Liebe Leserinnen und Leser der VDOE Position, mit Interesse haben wir die Diskussion in der VDOE Position gelesen. Erlauben Sie uns an der Stelle, dass wir ausführlich zu den Inhalten Stellung beziehen. Zur Ausgangslage: Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 28.06.2000 die Diättherapie als Heilmittel anerkannt und den damaligen Bundesausschuss, den heutigen Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) verurteilt, zu überprüfen, hinsichtlich welcher Indikationen ein therapeutischer Nutzen in der Diättherapie gegeben ist. Im November 05 wurden wir folgendermaßen informiert: Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zur „Ambulanten Ernährungsberatung“ „Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) überprüft gemäß gesetzlichem Auftrag für die Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten neue Behandlungsverfahren daraufhin, ob der therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse gegeben sind. Das Ergebnis der Überprüfung entscheidet darüber, ob ein Behandlungsverfahren zu Lasten der GKV erbracht werden darf. Die Veröffentlichung des Beratungsthemas erfolgte im Bundesanzeiger am 5. November 2005.“ (Anschreiben an den VDD 07.11.2005) Grundlage der Beratungen des G-BAs ist das Urteil zum Nutzen der Diättherapie; nun vom GB-A aufgerufen unter der Begrifflichkeit „ambulante Ernährungsberatung“ Zurzeit läuft die Nutzenbewertung durch den G-BA. Das Procedere können Sie unter www.g-ba.de einsehen. Der VDD selbst hat keinerlei Stellungnahmen abgeben, sondern einige Experten, die die Diättherapie seit Jahren unterstützen, gebeten, den Fragebogen zum Verfahren der Nutzenbewertung auszufüllen. Die „gesammelten Werke“ haben wir dann dem G-BA zur Verfügung gestellt. Eine Entscheidung, bei welchen Diagnosen die Wirksamkeit diättherapeutische Beratungen einer wissenschaftlichen Bewertung standhalten, ist noch nicht gefallen, so dass wir uns zu diesem Zeitpunkt über Themen austauschen, die noch nicht abschließend geklärt sind. Im Folgenden möchten wir nach Rücksprache mit unserem Juristen, Herrn Dr. Plantholz (seine (Sinn)-Zitate sind im weiteren Text mit * gekennzeichnet), konkret zu einigen Aussagen der Artikel Stellung nehmen: Diskussion Budget der Ärzte: Gegen die Aufnahme der Diättherapie als Heilmittel in die Heilmittel-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses wird eingewendet, dass die Verordnung dann in das Heilmittelbudget des Vertragsarztes fällt. Das ist einerseits richtig. Andererseits aber hängt die Größe des Budgets von den Ziel- und Richtgrößenvereinbarungen zwischen den Krankenkassen und jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) ab. Im Rahmen der letzten Aufnahme eines grundlegend neuen Heilmittels – der Podologie – ist die Erweiterung des Leistungsspektrums durchaus in diesen Vereinbarungen berücksichtigt worden. Das Budget wird also nicht einfach eingefroren oder nur um die allgemeinen Entwicklungen gesteigert, sondern trägt dem Umstand der Erweiterung des Leistungsspektrums grundsätzlich Rechnung.* Kommentar VDD: Wird die „ambulante Ernährungstherapie“ also aufgenommen, wird es Richtgrößen und damit eine maximale Begrenzung geben, allerdings auch eine Erweiterung des Budgetrahmens und ganz wichtig, das einklagbare Recht des Patienten, die im Leistungskatalog aufgenommene Leistung auch zu erhalten. Auch zurzeit unterliegen wir in gewisser Form der „Budgetierung“, denn es wird nur eine bestimmte Summe und Anzahl von Beratungen nach § 43 SGB V bezuschusst, wobei allerdings einige Versicherte keine Kostenzusage erhalten. Das regelt jede Krankenkasse individuell für sich, teilweise nach Rücksprache mit dem Medizinischen Dienst (MDK) vor Ort. Die Frage nach der schleppenden Zuweisung ist einer der springenden Punkte; der Arzt hat die Diättherapie nicht als offizielle Verordnungsziffer, damit existiert sie für viele einfach gar nicht. Das bisherige Vorgehen mit den verschiedenen Lösungen und entsprechenden Erklärungen ist vielen Ärzten für ihre Patienten zu umständlich. Zur Diskussion, dass der Heilmittelstatus Bezuschussungen/Erstattung nach § 20 bzw. § 43 SGB V ausschließt Es liegt in der Natur der Sache, dass bei indikationsbezogener Aufnahme der Diättherapie in die Heilmittelrichtlinie (HML) auch Regelungen zur Behandlungsdauer und Frequenz auf Rechnung der GKV erfolgen werden, wie dies auch für alle anderen Heilmittel der Fall ist. Die auf bestimmte Indikationen bezogene Erweiterung des gesetzlichen Leistungsspektrums der GKV im Rahmen der Krankenbehandlung bedeutet aber nicht, dass ansonsten keine präventiven Leistungen und Behandlungsleistungen außerhalb dieser Indikationen mehr möglich sind.* Kommentar VDD: Es fallen nur die Diagnosen weg, die dann im Heilmittelkatalog aufgenommen werden. Vor dem Hintergrund der Urteilsfindung vom 28 Juni 2000, wird das Thema Gesundheitsförderung und Rehabilitation explizit in anderen Bereichen des Sozialgesetzbuches (SGB) geregelt und bleibt davon sowieso unberührt. Zunächst ist ganz wichtig: § 20 SGB V und § 43 sind Soll/Kann -Leistungen der Krankenkassen, sie können, müssen aber nicht erstattet werden. Es ist also durchaus möglich, dass im Rahmen knapper finanzieller Ressourcen oder politischer Strömungen die augenblicklichen Regelungen mit oder ohne Heilmittel zurückgenommen werden. Diskussion: Einschnitt in die Therapeutische Arbeit: Der Umstand, dass der Vertragsarzt Heilmittel verordnet, führt entgegen der Ansicht der QUETHEB nicht zu einer weisungunterworfenen Tätigkeit der Leistungserbringer. Es ist zwar richtig, dass die Verordnung des Vertragsarztes aus haftungsrechtlicher Sicht auch eine ärztliche Anordnung darstellt. Der Vertragsarzt ist gehalten, den für die vertragsärztliche Versorgung vorgesehenen Vordruck für die HM-Verordnung zu benutzen, und er muss im Rahmen der Versorgung natürlich konkret die Diagnose angeben und die Zahl der Beratungseinheiten verordnen. Es ist aber nicht richtig, dass damit kein eigener Handlungsspielraum für die Leistungserbringer mehr verbleibt. Bindungen entstehen für den Leistungserbringer hinsichtlich der Verordnung der Menge der Leistungen. In der Art und Weise der Durchführung der Ernährungstherapie bleiben die Leistungserbringer aber frei.* Kommentar VDD: Die ärztliche Weisung steht der eigenständigen Durchführung in keiner Weise entgegen. Die kompetente und qualitätsgesicherte Diättherapie setzt auch unter § 43 SGB V eine ärztliche Anamnese und Indikation voraus. Wir brauchen einander, um einen optimalen Erfolg für den Patienten zu sichern. Damit wird der Stellenwert der Diättherapie im Gesundheitswesen aus unserer Sicht deutlich verbessert. Die Patienten werden damit ein deutliches Qualitätsmerkmal erhalten, wie sich am Beispiel der Podologen sehen lässt. Der Gesetzgeber hat den Beruf des Podologen u.a. geschaffen, weil der „Markt“ der Anbieter von medizinischer Fußpflege nicht qualifiziert eingeordnet werden konnte. Die Podologen als Erbringer haben auch nur wenige Verordnungsfähige „Heilmittel“. Die immer geforderte Abgrenzung gegenüber unseriösen Anbietern wird aus unserer Sicht damit erheblich gebessert. Ferner muss klar sein, dass nur Berufe mit Heilberufsstatus/ Inhaber des Heilberufsausweises, zukünftig an der Versorgung GKV-Versicherter teilhaben werden. Diskussion Werbeverbot QUETHEB führt als Nachteil der Aufnahme an, dass dann mit einem Werbeverbot für Diättherapie zu rechnen sei. Schon bisher besteht ein Verbot unsachlicher Werbung für den Arzt, und zwar kraft der ärztlichen Berufsordnung. Dieses Verbot ist aber unabhängig davon, ob ein Verfahren als Heilmittel in die Richtlinien aufgenommen wurde oder nicht. Die Verträge mit den nichtärztlichen Leistungserbringern sehen alle nicht ein generelles Werbeverbot vor, sondern nur das Verbot unsachlicher Werbung mit dem Ziel der Ausweitung von Verordnungen. Selbstverständlich darf Diättherapie/Ernährungstherapie auch nach Aufnahme von den dafür vorgesehenen Leistungserbringern sachlich beworben werden.* Kommentar VDD Wir möchten an dieser Stelle erinnern, das wir sowohl in der Rahmenvereinbarung im Koordinierungskreis (aktuelle Fassung unter www.dge.de) sowie in den Berufsordnungen unserer Verbände sowohl, VDOE, Quetheb und VDD die unsachliche Werbung und den Produktverkauf ausgeschlossen haben. Uns ist an dieser Stelle nicht klar, warum sich etwas ändern sollte. Diskussion zu freien Honorare versus einer nicht ausreichenden Vergütung Richtig ist, dass die vertraglich fixierten Honorare, soweit eine Abrechnung gegenüber der GKV erfolgt, befolgt werden müssen und der Preis nicht frei festgelegt werden kann. Die andere Seite der Aufnahme in die Riege der gesetzlichen Leistungserbringer ist immer die Bindung an Vergütungsverträge der Krankenkassen für die entsprechend von den Krankenkassen zu tragenden Leistungen. Richtig ist aber auch, dass es jedem Leistungserbringer unbenommen bleibt, sich aus dem Sachleistungssystem des SGB V zurück zu ziehen und auf der Grundlage von Privatliquidationen tätig zu werden. Soweit es sich nicht um Leistungen der GKV nach den Heilmittel-RL handelt, bleibt der Leistungserbringer im Übrigen innerhalb der zivilrechtlichen Grenzen in der Gestaltung seines Honorars frei.* Kommentar VDD Zusammenfassend bedeutet das, keiner von uns muss die Leistungen im System der gesetzlichen Krankenkassen erbringen (GKV –System). Die Kollegen können sich selbst entscheiden, ob sie daran teilnehmen möchten oder nicht. Der Verbraucher, der Patient hat aber nun die Möglichkeit eine gesicherte Leistung in Anspruch zu nehmen. Welche Mittel zur Verfügung stehen werden und in welcher Höhe diese wiederum den Leistungserbringer erreichen ist noch festzulegen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass es zu einer Eigenbeteiligung der Versicherten kommt, ähnlich der derzeitigen freiwilligen Regelung. Entsprechende Modelle dazu müssen zwischen den Vertragspartnern entwickelt werden. Bezüglich Honorare/Vergütungen wird auch gern der § 92 SGB V zitiert. Dieser hat im vergütungsrechtlichen Sinn jedoch keine Aussage / Handhabe oder den hinein interpretierten Mehrwert im Sinne höherer Vergütungen (Hochhaltung von aktuellen Honoraren) für unser Anliegen. Ohne eine feste Implementierung im GKV-System wird es aber zukünftig sicherlich immer schwerer werden, Geld aus dem System zu erhalten. Jeder kann für sich selbst entscheiden, ob er daran teilnehmen möchte oder nicht. Für den Verbraucher/Patienten hingegen ergibt sich jedoch der Vorteil, eine gesicherte und eine ihm erst einmal zustehende Leistung in Anspruch zu nehmen. Zur Diskussion, dass nur wenige Indikationen zugelassen werden Dass es zu einer Aufnahme der Diättherapie als Heilmittel nur für wenige Indikationen kommen wird, ist klar. Der Stellenwert der Diättherapie bei anderen Erkrankungen hat damit aber zunächst nichts zu tun. * Kommentar VDD Es bleibt also abzuwarten, welche Indikationen/Diagnosen der wissenschaftlichen Bewertung nicht standhalten, insbesondere mit der Aussicht auf Hoffnung, dass weitere Studien zu genau diesen Krankheitsbildern angestoßen werden und zu einem späteren Zeitpunkt Aufnahme in den Heilmittelkatalog finden. Es bestehen damit größere Möglichkeiten in der Versorgungsforschung berücksichtigt zu werden und den Nutzen der kosteneffizienten Diättherapie zu bestätigen. Selbst wenn auch nur einige Diagnosen im Leistungskatalog aufgenommen würden, haben diese aber einen großen Vorteil: die Betroffenen wie z.B. Zöliakiekranke müssen nicht mehr über das Internet, Selbsthilfegruppen und Reformhäusern nach kompetenter Beratung suchen, sondern können sich erstmals fachgerecht neutral (und produktfrei) beraten lassen. Die Diättherapie erhält sichtbar die von uns geforderte Anerkennung im medizinischen Behandlungsspektrum. Zur Diskussion der Diättherapie als neuer Behandlungsmethode Der VDOE plädiert für eine Implementierung der Ernährungstherapie als neue Behandlungsmethode. Gemeint ist damit die Aufnahme in die sog. Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung, die frühere BUB-Richtlinien. Diese Richtlinie benennt die anerkannten ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Die Aufnahme würde im Ergebnis also dazu führen, dass es sich bei der Ernährungstherapie nicht um eine Leistung des Leistungserbringers selbst, sondern um eine Leistung des Vertragsarztes handelt, die er selbst oder durch bei ihm angestelltes Personal zu erbringen hat. Der Vorschlag befördert damit gerade die Bedenken von QUETHEB, dass es zu einer stärkeren Abhängigkeit von den Vertragsärzten kommen könnte. Die Einordnung zu den BUB ist also von vorne herein verkehrt, zumal das vom VDD unterstützte Musterverfahren vor dem Bundessozialgericht gerade auch um die Frage ging, ob es sich bei der Diättherapie um ein Heilmittel handelt. Der damalige Bundesausschuss hatte dies verneint mit der Erwägung, dass ein Heilmittel auf den Körper einwirken müsse. Das Bundessozialgericht hat demgegenüber klargestellt, dass es sich dem Grunde nach sehr wohl um ein Heilmittel handelt, dessen Aufnahme natürlich vom therapeutischen Nutzen und der Wirtschaftlichkeit abhängig ist.* Liebe Leserinnen und Leser der VDOE Position, wir, der VDD, werden weiterhin das Ziel verfolgen, die Diättherapie, als wissenschaftliche anerkannte Heilmethode im System zu verankern. Unsere Sorge, dass wir evtl. zu wenig Honorar bekommen, kann nicht der Motor sein, dass Patienten in Deutschland kein Recht auf unsere Leistung haben. Schwerpunkt der eingangs erwähnten Klage war die Beeinträchtigung der Berufsausübung. Wir sind heute in einer Situation, in der – obwohl das Diätassistenten-Gesetz dies vorsieht – die Diätassistenten überhaupt nicht auf der Grundlage einer Verordnung als Heilmittelerbringer tätig sein können. In der Folge fehlt es an vielen Möglichkeiten, die vertraglich verbundene oder zugelassene und in die vertragsärztliche Versorgung eingebundene Leistungserbringer haben – dazu rechnen etwa der Zugang zur Integrierten Versorgung, zum Heilberufeausweis etc. Genau diesen Widerspruch hat das Gericht moniert, da das Berufsbild der Diätassistentin sich in wesentlichen Teilen auf Aufgaben der gesetzlichen Krankenkassen stützt. Wenn wir keine Leistung im GKV-System erbringen, werden wir, wie z.B. die Heilpraktiker, auch keinerlei Recht auf einen Heilberufeausweis haben. Wenn wir keinen Heilberufeausweis bekommen, werden wir in den kommenden Jahren auch nicht mehr an der Patientenbetreuung teilnehmen können. Ohne Diagnosestellung und Verordnung dürfen Diätassistenten und auch vergleichbare Anbieter wie Oecotrophologen mit nachgewiesener Qualifikation, keine Beratung von Kranken anbieten. Wir hätten dann die Situation einer deutlichen Beschneidung unserer Berufsfreiheit. Insgesamt ist festzuhalten, dass die Aufnahme in die Heilmittel-Richtlinie zu einer verbreiterten Basis für: - die Einforderbarkeit der Leistung aus Patientensicht, - die Diätetik als Disziplin - die Sicherung der freiberuflichen Tätigkeit - eine größere Akzeptanz ihrer Erbringer als Gesundheitsdienstleister und insgesamt damit zu einer Verbesserung der Patientenversorgung, und um die geht es primär, führen wird. Für Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen von Vorstand und Geschäftsführung VDD 1. Vorsitzende VDD Vorstand VDD Vorstand VDD Geschäftsführer VDD Legende: GBA- Gemeinsamer Bundesausschuss GKV-System Gesetzliche Krankenversicherungssystem MDK-Medizinischer Dienst der Krankenkassen