Integrative Ernährungsberatung in Schwangerschaft und Stillzeit Integrative Ernährungsberatung in Schwangerschaft und Stillzeit Präventive Empfehlungen und Kraftbrühen Ruth Rieckmann Eine übersichtliche Zusammenfassung über die Ernährung der werdenden Mutter gibt uns Ruth Rieckmann. In dem Beitrag finden Sie außerdem Kopiervorlagen zu Ernährungsempfehlungen und einem Grundrezept für eine Kraftbrühe. Bedeutung der Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit Ernährungsempfehlungen der Chinesischen Medizin für Schwangerschaft und Stillzeit Die Ernährung ab der Empfängnis und die Gewichtsentwicklung der Mutter in der Schwangerschaft haben einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit von Mutter und Kind. Eine ausgewogene Ernährung und eine physiologische Gewichtszunahme der Mutter beugen nicht nur Komplikationen während der Schwangerschaft vor. Insbesondere für das Kind werden im Mutterleib bereits Weichen für das Leben gestellt: Nach der Chinesischen Medizin wird in der Schwangerschaft die vorgeburtliche Essenz des Kindes aufgebaut, die wesentlich dessen Entwicklung, Fruchtbarkeit und das Altern beeinflusst. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen prägt der mütterliche Stoffwechsel während der Schwangerschaft den des Kindes, auch unabhängig von den Genen. So erhöht beispielsweise ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel der Mutter durch Fehlernährung und Bewegungsmangel die Risiken des Kindes, bereits vor dem zwölften Lebensjahr an Adipositas oder Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken (1). Die Phase der Schwangerschaft bietet die Chance, die Ernährung der zukünftigen Familie nachhaltig zu beeinflussen. Viele Erstgebärende sind hochmotiviert, ihre Ernährung und ihren Lebensstil zu verbessern. Doch die betreuenden Berufsgruppen stehen vor Herausforderungen: einseitige Ernährungsformen, zu viel oder zu wenig Sport, Überforderung durch Beruf und Familie, familiäre Belastung mit Allergien oder Diabetes und widersprüchliche Informationen in elektronischen Medien machen die Beratung schwierig. Welche Ernährungsempfehlungen sind fundiert und alltagstauglich? Eine Ernährungsumstellung sollte möglichst frühzeitig bei Kinderwunsch oder in der Frühschwangerschaft stattfinden, um einen harmonischen Verlauf von Schwangerschaft und Stillzeit zu ermöglichen. Der Substanzaufbau von Blut, Plazenta und wachsendem Kind sorgt für einen relativen Yin-Mangel der Mutter. Veränderungen im Energiefluss des Chong Mai behindern in den ersten drei Monaten das Absinken des Magen-Qi und begünstigen frühmorgendliche Übelkeit. Zur Stützung der Schwangerschaft ist eine ausgewogene Ernährung, die die Funktion des mittleren und unteren Erwärmers stützt, wichtig. Nur so können ausreichend Qi, Blut (Xue) und Säfte (Jin Ye) aufgebaut und die vorgeburtliche Essenz der Mutter geschont werden (2). Besonders wichtig ist dies, wenn die Konstitution der Mutter schwach, der Abstand zwischen zwei Geburten gering ist, sie in Vollzeit arbeitet oder bereits mehrere Geschwisterkinder sie fordern. Eine Qi, Blut und Säfte aufbauende Ernährung beugt Müdigkeit, Blässe, Blutmangel, Kurzatmigkeit, Übelkeit und Verdauungsproblemen vor oder lindert diese. Die Mitte (Funktionskreise Milz und Magen) lässt sich durch regelmäßige, leicht verdauliche, gegarte Mahlzeiten aus hochwertigen Zutaten stärken. Getreide, Wurzelgemüse, kleine Mengen Nüsse, Saaten und Öle mit süßem Geschmack stärken insbesondere die Mitte. Meeresfisch, schwarze Linsen, Bohnen und Sesam tonisieren den Funktionskreis der Niere. Ei, Walnuss und Huhn gelten als Tonika für die Essenz (Jing). Rote und blaue Beerenfrüchte, Go Ji-Beeren, grüne Blattgemüse und rote Bete unterstützen die Blutbildung (Xue) (3). Trotz des relativen Yin-Mangels leiden viele Schwangere unter Wassereinlagerungen und starker Gewichtszunah- 01/2016 | Qi · Zeitschrift für Chinesische Medizin Book_Qi_01_2016.indb 25 25 27.01.2016 14:20:07 Schwerpunkt me. Daher sollte bereits vorbeugend darauf geachtet werden, dass die Ernährung insgesamt nicht zu befeuchtend wirkt, z. B. durch ein Übermaß an Süßigkeiten, gesüßten Getränken, Milchprodukten, Fleisch sowie fett- und salzreichem Fast-Food. Hülsenfrüchte, Fisch und insbesondere Azukibohnen sind nährend und reich an kritischen Nährstoffen, bauen aber im Gegensatz zu Fleisch und Milchprodukten Wassereinlagerungen ab. Das Temperaturverhalten der Speisen sollte ausgewogen und weder heiß noch kalt sein. Alle Geschmacksrichtungen sollten ausgewogen zum Einsatz kommen. Ein Übermaß an Süßem (z. B. Süßigkeiten) und Saurem (z. B. Zitrusfruchtsäfte) kann zu stark befeuchtend sein. Sehr Bitteres (z. B. Kaffee, Espresso) und Scharfes (z. B. Chili, Curry, getrockneter Ingwer, Tabakrauch, Alkohol) können Blut (Xue) und Säfte (Jin Ye) schädigen. Scharfe Gewürze, Alkohol und einige Heilkräuter, die das Qi und Blut stark bewegen oder Schleim lösen, können Blutungsneigung verstärken oder die Schwangerschaft beenden. Sie sollten gemieden werden. Bei der Geburt und im Wochenbett verliert die Frau Qi, Blut (Xue) und Säfte (Jin Ye). Innerhalb von wenigen Tagen muss Muttermilch aus Blut (Xue) gebildet werden und einschießen. Zwei Funktionskreise leisten dies: Die Mitte ist für die ausreichende Milchbildung verantwortlich. Frei fließendes Qi der Leber sorgt für das Einschießen und die Abgabe der Milch. Die Ernährungsempfehlungen für die Stillzeit ähneln denen für die Schwangerschaft. Besonderes Augenmerk gilt jedoch dem Funktionskreis der Leber: Da das Leber-Qi durch zu viel Saures, Stress, Ärger oder Bewegungsmangel blockiert werden kann, sollte dies vermieden werden. Nach der Geburt braucht die Frau mehr Wärme in Form von warmer Kleidung, Getränken und Speisen. Kraftbrühen bauen nach der Geburt schnell Qi, Blut (Xue) und Säfte (Jin Ye) wieder auf und fördern die Milchbildung. Auch Azukibohne, Erbse, Erdnuss, Karpfen, Fenchel, Fenchelsamen sowie Kümmel wirken milchbildend. Rosenblüten- und Eisenkrauttee (Verbena officinalis) fördern den freien Fluss des Leber-Qi und beugen Milchstau vor. Bei Beschwerden wie z. B. Nachtschweiß, starkem Blutmangel, stockendem Wochenbettfluss können individuelle Kraftbrühenrezepte erstellt werden. Ernährungswissenschaftliche Empfehlungen für die Schwangerschaft und Stillzeit Ein normales Körpergewicht zu Beginn der Schwangerschaft, eine ausgewogene Versorgung mit Nährstoffen und Energie sowie eine physiologische Gewichtszunahme in der Schwangerschaft beugen Schwangerschaftsbeschwer- 26 Book_Qi_01_2016.indb 26 den und Geburtskomplikationen vor. Das Netzwerk „Gesund ins Leben“ hat aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse in einheitliche, konkrete Handlungsempfehlungen zur Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit formuliert (4, 5). Bei Normalgewicht vor der Schwangerschaft gelten 11,5– 16,0 kg Gewichtszunahme als physiologisch. Bei Untergewicht werden 1–2 kg mehr und bei leichtem Übergewicht rund 4,5 kg weniger empfohlen. Schwangere sollten nicht „für zwei“ essen, denn der Energiebedarf ist nur geringfügig um ca. 255 kcal pro Tag (ca. ein Müsli oder ein Käsebrot) erhöht. Der Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen steigt jedoch deutlich. Die Lebensmittelauswahl sollte daher gezielt erfolgen: Eine ausgewogene Ernährung mit regelmäßigem Verzehr von Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, fettarmer Milch, fettarmem Fleisch und fettreichem Meeresfisch deckt den Bedarf weitgehend. Zur Deckung des Mehrbedarfs an Jod und Folat werden zusätzlich Supplemente empfohlen. Insbesondere um Neuralrohrdefekten vorzubeugen, soll Folat bereits ab Kinderwunsch mindestens bis zum Ende des ersten Trimenons eingenommen werden. Ob auch Eisen, Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D als Nahrungsergänzung sinnvoll sind, ist im Einzelfall zu prüfen, z. B. bei vegetarischer Ernährung. Bei veganer Ernährung können die Mikronährstofflücken deutlich ausgeprägter sein und bedürfen der Laborkontrolle und individuellen Ernährungsberatung (6). Zum Schutz vor Lebensmittelinfektionen, insbesondere mit Listerien und Toxoplasmose, sollten rohe tierische Lebensmittel wie z. B. Ei, Räucherlachs, Mett, Rohmilch, Rohmilchkäse und Rohkost mit Erdresten gemieden werden. Auf den Verzehr von Leber sollte verzichtet werden, da sie für das Ungeborene schädigende Mengen an Vitamin A enthalten kann. Vom Stillen profitiert die Gesundheit von Mutter und Kind. In der Stillzeit ist der Energiebedarf je nach Stillintensität um 350–630 kcal pro Tag erhöht. Da auch der Mikronährstoffbedarf erhöht ist, wird weiter eine ausgewogene Ernährung empfohlen, als Supplement in der Regel nur Jod. Der erhöhte Flüssigkeitsbedarf kann durch ein Glas Flüssigkeit zu den Stillmahlzeiten ausgeglichen werden. Eine forcierte Gewichtsreduktion während der Stillzeit ist nicht sinnvoll, da sie die Nährstoffversorgung gefährdet. Weil viele Substanzen über die Muttermilch zum Kind gelangen, wird von Alkohol und Rauchen weiter abgeraten. Medikamente sollten nur in Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden. Nach neueren Erkenntnissen beugt ein präventiver Verzicht der Mutter auf bestimmte Lebensmittel der Allergieentwicklung beim Kind nicht vor. Qi · Zeitschrift für Chinesische Medizin | 01/2016 27.01.2016 14:20:07 Integrative Ernährungsberatung in Schwangerschaft und Stillzeit Integrative Ernährungsempfehlungen Die Empfehlungen zur Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit der Chinesischen Medizin und der Ernährungswissenschaft ergänzen sich und lassen sich im Alltag gut integrieren. Insbesondere bei Schwächezuständen, funktionellen Störungen oder höherem Lebensalter stützen integrative Ernährungsempfehlungen das Wohlbefinden, die Gewichtsentwicklung, die Rückbildung und die Milchbildung deutlich. Dabei spielen sowohl die alltägliche Ernährung und der Lebensstil eine Rolle, als auch gezielte Maßnahmen wie Nahrungsergänzung und Kraftbrühen. Die Ernährungspyramide des AID (7), die dazugehörigen kostenlosen Medien als kostenlose App (8) oder 7-Tage-Pyramidentagebuch zum Ankreuzen (einseitiges PDF-Dokument) (9) erleichtern es Fachkräften, Schwangere dazu anzuleiten, ihre alltäglichen Ess- und Bewegungsgewohnheiten zu beobachten und schrittweise umzustellen (10). Bei besonderen Herausforderungen gesundheitlicher Art oder durch die Lebensumstände können in einer individuellen Ernährungsberatung maßgeschneiderte Lösungen gefunden und die Umsetzung im Alltag trainiert werden (11). Die folgenden Rezepte und Empfehlungen stärken und stützen einen harmonischen Verlauf von Schwangerschaft, Wochenbett und Stillzeit bei gesunden Frauen. Stärkende Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit – für mehr Wohlbefinden, Energie und gute Milchbildung ❚❚ Planen Sie regelmäßige Mahlzeiten und ein Abendessen vor 19 Uhr. Zu Beginn der Schwangerschaft sind drei bis vier Mahlzeiten, im letzten Schwangerschaftsdrittel vier bis fünf kleinere Mahlzeiten gut bekömmlich. ❚❚ Ein bis zwei warme Mahlzeiten pro Tag tun gut, insbesondere bei Kälte- und Schwächegefühlen sowie in der kalten Jahreszeit. Kalte Speisen und Getränke direkt aus dem Kühlschrank können Verdauungsbeschwerden verstärken. ❚❚ Bringen Sie Abwechslung ins Essen und probieren Sie neue Lebensmittel aus: buntes Gemüse, verschiedene Fleischund Fischsorten, maßvoll fettarme Milchprodukte und Käse, auch von Ziege oder Schaf, hochwertige Pflanzenöle, Nüsse und Saaten, häufiger Erbsen, Linsen, Bohnen oder Tofu statt Fleisch sowie täglich milde, aromatische Kräuter und Gewürze. ❚❚ Steigen sie schrittweise um von Weißmehl auf fein gemahlene Vollkornprodukte, reduzieren Sie Kaffee, schwarzen und grünen Tee, Fleisch, gesüßte Kuhmilchprodukte, Rohkost und Süßigkeiten auf bekömmliche Mengen. Eine gute Orientierung bietet die AID-Ernährungspyramide. Schaffen Sie neue Gewohnheiten für das zukünftige Familienessen. Noch haben Sie und Ihr Partner Zeit zum Ausprobieren, was Ihnen schmeckt. Es ist sinnvoll, die bei vielen Frauen kritischen Nährstoffe Folsäure, Vitamin B 12 und Jod, einzunehmen. ❚❚ Wassereinlagerung oder stärkere Gewichtszunahme werden oft durch innerlich kühlende und Feuchtigkeit bildende Lebensmittel verstärkt. Dann hilft es, Weißmehl, Süßes, Fettreiches, Milchprodukte, Rohkost und Mineralwasser deutlich zu reduzieren. Stattdessen empfehlenswert sind feine Vollkornprodukte, gegartes Gemüse und ein bis zwei Portionen Obstmus oder -kompott. Gesüßte Getränke und Snacks begünstigen Gewichtszunahme und schwankenden Blutzuckerspiegel mit Heißhunger. Bei anhaltenden Beschwerden rechtzeitig Ernährungsberater, Arzt oder Hebamme konsultieren. Mit individuell abgestimmten Kraftbrühen, Nahrungsergänzung und bestimmten Lebensmitteln lassen sich stärkere Beschwerden oft abwenden. ❚❚ Verwenden Sie alle Geschmacksrichtungen ausgewogen in jeder Mahlzeit: süß, sauer, bitter, scharf und salzig. Häufig wird zu süß, zu salzig oder zu scharf gegessen. Saure Früchte, insbesondere Zitrusfrüchte und deren Säfte können einen wunden Po beim Baby verursachen. ❚❚ Milde Gewürze auswählen: Petersilie, Basilikum, Kümmel, Koriander, milder Senf, etwas frischer Ingwer, Koriander und Kardamom sind Beispiele für aromatische, verträgliche Kräuter und Gewürze. Meiden Sie Chili, viel Pfeffer oder Kassia-Zimt, getrockneten Ingwer, Wacholder, Rosmarin, Thymian sowie größere Mengen Knoblauch und Lammfleisch. ❚❚ Ca. 1,5–2,0 Liter Flüssigkeit benötigen Schwangere pro Tag, vor allem warmes (Leitungs-)Wasser, bei Bedarf auch Kraftbrühe oder milden Kräutertee. Bei starkem Durst, Hitze, Fieber, Stillen oder schweißtreibendem Sport sollte entsprechend der Verluste mehr getrunken werden, aber nichts Eiskaltes. Wenig zu den Mahlzeiten und größere Mengen verteilt zwischen den Mahlzeiten zu trinken, entlastet die Verdauungsorgane. Machen Sie es sich zur Gewohnheit, zu jeder Stillmahlzeit ein Glas voll zu trinken. ❚❚ Qualitativ hochwertige Lebensmittel, d. h. möglichst frisch, aus der Region, gemäß der Saison sind aromatischer und preiswerter. Nudeln, Reis, Brot und andere Getreideprodukte aus Vollkorn oder Mehltype 1050 sind nährstoffreicher. Tierische Produkte ggf. aus ökologischer Landwirtschaft oder artgerechter Tierhaltung sind weniger mit Antibiotika und Masthilfsmitteln belastet. ❚❚ Essen und genießen Sie in entspannter Atmosphäre, beachten Sie ihr natürliches Sättigungs- und Durstgefühl. 01/2016 | Qi · Zeitschrift für Chinesische Medizin Book_Qi_01_2016.indb 27 27 27.01.2016 14:20:08 Schwerpunkt Besonders empfehlenswerte Lebensmittel in der Schwangerschaft und Stillzeit Große Portionen gegartes Gemüse der Saison und kleine Beilagensalate: ❚❚ Wurzelgemüse wie Möhren, Pastinaken, Knollensellerie, Petersilienwurzel ❚❚ Süßkartoffeln, Kürbis, rote Bete ❚❚ Kohlgemüse wie Kohlrabi, Brokkoli, China-, Rosen-, Blumen-, Weiß-, Rot-, Grünkohl ❚❚ Sommergemüse: Tomaten, Gurken, Zucchini, vorzugsweise gegart ❚❚ Aromatische Salate wie Feldsalat, Rukola, Eichblatt, Lollo Rosso als Beilagensalat zum Mittagessen Häufiger Hülsenfrüchte z. B. als Tapas, in Salaten oder als Brotaufstrich: ❚❚ Erbsen, Bohnen, Linsen, Kichererbsen, Azukibohnen, dicke Bohnen, weiße Riesenbohnen, Kaiserschoten; frisch, getrocknet oder aus der Konserve ❚❚ in Maßen Tofu, Sojamilch oder Sojaprodukte (nicht bei Birkenpollenallergie) Täglich mehrmals Vollkorngetreide als Brot, Flocken, Grieß, Nudeln oder Beilage: ❚❚ besonders stärkend: Hafer, Reis, Dinkel, Grünkern, Hirse, Amaranth, Quinoa, Buchweizen, Einkorn Täglich ein bis zwei Handvoll reifes, einheimisches Obst der Saison: ❚❚ Äpfel, Birnen, rote Weintrauben ❚❚ Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, schwarze Johannisbeeren, Kirschen ❚❚ Mittelmeerfrüchte wie Aprikosen, Pfirsiche, Nektarinen ❚❚ 1–2 EL Trockenobst oder ein Glas Saftschorle am Tag zu einer Mahlzeit kann eine Handvoll frisches Obst ersetzten ❚❚ reduzieren: stark kühlende oder saure Früchte wie Banane, Kiwi, Wassermelone und Zitrusfrüchte, exotische Früchte, die meist unreif geerntet und nachbehandelt werden Täglich ein bis zwei Esslöffel hochwertige Nüsse & Öle: ❚❚ Walnüsse, Mandeln, Sesam, Pinienkerne, Kokosnüsse, Maronen ❚❚ Rapsöl, Olivenöl, Leinöl, Walnussöl Mehrmals wöchentlich eine kleine Portion Fisch, Fleisch, Geflügel oder Ei: ❚❚ Rind, Huhn (auch als Kraftsuppe), Pute, Hühnerei ❚❚ eine Portion fettreicher Seefisch (z. B. Lachs, Makrele, Sardine, Hering) pro Woche Täglich maßvoll Milchprodukte (drei Portionen): ❚❚ fettarme Milch, gesäuerte Milchprodukte wie Joghurt, Buttermilch (eine Portion: ca. 150 g) ❚❚ fettarmer Käse, auch Ziegen- und Schafskäse (eine Portion: ca. 30 g) Besonders nährstoffreiche Lebensmittel: ❚❚ Weizenkeime, Leinsamen, Hefeflocken, Hefepaste, Aufstriche auf Hefebasis ❚❚ frische Kräuter Ausreichend und über den Tag verteilt trinken: ❚❚ warmes Leitungswasser, reiner Hagebutten-, Brennessel-, Melissentee, Dinkelkaffee ❚❚ Kraftbrühe (s. Rezept auf S. 29) Zusätzlich für das Wochenbett und die Stillzeit: ❚❚ Sehr Saures, Scharfes, Kaltes oder Erhitzendes meiden. Es kann die Rückbildung stören, die Milchbildung hemmen und Brustentzündungen begünstigen. ❚❚ Nach der Geburt brauchen Sie wärmende Kleidung, Nahrung und Getränke ❚❚ Nach der Geburt sollten Sie sich schonen und ausruhen, um wieder zu Kräften zu kommen! ❚❚ Stilltee aus Fenchel, Kümmel und Anis, warmes Leitungswasser, Kraftbrühe, Dinkelkaffee, Zitronenverbene, Rosen­ knospentee ❚❚ Milchbildung fördernd: Fenchel, Kümmel, Anis, Rohrzuckermelasse ❚❚ Milchstau vorbeugend: Verbene, Rosenblüte, Orangenblüte ❚❚ Milchmenge reduzierend: Salbei, Pfefferminze, Löwenzahn Meiden: Alkohol, (Passiv-)Rauchen, rohe tierische Lebensmittel, Innereien, Schimmel Entwickeln Sie Ihre individuellen Ernährungsgewohnheiten: Was tut Ihnen gut, schmeckt, passt zur Jahreszeit und lässt sich im Alltag gut umsetzen? 28 Book_Qi_01_2016.indb 28 Qi · Zeitschrift für Chinesische Medizin | 01/2016 27.01.2016 14:20:08 Integrative Ernährungsberatung in Schwangerschaft und Stillzeit Kräftigende Hühnerkraftbrühe für Schwangerschaft und Wochenbett Zutaten: 1 küchenfertiges Hähnchen oder ein halbes Suppenhuhn (ca. 1–1,5 kg, Bioqualität) 4–5 l Wasser 6 Möhren 400 g Staudensellerie 1 Lauchstange oder 2 Zwiebeln 400 g Petersilienwurzeln (wenn erhältlich) 1 Lorbeerblatt 10 g frische Ingwerknolle Salz Für 5–8 Tagesportionen à 500 ml. Spendet gesunden Schwangeren und Wöchnerinnen Lebens­ energie, stärkt Blut und Abwehrkräfte, fördert die Rück- und die Milchbildung. Vorbereitungszeit:20 Minuten Kochzeit:4–8 Stunden Zubereitung: ❚❚ Das Huhn kurz mit kaltem Wasser abspülen. In einem Topf vier bis fünf Liter Wasser aufkochen und das Huhn zugeben, wieder aufkochen. ❚❚ Inzwischen die Möhren, den Sellerie, Lauch, Petersilienwurzel und Ingwer schälen/putzen und grob in Stücke schneiden. ❚❚ Das Gemüse und die Gewürze bis auf den Ingwer hinzugeben, aufkochen und dann auf niedriger Hitze vier bis acht Stunden lang mit geschlossenem Deckel sanft köcheln lassen. ❚❚ Den Ingwer eine halbe Stunde vor Ende der Kochzeit zugeben und die Brühe mit etwas Salz abschmecken. ❚❚ Die Brühe durch ein großes Metallsieb abgießen, sofort heiß randvoll in saubere Schraubgläser (z. B. 500 ml Gläser von Kirschen) füllen und fest verschließen. Die Gläser nach dem Abkühlen im Kühlschrank aufbewahren. Die Brühe hält sich so ca. fünf bis sieben Tage. ❚❚ Das Hühnerfleisch kann ausgelöst und gegessen werden, z. B. in einem Eintopf. Das Gemüse und die Gewürze werden verworfen. Die Brühe wird vor dem Verzehr im Topf aufgewärmt. Für unterwegs lässt sie sich in eine Thermoskanne abfüllen. Empfehlungen: ❚❚ Die Brühe kann pur vor den Mahlzeiten oder als Zutat für andere Gerichte verwendet werden. Gut schmeckt beispielsweise ein Eintopf aus Brühe, Hühnerfleisch, Vollkorn-Spiralnudeln, frischen Möhren und Lauch. ❚❚ Nach der Geburt, besonders in der kalten Jahreszeit, braucht die Mutter in der Regel mehr Wärme. Dazu kann der frische Ingwer auf 30 Gramm erhöht werden. ❚❚ In der heißen Jahreszeit, bei starken Hitzegefühlen, Fieber oder Entzündungen sollte diese Kraftbrühe nicht getrunken werden. ❚❚ Dieses Basisrezept kann im Rahmen einer Ernährungsberatung nach Chinesischer Medizin individuell angepasst werden, z. B. bei Wassereinlagerungen, starker Gewichtszunahme, schleppender Rückbildung, Blutmangel oder veganer Ernährung. Literaturverzeichnis: Rösch R: Ernährung in der Schwangerschaft – Wichtige Entwicklungen der vergangenen zehn Jahre, Ernährung im Fokus 04/2011, 157 – 159 Tang J: Chinesische Medizin in der Gynäkologie, Urban und Fischer 2000, 31 – 32, 140 - 175 Siedentopp U: Integrative Ernährungstherapie in Schwangerschaft und Stillzeit in: DZA 2/2013, 41 – 44 Koletzko et al: Ernährung in der Schwangerschaft, – Handlungsempfehlungen des Netzwerks „Gesund ins Leben – Netzwerk junge Familie, Sonderdruck DMW 06/2012 Koletzko et al: Säuglingsernährung und Ernährung der stillenden Mutter – Handlungsempfehlungen – ein Konsensuspapier im Auftrag des bundesweiten Netzwerk junge Familie, Monatszeitschrift Kinderheilkunde 2010 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Gesund ins Leben – Netzwerk junge Familie: Nachgefragt im September: Auf was sollten schwangere Frauen bei einer vegetarischen Ernährung achten?, https:// www.gesund-ins-leben.de, abgerufen am 22.10.2015 aid infodienst: „Einfach besser essen“ sowie „Einfach besser essen – Mein Ernährungstagebuch“ Broschüren, Bonn 2014 ebd: Was ich esse – Ernährungspyramide als kostenlose app unter: www.aid. de/was-ich-esse.php, ebd: 7 Tage Pyramidenprotokoll zum Ankreuzen als kostenloser PDF-Download unter http://www.aid.de/downloads/pyramidentagebuch.pdf 01/2016 | Qi · Zeitschrift für Chinesische Medizin Book_Qi_01_2016.indb 29 Rieckmann R: Professionelle Beratungsmethoden für die integrative Beratung mit TCM-Diätetik: Nährstoffzufuhr mit Ernährungspyramiden abschätzen in: ZTCM 03-04/2012: 188 – 201 Rieckmann R: Professionelle Beratungsmethoden für die integrative Beratung mit TCM-Diätetik: Kommunikation im Beratungsprozess als Schlüssel zum Erfolg in: ZTCM 02/2012: 188 – 201 Ruth Rieckmann, Diplom-Oecotrophologin und Master of Chinese Dietetics, berät in ihrer Bonner Praxis und arbeitet mit TCM-Schwerpunktpraxen zusammen. Ihr Wissen gibt sie an der Universität Witten-Herdecke und anderen Schulen in Deutschland und der Schweiz weiter. Sie ist zertifizierte Ernährungsberaterin des Oecotrophologen-Verbandes „VDOE“. Kontakt: [email protected] 29 27.01.2016 14:20:09