre des DFP-Artikels beantworten Sie bitte die Multiple-Choice-Fragen. Eine Frage gilt als richtig beantwortet, wenn alle möglichen richtigen Antworten angekreuzt sind. Insgesamt müssen vier von fünf Fragen korrekt beantwortet sein. Bei positiver Bewertung werden Ihnen zwei DFP-Fachpunkte angerechnet. 2. Schicken Sie diese Seite per Post oder Fax an Mag. (FH) Nicole Kaeßmayer, MedMedia Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H., Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien, Fax: +43/1/522 52 70. Bitte geben Sie unbedingt Ihre ÖÄK-Arztnummer an, damit die DFP-Fachpunkte Ihrem Online-Fortbildungskonto gutgeschrieben werden können. 3. Sie haben auch im Internet bei der österreichischen akademie der ärzte die Möglichkeit, den Artikel zu lesen bzw. die Fragen zu beantworten: www.meindfp.at 4. Folgende Erkrankungen sind Kontraindikationen für eine TNF-␣-Blocker-Therapie: (4 richtige Antworten) 1. Folgende Aussage zu den Antikörpern gegen citrullinierte Proteine (APCA) ist richtig: (1 richtige Antwort) a) APCA und RF sind bei RA immer positiv. b) APCA werden üblicherweise mittels ELISA nachgewiesen und mit der Immunfluoreszenz bestätigt. c) Der Nachweis von APCA hat eine höhere Spezifität für die Diagnose RA als die Bestimmung des Rheumafaktors. d) APCA sind auch bei malignen und infektiösen Erkrankungen häufig vorhanden. ❑ ❑ ❑ ❑ 2. Bei einem 46-jährigen Patienten wurde eine RA diagnostiziert. Welches Vorgehen ist richtig? (1 richtige Antwort) a) Aufgrund der hohen Spontanremissionsrate sollte einige Monate zugewartet werden. Bei anhaltender Krankheitsaktivität erfolgt die Einleitung einer Basistherapie. b) Frühzeitige Einleitung einer effektiven Basistherapie mit Methotrexat, weil dadurch die Progredienz der Erkrankung reduziert werden kann. c) Primäre NSAR-Monotherapie und bei Therapieversagen Einleitung einer Basistherapie. Die Auswahl des Präparats erfolgt dann in Abhängigkeit von der Krankheitsaktivität. d) Monotherapie mit einem TNF-␣-Blocker, weil in der BeST-Studie gezeigt wurde, dass nach sechs Jahren dadurch mehr Patienten in Remission sind als beim Einsatz von MTX. ❑ ❑ ❑ ❑ ❑ ❑ a) Aktive maligne Tumoren b) Herzinsuffizienz NYHA III/IV c) Psoriasis vulgaris d) Bekannte demyelinisierende Erkrankungen e) Aktive Tuberkulose f) Niereninsuffizienz 5. Folgende Untersuchung wird nicht bei jeder rheumatologischen Visite bei RA-Patienten unter laufender Basistherapie empfohlen: (1 richtige Antwort) ❑ ❑ a) Erfassung der klinischen Krankheitsaktivität z.B. mit dem DAS28 b) Komplettes BB c) Handröntgen d) Leberenzyme e) Harn ❑ ❑ ❑ ❑ ❑ ❑ ❑ 3. Welche der folgenden Aussagen zu Biologika ist falsch? (1 richtige Antwort) a) Laut Zulassung dürfen Rituximab und Abatacept nur nach Versagen einer TNF-␣-Blocker-Therapie eingesetzt werden. b) Tocilizumab ist auch für die Monotherapie zugelassen. c) Kombinationen von Biologika werden nicht empfohlen. d) Bei bestehender TNF-␣-Blocker-Therapie bringt eine Kombination mit MTX keinen Vorteil. ❑ ❑ ❑ ❑ Arzt/Ärztin für Allgemeinmedizin – ÖÄK-Arztnummer*§ Facharzt/Fachärztin für 1 9 Geburtsdatum* Name* Adresse* Telefon E-Mail ✁ Ordinationsstempel mit Unterschrift * muss ausgefüllt werden; § Abfragemöglichkeit auf www.arztakademie.at Seite 10 DFP Rheuma 1_10_Layout 1 21.07.10 09:57 Seite 12