Untersuchung der Plasmaumgebung des Kometen 67P

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Dem Kometenplasma auf der Spur
Untersuchung der Plasmaumgebung des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko
K.-H. Glaßmeier, C. Götz, C. Koenders, K. Ostas- zur Planung der Missionsphasen beigetragen. Nach
zewski, Institut für Geophysik und extraterrestrische Ende der Mission im September 2016 werden nun
Physik, Technische Universität Braunschweig
die Daten mit Hilfe von numerischen Plasmasimulationen ausgewertet und interpretiert. Dabei können
die Simulationen sowohl als Parameterstudien geKurzgefasst
nutzt werden, als auch um einen globalen Kontext
• Plasma am Kometen
für die Ein-Punkt-Messungen des Raumfahrzeuges
zu geben.
• Rosetta Mission
Die überraschende Entdeckung von niederfre• Hybrid Plasmasimulationen
quenten Wellen [2] konnte zunächst nicht erklärt
werden, da die Frequenz nicht im erwarteten Bereich
lag. Allerdings konnten diese Wellen in Simulationen
Die Plasmaumgebung eines Kometen wird bestimmt
[5] rekreiert werden, wobei sich herausstellte, dass
von der Interaktion zwischen dem Sonnenwind und
sie nur an Orten erhöhter Wasserionendichte und
den schweren kometaren Ionen. Mit der Annäheerhöhter Stromdichte entstehen. Dies ist erklärbar
rung des Kometen an die Sonne sublimiert vor allem
mit einer Instabilität, die durch zum elektrischen Feld
Wassereis von der Oberfläche und das enstehende
orthogonale Ströme hervorgerufen wird. Abbildung
Gas wird ionisiert. Die Addition dieser schweren Iozeigt ein Beispiel für das auftreten von niederfrenen zum Sonnenwindfluss führt zu einer Ablenkung
quenten Wellen, die sich in Form von Wellenfronten
der Sonnenwindprotonen und einer Modifikation des
bewegen und somit für einen Beobachter in Ruhe eiinterplanetaren Magnetfeldes. Abhängig von der Anne zu den Daten passende Oszillation im Magnetfeld
zahl an kometaren Ionen bilden sich so verschiedehervorrufen.
ne Strukturen aus.
Weiterhin wurde die Magnetfeldkonfiguration am
Mit der Rosetta Mission konnten diese Strukturen
und ihre Evolution während der Reise des Kometen Kometen untersucht. Da der Komet an sich nicht
67P/Churyumov-Gerasimenko durch das Sonnen- magnetisiert ist, stammt das messbare Magnetfeld
system vermessen werden. Das Rosetta Plasma aus dem Sonnenwind. Da es in erster Näherung
Consortium [1] bietet dabei die Möglichkeit in-situ dem Sonnenwindfluss folgt, wird das Magnetfeld verMessungen am Ort des Raumfahrzeuges durchzu- schert, wenn der Sonnenwind am Kometen deflekführen und kann die Dichten und Geschwindigkeiten tiert und abgebremst wird. Dieses „Draping” wurde
verschiedener Ionen und Elektronen, sowie Magnitu- schon an anderen Kometen beobachtet, allerdings
de und Richtung des Magnetfeldes bestimmen. Aller- war es dort immer auf die Ebene beschränkt, in
dings sind die Messungen aufgrund der Trajektorie der auch der Sonnenwindflus und sein Magnetfeld
und Geschwindigkeit Rosettas stark beschränkt und liegen. Am Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko
bedürfen weiterer Anhaltspunkte zur Interpretation. ist dies allerdings nicht immer der Fall, für Aus27
Dieses kann durch die Durchführung numerischer gasungsraten von rund 10 1/s ist das klassische
◦
Plasmasimulationen geschehen. Da am Kometen Draping-Muster um 90 zur Sonnenwindebene gedie zu untersuchenden Strukturen von der gleichen dreht. Abbildung 2 zeigt den Vergleich zwischen der
Größenordnung wie der Ionengyrationsradius sind, klassischen Feldkonfiguration und der am Komekann hier nicht mehr in einem reinen Fluidbild, wel- ten 67P/Churyumov-Gerasimenko vorherrschenden
ches die Bewegung der einzelnen Ionen nicht in- Konfiguration, der Unterschied wird von der Bewekorporiert, vorgegangen werden, stattdessen wer- gungsrichtung der kometaren Ionen bestimmt. Diese
den Hybridsimulationen bevorzugt. Dabei werden bewegen sich am klassischen Kometen in Sonnendie Ionen, hier also Protonen und Wasserionen, als windrichtung, während sie hier durch die LorentzPartikel betrachtet, während die Elektronen ein la- kraft orthogonal zum Sonnenwindfluss beschleunigt
dungsneutralisierendes Fluid darstellen. Dies bietet werden.
gegenüber reinen Partikelsimulationen den Vorteil
Bei Untersuchung der von Rosetta gesammelten
von stark verkürzten Rechenzeiten mit nur geringen Daten wurde festgestellt, dass sie zum Teil gut mit
Einschränkungen in der Beschreibung der physikali- den Hybridsimulationen übereinstimmen, es zum
schen Prozesse.
anderen aber noch einige Diskrepanzen gibt. Zum
Der in diesem Projekt verwendete Simulations- Beispiel kann sich um einen Kometen bei hohen
code wurde bereits genutzt um Vorhersagen für die Ausgasungsraten eine diamagnetische Kavität ausRosetta Mission zu treffen und hat so maßgeblich bilden, eine Region ohne Magnetfeld. Diese ensteht,
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wenn der Sonnenwind aufgrund von hohen Ionenund Neutralgasdichten am Kometen nicht bis auf die
Oberfläche vordringen kann. In Hybridsimulationen
ist der Radius dieser Region zu 25 km bis 50 km [3]
bestimmt worden, Messungen haben aber gezeigt,
dass der Radius bis zu 400 km betragen kann [4].
Um diese Diskrepanz weiter zu untersuchen, soll in
neuen Studien ein realistischeres Neutralgasprofil
verwendet werden [6]. Des weiteren soll auch die
Elektronenimpaktionisation berücksichtigt werden.
Da ein zusätzlicher Ionisationsprozess die Ionendichte nah am Kometen erhöht, sollte dies auch
zu einer Vergrößerung der diamagentischen Kavität
führen. Da in den Daten auch eine große Dynamik
zu erkennen ist, sollen auch Simulationen zu veränderlichen Sonnenwindbedingungen durchgeführt
werden. Dabei soll vor allem der Einfluss der kinetischen Effekte untersucht werden.
Ziel des Projektes ist also ein besseres Verständnis der kometaren Plasmawechselwirkungen zu erlangen, indem Daten und numerische Plasmasimulationen genutzt werden. Nur mit Hilfe beider Methoden kann eine fundierte Analyse der Begebenheiten
und physikalischen Prozesse gelingen.
Abbildung 1: Ergebnis einer numerischen Plasmasimulation zur
Interpretation von niederfrequenten Wellen an einem schwach
ausgasenden Kometen. Dargestellt ist eine Magnetfeldkomponete in einer Schnittebene 200 km unter dem Kometen, welcher
sich im Ursprung befindet. Die Wellen sind hier besonders gut zu
erkennen, da die kometare Ionendichte sehr hoch ist. Aus [5].
WWW
http://www.igep.tu-bs.de
a)
Weitere Informationen
[1] C. Carr et al., Space Science Reviews 128,
629-647 (2007). doi:10.1007/s11214-006-91364
[2] I. Richter et al., Annales Geophysicae 33,
1031-1036 (2015). doi:10.5194/angeo-33-10312015
[3] C. Koenders et al., Planetary and Space
Science 105, 101-116 (2015). doi:
10.1016/j.pss.2014.11.014
b)
[4] C. Goetz et al., Astronomy & Astrophysics 588,
A24 (2016). doi:10.1051/0004-6361/201527728
[5] C. Koenders et al., Astronomy & Astrophysics 594, A66 (2016). doi:10.1051/00046361/201628803
[6] K. C. Hansen et al., Monthly Notices of
the Royal Atronomical Society (2016). doi:
10.1093/mnras/stw2413
[7] C. Koenders et al., Monthly Notices of the
Royal Astronomical Society (2016). doi:
10.1093/mnras/stw2480
Abbildung 2: Klassische Feldkonfiguration (a) wie sie an anderen Kometen beobachtet werden konnte und die modifizierte
Feldkonfiguration (b) am Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko.
Hierbei ist uSW die Sonnenwindgeschwindigkeit, Bimf das interplanetare Magnetfeld und Econv das konvektive elektrische Feld.
Aus [7].
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