Einführung in die Physik I Wärmelehre/Thermodynamik Wintersemester 2007 Vladimir Dyakonov #4 am 12.01.2007 Folien im PDF Format unter: http://www.physik.uni-wuerzburg.de/EP6/teaching.html Raum E143, Tel. 888-5875, eMail: [email protected] 10.5 Kinetische Theorie der Wärme • Grundlagen von Boltzmann, Clausius, Maxwell (19. Jhd.) • Alle Zustandsgrößen lassen sich als statistische Mittelwerte mikroskopischer Zustände der einzelnen Teilchen (E, P) zurückführen • Kin. Gastheorie: Makroskopisch beobachtbaren thermodynamischen Eigenschaften eines Gases wird auf die mikroskopische Bewegung der Gasatome und deren WW bei Stößen zurückgeführt • Modell: - Wärme ist Bewegungsenergie (Ekin, Erot, Evib), die in den Teilchen steckt - Temperatur ist proportional der mittleren Energie eines Freiheitsgrades der Teilchen - Die Temperatur kann auf mechanische Größen zurückgeführt werden - Newton’schen Gesetze der Mechanik sind anwendbar 1 Der Gasdruck wird verursacht durch Stöße der einzelnen Gasmoleküle mit der Wand 10.5 Kinetische Theorie der Wärme Gasdruck p: Der Druck P eines Gases auf die Behälterwand wird durch (elastische) Stöße der Gasteilchen ausgeübt. 2. Newtonsches Axiom F= dp d ( mv ) = dt dt Kraft, die die Gasteilchen auf die Wand ausüben (und umgekehrt, 3. Newtonsches Axiom), ist gleich der Impulsänderung, dividiert durch die Zeitspanne dt Wand Für den Druck, definiert als Kraft pro Fläche, gilt: P= F 1 dp = A A dt Impulsänderung: Jedes Teilchen mit der Masse m und der Geschwindigkeit vx überträgt beim Stoß auf die Wand den Impuls dpx = 2 m vx -mvx mvx 2 Kinetische Gastheorie Der Gasdruck wird verursacht durch Stöße der einzelnen Gasmoleküle mit der Wand p = 1/ 3 ρ v 2 damit entsteht insgesamt ein Druck v2 wobei der Mittelwert der Quadrate aller vorkommenden Geschwindigkeiten ist Druck auf die Außenwände eines Gefäßes mit einem Gas der Temperatur T Durch die Reflektion der Atome an Wänden wird Impuls auf die Wand übertragen. Der Impulsübertrag pro Zeit erzeugt eine Kraft auf die Wand. Auf die rechte Wand (Fläche A) treffen Atome mit vx > 0 In dem Volumen V befinden sich N Atome. Die Anzahldichte ist dann n= N V In dem dem Intervall vx ... vx + dvx x befinden sich insgesamt n f ( v x ) dv x V Atome. Auf die rechte Wand treffen pro ∆t alle Atome mit der Geschwindigkeit v x n f (vx ) dvx Avx ∆t aus dem Volumen vx ∆t 3 Die Atome mit Geschwindigkeit vx erzeugen einen Impulsübertrag von n f (vx ) dvx Avx ∆t ⋅ 2mvx 1442443 1 2 3 Anzahl Impulsübertrag Die Kraft auf die Fläche A ist Impulsübertrag pro ∆t ( bisher nur durch die Atome mit Geschwindigkeit vx ) dF = n f (vx ) dvx Avx 2mvx Der Druck ist Kraft pro Fläche: d p = 2m n vx2 f (vx ) dvx Der Druck durch alle möglichen Geschwindigkeiten ist: ∞ p = 2m n ∫ vx2 f (vx ) dvx 0 1 44244 3 1 2 v x2 ½ weil Integral bei 0 startet statt bei -∞ 13 Der Druck auf die rechte Fläche ist also p = m n vx2 wird oft auch geschrieben als 1 p = m n v2 3 14 4 10.5 Kinetische Theorie der Wärme Lösung der Gasdruckberechnung: Gesamtdruck: p = 1/3 N/V m v2 N = Zahl der Teilchen im Gasvolumen V = Gasvolumen n = N/V = Teilchenzahldichte Grundgleichung der kinetischen Gastheorie: p V = 2/3 N 1/2 m v2 Mittlere kinetische Energie der Teilchen: Ekin = 1/2 m v2 Resultierender Gesamtdruck P: p = 2/3 N/V Ekin d.h. Druck ist proportional zur kinetischen Energie der Gasteilchen !!! ACHTUNG: Zum Druck tragen nur die Translationsfreiheitsgrade bei !!! 10.5 Kinetische Theorie der Wärme Vergleich mit Zustandsgleichung des idealen Gases: pV=NkT Zustandsgleichung mit k = 1.38 10-23 J/K (Gaskonstante für ein Molekül) p = 2/3 N/V Ekin ⇒ Ekin = 3/2 kT ⇒ ⇒ Kin. Druck Wichtiges Ergebnis !!! Mittlere kinetische Energie ist proportional zur thermodynamischen Temperatur !!! Für einatomige Gase ist die translatorische gleich der totalen kinetischen Energie 5 10.5 Einschub: Boltzmannfaktor • Aus der barometrischen Höhenformel folgt für die Zahl n der Teilchen in der Höhe h: n(h) = no exp (-m g h/ kT) • m g h = Epot eines Teilchens der Masse m im Gravitationsfeld n(h) = no exp (-Epot /kT) Boltzmann-Faktor kT : thermische/kinetische Energie • Barometrische Höhenformel gibt die Teilchendichten in verschiedenen Höhen an • Wenn die Teilchen keine kinetische Energie hätten, würden sie alle im Gravitationsfeld der Erde fallen. (keine Erdatmosphäre) 10.5 Einschub: Boltzmannfaktor Frage: Was ist die wahrscheinlichste Verteilung von Teilchen auf verschiedene Energien bei vorgegebener Temperatur? Durch Quantisierung der Energie gibt es nur diskrete Energieniveaus. Alle haben den gleichen Abstand ∆E (bei harmonischer Schwingung) Anzahl der Moleküle mit dieser Energie E ∆E E3 E2 E1 n8 n7 n6 n5 n4 n3 n2 n1 n8 n7 n6 + 1 n5 − 1 n4 n3 − 1 n2 + 1 n1 Ein Molekül ändere die Energie von E3 nach E2 ein Anderes ändere die Energie von E5 nach E6. Die Gesamtenergie ändert sich dabei nicht Anzahl der Moleküle nach dem Wechsel 6 10.5 Einschub: Boltzmannfaktor Wahrscheinlichkeit für die konkrete Verteilung: n1, n2, n3, ... n8 Gesamtzahl der Moleküle sei: N = n1 + n2 + n3 + ... n8 Palt ∝ N! n1! n2! n3! n4! n5! n6! n7! n8! alle möglichen Permutationen Permutationen in den einzelnen Niveaus Nach dem Wechsel (der neuen Zustand) ist die Wahrscheinlichkeit für die neue Verteilung Pneu ∝ N! n1! ( n2 + 1)! ( n3 − 1)! n4! ( n5 − 1)! ( n6 + 1)! n7! n8! Ausgedrückt durch die alte Wahrscheinlichkeit ergibt sich: Pneu = Palt n3 n5 n n ≈ Palt 3 5 (n2 + 1) (n6 + 1) n2 n6 10.5 Einschub: Boltzmannfaktor Haben wir den wahrscheinlichsten Zustand gefunden, dann ändert sich seine Wahrscheinlichkeit bei dieser Aktion nicht. (im Maximum ist die Ableitung (Änderung) = 0 Pneu = Palt ⇒ n3 n5 =1 n2 n6 ⇒ n3 n6 = n2 n5 oder allgemein: ni +1 = const ni diese Bedingung ist nur erfüllt, wenn die Anzahl der Moleküle mit zunehmendem i sich exponentiell ändert: ni ∝ eα i denn ni +1 eα (i +1) = α i = eα = const ni e 7 10.5 Einschub: Boltzmannfaktor n( Ei ) ∝ e β Ei Daraus folgt die Energieabhängigkeit Aus der Definition der Temperatur E = k BT beachte hier E = Ekin + E pot = 12 k BT + 12 k BT leitet man her, dass die Anzahl der Moleküle mit Schwingungsenergie Ei exponentiell von Energie und Temperatur abhängt wie: → Boltzmann-Verteilung n( Ei ) ∝ e − E E Ei k BT n 27 10.5 Einschub: Boltzmannfaktor Allgemein gibt der Boltzmann-Faktor die Besetzungswahrscheinlichkeit an mit der ein Teilchen mit einer Energie zwischen E und E+dE vorliegt: dn ~ exp(-E/kT) dE 8 10.5 Einschub: Boltzmannfaktor, Beispiel T1 > T2 Energie Energie - 2 Zustände unterschiedlicher Energie E1 > E2 für N Teilchen - Teilchen können sich nur in diesen beiden Zuständen aufhalten E1, n1 T2 E2, n2 n Verhältnis der Teilchenzahlen in beiden Zuständen (im therm. GG): n1/n2 = exp (-∆E/kT) • • • mit ∆E = E1-E2 > 0 Ist kT >> ∆E ,dann ist n1 ≈ n2 Ist kT << ∆E ,dann ist n1 << n2 n1 >> n2 tritt im thermodynamischen Gleichgewicht nicht auf !!! (STICHWORT: Laser) 9