Lösung - Höhere Mathematik an der TUM

Werbung
TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN
Zentrum Mathematik
P ROF. D R .D R . J ÜRGEN R ICHTER -G EBERT, VANESSA K RUMMECK , M ICHAEL P R ÄHOFER
Höhere Mathematik für Informatiker II (Sommersemester 2004)
— Lösungen zu Aufgabenblatt 6 (27. Mai 2004) —
— Präsenzaufgaben —
Aufgabe 33. Grenzwertvariationen.
Welche der folgenden Aussagen sind richtig?
Die reelle Zahl a ∈ R heisst Grenzwert der Folge (an )n∈N genau dann, wenn
∃ε > 0 ∃Nε ∈ N ∀n ≥ Nε |a − an | ≤ ε
∀ε > 0 ∃Nε ∈ N ∀n ≥ Nε |a − an | ≤ ε
∀ε > 0 ∃Nε ∈ N ∀n ≤ Nε |a − an | ≥ ε
∀m ∈ N ∃ε > 0 ∀n ≥ m |a − an | ≤ ε
∀n ∈ N ∃ε > 0 ∀N ≥ ε |a − aN | ≤ n1
L ÖSUNG :
∃ε > 0 ∃Nε ∈ N ∀n ≥ Nε |a − an | ≤ ε
Falsche Aussage. Dass die Aussage |a − an | nur für ein einziges ε > 0 gilt, reicht nicht. Aus dieser Aussage kann man
nur auf Beschränktheit der Folge schliessen, nicht jedoch auf Konvergenz. Gegenbeispiel: (−1)n .
X ∀ε > 0 ∃Nε ∈ N ∀n ≥ Nε |a − an | ≤ ε
Wahre Aussage. Dies ist fast die Grenzwertdefinition aus der Vorlesung. Der einzige Unterschied: In der Grenzwertdefinition der Vorlesung wird an der Stelle ”. . . |a − an | < ε” die ”echt kleiner”-Relation und nicht die ”kleiner-gleich”Relation verwendet. Trotzdem sind beide Definitionen für den Grenzwert äquivalent:
Behauptung: (∀ε > 0 ∃Nε ∈ N ∀n ≥ Nε |a − an | < ε) ⇐⇒ (∀ε > 0 ∃Nε ∈ N ∀n ≥ Nε |a − an | ≤ ε)
Beweis: ”=⇒”
Für alle Zahlen x, y ∈ R gilt x < y =⇒ x ≤ y.
”⇐=”
Es gelte ∀ε > 0 ∃Nε ∈ N ∀n ≥ Nε |a − an | ≤ ε. Zu zeigen ist ∀ε > 0 ∃Nε ∈ N ∀n ≥ Nε |a − an | < ε.
Sei ε > 0 gegeben. Nach Voraussetzung gibt es ein N ∈ N mit ∀n ≥ N |a − an | ≤ 2ε . Also gilt für dieses
N auch ∀n ≥ N |a − an | ≤ 2ε < ε.
∀ε > 0 ∃Nε ∈ N ∀n ≤ Nε |a − an | ≥ ε
Falsche Aussage. Die Formel ist für jede beliebige Folge (an ) und a ∈ R falsch. Ihre Negation ∃ε > 0 ∀Nε ∃n ≤
Nε |a − an | < ε ist immer wahr, denn für ε = |a − a0 | + 1 und beliebiges Nε ∈ N gilt für n = 0 ≤ N nämlich
|a − an | < ε. Somit ist die Folge an = 0 mit Grenzwert a = 0 schon ein Gegenbeispiel.
Alternative Argumentation: Jede konvergente Folge ist beschränkt, d.h. es existiert ein M ∈ R, so dass für alle n ∈ N
gilt, dass |an | ≤ M . Für alle ε > M ist obige Aussage falsch.
∀m ∈ N ∃ε > 0 ∀n ≥ m |a − an | ≤ ε
Falsche Aussage. Ist z.B. eine Folge beschränkt, so findet sich zu jedem Index n ∈ N ein solches ε. Dieses ε kann aber
nicht ”beliebig klein” werden. Nun ist die Folge (−1)n beschränkt, erfüllt also die obige Aussage. Sie ist aber nicht
konvergent.
X Gemeint war: ∀n ∈ N \ {0} ∃ε > 0 ∀N ≥ ε |a − aN | ≤ n1
Wahre Aussage.Dies ist eine Umformung der Definition aus der Vorlesung:
Umgangssprachlich formuliert gilt:
Die Aussage ”∀ε . . . |a − an | ≤ ε” ist nach Archimedischem Prinzip äquivalent zu ”∀n ∈ N . . . |a − aN | ≤ n1 ”.
Die Aussage ”. . . ∃Nε ∈ N ∀n ≥ Nε | · · · − an | . . . ” ist äquivalent zu ”. . . ∃ε > 0 ∀N ≥ ε | · · · − aN | . . . ”.
Mathematisch korrekter Beweis: Wir benennen die gebunden Variablen um:
∀x ∈ N \ {0} ∃M > 0 ∀n ≥ M |a − an | ≤ x1 . Dies ist äquivalent zu ∀ε > 0 ∃Nε ∈ N ∀n ≥ Nε |a − an | < ε.
Beweis: ”⇐=” Für x ∈ N \ {0} ist ε = x1 > 0, wir können M = N wählen.
”=⇒” Zu ε > 0 gibt es ein x ∈ N \ {0} mit x > 1ε (wegen des archimedischen Prinzips). Es gibt also ein
M > 0, so dass ∀n ≥ M |a − an | ≤ x1 . Wir wählen Nε ∈ N, so dass Nε > M (wieder Archimedes). Somit
gilt ∀n ≥ Nε |a − an | ≤ x1 < ε.
Aufgabe 34. Grenzwerte, die Dritte.
1.) Gegeben sei eine reelle Zahl a ∈ R. Für welches q ∈ R konvergiert die Reihe
∞
P
q n gegen diese Zahl a?
n=0
2.) Weisen Sie nach, dass die Reihe
Hinweis: Es gilt
1
n(n+1)
=
1
n
−
∞
P
1
n(n+1)
n=1
1
n+1 .
konvergiert, und bestimmen Sie ihren Grenzwert.
L ÖSUNG :
1.) Für 0 ≤ |q| < 1 konvergiert die geometrische Reihe
∞
P
q n gegen
n=0
zu lösen. Es ist a(1 − q) = 1 bzw. q =
Voraussetzung 0 ≤ |q| < 1 erfüllt ist.
a−1
a
1
1−q .
Somit ist nur die Gleichung a =
1
1−q
für a 6= 0. Nun müssen wir noch prüfen, ob dann auch die
1. Fall a = 0: Die Gleichung a(1 − q) = 1 liefert für a = 0 die falsche Aussage 0 = 1. Es gibt also kein q ∈ R
∞
P
mit |q| < 1, so dass die Reihe
q n gegen 0 konvergiert.
n=0
a−1
2. Fall a > 0: Es sind die beiden Ungleichungen −1 < a−1
a < 1 zu überprüfen. Die Ungleichung a < 1
a−1
ist äquivalent zu a − 1 < a, was auf jeden Fall erfüllt ist. Die Ungleichung −1 < a ist äquivalent
zu −a < a − 1, bzw. zu a > 21 , also kann ein positiver Grenzwert kleiner oder gleich 12 durch eine
geometrische Reihe niemals erreicht werden.
3. Fall a < 0: Auch hier sind wieder die beiden Ungleichungen −1 <
äquivalent zu a − 1 > a, was nicht sein kann.
Zusammenfassend: Nur die Grenzwerte a >
Grenzwert einer geometrischen Reihe sein.
1
2
werden durch q =
a−1
a
a−1
a
< 1 zu überprüfen. Hier ist
a−1
a
<1
erreicht. Alle anderen a’s können nicht
2.) Mit Hilfe der Rechenregeln für Grenzwerte von konvergenten Folgen bekommen wir:
=
=
=
=
m
X
1
m→∞
n(n + 1)
n=1
m
X 1
1
lim
−
m→∞
n n+1
n=1
1 1
1 1
1 1
1
1
1
1
lim
−
+
−
+
−
+ ··· +
−
+
−
m→∞
1 2
2 3
3 4
m−1 m
m m−1
1
lim 1 −
m→∞
m+1
1.
lim
Aufgabe 35. Der Grenzwertsatz von C AUCHY.
Es sei (an )n∈N eine Folge reeller Zahlen, die gegen den Grenzwert 0 konvergiert. Zeigen Sie, dass dann auch die Folge
a1 + a2 + · · · + an
n
n∈N
konvergiert, und bestimmen Sie ihren Grenzwert.
L ÖSUNG :
B EHAUPTUNG : Die Folge
B EWEIS : Wir wissen:
a1 +a2 +···+an
n
n∈N
konvergiert gegen 0.
∀ε > 0∃N ∈ N∀n ≥ N : |an | < ε.
Wir zeigen:
a1 + a2 + · · · + am
− 0 < ε.
∀ε > 0∃M ∈ N∀m ≥ M : m
Idee: nach der Dreiecksungleichung gilt für festes N und m > N :
a1 + a2 + · · · + am
a1 + · · · + aN aN +1 + · · · + am .
− 0 ≤ +
m
m
m
Der zweite Summand wird klein, weil die Folge (an ) gegen Null konvergiert und so, wenn N genügend groß ist, alle
Summanden dem Betrage kleiner als ε sind.
Der erste Summand wird klein, weil zu festem N das m hinreichend groß ist.
Jetzt geht es los: Es sei ε > 0 vorgegeben.
Weil die Folge (an )n∈N gegen 0 konvergiert, gibt es zu ε/2 eine Zahl N , so daß für alle n ≥ N immer |an − 0| =
|an | < ε/2 gilt. Wir wählen M so groß, daß M > N und
a1 + · · · + aN < ε/2.
M
Sei m ≥ M . Dann gilt:
a1 + · · · + am m
a1 + · · · + aN + aN +1 + · · · + am = m
|a1 + · · · + aN | |aN +1 | + · · · + |am |
≤
+
m
m
|aN +1 | + · · · + |am |
< ε/2 +
m
(m − N ) ε/2
≤ ε/2 +
m
≤ ε.
— Hausaufgaben —
Aufgabe 36. Grenzwerte, die Vierte.
Die untenstehenden Folgen und Reihen sind konvergent. Begründen Sie, warum, und bestimmen Sie ihre Grenzwerte
für n → ∞. In Aufgabenteil a.) sei p ∈ N eine beliebige, aber fest gewählte natürliche Zahl.
a.)
1+
1
n
p
,
b.)
1+
1
2
+ ··· +
n
1
n
,
c.)
∞
X
(−1)n
n=0
4n + 2
,
5n
d.)
∞
X
1
,
n(n
+
1)(n
+ 2)
n=1
L ÖSUNG :
Bemerkung über die Grenzwertsätze:
In der Vorlesung ist z.B. folgender Grenzwertsatz zu finden:
Satz: Es sei a = lim (an ) und b = lim (bn ).
n→∞
n→∞
Es gilt: lim (an + bn ) = lim (an ) + lim (bn ).
n→∞
n→∞
n→∞
Wie ist dieser Satz ganz ausführlich zu lesen ? Dazu sei zur Erinnrung erwähnt, dass lim (an ) = a bedeutet,
n→∞
dass erstens der Grenzwert existiert und zweitens gleich der Zahl a ∈ R ist. Ganz ausführlich müsste man den
Satz also wie folgt formulieren:
Satz: Gegeben seien zwei konvergente Folgen (an )n∈N und (bn )n∈N
mit lim (an ) = a und lim (bn ) = b.
n→∞
n→∞
Dann konvergiert auch die Folge (an + bn )n∈N
mit lim (an + bn ) = lim (an ) + lim (bn ) = a + b.
n→∞
n→∞
n→∞
Man folgert also aus bekannten konvergenten Folgen und deren Grenzwerten auf den Grenzwert ihrer Summenfolge. Wenn man nun aber Grenzwerte von Folgen bestimmen möchte, versucht man, diese so umzuformen, dass
man Summen (Produkte, Quotienten, etc.) von bereits bekannten Folgen erhält. Von diesen kennt man dann den
Grenzwert und kann auf den ursprünglich gewünschten Grenzwert schliessen.
Grundsätzlich sind demnach Gleichungsketten von Grenzwertumformungen eigentlich von rechts nach links zu
n
lesen, wie z.B. diese Gleichungskette hier: lim ( n+1
) = lim (1 + n1 ) = lim (1) + lim ( n1 ) = 1 + 0 = 1.
n→∞
n→∞
n→∞
n→∞
p 1 + n1
1
1
1
= lim
1+
· 1+
· ... · 1 +
n→∞
n
n
n
|
{z
}
a.) lim
n→∞
p
=
lim
n→∞
|
1
1
1
1+
· lim
1+
· . . . · lim
1+
n→∞
n→∞
n
n
n
{z
}
p
1
n
p
= lim 1 +
n→∞
p
= lim (1) + lim ( n1 )
n→∞
n→∞
p
= (1 + 0)
=1
b.) Die Folge ( n1 )n∈N\{0} ist eine Nullfolge. Somit gilt nach Aufgabe 35
1
1
1+ 2 +···+ n
lim
=0
n
n→∞
c.)
∞
P
n=0
=
n
(−1)n 4 5+2
n
∞
P
(− 45 )n + 2 · (− 15 )n
n=0
=
∞
P
n=0
(− 45 )n + 2 ·
=
1
1−(− 45 )
+2·
=
5
9 +
20
9
5
6
=
2·
∞
P
n=0
(− 15 )n
1
1−(− 15 )
denn | − 45 | < 1 und | − 15 | < 1
1
d.) Nach Aufgabe 34, Aufgabenteil 2.) gilt: n(n+1)
=
1
1
Weiterhin gilt: n(n+2)
= 12 n1 − n+2
.
1
n
−
1
n+1 .
Somit gilt:
1
n(n+1)(n+2)
=
1
n
1
(n+1)(n+2)
=
1
n
1
n+1
−
1
n+2
=
1
n
Damit wiederum gilt nun:
∞
P
1
n=1
n(n+1)(n+2)
=
=
=
=
=
m
P
1
m→∞ n=1 n(n+1)(n+2)
m P
1
1
1
− n+1
− 12 n1 − n+2
lim
n
m→∞ n=1
m m P
P
1
1
1
1
lim
−
−
lim
n+1
2
m→∞ n=1 n
m→∞ n=1 n
1
1
1
lim 1 − m
− 2 lim
1 + 12 − m+1
m→∞
m→∞
(1 − 0) − 12 (1 + 12 − 0 − 0)
1
4
= lim
−
1
n+2
−
1
m+2
·
1
n+1
−
1
n
·
1
n+2
=
1
n
−
1
n+1
−
1
2
1
n
−
1
n+2
Aufgabe 37. Polynomielles Drunter und Drüber.
Gegeben seien die Polynome
p(X)
q(X)
= aN X N + aN −1 X N −1 + · · · + a1 X + a0 ,
= bM X M + bM −1 X M −1 + · · · + b1 X + b0 ∈ R[X],
mit aN , bM 6= 0. Für alle Zahlen n ∈ N gelte q(n) 6= 0. Diskutieren Sie das Verhalten der Folge
p(n)
q(n)
n∈N
.
Wann konvergiert sie? Welchen Grenzwert besitzt sie in diesem Fall? Wann und wie divergiert sie?
Hinweis: Unterscheiden Sie die drei Fälle N = M , N < M , N > M . Beweisen Sie die ersten beiden Fälle streng
formal, argumentieren Sie im letzten Fall anschaulich.
L ÖSUNG :
Im Folgenden benutzen wir exzessiv die Rechenregeln für Grenzwerte von konvergenten Folgen. Wir haben
p(n)
q(n)
=
aN nN + aN −1 nN −1 + · · · + a1 n + a0
bM nM + bM − 1nM −1 + · · · + b1 n + b0
=
nM (aN nN −M + aN −1 nN −M −1 + · · · + a1 nM1−1 + a0 n1M )
nM (bM + bM −1 n1 + · · · + b1 nM1−1 + b0 n1M )
=
aN nN −M + aN −1 nN −M −1 + · · · + a1 nM1−1 + a0 n1M
.
bM + bM −1 n1 + · · · + b1 nM1−1 + b0 n1M
Im Fall N = M konvergiert der Zähler gegen den Grenzwert aN und der Nenner gegen den Grenzwert bM .
aN
Insgesamt erhalten wir lim p(n)
q(n) = bM .
n→∞
Im Fall N < M konvergiert der Zähler gegen den Grenzwert 0 und der Nenner gegen den Grenzwert bM .
0
Insgesamt erhalten wir lim p(n)
q(n) = bM = 0.
n→∞
Für den Fall N > M erweitern wir unsere Rechenregeln auf das Rechnen mit bestimmt divergierenden Folgen. Es sei
(an )n∈N eine Folge, die bestimmt gegen +∞ divergiert, d.h. lim an = +∞. Es sei (bn )n∈N eine Folge, die gegen
n→∞
den Grenzwert b 6= 0 konvergiert. Man kann die folgenden Rechenregeln nachweisen, in denen beschrieben wird, wie
man sinnvoll mit dem Symbol “∞” umgehen und sogar “rechnen” kann:
• lim (an + bn ) = +∞.
n→∞
• lim (an · bn ) =
n→∞
+∞, falls b > 0,
.
−∞, falls b < 0.
Im Fall N > M divergiert der Zähler bestimmt gegen +∞, falls aN > 0, und gegen −∞, falls aN < 0. Der Zähler
konvergiert gegen bM .
Insgesamt divergiert die Folge p(n)
q(n) bestimmt gegen +∞, wenn aN und bM gleiches Vorzeichen besitzen und gegen
−∞ sonst.
Aufgabe 38. ONE-TWO-THREE.
11
Für x ∈ R sei bxc die größte ganze Zahl ≤ x (z.B. b 11
10 c = 1, b− 10 c = −2).
Sei θ0 ∈ R\Z, θ0 > 0. Wir betrachten folgende rekursive Vorschrift:
1
θ1 =
θ0 − bθ0 c
1
θ2 =
θ
−
bθ1 c
1
..
.
1
θi+1 =
θ
−
bθi c
i
..
.
solange θi ∈
/ Z. Falls es ein n ∈ N gibt, mit θn ∈ Z, so bleiben die θi mit i > n undefiniert.
Sei nun ai = bθi c, i = 0, 1, 2, . . ., i ≤ n, falls θn ∈ Z. Dann gilt für alle i ∈ N, (i ≤ n),
1
θ0 = a0 +
1
a1 +
a2 +
1
a3 + .
.. +
ai−1 +
1
θi
Notation: [a0 , a1 , a2 , . . .], ai ∈ Z, heißt Kettenbruchentwicklung von θ0 (“expansion of θ0 in a continued fraction”).
Sie kann endlich ([a0 , a1 , . . . , an ] für ein n ∈ N), periodisch ([a0 , a1 , . . . , ak , b0 , b1 , . . . , bl , b0 , b1 , . . . , bl , . . .] für ein
k ∈ N und ein l ∈ N \ {0}) oder unendlich und nicht periodisch ([a0 , a1 , a2 , . . . , ]) sein.
Berechnen Sie (z.B. mit einem Taschenrechner) die Kettenbruchentwicklungen der Zahlen
√
√
6
1
a.) ,
b.) (1 + 5),
c.) 3,
d.) e,
e.) π.
7
2
... und nun anders herum:
Lucky Luke ist nie überfordert: Selbst beim Tanzen denkt er über schwierige mathematische Probleme nach. Welche
Zahl beschreibt der periodische Kettenbruch [1, 2, 3, 1, 2, 3, . . .]?
L ÖSUNG :
1.) Das folgende MAPLE-Programm berechnet die ersten m Stellen der Kettenbruchentwicklung der Zahl n.
Digits := 500;
kettenbruch := proc(n, m)
local i, theta;
theta := evalf(n);
for i from 1 to m do
if (abs(theta - floor(theta)) < 0.00000001) then
printf(’’ % d ’’,floor(theta));
theta := 1/(theta - floor(theta));
end if;
end do;
return;
end proc:
Wir lassen rechnen:
> kettenbruch(6/7, 100);
0 1 6
>
1
1
1
kettenbruch(1/2*(1+sqrt(5)), 100);
1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
Dieser Kettenbruch ist periodisch.
>
1
1
2
kettenbruch(sqrt(3), 100);
1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2
2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1
1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1
Dieser Kettenbruch ist ebenfalls periodisch. Man kann sogar zeigen, dass die abbrechenden Kettenbrüche genau die rationalen Zahlen repräsentieren (was einfach ist) und dass die periodischen Kettenbrüche genau die
(irrationalen) Nullstellen von quadratischen Polynomen repräsentieren.
> kettenbruch(exp(1), 100);
2 1 2 1 1 4 1 1 6 1 1 8 1 1 10 1 1 12 1 1 14 1 1 16 1 1 18 1 1 20 1 1 22 1 1
24 1 1 26 1 1 28 1 1 30 1 1 32 1 1 34 1 1 36 1 1 38 1 1 40 1 1 42 1 1 44 1 1
46 1 1 48 1 1 50 1 1 52 1 1 54 1 1 56 1 1 58 1 1 60 1 1 62 1 1 64 1 1 66 1
Dieser Kettenbruch ist nicht periodisch, aber hat ein offensichtliches Bildungsgesetz.
>
3
1
3
kettenbruch(Pi, 100);
7 15 1 292 1 1 1 2 1 3 1 14 2 1 1 2 2 2 2 1 84 2 1 1 15 3 13 1 4 2 6 6 99
2 2 6 3 5 1 1 6 8 1 7 1 2 3 7 1 2 1 1 12 1 1 1 3 1 1 8 1 1 2 1 6 1 1 5 2 2
1 2 4 4 16 1 161 45 1 22 1 2 2 1 4 1 2 24 1 2 1 3 1 2 1 1 10
Dieser Kettenbruch ist nicht periodisch, und es ist kein Bildungsgesetz bekannt.
2.) Im zweiten Teil der Aufgabe sollte eine Zahl gefunden werden, die (bei Eingabe in obigen Algorithmus) die
periodische Kettenbruchentwicklung [1, 2, 3, 1, 2, 3, . . . ] besitzt. Lucky Luke gab nicht umsonst den Hinweis:
”. . . think and think recursively . . . ”.
Da der Kettenbruch periodisch ist, ist nämlich folgende Gleichung für θ ∈ R, θ > 0, zu lösen:
1
θ =1+
1
2+
3+
Es gilt:
θ =1+
1
2+
3+
1
=1+
1
1
θ
2+
⇐⇒
(7θ + 2)θ = 10θ + 3
⇐⇒
7θ2 − 8θ − 3 = 0
⇐⇒
θ2 − 87 θ −
⇐⇒
⇐⇒
=1+
1
3θ + 1
θ
3
7 =0
4 2
(θ − 7 ) − 37
49 = 0
√
θ = 47 ± 737
Da θ > 0 vorausgesetzt ist, ergibt sich θ =
4
7
1
θ
1
θ
2+
3θ + 1
=1+
1
7θ + 2
3θ + 1
= 1 + 3θ + 1 = 10θ + 3
7θ + 2
7θ + 2
√
+
37
7
als die gesuchte Lösung.
Wie können wir obiges Verfahren mathematisch begründen ? Wir berechnen den Grenzwert des Kettenbruches
bzw. der Folge der Kettenbrüche mit jeweils endlich vielen an ’s, d.h. wir betrachten folgenden Grenzwert:
1
lim a0 +
n→∞
1
a1 +
a2 +
1
a3 + .
.. + 1
an
Dieser Grenzwert existiert, d.h. die Kettenbruchentwicklung konvergiert gegen θ. Da wir den Grenzwert ausschliesslich von Summen und Quotienten berechnen wollen und dieser Grenzwert tatsächlich existiert, ist es
nach den Grenzwertsätzen erlaubt, den Limes in die Summe und die Quotienten ”hineinzuziehen”:
1
lim a0 +
n→∞
a1 +
a3 +
.+
1
a2 +
1
..
1
a1 +
1
a2 +
1
= a0 +
1
1
an
lim a3 +
n→∞
1
..
.+
1
an
Bei periodischen Kettenbruchentwicklungen wiederholt sich die Kettenbruchfolge, d.h. in unserem Beispiel
ist a3 = a0 , a4 = a1 , usw. Wir können nun beide Limites durch θ ersetzen und erhalten die anfangs für θ
aufgestellte Gleichung.
Herunterladen