e ist transzendent Wie schon auf der Seite über algebraische und transzendente Zahlen bemerkt, ist es im Allgemeinen gar nicht so einfach, von einer konkreten reellen Zahl nachzuweisen, dass sie transzendent ist. Wir wollen versuchen, im Folgenden einen Beweis für die Transzendenz der Eulerschen Zahl e zu geben, für dessen Verständnis Kenntnisse der grundlegenden Begriffe und Sätze der Differential– und Integralrechnung ausreichen. Wir betrachten zunächst ein beliebiges Polynom f mit reellen Koeffizienten, also eine Funktion der Form f (x) = b0 + b1 x + · · · + bn xn wobei b0 , . . . , bn reelle Zahlen sind. Weiter definieren wir F als die Summe von f und der ersten n Ableitungen von f , wobei n der Grad des Polynoms f ist, in Formeln F (x) := n X f (k) (x) = f (x) + f 0 (x) + . . . + f (n) (x). k=0 Wir betrachten nun die Funktion g(x) := e−x F (x), man erhält durch Ableiten: g 0 (x) = −e−x F (x) + e−x F 0 (x) n n X X f (k+1) (x) f (k) (x) + e−x = −e−x k=0 k=0 = −e −x f (x) + e −x (n+1) f (x). Nun ist aber f ein Polynom n–ten Grades, also ist die (n+1)–te Ableitung von f gleich Null, man hat also −g 0 (x) = e−x f (x). Man erhält durch Integration für jedes reelle t: Z t Z t −x e f (x) dx = − −e−x f (x) dx 0 0 Z t = − g 0 (x) dx 0 = −g(t) + g(0) = −e−t F (t) + F (0). Multipliziert man diese Gleichung mit et , so folgt Z t et F (0) − F (t) = et · e−x f (x) dx. (1) 0 Angenommen, e ist algebraisch, dann gibt es ganze Zahlen a0 , . . . , ak , so dass a0 + a1 e + . . . + ak ek = 0. (2) Sei nun i ∈ {0, . . . , k}, wir setzen in (1) t = i und erhalten nach Multiplikation mit ai Z i ai ei F (0) − ai F (i) = ai ei · e−x f (x) dx. 0 Schreiben wir zur Abkürzung ci := −e i Z i 0 1 e−x f (x) dx (3) so haben wir ai ei F (0) − ai F (i) = −ai ci . Wenden wir das nun für alle i ∈ {0, . . . , k} an und addieren die sich ergebenden Gleichungen, so ist k X k X (−ai ci ) = i=0 i=0 ai ei F (0) − ai F (i) = F (0) · Nun ist ja wegen (2) Pk i=0 k X i=0 a i ei − k X ai F (i). i=0 ai ei = 0, also ist k X ai F (i) = k X a i ci . (4) i=0 i=0 Wir betrachten nun für eine beliebige Primzahl p, die größer ist als a0 und k, dass Polynom 1 f (x) := xp−1 · (x − 1)p · · · (x − k)p (p − 1)! Setzt man in f oder in eine der ersten p−2 Ableitungen eine der Zahlen 0, . . . , n ein, so ergibt sich an diesen Stellen jeweils der Wert Null. In höheren Ableitungen ergibt sich zwar nicht notwendig Null, aber: Hat man den Term xp−1 mindestens (p−1)–mal abgeleitet, so erhält man doch den Vorfaktor (p−1)!, so dass sich eine ganze Zahl ergibt, für die Terme (x − i)p ergibt sich nach mindestens p–maligem Ableiten sogar der Vorfaktor p!, so dass sich eine durch p teilbare ganze Zahl ergibt. Also ist für i ∈ {0, . . . , k} der Wert F (i) als Summe ganzer Zahlen stets eine ganze Zahl. Weiterhin ist F (i) für i > 0 durch p teilbar, denn F (i) ist für i > 0 eine Summe von durch p teilbaren ganzen Zahlen, F (0) ist jedoch nicht durch p teilbar, denn es ist F (0) eine Summe von durch p teilbaren ganzen Zahlen und f (p−1) (0) = (−1)p · · · (−k)p und Pk diese Zahl ist wegen p > k nicht durch p teilbar. Also ist auch die Summe i=0 F (i) nicht durch p teilbar, also eine von Null verschiedene ganze Zahl (denn Null ist durch p teilbar). Aus der Definition der ci in (3) erhält man nach dem Mittelwertsatz der Integralrechnung, dass ein ξi ∈ [0, i] existiert, so dass −ci = ei Z i e−x f (x) dx 0 = ei e−ξi f (i) · (i − 0) = iei−ξi f (ξi ). Man hat also: |ci | = |i| ei−ξi |f (ξi )| k Y 1 p ξ p−1 (ξ − j) ≤ kek · i i (p − 1)! j=1 ≤ kek · 1 k p−1 · (k p )k (p − 1)! 2 k kp+p−1 (p − 1)! (k k+1 )p ≤ kek · (p − 1)! = kek · Insbesondere wählen, dass ist |ci | → 0 für p → ∞, man kann also p so groß P Pk k i=0 ai ci < 1 gilt. Das aber widerspricht der Tatsache, dass i=0 ai F (i) und Pk damit wegen (4) auch i=0 ai ci eine von Null verschiedene ganze Zahl ist, denn zwischen Null und Eins gibt es keine ganzen Zahlen. Also war die Annahme unter (2) falsch und e ist transzendent. 3