Verband der Diätassistenten - - Deutscher Bundesverband e.V. 53. Bundeskongress des VDD in Kooperation mit dem Bundesverband Deutscher Ernährungsmediziner e. V. (BDEM) vom 06. bis 07. Mai 2011, CongressPark Wolfsburg BARIATRISCHE CHIRURGIE Diättherapie nach bariatrischen Eingriffen in der Klinik Lars Dietrich, Diätassistent, leitender Ernährungstherapeut, Universitätsklinikum Leipzig AöR, Department für Innere Medizin, Neurologie und Dermatologie, Klinik für Gastroenterologie und Rheumatologie, Ernährungsteam/ Ernährungsambulanz, Liebigstr. 20, 04103 Leipzig ________________________________________________________________________ Die Zahl an Adipositas erkrankter Menschen nimmt stetig zu. Mittlerweile ist jeder Dritte der in Deutschland lebenden Erwachsenen durch Übergewicht belastet, die Zahl der morbiden Adipösen steigt. Das Krankheitsbild ist durch eine Reihe von Komorbiditäten gekennzeichnet, die langfristig Folgeschäden beim Patienten verursachen und zu hohen Kosten im Gesundheitswesen führen. Zudem besteht oft ein deutlicher Leidensdruck mit weitgreifender sozialer Beeinträchtigung, sodass viele dieser Patienten zahlreiche Therapieversuche unterschiedlichster Art in ihrer Biographie aufweisen. Neue invasive Therapieverfahren stellen für solche Patienten oft die letzte Möglichkeit dar, ihr Gewicht zu reduzieren. Doch ist es mit einer Operation allein nicht getan. Die interdisziplinäre Nachbetreuung ist entscheidend, um der Behandlung zum Erfolg zu verhelfen. Ein Qualitätsstandard zur diättherapeutischen Behandlung und Beratung wurde unter der Verantwortung von Mario Hellbardt vom VDD entwickelt. Dieser Standard soll eine strukturierte und definierte Richtung weisen, wie die Patienten optimal prä- und postoperativ ernährungstherapeutisch betreut werden können. Im nächsten Schritt gilt es, diesen Qualitätsstandard praktisch umzusetzen und zu evaluieren. Was gilt es zu beachten: Zunächst ist die Verfahrenswahl der Operationstechnik für die weitere Ernährungstherapie entscheidend. Es wird zwischen restriktiven und malabsorptiven Verfahren sowie deren Kombination unterschieden. Restriktive Verfahren dienen zur Einschränkung der Nahrungszufuhr. Das Prinzip basiert auf einer Verringerung des Magenreservoirs. Es besteht somit kein Raum um Nahrung in größeren Mengen aufzunehmen. Energiereiche flüssige und breiige Speisen können jedoch weiterhin ungehindert zugeführt werden und den Therapieerfolg beeinträchtigen. Malabsorptive Verfahren beruhen auf einer unzureichenden Verdauung des Nahrungsbreis sowie der dadurch reduzierten Aufnahme von Nährstoffen und Kalorien. Der Kostaufbau gestaltet sich in drei Phasen: Flüssigphase, Breiphase und Übergang zur Leichten Vollkost unter Berücksichtigung individueller Intoleranzen. In Anlehnung an die Empfehlungen des neu entwickelten Qualitätsstandards sind die Festlegungen der Zeiträume am Universitätsklinikum Leipzig AöR wie folgt: 1. Woche post-OP: Flüssigphase 2. Woche post-OP: Breiphase 3. Woche post-OP: Ambulante Vorstellung Ernährungsambulanz und Wundsprechstunde mit Besprechung des weiteren Prozedere Generell ist es erforderlich, dass die Patienten regelmäßig mehrere kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt sowie ausschließlich zwischen den Mahlzeiten insgesamt 1,5 bis 2 Liter energiefreie Flüssigkeit ohne Kohlensäure aufnehmen. Es gilt Folgendes zu beachten: Langsam essen und gut kauen; Mahlzeit einstellen, sobald ein Sättigungsgefühl oder Druckgefühl entsteht; Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme zeitlich trennen; Einsatz von fettarmen Lebensmitteln. Die Flüssigphase beginnt am ersten postoperativen Tag in der Klinik. Hier wurde eine spezielle Kostform erstellt, die gestaffelt unter dem Begriff „Adi 1-4“ angeordnet wird. In der Breiphase gilt weiterhin das Prinzip, mit Teelöffel zu essen und sich Zeit bei jedem einzelnen Löffel zu nehmen. Joghurt- und Quarkspeisen sowie passiertes und/oder püriertes Obst, feine Gemüsesuppen und Kartoffelpüree mit gewolftem/püriertem Fleisch oder Fisch sind in dieser Phase erlaubt. Aufgrund von möglichen Unverträglichkeiten wird die Lebensmittelauswahl einer Leichten Vollkost empfohlen. Während der ersten beiden Phasen wird den Patienten die Einnahme eines Eiweißpräparates empfohlen. Mit dem Einstieg in die „Normalkost“ ist dies nicht zwingend indiziert. Die ersten zwei Phasen sollten laktosearm gestaltet sein, da es zu einer temporären Laktoseunverträglichkeit kommen kann. Die langfristige postoperative Ernährungstherapie wird mittels Jahresplan anhand feststehender Termine gesichert. Hier erfolgen jeweils eine BIA-Messung zur Verlaufsdokumentation sowie die Auswertung eines 7-Tage-Ernährungsprotokolls. Die Einnahme von Vitaminsupplementen wird jedem Patienten empfohlen, wobei Vitamin B 12 alle 8 Wochen intravenös appliziert wird. Mangelerscheinungen werden bei jeder Wiedervorstellung nach einer Checkliste abgefragt. Bei Proteinmangel ist die täglich aufgenommene Menge an Eiweiß über Lebensmittel zu überprüfen und mit Eiweißsupplementen kontinuierlich anzupassen. Anzeichen eines Vitamin- oder Mineralstoffmangels können teilweise im Blutbild bestimmt und entsprechende Zusätze verschrieben werden. Die regelmäßige Überprüfung des Ernährungsprotokolls ermöglicht zudem eine zusätzliche Ernährungsberatung mit Hauptaugenmerk auf die Deckung des täglichen Bedarfes mit natürlichen Lebensmitteln. Bei Auftreten von Steatorrhoen (Fettstühle) ist vorerst die Fettmenge zu reduzieren und die individuelle Fettrestriktion zu ermitteln. Übergangsweise kann auf MCT-Fette zurückgegriffen werden.