Umgang mit multiresistenten Keimen in der podologischen Praxis WZ-VS-07 Version 01 Stand: 06.06.13 Aktualisierung: 05.06.2015 Ziele: - - Koordiniertes Vorgehen: alle an der Behandlung beteiligten Personen arbeiten nach der gleichen Vorgehensweise Einheitliche Maßnahmen hygienischer Notwendigkeiten bei der Kolonisation und Infektion eines Patienten mit MRSA Jede MRSA Kolonisation und Infektion ist mit angepassten hygienischen Maßnahmen zu behandeln, um in jedem Fall eine Ausweitung der Übertragung auf andere Personen zu verhindern. Vermeiden von weiteren Kolonisationen und Infektionen Definition Staphylococcus aureus ist ein häufiger Erreger von bakteriellen Infektionen. Bei MRSA oder ORSA handelt es sich um Antibiotika-resistente Varianten des Bakteriums Staphylococcus aureus. Beide Keime sind in ihren Eigenschaften identisch, daher wird nachfolgend nur noch die Kürzel „MRSA“ für Methicillin resistenter Staphylococcus aureus verwendet. Unterschieden werden die Untergruppen cMRSA, hMRSA und lMRSA: cMRSA bzw. caMRSA = community acquired MRSA = bislang selten vorkommende MRSA-Stämme, die unabhängig von Krankenhausaufenthalten und ohne Bindung an medizinisch-pflegerische Maßnahmen Infektionen wie Pneumonien oder Abszesse hervorrufen. hMRSA bzw. haMRSA= hospital acquired MRSA = häufig vorkommende MRSA-Stämme, die vor allem in Krankenhäusern und Pflegeheimen etabliert sind und die bevorzugt im Zuge medizinisch-pflegerischer Maßnahmen übertragen werden. Die nachfolgenden Ausführungen nehmen nur auf hMRSA bzw. haMRSA Bezug, wenn die Kürzel MRSA verwendet wird. lMRSA bzw. laMRSA= livestock associated MRSA = mit der (Nutz)Tierhaltung in Zusammenhang stehende MRSA-Stämme, die vor allem Personen betreffen, die einen beruflichen Umgang mit (Nutz)tieren haben (Bauern, Veterinäre etc.). Die Eigenschaften von lMRSA sind denen von hMRSA weitgehend gleichzusetzen. MRSA führt meist nur zu einer Besiedelung (Kolonisation) der Haut der Schleimhaut, was meist unbemerkt bleibt und zunächst keinen Krankheitswert hat. Im Zusammenhang mit bestimmten invasiven Maßnahmen wie künstliche Beatmung, operative Eingriffe oder Infusionstherapie kann das Vorhandensein von MRSA zu schwerwiegenden und schlecht therapierbaren Infektionen führen. Da invasive Maßnahmen vor allem in Krankenhäusern durchgeführt werden, sind bei MRSA-Trägern in Kliniken andere Hygienemaßnahmen notwendig, als in Altenpflegeeinrichtungen. Quelle: NLGA Hannover Das Kürzel „MRSA“ bezeichnet den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus. Erstmals wurde die Resistenz eines Staphylococcus aureus gegen Methicillin (ein Penicillin) 1961 beschrieben. Heutzutage ist bekannt, dass der MRSA noch eine Vielzahl an weiteren Resistenzen und Unempfindlichkeiten aufweist. Die Unterscheidung in MRSA und ORSA, ein Kürzel, das den Oxacillin resistenten Staphylococcus aureus bezeichnet, wird heutzutage nicht mehr vorgenommen. Denn viele Stämme dieses Erregers sind nicht nur gegen alle Beta-Laktamantibiotika (Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme) resistent, sondern mehrfach unempfindlich (multiresistent) gegen viele Antibiotikaklassen. Deshalb wird MRSA häufig auch als „Multi-resistenter Staphylococcus aureus“ bezeichnet. Lokalisation des MRSA - Menschliche und tierische Schleimhäute Nase, Rachenraum, exsudierende Wunden, Leistenregion, Perinealregion; auch die Achseln und Hautfalten sind typische Lokalisationen ZVK, Dialyse-Shunt, Port, Katheter sonstige invasive Zugänge In der Podologie: schlecht oder nicht heilende Wunden an den Füßen WZ-VS-07_V1 Seite 1 von 4 Übertragung - - Meist durch Kontakt- und Schmierinfektion, seltener auch durch Staub- und Tröpfcheninfektion: Kontaktinfektion: Hände als Hauptübertragungsweg durch direkten Kontakt zwischen Patient und Behandler / Personal oder von Patient zu Patient bzw. endogene Infektion durch MRSA-Stämme, die vom Patienten selbst stammen Schmierinfektion: Übertragung durch kontaminierte Gegenstände (Instrumente/Geräte/Pflegeartikel), Textilien oder Oberflächen (MRSA hat eine Tenazität (Umweltresistenz) von bis zu 7 Monaten auf unbelebten Gegenständen) Quelle: RKI-Ratgeber für Infektionskrankheiten „StaphylokokkenErkrankungen insbesondere MRSA“ 02.2007 Eine sach- und fachgerechte Händedesinfektion und zusätzliches Tragen von Einmalhandschuhen unterbrechen die Infektionskette effektiv. Das Hauptaugenmerk liegt daher auf Durchführung und Einhaltung sach- und fachgerechter Hygiene, Schutzkleidung und adäquater Desinfektion. Risikogruppen Grundsätzlich kann jeder mit MRSA besiedelt sein. Riskant ist dies für Menschen, die eine lokale (z.B. chronische Wunden, ekzematöse Haut) oder eine generalisierte Abwehrschwäche (z.B. hohes Alter, Früh-/Neugeborene, Mangelernährung, Diabetes mellitus, chronische Atemwegserkrankungen) haben. Laut dem Robert Koch-Institut (2008, Epidemiologisches Bulletin Nr. 42) besteht ein erhöhtes Risiko für eine MRSA-Kolonisation im Sinne der „Empfehlung zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcus-aureus-Stämmen in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen“ bei: 1. Patienten mit bekannter MRSA-Anamnese, auch wenn eine erfolgreiche Sanierung durchgeführt worden ist. 2. Patienten aus Regionen/Einrichtungen mit bekannt hoher MRSA-Prävalenz. 3. Patienten mit einem stationären Krankenhausaufenthalt (> 3 Tage) in den zurückliegenden 12 Monaten 4. Patienten, die (beruflich) direkten Kontakt zu Tieren in der landwirtschaftlichen Tiermast haben. 5. Patienten, die während eines stationären Aufenthaltes Kontakt zu MRSA-Trägern hatten (z.B. Unterbringung im selben Zimmer) 6. Patienten mit zwei oder mehr der nachfolgenden Risikofaktoren: - chronische Pflegebedürftigkeit - Antibiotikatherapie in den zurückliegenden 6 Monaten - liegende Katheter (z.B. Harnblasenkatheter, PEG-Sonde) - Dialysepflicht - Hautulcus, Gangrän, chronische Wunden, tiefe Weichteilinfektionen - Brandverletzungen Grundsätzliches Risikogruppen und - patienten erkennen (s.o. Risikogruppen) da jede Risikopatient in der podologischen Praxis (z.B. Diabetes-Patienten) mit MRSA kolonisiert sein oder bei Wunden eine unerkannte MRSA-Infektion haben kann ist die Standardhygiene der Praxis so konzipieren, dass die Infektionsketten immer wirkungsvoll unterbrochen werden Grundsätzlich müssen über einen MRSA Befund alle Personen in der Praxis und in weiterführenden Einrichtungen informiert werden. Behandlungen erfolgen bei MRSA besiedelten Patienten stets zuletzt. Hausbesuchstouren sind dementsprechend zu planen. ggfs. schon bei der Terminvereinbarung den Patienten/in der Einrichtung nach evtl. Keimbesiedelungen fragen Die nachfolgenden Hygienemaßnahmen werden im Team kommuniziert und dokumentiert. Überprüfung des Hygieneplans auf Maßnahmen bei MRSA besiedelten Patienten Eventuelle Schulungen unterstützen das Know-how. - Vorgehen Vorbereitung der Behandlung - Patienten immer zuletzt behandeln , ggf. vor der Mittagspause einbestellen; wenn vorhanden gesonderten Behandlungsraum mit Minimalausstattung benutzen Der Behandlungsraum und alle darin enthaltenen Gegenstände müssen wischdesinfizierbar sein, der Raum darf keine offene Systeme enthalten WZ-VS-07_V1 Seite 2 von 4 Vorgehen - - - - Arbeitsplatz nach Hygienestandard „Flächendesinfektion“ vorbereiten Für die Behandlung notwendige Instrumente und sterile Einmalartikel bereitstellen Wischdesinfektion (am besten eigens angesetzte Des.-Lsg.) in unmittelbarer Nähe Behandlungsstuhl im Beinbereich mittels Einmaltuch abdecken Nächsten Termin heraussuchen, Heilmittelverordnung (Rezept)zum Unterschreiben bereitlegen 3 x Handschuhe zum Wechseln, Mundschutz, langärmeliger Schutzkittel , ggf. noch eine Schürze zusätzlich, Kopfhaube benutzen (MRSA Set) Händedesinfektion und Schutzkleidung anziehen Behandlungsablauf: Patient direkt zu dem Behandlungsplatz führen und ihn beim Händedesinfektionsspender die Hände desinfizieren lassen Bei nasal-trachealer Besiedlung Mundschutz für den Patienten Hilfestellung beim Ausziehen der Schuhe und Strümpfe Handschuhwechsel und Händedesinfektion; Patient ggf. ebenfalls Händedesinfektion Podologische Komplexbehandlung durchführen, Handschuhwechsel und Händedesinfektion nach Kontakt mit Exsudaten / Körperflüssigkeiten und vor dem evt. Gebrauch von sterilen Verbänden Nach der Behandlung alle Instrumente direkt in ein geschlossenes System (Box) legen Hilfestellung beim Anziehen Handschuhwechsel und Desinfektion Mündliche Terminvereinbarung und Abrechnung direkt am Platz Patient geht dann möglichst auf direktem Wege aus der Praxis, Händedesinfektion anbieten. Flächendesinfektion (Wischdesinfektion) aller Gegenstände im Raum und des Fußbodens Schutzkleidung ausziehen im Müllbeutel entsorgen, alle Einmalartikel (auch nicht benutzte) in Müll entsorgen und Müllbeutel direkt verschließen Händedesinfektion, Handschuhe anlegen und die Instrument im geschlossenen System in den Hygieneraum zur Aufbereitung bringen (Aufbereitung: Reinigung mittels Ultraschall mit Desinfek.lösung, Desinfektion in Desinfektionswanne, Verpacken und Sterilisation im Autoklaven) Flächendesinfektion des gesamten Fußbodens der Praxis und der Türklinken (ggf. der Besucherstühle, Tresen) Dokumentation Hinweis Aufgrund der komplexen Problematik wird an dieser Stelle auf die detaillierten Darstellungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention „Empfehlung zur Prävention und Kontrolle von MRSA in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen“, Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (RKI)Robert-Koch-Institut (2005): „Infektionsprävention in Heimen“ sowie darauf aufbauende Empfehlungen der DGKH (siehe nachfolgende Quellen) ausdrücklich hingewiesen. Patientenbroschüre vom Wundzentrum Hamburg e.V. „MRSA Antibiotika-unempfindliche Bakterien“ Quellen und informative Homepages: Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) e.V. – Sektion Hygiene in der ambulanten und stationären Kranken- und Altenpflege/Rehabilitation (2009): Maßnahmenplan für MRSA in Gesundheitseinrichtungen, S. 1-14, 7/2009, www.dgkh.de Epidemiologisches Bulletin Nr. 42, Mitteilung der KRINKO und des RKI (2008): Kommentar zu den “Empfehlungen Prävention und Kontrolle von MRSA-Stämmen in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen“ – Hinweise zu Risikopopulationen für die Kolonisation mit MRSA, 8/2008 Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am RKI (1999): Empfehlung zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen, Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 1999. 42:954-958, © Springer- Verlag 1999, www.rki.de Verbund für Angewandte Hygiene e.V. (VAH): Desinfektionsmittel-Liste des VAH, mhp-Verlag Wiesbaden, erscheint jährlich aktualisiert, gültig in der jeweils jüngsten Ausgabe WZ-VS-07_V1 Seite 3 von 4 Erstellt Geprüft auf Richtigkeit und Inhalt Datum 09.11.12 Datum 06.06.2013 Freigabe im Wundzentrum Freigabe und Inkraftsetzung Datum 06.06.2013 Standardgruppe des Wundzentrum Hamburg e.V. PDL Unterschrift Dr. Herberhold WZ-VS-07_V1 Seite 4 von 4 Unterschrift Dr. Tigges Ärztl. Leitung